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seschat
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Bewertungen

Insgesamt 897 Bewertungen
Bewertung vom 01.03.2019
Man soll den Tag nicht vor dem Elternabend loben
Frydrych, Gabriele

Man soll den Tag nicht vor dem Elternabend loben


ausgezeichnet

Gabriele Frydrych ist Lehrerin an einer Berliner Gesamtschule und berichtet in ihrem Buch über ihren "ganz normalen" Schulalltag/-wahnsinn. Nassforsch, ohne Scheu plaudert sie aus dem prall gefüllten "Anekdotenkästchen". Ob anstrengende Eltern, Schüler ohne Geschichtswissen oder abenteuerliche Klassenfahrten, Lehrersein ist heutzutage kein Zuckerschlecken, für Frydrych aber trotz aller Querelen eine lohnenswerte Aufgabe. Sie ist mit Leib und Seele Pauker. Am witzigsten fand ich ihre Schüler- und Lehrertypologie, die wirklich kein Auge trocken ließ. Sprachlich begeisterten mich ihre Auflistung "semantischer Euphemismen" sowie der Begriff "Power-Point-Karaoke".

FAZIT
Ein ausnahmslos humoriges Buch über den heutigen Schulalltag, das trotz aller Heiterkeit auch kritische Töne anschlägt.

Bewertung vom 24.02.2019
Sag es keinem weiter
Havener, Thorsten

Sag es keinem weiter


ausgezeichnet

Thorsten Havener, vielen bekannt als Experte für Körpersprache, hat sich nun mit dem Thema Geheimnisse befasst. In unterhaltsamen wie sehr persönlichen Worten versucht er den Stellenwert von Geheimnissen in der modernen gläsernen Social-Media-Welt zu ergründen. Ausgehend von den Anfängen der Geheimnis- und Zauberkultur im Alten Ägypten arbeitet er sich bis in die heutige Zeit vor. Dabei wird schnell klar, dass Geheimnisse jeden von uns beschäftigen und allein ihre Existenz unsere Welt bereichert. Mehr noch, Geheimnisse, vornehmlich positiv besetzte, machen uns stärker und wirken einmal geteilt verbindend. Doch sollte man Geheimnisse unbedingt anderen erzählen oder doch lieber für sich behalten? Havener plädiert für letzteres, weil Geheimnisse nicht nur zum Erwachsenwerden dazugehören, sondern auch weil er selbst als Illusionist und Zauberer von diesen lebt. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass jeder Mensch ca. 13 Geheimnisse habe, so Havener. Und mal ehrlich, ist es nicht gerade das Mysteriöse/Verborgene, was uns fasziniert und anzieht? Deswegen spricht sich Havener dafür aus, sowohl im Privat- als auch im Berufsleben eine positive Geheimniskultur zu pflegen. Denn das Spiel zwischen Wissen und Nichtwissen fördere die Kreativität sowie unsere persönliche Freiheit.

Mir hat an Haveners luzider Darstellung besonders der aufgeräumte wie offene Schreibstil gefallen. Unverstellt lässt er uns Leser an Episoden aus seinem Privat- und Berufsleben teilhaben. Hierbei geht er ausführlich auf die Zauberkunst und bekannte Vertreter von Weltruhm (wie Houdini) ein. All diesen Künstlern ist gemein, dass sie ihre Tricks größtenteils für sich behalten und damit die geheimnisvolle Fassade gewahrt haben. Darüber hinaus fand ich seine kritische Haltung zur Veröffentlichung von "Heimlichkeiten" auf Instagram & Co sehr sympathisch und nachvollziehbar. Denn die eigene Privatsphäre sollte jedem wichtig, gar heilig sein!

FAZIT
Ein spannendes Buch, das die Macht und das Wirken von Geheimnissen bis in die heutige Zeit allgemeinverständlich beschreibt und für eine gesunde Geheimniskultur eines jeden eintritt.

