Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
PMelittaM
Wohnort: 
Köln

Bewertungen

Insgesamt 470 Bewertungen
Bewertung vom 16.05.2021
Der Tod ist ein Tänzer / Die schwarze Venus Bd.1
Rusch, Veronika

Der Tod ist ein Tänzer / Die schwarze Venus Bd.1


ausgezeichnet

„Ich war nicht wirklich nackt, ich hatte nur keine Kleider an“ (Josephine Baker)

1926: Josephine Baker, bereits in Paris ein gefeierter Star, tritt ihr Engagement in Berlin an. Auch hier kommt sie gut an, doch nicht bei allen, es gibt Elemente, die alles „Fremde“ ablehnen, und es gibt Anzeichen, dass Josephine in Gefahr sein könnte. Nowak, Veteran des Großen Krieges, wird von seinem Onkel beauftragt, auf die Künstlerin aufzupassen.

Josephine Baker fand ich schon als Jugendliche faszinierend und freue mich, dass es derzeit ein paar neue Bücher gibt, die sich um sie drehen. Veronika Rusch hat gar eine Trilogie verfasst, in der Josephine im Mittelpunkt steht, und das, eher unerwartet, in Form historischer Kriminalromane. Die Autorin hat gut recherchiert und lässt Josephine lebendig werden, man sieht sie regelrecht vor sich, hört die Musik, sieht sie tanzen – und hätte sie gerne einmal persönlich getroffen.

In diesem ersten Band ist sie erst 19 Jahre alt, und dennoch schon eine großartige Persönlichkeit. Man erfährt auch aus ihrer Vergangenheit, erkennt, wie sie wurde, was sie ist, und bewundert sie noch ein Stück mehr dafür, was sie geschafft hat. Ich bin gespannt, auf die Begegnungen in den Folgeromanen, die einige Jahre später stattfinden.

Auch der fiktive Nowak ist ein interessanter Charakter, der einige Traumata mit sich bringt, aber auch loyal und mutig ist, vor allem aber ist er ohne Vorurteile, und somit ein guter Gegenpart zu den nationalen Strömungen und den Antagonisten, die aus diesem Lager kommen. Auch sein Onkel, der zwar ebenfalls fiktiv ist, aber an eine historische Person angelehnt wurde, ist interessant – ich bin gespannt darauf, die beiden wiederzutreffen.

Die Antagonisten sind vielfältig, hier gibt es sowohl Mitläufer als auch Strippenzieher – und einen ganz besonders widerlichen Charakter, bei dem man Gänsehaut bekommt. Einer ist noch ein Phantom, aber man wird ihn sicher in den Folgebänden näher kennenlernen.

Die Geschichte ist spannend, sie hat mich von Beginn an gepackt, ich konnte den Roman kaum aus der Hand legen, und sie lässt sich sehr gut lesen, ist sehr bildhaft erzählt und das Kopfkino bekommt einiges zu tun. Auch die Atmosphäre des damaligen Berlin kann man gut spüren.

Wie es sich für einen guten historischen Roman gehört, gibt es auch hier ein paar Extras, so hat die Autorin ein interessantes Nachwort geschrieben, wo sie z. B. auch ihre Entscheidung erklärt, die historische Wortwahl zu verwenden.Im Anhang findet man außerdem Josephines Lebenslauf bis 1926 und ein Literaturverzeichnis.

Nicht jeder Roman kann einen von Anfang an packen, diesem ist es gelungen, und das hat auch bis zum Ende gehalten. Das Setting, die Charaktere, die Geschichte, die Atmosphäre, alles hat mir gut gefallen, so dass ich sehr gerne volle Punktzahl vergebe und natürlich auch eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 15.05.2021
Camouflage
Haldeman, Joe

Camouflage


sehr gut

1931 taucht ein Wesen aus dem Meer auf, das bisher u. a. als Hai gelebt hat, und nimmt menschliche Gestalt an. Über die Jahre hat es verschiedene Identitäten.

Ein anderes Wesen lebt bereits seit den Anfängen der Menschheit unerkannt unter ihr.

2019 wird ein Artefakt aus dem Meer geborgen. Die Untersuchung gestaltet sich schwierig und gefährlich.

Der Leser stellt sich ganz schnell die Frage, ob diese drei Phänomene miteinander zu tun haben. Leider verrät der Klappentext wieder einmal viel zu viel, wem es noch möglich ist, liest ihn besser nicht, aber auch für den, der ihn schon gelesen hat, wird es Überraschungen geben, nur leider liest man das Buch dann bereits mit bestimmten Vorzeichen.

