Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Bibliomarie

Bewertungen

Insgesamt 1032 Bewertungen
Bewertung vom 08.07.2019
Lava und Wellen: Tod auf dem Vulkan
Strick, Sabine

Lava und Wellen: Tod auf dem Vulkan


gut

Nach einer Familientragödie kehrt Lucien Mahé zurück in seine Heimat, die Insel Réunion im Indischen Ozean. Über zwanzig Jahre war er ein erfolgreicher Pariser Polizeibeamter, aber den Unfalltod seines Sohnes, an dem er sich eine Mitschuld gibt, hat seinen Alltag erschüttert. Auf Réunion will er Abstand gewinnen.


Xavier Lèfevre, ein bekannter Vulkanloge ist am Kraterrund ums Leben gekommen, auch wenn der drohende Ausbruch des Vulkans die Spurensuche erschwert, geht die Polizei von einem Gewaltverbrechen aus. Melissa, die Ehefrau gerät unter Verdacht, nicht weil die Spurenlage eindeutig ist, sondern weil Kommissar Pascal Talon einen persönlichen Groll gegen sie hegt. Er kann ihre Abfuhr nicht vergessen, zudem ist Melissas Bruder der Liebhaber seiner Frau. Eine gute Gelegenheit, sich an der Familie zu rächen.
So bittet Melissa Lucien, der er mit ihr zur Schule ging um Hilfe und ein wenig gegen seinen Willen beginnt er als Privatermittler seine Nase in den Fall zu stecken.


Die Ausgangslage und der weitere Plot dieses Kriminalromans sind fast klassisch, aber die Szenerie des Handlungsorts ist etwas Besonderes. Die französische Insel Réunion ist exotisch und erweckt bei den Beschreibungen sofort lebhafte Bilder und Fernweh. Fast spürt man den Duft der allgegenwärtigen Vanille, die dort gedeiht.


Die Ermittlungen gestalten sich schwierig, Lucien kann als Privatperson nicht auf die gewohnten Polizeiressourcen zurückgreifen, das macht die Spurensuche auch sehr spannend. Zudem ist der Gegenpart – der böse Bulle Talon und der sympathische Mahé – immer für eine Wendung in der Handlung gut.


Mit hat der solide aufgebaute Krimi gut gefallen, der Spannungsbogen wird durchgehend hoch gehalten und die Figuren wirken gut getroffen. Ein flüssiger Sprachstil rundet das Lesevergnügen ab.

Bewertung vom 06.07.2019
Der Alte muss weg
Berling, Carla

Der Alte muss weg


gut

Mit Mitte Fünfzig fühlt sich Steffi in ihrem Leben und in ihrer Ehe nur noch gelangweilt. Alles ist vorhersehbar und ihr Mann ein Langweiler vor dem Herrn geworden, mit Kreuzworträtseln und festgelegtem Termin für den wöchentlichen Sex. Auch ihren Freundinnen geht es nicht viel anders, lediglich Zita als Singlefrau scheint ein ausgefülltes, abwechslungsreiches Leben zu führen.
Aber gab es da nicht neulich eine Sendung im TV mit einem Gerichtsmediziner, der erzählte, dass jeder zweite Mord gar nicht entdeckt wird? Steffis Runde ist ganz angetan von dieser Erkenntnis und dann ist plötzlich Elfies Ehemann tot……
Der Roman von Carla Berling ist gespickt mit leicht schwarzem Humor in rheinischer Ausprägung.. Das hätte für mich durchaus noch akzentuierter sein dürfen, dann wäre der Plot noch etwas schärfer rübergekommen. Elfie darf kölsch reden und mit „Liebelein“ und „Piccolöchen“ um sich werfen, die Frauenrunde im Brauhaus tüchtig dem Alkohol zusprechen und Sprüche klopfen. So bleibt es doch eine nette Komödie um Ehealltag und verpasste Möglichkeiten. Witzig ist die Panik geschildert, als Steffi ihre ersten Versuche unternimmt und – glücklicherweise – scheitert, aber dann doch noch, auch wenn ganz anders als anfangs gedacht zu einem Ergebnis kommt. Auch ihre Erkenntnis, dass zur Langeweile auch immer Zwei gehören, ist ganz amüsant ausgearbeitet.
Es ist schnell gelesen und für meinen Geschmack gingen auch die Veränderungen zu schnell. Um nicht zu spoilern, möchte ich hier keine Beispiele aufführen. Insgesamt habe ich mich aber amüsiert und auch ganz gut unterhalten, die Autorin hat ein gutes Timing für ihre Gags und man merkt mit wieviel Spaß sie ihre unterschiedlichen Charaktere gestaltet hat. Trotzdem habe ich aber das Gefühl, dass der Plot noch mehr Potential gehabt hätte.