Bewertung vom 19.02.2019
Dummerweise hochbegabt
Imhof, Agnes

Dummerweise hochbegabt


ausgezeichnet

Die Mittvierzigerin Agnes Imhof ist vieles - promovierte Islamwissenschaftlerin, Autorin, ausgebildete Sängerin, Schwertkämpferin etc. Kein Wunder, dass Gleichförmigkeit und Routinen sie im Alltag einengen. Hinzu kommen ihre blitzschnelle Auffassungsgabe, ihre unstillbare Neugier, ihr starker Gerechtigkeitssinn und ihre entwaffnende Ehrlichkeit. Was hinter ihrem Drang, Wissen anzusammeln und den eigenen Intellekt stets herauszufordern, stecken könnte, bleibt lange Zeit unklar. Das lag zum einen an der Unwissenheit der Eltern und den damals vorherrschenden Rollenbildern und zum anderen an der noch wenig erforschten Diagnose Hochbegabung. Erst als sich herausstellt, dass Imhofs Tochter hochbegabt ist, sieht Agnes ihre Vergangenheit plötzlich mit ganz anderen Augen. Nun ergibt die Ablehnung, das Unverständnis und das gefühlte Anderssein endlich Sinn. Denn auch die polyglotte Autorin hat einen IQ von über 130. Ihr jahrelanges Versteckspiel als Underachiever, ihre unbändige Lust über den Tellerrand zu schauen und ihr mäßiger Erfolg bei Männern offenbaren, dass es vor allem hochbegabte Frauen nicht leicht haben, von der Gesellschaft akzeptiert zu werden. Imhof fasst dies auf Seite 16 so zusammen: "Intelligente Männer haben Groupies, intelligente Frauen haben einen Therapeuten." Und das stimmt. Während sich Frauen immer noch dafür entschuldigen müssen, Karriere zu machen bzw. besser als ihre männlichen Kollegen zu sein, sind hochintelligente Männer in Führungspositionen etc. geradezu normal. Selbstironisch und mit viel Sachverstand berichtet Imhof in ihrem herrlich plakativen Buchtitel "Dummerweise hochbegabt" von ihrem steinigen Weg zu einem zufriedenen Leben als Hochbegabte. Als Vergleichsbeispiele wählt sie ebenfalls hochintelligente Serienstars wie Sheldon aus "The Big Bang Theory" oder Sherlock Holmes. Besonders im Alltagsleben stößt sie mit ihrem klaren Verstand oft an ihre Grenzen. Denn wofür andere sich begeistern können und womit sie ihre Zeit verbringen, das füllt die Autorin nicht aus. Belangloser Smalltalk, immer gleiche Verwaltungstätigkeiten und Machtspielchen auf der Arbeit, öden sie an, führen in ihrem Fall sogar zum Bore-out. Daraufhin setzt bei ihr ein Umdenken in Sachen Persönlichkeit und Selbstentfaltung ein. Endlich lebt sie ihre Talente frei aus, umgibt sich mit Gleichgesinnten und schämt sich nicht mehr, wenn ihr mal wieder ein gebildeter und vor Sarkasmus triefender Kommentar herausrutscht.

Mir hat Agnes Imhof mit ihren persönlichen Zeilen aus der Seele gesprochen. Besonders ihre komplexen und sprunghaften Gedankengänge sowie ihre ausgeprägte Wissbegierde kamen mir bekannt vor. Zudem offenbart ihr Beispiel, wie schwer es hochbegabte Frauen selbst heute noch haben. Ihre unverstellte wie humorige Sprache entsprach vollkommen meinem Geschmack. Kurzum, locker-flockig anstatt streberhaft-trocken kombiniert sie eigene Erlebnisse mit wissenschaftlichen Erkenntnissen und Forschungen.

FAZIT
Meine erste wirkliche Buchentdeckung in 2019. Imhof ist ein Paradebespiel dafür, dass in unserer heutigen Gesellschaft in Sachen Gleichberechtigung und Akzeptanz noch nicht alles stimmt. Weibliche Intelligenz ist keine Diagnose, die aufs soziale Abstellgleis führen sollte, sondern ein Geschenk.