Die beiden Wesen könnten unterschiedlicher nicht sein, und für eines von ihnen, im Roman werden sie Wechelbalg und Chamäleon genannt, habe ich deutlich positivere Gefühle entwickelt, nicht direkt am Anfang, aber im Laufe der Zeit, so wie das Wesen selbst sich auch entwickelt hat.

Die menschlichen Charaktere dagegen bleiben relativ blass, tragen aber natürlich auch ihren Teil zum Geschehen bei, vor allem natürlich die Mannschaft, die das Artefakt birgt und untersucht.

Gut hat mir das Ende gefallen, auch wenn es nicht alle Fragen beantwortet. In meinen Augen ist das aber nicht schlimm, nein, das passt hier ganz gut, finde ich, und ich kann mir meine eigenen Gedanken dazu machen.

Schreibstil und/oder Übersetzung scheint mir etwas holprig, und leider gibt es auch relativ viele Fehler in meinem Exemplar. Ich besitze allerdings die ältere Version (Deutsche Erstauflage von 2012), so dass sich das möglicherweise mittlerweile gebessert hat. Es hat meinen Lesefluss ein bisschen gestört, aber nicht wesentlich. Das Original ist übrigens von 2004.

Insgesamt wurde ich gut unterhalten, konnte mir meine eigenen Gedanken machen und finde auch das Ende gelungen. Ich vergebe 4 Sterne und eine Leseempfehlung an alle, die es nicht stört, dass am Ende nicht alles aufgelöst wird.

Bewertung vom 13.05.2021
Miss Hollywood - Mary Pickford und das Jahr der Liebe
Walton, Emily

Miss Hollywood - Mary Pickford und das Jahr der Liebe


ausgezeichnet

1916 kommen sich die beiden Stummfilmstars Mary Pickford und Douglas Fairbanks sen. näher und verlieben sich ineinander. Problematisch ist nur, dass beide verheiratet sind, wenn auch nicht sehr glücklich. Marys Image hält sie davon ab, sich für Douglas zu entscheiden und die Scheidung einzureichen, von ihm lassen kann sie aber auch nicht.

Beide Protagonisten sind Filmstars, die Geschichte, die hier erzählt wird, erzählt daher automatisch auch ein Stück Filmgeschichte, zudem aus einer Zeit, da Hollywood erst noch am Werden ist. Ich als großer Filmfan kannte natürlich vorher schon die beiden Protagonisten, und auch viele der weiteren Charaktere, die hier auftreten und die Filmgeschichte wesentlich mitbestimmt haben, wie z. B. Charlie Chaplin. So war es für mich ein doppeltes Vergnügen, diesen Roman zu lesen.

Denn auch die Geschichte um die Mary und Douglas erzählt die Autorin packend und berührend, und schnell haben die beiden mein Herz gewonnen, auch wenn ich sie, vor allem Mary, manchmal hätte schütteln können. Dass sie ihr Image für so wichtig hält, dass sie Angst vor den Folgen hat, wenn sie sich zu Douglas bekennt, und lieber in ihrer lieblosen Ehe verbleibt, konnte ich zwar aus ihrer Sicht verstehen, aber nicht gutheißen. Nun, ich wusste ja vorher schon, wie es ausgehen wird, und dennoch war es spannend zu lesen. Im Nachwort betont die Autorin, dass es eine fiktive Geschichte ist, die auf historischen Tatsachen beruht – natürlich muss immer wieder die künstlerische Freiheit greifen, denn vieles spielte sich ja hinter verschlossenen Türen ab. Das ist der Autorin meiner Meinung nach gut gelungen. Nur Marys Geschwister scheinen mir ein wenig zu schlecht weg zu kommen.

Douglas und Mary lernt man sehr gut kennen, einschließlich ihrer Vergangenheit (und im Nachwort erfährt man auch ihre Zukunft), erzählt wird abwechselnd aus beider Perspektiven, nur zweimal erhält Mary zwei Kapitel hintereinander. Man kann sich wunderbar in beide hineinversetzen, zudem erlebt man beide auch noch jeweils aus der Sicht des anderen. Dieser Erzählstil hat mir sehr gut gefallen, und mich ganz schnell gepackt. Es lohnt sich auch, nach der Lektüre ein bisschen weiter zu googeln, es gibt zum Beispiel im Internet viele Fotos zu finden.