Bewertung vom 03.07.2019
Nächstes Jahr in Havanna / Kuba Saga Bd.1
Cleeton, Chanel

Nächstes Jahr in Havanna / Kuba Saga Bd.1


sehr gut

In ihrem Herzen fühlt sich Marisol als Kubanerin, obwohl sie schon in der 2. Generation in Miami lebt. Aber ihre Großmutter Elisa hat ihr die Liebe zur Heimat eingepflanzt. Elisa musste als junge Frau von Kuba fliehen, die Eltern gehörten zur reichen Klasse und standen Battista nah, als sich die Revolution unter Castro und Che abzeichnete, wurde es gefährlich für die Familie. Politik war nie Elisas Thema, sie lebte in Luxus und abgeschottet von normalen Leben. Dann lernt sie einen Mann kennen, sie ist fasziniert von seinen Ideen und seinen politischen Zielen, auch sie wird allmählich kritischer, aber die Flucht der Familie reißt sie auseinander.


Ein ganzes Leben später erfüllt Marisol ihren letzten Wunsch, ihre Asche soll auf Kuba verstreut werden. Marisol findet Aufnahme im Haus von Elisas Jugendfreundin Ana und verliebt sich in ihren Enkel Luis. Es scheint, als ob sie die Geschichte ihrer Großmutter wiederholt….


Man spürt in diesem Roman aus jeder Seite die Liebe der Autorin zu Kuba, den Menschen dort und deren karibischen Lebensgefühl, das auch nach Jahrzehnten von Mangel und Misswirtschaft ungebrochen ist. Mir schien, sie hat die eigene Sehnsucht nach der Heimat ihrer Familie in ihrer Protagonistin Marsisol ausgedrückt.


Die Geschichte ist in zwei Zeitebenen angesiedelt, das vorrevolutionäre Havanna im Jahre 1958, das Elisa erlebt und das Havanna im Jahr 2917, als Marisol als Touristin die Stadt erlebt. Die Rückblenden haben mich fasziniert, viel zu wenig wusste ich von den revolutionären Umbrüchen der Insel und hatte Castro immer nur als Greis mit Bart im Gedächtnis. Wie die Menschen die Revolution feierten, eine neue Zukunft erhofften und im Lauf der Jahre immer ernüchterter wurden, ist farbig und lebendig erzählt. Ich fühlte mich nach Kuba versetzt.


Marisols Geschichte ist mir im Gegensatz dazu fast zu blass erschienen, die Liebesgeschichte mit Luis war eigentlich unausweichlich und sollte wohl Dramatik in den Handlungsstrang bringen, obwohl dafür auch schon ein altes Familiengeheimnis sorgte, welches meiner Meinung nach aber in die Kategorie Klischee fällt.


Aber der Roman lebt von seinem Temperament und den stimmungsvollen Beschreibungen, er hat mir trotz meiner kleinen Kritikpunkte sehr gut gefallen und gut unterhalten. Die Autorin ist ganz dicht an ihrem Thema und bringt es warmherzig ihren Lesern nah. Ganz besonders die geschichtlichen Hintergründe haben mich interessiert und fasziniert

Bewertung vom 01.07.2019
Das Licht der Toskana
Mayes, Frances

Das Licht der Toskana


gut

Susan, Julia und Camille sind drei Südstaaten Ladies, die sich bei der Besichtigung einer Senioren-Wohnanlage kennenlernen. Sie sind zwischen Ende Fünfzig und Mitte Sechzig und fühlen sich eigentlich zu jung für diese Lebensform. Aber Susan und Camille sind Witwen und Julia hat eben ihren Ehemann verlassen und sie sind alle unsicher, wie es weitergehen soll. Es entwickelt sich schnell eine harmonische Freundschaft und die drei Amerikanerinnen beschließen für ein Jahr eine Villa in der Toskana zu mieten um Abstand zu gewinnen.