Bewertung vom 18.02.2019
Wie gut ist Ihr Deutsch? 2
Sick, Bastian

Wie gut ist Ihr Deutsch? 2


ausgezeichnet

Acht Jahre mussten die Fans des deutschen "Sprachpapstes" Bastian Sick auf die zweite Ausgabe seines großen Deutschtests warten. Aber diese lange Wartezeit hat sich m. E. mehr als gelohnt. In gewohnt witziger Manier hat er auf 256 Seiten abwechslungsreiche wie z. T. recht anspruchsvolle Fragen jenseits des gängigen Mainstreams versammelt. Nicht nur Germanistikfreaks und Sick-Fans werden diesen Test lieben, sondern auch der interessierte Muttersprachler. Wieder einmal gelingt es Sick mit seinem Buch vortrefflich, Werbung für und damit Lust auf die vielseitige deutsche Sprache zu machen. Das erste Kapitel umfasst 10 Quizrunden mit insgesamt 200 Fragen zu Rechtschreibung, Zeichensetzung, Literatur & Co, die im zweiten Buchteil kurz und knackig, ohne erhobenen Zeigefinger, beantwortet werden. Wer im Anschluss noch sein Testergebnis auswerten lassen möchte, findet auf den letzten vier Buchseiten einen entsprechenden Auswertungsteil. Das signalfarbene Cover, die bunte Illustration des Textes sowie das handliche Format machen Sicks neuestes Werk zur perfekten Reiselektüre bzw. Literatur für zwischendurch. Auch der oftmals etwas antiquierte Unterricht in deutschen Schulen kann von diesem modernen Testbuch profitieren.

Bewertung vom 10.02.2019
Zukunft - Eine Biografie
Ogiermann, Jan M.

Zukunft - Eine Biografie


gut

Das auffällige Cover, das einen griechischen Philosophen, wahrscheinlich Platon, mit VR-Brille zeigt, hat mich sofort angesprochen, weil es einfach und doch eindrücklich Antike und Moderne miteinander verknüpft.

Mit dem Zukunftsbegriff im Wandel der Zeit hatte ich mich bisher noch nicht eingehend beschäftigt. Das vorliegende grundgelehrte Buch schaffte dabei Abhilfe. Es untersucht das Verständnis von Zukunft innerhalb der Geschichte recht ausführlich, wobei vor allem Politiker, Schriftsteller und Staatsphilosophen zitiert werden. Mir hat diese wissenschaftliche und damit tiefgründige Herangehensweise an sich gut gefallen. Doch der Historiker Jan Martin Ogiermann hat mit "Zukunft. Eine Biografie" letztendlich eine geschichtliche Überblicksdarstellung geschaffen und nicht eine Zukunftsstudie, wie ich sie mir gewünscht hätte. Natürlich kann man als Autor Zukunft nicht ohne die Vergangenheit betrachten, weil diese nun einmal das Fundament dieser darstellt. Aber die Ausführlichkeit, mit der sich Ogiermann dem Zukunftsbegriff von der Antike bis heute widmet, ließe sich m. E. beschränken. Und sollten in einem "Zukunftsbuch" nicht auch Aussagen über die wirkliche Zukunft vorkommen? Im Großen und Ganzen war es vor allem die fünfseitige Zusammenfassung am Schluss, die mich mit dem Buchtitel versöhnt hat und schlussendlich als Hinführung an die Thematik gereicht hätte. Beschreibungen von KI, Gentechnik usw. stellten leider nicht mehr als eine Randnotiz dar.

FAZIT
Mehr Zukunft und weniger Vergangenheit hätten dem vielversprechenden Buchtitel gut getan.

Bewertung vom 09.02.2019
Die verborgenen Stimmen der Bücher
Collins, Bridget

Die verborgenen Stimmen der Bücher


ausgezeichnet

INHALT
Der junge Brite Emmet Farmer soll einmal den väterlichen Hof übernehmen und hat auch die besten Anlagen dazu. Doch eine plötzliche Krankheit, das sog. Buchbinderfieber, schwächt ihn dermaßen, dass er einen anderen Weg einschlagen muss. In einer Zeit, in der Bücher verboten sind, absolviert er fortan bei der berühmt-berüchtigten Seredith eine Lehre zum Buchbinder. Während er einfache Arbeiten übernimmt, erfährt er dort von Serediths eigentlicher geheimnisvoller Tätigkeit, dem Binden von Erinnerungen. Gegen Bezahlung befreit sie Menschen von ihren Sünden bzw. traumatischen Erlebnissen, indem sie diese aufschreibt und als Buch im Laden verwahrt. Wird auch Emmet diese dunkle Kunst erlernen und welche Rolle spielt denn der arrogante Lucian in seinem Leben?

MEINUNG
Bridget Collins Fantasywerk hat mich ab der ersten Zeile gefesselt und bis zum Schluss nicht mehr losgelassen.