Der Roman bietet vieles: Eine nicht ganz einfache Liebesgeschichte, ein Stück Filmgeschichte und eine biografische Erzählung zweier berühmter Stummfilmstars, da sollte für viele etwas dabei sein. Ich selbst habe mich gut unterhalten und mich in das Leben der beiden Protagonisten in der damaligen Zeit hineinversetzt gefühlt. Auch wenn manches fiktiv ist, so gibt es doch einen guten Einblick. Ich vergebe sehr gerne volle Punktzahl und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 02.05.2021
Lady Churchill / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.2
Benedict, Marie

Lady Churchill / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.2


gut

Der Roman erzählt ausgewählte Ereignisse im Leben der Ehefrau Winston Churchills, beginnend mit dem Hochzeitstag. Die gewählten Ereignisse sind prägend, nicht nur für Clementine Churchill, sondern auch für Großbritannien – neben Clementines privatem Leben wird auch das politische in den Mittelpunkt gestellt, letzteres sogar ein bisschen deutlicher.

Sicher kann man Clementine nicht ohne ihren berühmten Ehemann sehen, aber, Clementine hat ebenso wie er eine politische Stimme, die sie zum einen dafür nutzt, Winston zu unterstützen, die sie aber auch selbst laut werden lässt, manchmal dezent und im Hintergrund, ihre Position nutzend, manchmal aber auch laut und deutlich. Ihre Stimme ist dabei zunächst vor allem feministisch, sie setzt sich z. B. für das Frauenwahlrecht ein, später aber auch patriotisch, wenn sie nicht nur versucht, die Lage der Briten, vor allem die der Frauen und Kinder, im 2. Weltkrieg zu verbessern, sondern auch z. B. die US-Amerikaner zum Einstieg in den Krieg zu überzeugen, um Großbritanniens Lage zu verbessern.

Die Zeit des 2. Weltkrieges nimmt mehr als ein Drittel des Romanes ein – und mit dem Krieg endet auch der Roman – leider. Clementines Leben ist da noch lange nicht zu Ende, aber die Autorin hat beschlossen, uns am Rest nicht mehr teilhaben zu lassen. Mich hätte das schon interessiert, z. B. Clementines Gedanken zu Queen Elisabeth, zu Churchills zweiter Amtszeit oder zu seinen letzten Jahren. Ich hätte Clementine gerne bis zum Schluss begleitet.

Wobei ich sagen muss, dass ich zuerst sehr begeistert war, z. B., dass die Autorin ihre Protagonistin selbst in Ich—Form erzählen lässt, und man ihr als Leser dadurch näher kommen könnte, aber leider war dem dann doch nicht durchgehend so, zumindest bei mir. Ja, zunächst kam ich ihr tatsächlich näher und konnte mich in sie hineinversetzten, später dann deutlich weniger, und tatsächlich fiel es mir immer schwerer, den Roman in die Hand zu nehmen, auch wegen zunehmender Längen.

Ich glaube, es war auch die Art der Erzählung anhand Spotlights, die mir dann doch nicht so gut gefallen hat, dazwischen liegt oft viel Zeit, manchmal Jahre. Manches erfährt man zwar kurz im Rückblick (dieses dann im Präteritum, während der Rest des Romans im Präsens erzählt wird), aber Clementine bleibt in meinen Augen relativ oberflächlich, ihre tiefsten Gefühle erfahre ich nicht, z. B. wenn sie psychisch am Ende ist – ich kann nicht wirklich mit ihr mitleiden.

Dennoch habe ich dieses Buch mit Interesse gelesen, einfach, weil es wichtig ist, sich mit dieser interessanten Frau zu beschäftigen, und dafür bietet dieses Buch zumindest einen Einstieg. Winston Churchill kennt jeder, aber seine Frau nicht, in Großbritannien ist sie vielleicht präsenter, aber ich selbst habe mir bisher nicht viele Gedanken über sie gemacht, und wusste nicht, wie sehr sie mitmischte.

Leider hat der Roman nicht alle meine Erwartungen erfüllt. Ich habe Clementine Churchill kennengelernt und erfahren, dass sie nicht nur „die Frau an seiner Seite war“, sondern auch tatkräftig mitmischte. Clementine als Mensch ist mir allerdings recht fern geblieben, obwohl die Erzählweise in Ich-Form zum Gegenteil hätte beitragen können. Auch hatte der Roman zunehmend Längen, so dass ich mich manchmal sogar zwingen musste, ihn weiter zu lesen. Ich vergebe daher nur 3 Sterne, wer sich aber für die Ehefrau Winston Churchills interessiert, kann hier einen Einstieg finden, mehr über sie zu erfahren.