Kit Raines, eine erfolgreiche amerikanische Schriftstellerin sieht die Drei aus dem Wagen steigen und die Nachbarvilla betreten und damit beginnt das toskanische Abenteuer. Kit hat selbst vor 10 Jahren ihren Lebensmittelpunkt in die Toskana verlegt und sieht den neuen Nachbarinnen mit Spannung entgegen.

Auch zu Kit entwickelt sich schnell eine tiefe Freundschaft, in der Sonne Italiens kommen die lange unterdrückten Talente der Frauen ans Licht, Camille beginnt wieder künstlerisch tätig zu sein, Julia beginnt ihrer Leidenschaft zum Kochen eine weitere Variante hinzufügen und hat schon Ideen für ein Kochbuch und Susan beginnt mit Antiquitäten zu handeln.

Ein wenig erinnert das Buch an das eigene Leben der Autorin, sie hat selbst in den 90iger Jahren sich in ein toskanisches Haus verliebt, es renoviert und zum Mittelpunkt ihrer Romane und auch Filme gemacht. Die Geschichte ist in einer rosaroten zuckrigen Wolke eingehüllt, man fühlt sich sofort in die Landschaft versetzt. Gerüche, Farben, Aromen – das alles erzeugt eine geradezu sinnliche Atmosphäre. Dass es realitätsfern ist, von zu vielen Zufällen und Harmonie geprägt und dass es manchmal gar zu blumig in den Beschreibungen wird – geschenkt! Die Autorin kann ihre Leser verzaubern und sie für die Lesezeit in die Hügel der Toskana versetzen. Ich habe das Buch genossen, auch wenn ich mir manchmal etwas mehr echtes Leben und ein paar Schwierigkeiten gewünscht hätte.

Eine unterhaltsame Geschichte, schön erzählt, die Sprache passt zum Sujet und ich denke auch zum angesprochenen Leserinnenkreis, die sicher in der zweiten Lebenshälfte stehen dürften.

Bewertung vom 27.06.2019
Eine Odyssee
Mendelsohn, Daniel

Eine Odyssee


ausgezeichnet

„Mein Vater, ein Epos und ich“ – das ist der Untertitel des Buches von Daniel Mendelsohn und er umreißt genau den Inhalt dieses Romans, der Familiengeschichte und Sachbuch zugleich ist.
Dan ist Altphilologe und lehrt an der Universität, sein Vater Jay ist pensionierter Professor der Mathematik, ihr Verhältnis ist durchaus harmonisch, aber auch distanziert – was vielleicht auch eine Frage der Generation ist. Der Ankündigung Jays, an seinem Seminar über die Odyssee teilzunehmen, sieht Dan mit gemischten Gefühlen entgegen: was werden seine Studenten davon halten und wie wird es sich für ihn anfühlen, vor seinem immer kritischen Vater zu dozieren?
Wobei Dans anfängliche Befürchtungen sich bald zerstreuen. Seine Studenten mögen den alten Herrn und seine respektlosen Bemerkungen. Für ihn ist nämlich Odysseus nicht der Held, sondern eher ein Versager, der immer dann, wenn es hart auf hart kommt, auf göttliche Intervention setzen kann.
Der Leser erhält, genau wie die Studenten, eine wunderbare und kenntnisreiche Einführung in das antike Epos. Dan seziert die Verse, weist auf den Aufbau und die Entstehung hin, erklärt Homers Erzählweise und den Hintergrund und zog mich damit sofort in Bann. Gleichzeitig werden die Parallelen zwischen Dans Erleben des Vaters mit der des Telemachos zum abwesenden Odysseus klar. Je weiter das Seminar fortschreitet, umso intensiver wird das Vater – Sohn Verhältnis. Dan lernt ganz unbekannte Seiten an ihm kennen und eine Vertrautheit stellt sich ein, die er so nicht kannte. Wie hat das Leben seinen Vater geprägt, wie ist er mit der Kriegszeit umgegangen, was bedeutet seine Ehe für ihn?
Während der Semesterferien unternehmen Vater und Sohn eine Mittelmeerkreuzfahrt zu den Schauplätzen des Epos. Das wird ein Höhepunkt in ihrer Beziehung, auch wenn das Ziel Ithaka nicht erreicht wird.
Ich habe jede Seite des Buches genossen und manche Abschnitte immer wieder gelesen, weil sie mich berührt haben und zum Nachdenken anregten. Mendelsohn Schreibstil hat mir sehr gefallen und mit welcher Leichtigkeit er den schwierigen Originaltext erklärt, lässt vermuten, dass er auch ein ganz besonderer Lehrer ist, der seine Studenten begeistern kann.
Ich kannte die Odyssee als Prosanacherzählung und nach diesem Buch habe ich den Wunsch, mit ausführlicher damit zu beschäftigen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.06.2019
All die unbewohnten Zimmer
Ani, Friedrich