Es ist eine langsam beginnende Geschichte, die sich Kapitel für Kapitel steigert, Auch der häufige Wechsel der Erzählperspektive sowie der Erzählzeit erzeugen Spannung, weil Details zu den Hauptprotagonisten Emmet und Lucian dadurch nur tröpfchenweise durchsickern. Emmet der nichtsahnende Bauernsohn und Lucian der leidgeprüfte Adlige mit widerwärtigem Vater sind zwei durch und durch interessante Charaktere. Besonders als sich ihre Wege im Verlauf der Handlung kreuzen und sie zu Schicksalsgenossen werden, erreicht die Erzählung ihren Höhepunkt. Hierbei besticht Collins Roman vor allem durch seine stark poetische sowie bildreiche Sprache. Es ist schon ein seltsames Setting, eine Zeit ohne Bücher und Lesen, in der es verboten ist, Bücher zu besitzen. Das liegt aber auch daran, dass diese nicht wie heutzutage dem Amüsement oder der Bildung dienen, sondern einzig und allein Erinnerungen an unschöne Dinge auslöschen sollen. Ob Emmet und Lucian auch davon betroffen sind und inwiefern ihre verbotene Liebe dabei eine Rolle spielt, muss der interessierte Leser selbst herausfinden? Eines ist dabei aber gewiss, die Art und Weise wie Collins diese melodramatische wie fantastische Geschichte erzählt, ist sensationell gut.

FAZIT
Ein Roman, der die Magie von Büchern einfängt und dabei menschliche Abgründe enttarnt. Kurzum, eine wirklich spannende Lektüre.

Bewertung vom 27.01.2019
Die positive Kraft des Zweifelns
Koch, Emanuel

Die positive Kraft des Zweifelns


ausgezeichnet

"Solange es hartnäckige Zweifler gibt, können wir uns kontinuierlich weiterentwickeln. Ohne Zweifler würde die Welt einfach stehenbleiben." (S. 42)

Diesen Worten des Autors kann man nur zustimmen, denn wo stünden wir denn heute, wenn es keine Erfinder mit Zweifeln am Status quo gegeben hätte. Konformität gepaart mit blindem Sicherheitsstreben killt nicht nur die Kreativität, sondern auch die Kultur des Zweifelns. Und zu zweifeln, schickt sich heute in der ach so perfekten und schnelllebigen Zeit einfach nicht mehr, so der Eindruck. Vielmehr erklimmen Ja-Sager und von sich vollkommen überzeugte Alphatiere die Karriereleitern der Großkonzerne. Hier gilt es vor allem, Zweifel zu vermeiden, um die eigene Unsicherheit oder Meinung nicht preiszugeben. Wie armselig ist das denn oder? Selbstzweifel sind normal und sollten keinesfalls unterdrückt werden, so Emanuel Koch. Der Diplom-Informatiker, Musiker und Berater habe zeit seiner Kindheit Zweifel und habe es gerade deshalb so weit gebracht. Zweifel offen auszusprechen, besonders auf der Arbeit, führe zu einem besseren Miteinander, nur müssten alle Kollegen dazu bereit sein. Und das ist das größte Problem. Vor allem Chefs fürchten, dass ihr Zweifeln als Führungsschwäche ausgelegt werden könnte und verkennen dabei die positiven Effekte und Potenziale. Fehlentscheidungen im Berufs- und Privatleben ließen sich durch eine sensibilisierte Betrachtung beispielsweise verhindern bzw. eindämmen. Daher kann ich Kochs Ansatz, sich für seine Zweifel nicht zu schämen, sondern diese als Chance für ein erfolgreicheres Leben zu verstehen, nur begrüßen. Ob als Unternehmensführer, Eltern usw., jeder von uns hat dann und wann Momente, wo er zweifelt, gar verzweifelt. Doch sind es nicht gerade diese Erfahrungen, die uns stärken und besser werden lassen?

FAZIT
Es lebe der Zweifel! Zweifeln ist menschlich und sollte nicht länger als Makel angesehen werden. Klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 26.01.2019
Sophie Scholl - Lesen ist Freiheit
Ellermeier, Barbara

Sophie Scholl - Lesen ist Freiheit


ausgezeichnet

Die Historikerin Barbara Ellermeier hat mit ihrem Werk "Sophie Scholl - Lesen ist Freiheit!" ein wahres historisch-persönliches Kleinod geschaffen. Auf gerade einmal 143 Seiten finden sich liebevoll zusammengestellte Originaltexte und Zeichnungen der studentischen Widerständlerin Sophie Scholl aus den Jahren 1941 bis 1943. Damals hat sie gemeinsam mit ihrem Bruder Hans und weiteren Studenten wie Dozenten mithilfe von Flugblättern gegen den nationalsozialistischen deutschen Staat aufbegehrt.