Bewertung vom 12.04.2021
Weiter Himmel / Jackson Brodie Bd.5
Atkinson, Kate

Weiter Himmel / Jackson Brodie Bd.5


ausgezeichnet

Vince Ives‘ Frau hat ihn verlassen, die Scheidung wird ihn arm machen, und jetzt hat er auch noch seinen Job verloren. Das Golfen mit seinen Freunden Steve, Tommy und Andy wird er sich womöglich auch nicht mehr lange leisten können. Schon öfter hat er sich die Frage gestellt, woher die Drei ihren Reichtum haben.

Die beiden DIs Reggie Chase und Ronnie Dibicki rollen einen alten Fall wieder auf und sprechen mit Zeugen, die womöglich neue Namen liefern können – dabei stechen sie in ein Wespennest.

Privatdetektiv Jackson Brodies neue Kundin Crystal Holroyd fühlt sich verfolgt – und wie es scheint, irrt sie sich nicht.

Dies sind nur drei der Erzählstränge dieses Romans, die sich immer mehr miteinander verflechten. Ich mag es, wenn aus vielen Perspektiven erzählt wird und finde es schön, mitzuverfolgen, wie alles zusammenhängt. Wenn dazu noch Kate Atkinsons Erzählstil kommt, der mich mittenhinein zieht in das Geschehen, und mich, trotz mancher Tragik der Ereignisse, auch immer wieder zum Schmunzeln bringt, ist es für mich perfekt – und so habe ich auch direkt weitere Romane der Autorin gekauft, erst einmal die Vorgängerbände um Jackson Brodie, dessen fünfter Roman „Weiter Himmel“ ist.

Durch die unterschiedlichen Erzählperspektiven lernt der Leser einzelne Charaktere sehr gut kennen. Mir hat besonders Harry Holroyds Perspektive gefallen, der jugendliche Stiefsohn Crystals, der im Theater jobbt, seine kleine Schwester Candance liebt und auch loyal gegenüber seiner Stiefmutter ist. Gerne würde ich in späteren Romanen noch einmal von ihm lesen. Insgesamt sind alle Charaktere gut gezeichnet, egal ob Pro- oder Antagonisten. Man hat schnell das Gefühl, echten Menschen zu begegnen, mit all ihren Stärken und Schwächen.

Die Erzählung beginnt relativ harmlos, obwohl auch zu Beginn schon Dinge passieren, die Befürchtungen aufkommen lassen, und steigert sich, ähnlich einem Musikstück, immer mehr auf den Höhepunkt zu, dieser ist fulminant, doch damit ist der Roman noch nicht zu Ende, nein, man erfährt auch noch das Danach. Auch das gefällt mir sehr gut.

Ich bin absolut begeistert von diesem Roman, der mich sehr gepackt hat, der mir interessante Charaktere näher brachte, dessen Geschehen sich immer mehr steigerte und mich immer atemloser lesen lies. Ich muss unbedingt mehr von Kate Atkinson lesen! Gerne vergebe ich volle Punktzahl und eine absolute Leseempfehlung.

Bewertung vom 10.02.2021
Abels Auferstehung / Paul Stainer Bd.2
Ziebula, Thomas

Abels Auferstehung / Paul Stainer Bd.2


ausgezeichnet

Leipzig 1920: Paul Stainer ist erst vor kurzem aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt und schätzt sich glücklich, seinen alten Job wiederbekommen zu haben, auch wenn er die gesundheitlichen Probleme, mit denen er noch zu kämpfen hat, verbergen muss. Seinen schweren Verlust hat er noch nicht verkraftet, so kommt ihm die Ablenkung durch einen neuen Fall ganz gelegen.

Endlich ist er da, der zweite Band der Reihe, dessen erster mich sehr begeistert hat. Die Erzählung beginnt kurz nach den Ereignissen im Vorgängerband. Wieder verwebt der Autor die Geschenisse gelungen mit dem historischen, politischen und sozialen Hintergrund, der wieder gut recherchiert ist. Mir gefällt besonders gut, dass nicht nur der aktuelle Fall im Mittelpunkt steht, sondern auch die persönlichen Geschichten der verschiedenen Charaktere bandübergreifend erzählt werden – ich bin schon gespannt, wie es mit ihnen im nächsten Band weitergeht.