All die unbewohnten Zimmer


sehr gut

Im neuen Krimi von Friedrich Ani wird der größte Part aus der Sicht der jungen Kommissarin Fariza Nasri geschildert. Acht Jahre war sie in die Provinz zwangsversetzt, eine vermeintliche Dienstverfehlung, aber in Wirklichkeit eine Intrige des Vorgesetzten gegen die junge, impulsive Deutsch-Syrerin. Der legendäre Ermittler Polonius Fischer hat sie für sein Truppe zurückgeholt.

Es beginnt mit einem rätselhaften Attentat auf eine Frau, aus einem Fenster heraus wurde sie erschossen, ein Polizeibeamter zufällig schwer verletzt. Dann wird am Rande einer Demo aus der rechten Ecke ein Streifenbeamter getötet, ein zufälliges Opfer oder steckt mehr dahinter? Der Partner des toten Polizisten ist Tim Gordon, der Sohn des Mannes, der Fariza damals zu Unrecht beschuldigte.
Es tauchen dann noch weitere Figuren aus dem Kosmos des Friedrich Ani auf. Jakob Franck, der aus dem Ruhestand heraus immer noch Todesnachrichten überbringt und nach Verschwundenen sucht und Tabor Süden, der inzwischen als Privatermittler arbeitet. Zusammen agieren die unterschiedlichen Charaktere auf ihre ganz besondere Weise.

Zuerst muss ich feststellen, dass Anis neuer Roman weniger ein Krimi, als vielmehr ein aktueller Gesellschaftsroman ist, der Stellung zu den unterschiedlichen Strömungen unserer Republik nimmt. Das hat mir sehr gut gefallen, denn es zwingt zum Nachdenken und zum Hinterfragen. Deshalb setzt der Autor auch nicht unbedingt auf vordergründige Spannung. Die Spannung entsteht aus diesen unterschiedlichen Arbeitsweisen der Ermittler und auch aus der gebrochenen Biografie der jungen Nasri.

Anis anspruchsvoller Schreibstil zwingt zum aufmerksamen Lesen, es ist kein Kriminalroman zum schnellen Konsum zu unterschiedlich und verschachtelt sind die Handlungsstränge. Aber der Leser, der sich davon nicht beeindrucken lässt, wird mit einem ausgezeichneten Roman und niveauvoller Lektüre belohnt.

Bewertung vom 24.06.2019
Die Vergebung der Sünden / Sidney Chambers ermittelt Bd.4
Runcie, James