Das Besondere an Sophie Scholls Briefen wie Tagebüchern, die sich im Institut für Zeitgeschichte München befinden, ist nicht nur deren klare Sprache, sondern auch deren persönliche Komponente. Sophie Scholl, die mit 19 Jahren sofort in München studieren wollte, kam der Zweite Weltkrieg dazwischen. Die belesende Tochter aus gutem Hause wird damals zum Reichsarbeitsdienst gezwungen - eine Zeit, die sie nur durch das Lesen von Büchern und durch das Briefeschreiben übersteht. Die Lektüre von Augustinus oder Thomas Mann bedeuteten für sie in Zeiten ständiger staatlicher Fremdbestimmung Freiheit (vgl. Buchtitel). So nutzte sie, wie man ihren Aufzeichnungen entnehmen kann, jede noch so hart erkämpfte freie Minute zur Lektüre bzw. Korrespondenz mit Freunden und Familie. Und die Macht der Literatur sollte man nicht unterschätzen. Sophie Scholl war trotz der staatlichen Repressalien bestens vernetzt und kämpfte für ein besseres, nämlich freies Deutschland.

Alles in allem bot Ellermeiers Büchlein einen kleinen Einblick in Sophie Scholls damaliges zwiespältiges Seelenleben. Darüber hinaus offenbaren die wenigen Strichzeichnungen ein großes künstlerisches Talent. Ihre Porträts sind beeindruckend naturalistisch. Ihre Liebe zur Literatur und zum Schreiben bzw. ihr unbändiger Wille, sich darüber nahezu täglich auszutauschen, machen sie in meinen Augen sehr sympathisch und zeigen zudem ihren wachen wie kritischen Geist.

Bewertung vom 19.01.2019
Passiert - notiert
Hahne, Peter

Passiert - notiert


ausgezeichnet

Der bekannte TV-Moderator und Autor Peter Hahne befindet sich seit 2018 im sog. Unruhestand. Seine Berichterstattungen aus dem ZDF-Hauptstadtstudio und seine nach ihm benannte Talkshow waren legendär. Denn anders als viele Kollegen hat er sich nie seine Meinung verbieten lassen und ist damit gern angeeckt. Stets offen und investigativ stichhaltig trat er Menschen wie Themen entgegen, was ihm zum Zuschauerliebling und von Politikern gefürchteten wie respektierten Journalisten werden ließ.

Nun mit 66 Jahren kann er endlich machen, was er möchte. Aber das Sich-auf-die faule-Haut-Legen gehört wohl nicht dazu. Weiterhin schreibt er Bücher, ist als Gastredner bei Banken und Kirchen gleichermaßen gefragt oder nimmt an abendlichen Talkshowrunden im TV teil.

In seinem neuesten 142-seitigen Werk "Passiert, notiert" erzählt er in gewohnt pointierter Weise von persönlichen Begegnungen und Erlebnissen, die ihm im Laufe seines Lebens- und Berufsweges geprägt wie beeindruckt haben. Dass er dabei sowohl mit scharfer Kritik als auch mit schwärmerischen Tönen nicht geizen würde, war zu erwarten. Doch anders als in seinen letzten stark politisierenden Büchern liegt der Fokus auf Hahnes christlichem Glauben und Prägung. Er, der ewig streitbare Journalist, ist fest im christlichen Glauben verwurzelt. So hat er nicht nur einst Theologie studiert, sondern ist auch Ratsmitglied der EKD. Wie Luther scheut er sich nicht vor der Wahrheit und legt den Finger gern in die Wunde. Und auch in "Passiert, notiert" trifft seine Kritik vor allem die heutigen Politiker. Das liest sich spannend, ist unterhaltsam und vor allem sehr persönlich. Gerade diese Einblicke ins Privatleben des Autors sind es, die ihn so sympathisch und nahbar machen. Dabei ist es einerlei, ob er sich nun als großer Pilcherfan outet oder von seinen Hüft-OPs berichtet.

FAZIT
Ein sehr persönliche Geschichtensammlung mit großem Unterhaltungs- sowie Mehrwert.