Neben Paul Stainer trifft man nämlich eine Reihe weiterer bekannter Charaktere wieder, natürlich Stainers Kollegen, wie seinen Assistenten Siegfried Junghans und den Polizeiarzt Kurt Prollmann, aber auch die Clubbesitzerin Rosa Sonntag, deren Geschichte aus dem letzten Band noch nicht auserzählt ist, und die Straßenbahnfahrerin Josefine König, die, wie ihre Kolleginnen, ihren Arbeitsplatz für die aus dem Krieg heimkehrenden Männer räumen muss.

Aber auch neue Charaktere gibt es, so bekommt Stainer einen neuen Kollegen, Joseph Nürnberger, ein Spurenspezialist. Sehr interessant ist auch die Journalistin Marlene Wagner, die sich wenig um Konventionen schert und sehr selbstbewusst ihre Meinung vertritt, die sie auch in ihren Artikeln zum Ausdruck bringt.

Die Geschichte wird in mehreren Handlungssträngen erzählt, und erst nach und nach zeigt sich eine Verzahnung. Dem Autor ist es wieder wunderbar gelungen, verschiedene Fäden miteinander zu verweben. Da er den jeweils im Mittelpunkt stehenden Charakteren Leben verleiht und Tiefe gibt, sind sie mir alle nahe gekommen und ich konnte gut mitfühlen, und auch um sie bangen. Denn, damit muss man rechnen in dieser Reihe, es kann auch dort Tote geben, wo man es zunächst nicht erwartet – das hält die Spannung oben und den Wunsch, den Roman in einem Rutsch durchlesen zu können. Miträtseln ist ebenso angesagt, und selbst wenn man vielleicht schon vor Ende eine Ahnung hat, wie sich alles auflösen könnte, wird es nicht langweilig. Die Auflösung ist gelungen und nachvollziehbar.

Auch der zweite Band der Reihe hat mir sehr gut gefallen und ich hoffe auf noch viele weitere Bände. Die Reihe zeichnet nicht nur durch die spannenden Kriminalfälle, sondern auch die persönlichen Schicksalen der Charaktere aus – alles gelungen eingewoben in den gut recherchierten historischen Hintergrund. So vergebe ich gerne wieder volle Punktzahl und eine uneingeschränkte Leseempfehlung.

Bewertung vom 31.01.2021
Die Rache des Lombarden / Aleydis de Bruinker Bd.3
Schier, Petra

Die Rache des Lombarden / Aleydis de Bruinker Bd.3


ausgezeichnet

Köln, 1424: Erst werden Aleydis de Bruinkers Mündel mit Waffengewalt aus ihrem Haus geholt, dann treibt ein Rächer in Köln sein Unwesen, den Aleydis angeheuert zu haben scheint. Gut, dass wenigstens Gewaltrichter Vinzenz van Cleve an ihrer Seite steht, auch wenn sie ihn schon wieder verärgern muss …

Der dritte Band der Trilogie setzt fort, was die Vorgängerbände begannen, Aleydis hat nicht nur mit dem Erbe ihres Mannes zu kämpfen, sondern auch mit dessen Verwandtschaft, die nun sogar handgreiflich wird. Das zieht Verletzte und Tote nach sich und auf Aleydis legt sich einmal mehr ein Schatten. Auch privat tut sich so einiges bei ihr, ihrem Haushalt und ihren Verwandten und Freunden.

Ich empfehle, unbedingt zunächst die beiden Vorgängerbände zu lesen, denn die Ereignisse bauen aufeinander auf und es würde einem doch viel Wissen fehlen, würde man erst mit Band 3 einsteigen. Die Charaktere sind alle bereits bekannt, man weiß, wen man mag und wen nicht. Trotzdem ergeben sich natürlich einige Veränderungen.

Am Ende sind nicht alle Fragen geklärt, aber liest man Petra Schiers Nachwort, ist das beabsichtigt, mich als Leserin bringt es dazu, mich noch länger mit der Geschichte zu beschäftigen, und mir meine eigenen Gedanken zu machen – finde ich durchaus okay.