Die Vergebung der Sünden / Sidney Chambers ermittelt Bd.4


weniger gut

Das Buch „Die Vergebung der Sünden“ hat mich sofort durch den Umschlagillustration und die ganze Ausstattung angesprochen. Ein typischer englischer Landhauskrimi, der amüsante Unterhaltung versprochen hat.
Ich bin allerdings nicht ganz auf meine Kosten gekommen. Es handelt sich eher um kurze, völlig unabhängige Geschichten die den anglikanischen Pfarrer Sidney Chambers als Ermittler zeigen und in eine Rahmenhandlung aus Pfarrhaus- und Familienleben eingebettet sind. Mit seinem Freund Inspektor Keating hat er einen professionellen Helfer an seiner Seite.
Nun ist das englische Pfarrhaus schon seit Agatha Christie und anderen Autoren des „goldenen Krimi-Zeitalters“ ein bevorzugter Schauplatz und der Kontrast zwischen heiler Welt und Verbrechen immer einer guter Hintergrund. Allerdings erreicht die Figur Chambers nie die Relevanz eines Pater Brown. Seine Ermittlungen und Lösungen sind eher dem Zufall geschildert. Die Erzählungen plätschern so vor sich hin und auch die Rahmenhandlung finde ich seltsam steril.
Der Schreibstil ist angenehm, die gepflegte Sprache macht allerdings die gepflegte Langeweile nicht wett, die bei mir aufgekommen ist. Das ist wirklich eine Geschichte, die selbst alte Damen bei Tee lesen können, ohne Herzklopfen zu bekommen.
Dass Chambers deutsche Frau Hildegard der kleinen Tochter am Abend deutsche Schlaflieder vorsingt und ich damit mal wieder die kompletten Strophen der bekannten Lieder lesen konnte, war ein niedliches Beiwerk.
James Runcies Kriminalgeschichten sind wahrscheinlich nur etwas für ganz eingefleischte Leser von gemütlichen Landhaus Krimis.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.06.2019
Letzte Hoffnung Meer / Ruth Keiser und Martin Ziegler Bd.2
Eichbaum, Anja

Letzte Hoffnung Meer / Ruth Keiser und Martin Ziegler Bd.2


sehr gut

Der Tod einer Frau erschüttert Boltenhagen und die Region. Es ist tragisch, war sie doch Patientin in einer Krebsklinik und es schien, sie hätte die Krankheit besiegt um nun einem Mörder in die Hände zu fallen.


Da es zwei ähnlich gelagerte Fälle gibt, wird Dr. Ernst Bender – auf seinen Titel legt er großen Wert – aus Schwerin in die kleine Gemeinde beordert. Wie es der Zufall will, die Polizeipsychologin Ruth Keiser verbringt hier einen Arbeitsurlaub um ihr Buch abzuschließen. Außerdem hat sich der Norderneyer Kollege Martin Zieger zusammen mit seiner Lebensgefährtin im kleinen Ferienpark eingemietet. Die Welt ist manchmal klein, aber hier wird das zufällige Aufeinandertreffen zum Glücksfall.


Der Ostsee Krimi „Letzte Hoffnung Meer“ bietet ein ganzes Spektrum an Emotionen. War doch das Opfer Patientin in einer der Reha Kliniken für Krebspatienten, wo Hoffnung und Verzweiflung dicht beieinander liegen. Gekonnt werden die Gefühle beschrieben, wenn der Arzt den Patienten die Diagnose mitteilen muss, oder wie Patienten immer wieder ein Hoffnung daraus ziehen, dass es den Anderen noch schlechter geht. Klar, dass die Patienten nach jedem Strohhalm greifen, auch wenn Therapien zweifelhaft und unerprobt sind.
Es ist ein ernstes Thema als Hintergrund eines spannenden Krimis, aber nicht bedrückend geschildert. Die Autorin geht sehr gekonnt damit um, sie beschönigt nie, lässt die Thematik aber auch nicht nur Folie sein.


Das gelingt ihr auch mit dem Spektrum ihrer handelnden Figuren, deren Charaktere sehr differenziert und tiefgründig dargestellt sind. Ich habe den Vorgängerband nicht gelesen, war deshalb ganz dankbar für das Personenregister am Anfang des Buches. Ruth Keiser, als Psychologin setzt man das fast voraus, war sehr reflektiert. Dr. Bender erschien mir skurril, aber in seinen Macken eigentlich sehr liebenswert und auf altmodische Weise charmant.