Nicht beabsichtigt ist es offenbar, die Reihe fortzusetzen, aber ich hoffe mal auf „Sag niemals nie“, denn Stoff würde die Autorin sicher finden und ich möchte schon wissen, wie es in der einen oder anderen Beziehung weitergeht. Andererseits, wenn man sieht, wie z. B. Adelinas Familie auch hier ihre, wenn auch kleinen, Auftritte bekommt, und man so ein bisschen darüber erfährt, wie es Ihnen ergangen ist, kann man sicher auch bei Aleydis und ihren Lieben darauf hoffen, sie in anderen Romanen der Autorin wiederzutreffen.

Die Geschichte ist einmal mehr spannend, und der Leser kommt gar nicht umhin, mitzurätseln, und sich seine eigenen Gedanken zu machen. Was mir gut gefällt, ist die der Zeit angepasste Sprache, in der erzählt wird. Außerdem mag ich es, dass nicht nur aus Aleydis Perspektive sondern auch aus Vinzenz‘ erzählt wird, und man so oft ineinandergreifende Geschehnisse aus verschiedenen Blickwinkeln erleben kann. So lernt man diese beiden Charaktere zusätzlich besser kennen.

Ich bin ein großer Fan der historischen Romane Petra Schiers, und auch hier hat sie mich wieder überzeugt – die Geschichte ist spannend, regt meine eigenen Gedanken an und bringt mich regelrecht in das Köln des 15. Jahrhunderts. Ich vergebe gerne volle Punktzahl und eine Leseempfehlung.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.01.2021
Die letzte Bastion / Athanor Bd.3
Falk, David

Die letzte Bastion / Athanor Bd.3


ausgezeichnet

In Dion hat nur ein Teil der Menschen überlebt, die Städte sind Ruinen, Nahrung für alle ist schwer zu beschaffen und die Gefahr ist noch immer nicht beseitigt, trotz der Vernichtung der Nekromanten gehen weiter Wiedergänger um, schlimmer noch, auch Geister. Athanor, nun der Kaysar, hält es für klug, über den Ozean in die alte Heimat zu flüchten, doch nicht alle Bewohner Dions unterstützen ihn. Ein Teil macht sich auf den Weg, doch schon die Überfahrt ist gefahrvoll und die Ankunft ein Schock. Denn auch jenseits des Ozeans gehen Wiedergänger um. Nicht alle sind zwar bösgesinnt, offenbar treiben viele immer noch die selben Ziele an, die sie vor dem Tod hatten, die Trollfrau Rotwange z. B. sorgt sich um ihr Kleinkind, jedoch erwachen auch extrem gefährliche Wesen erneut und diese aufzuhalten ist fast unmöglich. Oberstes Gebot muss jedoch sein, dem Verantwortlichen auf die Spur zu kommen – und das ist womöglich einer der Götter ...

Eigentlich sollte dieser Band die geplante Trilogie abschließen, das fertige Manuskript des Autors sprengte dann aber den vorgegebenen Rahmen, so dass der Verlag einen weiteren Band genehmigte. Das alleine spricht schon für die Qualität und wohl auch für den Erfolg der Romane. Ich bin froh, dass David Falk nicht auf Teufel komm raus kürzen musste und dem Leser womöglich interessante oder unterhaltsame Passagen entgangen wären, Längen hat der Roman meiner Meinung nach nämlich nicht.

Die Rückkehr auf die andere Seite des Ozeans ermöglicht ein Wiedersehen mit altbekannten Charakteren, allen voran Orkzahn, der Troll, dem Athanor einst das Leben rettete und den man über weite Teile des Romans hinweg begleitet. Auch er versucht, das Geheimnis der Wiedergänger zu lüften und landet schließlich in den Elfenlanden, wo weitere bekannte Charaktere, wie die Harpyie Chria oder Mahalea, die Kommandantin der Grenzwache, warten. Die Charaktere sind dem Autor, wie bereits gewohnt, gut gelungen, die meisten werden, da aus den Vorgängerbänden bereits bekannt, nicht neu eingeführt, der Autor setzt voraus, dass der Lesende sie kennt. Typisch für David Falks Charaktere ist, dass sie (fast alle) nicht nur gut oder böse sind, sie zweifeln und sind mit sich und ihrer Umwelt nicht immer im Reinen; nicht nur Athanor hat mehr als einen dunklen Fleck vorzuweisen. Womöglich gerade deshalb wachsen sie dem Leser besonders ans Herz.

Ich bin jemand, der gut auf Kampfszenen verzichten kann, David Falk gelingt es aber immer wieder, mich damit zu fesseln, solche Szenen nehmen nicht überhand und alle, aber besonders die Luftkämpfe, sind gut choreographiert und sehr spannend beschrieben.

David Falk hat eine lebendig wirkende Welt erschaffen, in der der Leser sich mittlerweile schon ganz gut auskennt, in der es aber immer wieder auch Neues zu entdecken gibt. Das Ende des Romans ist dieses Mal weniger abgeschlossen als bei den ersten beiden Bänden, der Break findet aber an einem gut gewählten Punkt statt, der nicht nur den Charakteren sondern auch dem Leser eine Atempause gönnt. So wird man ohne bösen Cliffhanger entlassen. Gespannt auf den Abschlussband ist man dennoch.

Die Neuauflage des Atlantis-Verlages ist dieses Mal besonders ansprechend gelungen. Nicht nur, dass Timo Kümmel wieder den grafischen Teil übernommen hat, auch ein Lesebändchen schmückt erneut den Band, und es gibt dieses Mal besonders lesenswerte Boni: Neben Personenverzeichnis und Lexikon eine spannende Kurzgeschichte, die erstmals 2018 in einer Anthologie erschien, und ein Erlebnis Athanors vor den Ereignissen der Reihe erzählt, sowie ein interessantes Interview mit David Falk von 2015.

Auch der 3. Band überzeugt wieder, natürlich auch in der Neuauflage, die ganz besondere Boni bereithält. Ich empfehle, die Bände unbedingt in der richtigen Reihenfolge zu lesen, denn sie erzählen eine durchgehende Geschichte. Zu empfehlen sind sie jedem High-Fantasy-Fan.

Bewertung vom 16.01.2021
Der letzte König / Athanor Bd.2
Falk, David

Der letzte König / Athanor Bd.2


ausgezeichnet

Ein unglaublicher Mord bringt Athanor dazu, eine erneute Reise anzutreten, um den Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Sein Weg führt ihn über das Meer, das viele Gefahren birgt. Auf der anderen Seite des Ozeans erwarten ihn eine große Überraschung und weitere Abenteuer.

Im zweiten Teil der Reihe um Athanor findet man diesen dort wieder, wo man ihn im letzten Band verlassen hat: Im Elfenreich, wo er zusammen mit seinem Freund, dem Zwerg Vindur bemüht ist, die Voreingenommenheit der Elfen gegenüber Menschen und Zwergen zu überwinden. Doch nicht lange und er macht sich mit Vindur auf, einen Mörder zu jagen. Mich hat es zunächst überrascht, dass die Geschichte nicht an den bekannten Schauplätzen spielt, jedoch hat mich der Settingwechsel schnell überzeugen können. Schon die Fahrt über den Ozean ist grandios erzählt, so bildhaft, dass man meint, dabei zu sein.

Der Roman ist von Anfang bis Ende spannend, inklusive aller Kampfszenen. Sehr oft lese ich über Kampfszenen einfach hinweg, da sie mich meist langweilen, ganz anders hier, wo ich mitgefiebert habe und jede einzelne Szene gut fand. Besonders gegen Ende gibt es einen wunderbar choreographierten Kampf, von dem ich schon befürchtete, dass David Falk uns mit einem Cliffhanger sitzen lässt. Gut, dass das nicht so ist, auch dieser Teil ist wieder in sich abgeschlossen, bietet aber eine Menge Möglichkeiten für die Fortsetzung (auf die ich schon wieder sehr gespannt bin). Das Ende ist übrigens gut gelungen und bietet einen überzeugenden Abschluss des Romans.

Auch die Charaktere, bis in die Nebenfiguren, sind durchweg gut gezeichnet, auch sie kann man direkt vor sich sehen, ihre Emotionen werden greifbar, ihre Handlungen sind, wenn auch nicht immer verständlich, nachvollziehbar dargestellt. Zum besseren Verständnis der Charaktere (sowie zum Spannungsaufbau) tragen Perspektivewechsel bei.

Sehr gut gefällt mir der Humor, der immer wieder hervorblitzt, dieser wechselt sich mit tragischen Szenen ab, der Autor hat ein gutes Händchen dafür, beide im richtigen Verhältnis einzusetzen, David Falk beherrscht die Kunst des Erzählens einfach unglaublich gut.

Auch dieser Band ist nun in der Neuauflage des Atlantis Verlags erschienen, als hochwertiges Hardcover mit Lesebändchen und in erweiterter Fassung, im Anhang findet man neben einem Personenverzeichnis ein nützliches Glossar. Der von mir sehr geschätzte Timo Kümmel hat wieder die schön gelungene grafische Gestaltung beigesteuert, inkl. einer sehr nützlichen Karte. Auch der zweite Band der Reihe ist so noch schöner und runder geworden.

Was soll ich sagen: Mit diesem Band hat sich der Autor endgültig in die Riege meiner Lieblingsautoren eingereiht. Wer spannende und gut durchdachte Fantasy mag, sollte hier zugreifen. Man könnte den Band wohl auch ohne den Vorgänger lesen, sollte das aber nicht tun, sondern die Reihe schön der Reihe nach lesen. Absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 14.12.2020
Teatime mit Lilibet
Holden, Wendy

Teatime mit Lilibet


ausgezeichnet

Marion Crawford studiert an einem Lehrerkolleg und möchte später einmal den Kindern in den Slums bessere Lebensaussichten ermöglichen. Doch dann landet sie 1932 am anderen Ende der Skala und wird Gouvernante der Prinzessinnen Elisabeth und Magaret.

Als ich vor etwas zehn Jahren „The uncommon reader“ las, kam mir die englische Queen das erste Mal näher, mittlerweile habe ich weiteres gelesen und auch einige Filme und Serien gesehen, die sich mit dem britischen Königshaus beschäftigen, zuletzt natürlich „The Crown“. Überhaupt bin ich schon lange an der Geschichte der britischen Insel interessiert. „Teatime mit Lilibet“ hat mich daher natürlich gleich neugierig gemacht.

Die Autorin baute diesen Roman u. a. auf den Memoiren Marion Crawfords auf, hat aber natürlich auch anderes zur Recherche herangezogen (mehr dazu kann man im lesenswerten Nachwort erfahren). Der Roman scheint mir dennoch subjektiv geprägt, was aber natürlich passend ist, denn immerhin wird hier ganz aus Marions Sicht erzählt, es ist ein privater Einblick hinter die Kulissen der Royals. Gleichzeitig wird über einen Zeitraum von 16 Jahren erzählt, in dem auch (welt)politisch viel passiert ist. So fallen die Abdankung Eduard VIII und das Nachrücken seines Bruder als König und damit Elisabeths als Nachfolgerin und der 2. Weltkrieg in diese Zeit.

Als Marion Crawford ihre Stelle antritt, ist Elisabeth, die von der Familie Lilibet genannt wird, 6 Jahre alt. Marion möchte sie aus ihrem Elfenbeinpalast herausholen und ihr die „echte“ Welt zeigen, was ihr nur teilweise gelingt. Auch Margaret unterrichtet sie, diese Prinzessin ist aber weitaus schwerer zu handeln als ihre ernstere Schwester und zudem oft voller Neid. Auch andere Familienmitglieder und verschiedene Personen bei Hofe spielen hier eine Rolle und sind nachvollziehbar gezeichnet. Wenn man schon einiges über die damalige Situation und die angesprochenen Menschen weiß, ist das ein Vorteil, aber man kann natürlich auch parallel ein bisschen googeln und sich weiter informieren.

Marion schenkt dem Königshaus einen großen Teil ihres Lebens, gedankt wird ihr das aber nur bedingt. Am Ende sitzt sie in ihrem Haus in Schottland und hofft, dass die Queen und ihre Schwester sie auf dem Weg nach Balmoral besuchen, so startet der Roman, der Rest wird dann als Rückblick erzählt. Ich finde das gelungen, denn zum einen ist man gespannt, ob die Queen nun vorbeischauen wird, denn in den vergangenen Jahren hat sie das nicht, und zum anderen ahnt man hier schon die Einsamkeit der alten Marion.

Erzählt wird sehr eingängig, und die Charaktere kommen dem Leser nahe, gleichzeitig erfährt man viel Interessantes über das Leben hinter den Kulissen des Hofes, die Menschen, die dort eine Rolle spielen und über die erzählte Zeit.

Ich habe diesen Roman sehr gerne gelesen, wie gesagt, er erscheint mir sehr subjektiv, aber auch eine gute Ergänzung zu all dem anderen, aus dem ich schon Wissen über die Royals geschöpft habe (nicht zuletzt eigenes Erleben). Wie schon erwähnt, scheint es mir günstig, schon ein wenig Hintergrundwissen zu haben. Ich empfehle diesen Roman gerne weiter und vergebe 4,5 Sterne, die ich aufrunde, wo nötig.