Ich habe das Ostseefeeling sehr genossen, vor allem durch die realen Schilderungen der Umgebung. Es ist ein gelungener Regionalkrimi, viel Atmosphäre, ein gutes Thema, sich stetig steigernde Spannung und eine sehr schlüssige Auflösung. Ganz besonders hat es mich gefreut, dass ich mit meinem eher aus dem Gefühl heraus entstandenen Verdacht auch noch richtig lag.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.06.2019
Helle und der Tote im Tivoli / Kommissarin Helle Jespers Bd.1
Arendt, Judith

Helle und der Tote im Tivoli / Kommissarin Helle Jespers Bd.1


sehr gut

Helle Jespers ist eine Landpolizistin, übergewichtig und von Wechseljahrsbeschwerden geplagt. Aber ganz so in die Landei – Ecke, wie es der Kopenhagener Kollege Sören möchte, lässt sie sich nicht schieben.

Gunnar Larsen ist im Tivoli umgebracht worden, grausam entstellt und so zur Schau gestellt, dass es den Anschein hat, dass es etwas mit dem Pädophilie Milieu zu tun hat. Helle soll der Witwe die Todesnachricht überbringen und erste Fragen stellen, damit wäre der Part ihres Kleinstadt-Kommissariats erledigt. Aber Helles Gespür sagt etwas anderes, sie kennt den überaus korrekten und steifen Gunnar als Lehrer ihrer Kinder, er war immer auf der Seite der Schüler und nie war etwas Zweideutiges dabei. So beginnt sie selbst zu ermitteln und Spuren nachzugehen, die den Kopenhagenern entgangen oder zu unwichtig schienen.
Wie ein Terrier – so die Beschreibung ihres Mannes – verbeißt sie sich in die Ermittlung.

Der Titel „Helle und der Tote im Tivoli“ stellt Helle Jespers nicht von ungefähr an die erste Stelle. Die Figur dieser Kommissarin prägt den ganzen Krimi. Sie ist menschlich, mit all den Unzulänglichkeiten einer Frau in den mittleren Jahren, die Bequemlichkeit über Aussehen stellt. Dabei geerdet und voller Empathie für ihre Mitmenschen. Aktuelle Zeitbezüge fließen mit ein, wie der enorme Rechtsruck in Dänemark und dessen Auswirkungen auf ihre Arbeit.

Der Kriminalfall entwickelt eine ganz besondere Dynamik und selten habe ich Polizeiarbeit so gespannt und interessiert verfolgt, wie bei Helle und ihrem Team. Die Protagonisten neben Helle werden genauso liebevoll und menschlich dargestellt. Es gibt den temperamentvollen Jungspund, den desillusionierten und ausgebrannten Kollegen und die junge Mitarbeiterin mit Migrationshintergrund, also ein realistischer Querschnitt durch den Polizistenalltag. Der sehr angenehm zu lesende Stil hat mich überzeugt, die Sprache gefiel mir: unterhaltsam und niveauvoll.

Der Untertitel „der erste Fall…“ verspricht eine Reihe, die ich aufmerksam verfolgen werde.

Bewertung vom 15.06.2019
Hamish Macbeth ist reif für die Insel / Hamish Macbeth Bd.6
Beaton, M. C.

Hamish Macbeth ist reif für die Insel / Hamish Macbeth Bd.6


gut

Weihnachten steht vor der Tür. Hamish Macbeth hat Männerschnupfen, zum Weihnachtsfest hat sich eine nervige Tante angesagt – da kommt der Vorschlag seiner alten Freundin Priscilla grade recht. Ihre Bekannte Jane betreibt ein Wellness Hotel auf der kleinen Insel Eileencraig und fühlt sich bedroht. Zwei seltsame Unfälle und die Weissagung einer Hellseherin, die ihr den nahen Tod prophezeit, haben sie verunsichert.

Constable Hamish hat eh Urlaub und gegen einen kostenlosen Hotelaufenthalt hat ein Schotte noch nie etwas einzuwenden gehabt. Als er allerdings die anderen Hotelgäste kennenlernt, bereut er seinen Entschluss doch. Eine bunte Mischung Exzentriker hat sich dort eingefunden, die Stimmung ist nicht unbedingt harmonisch, auch Janes Ex-Mann ist dabei. Die Bevölkerung der Insel hat wirklich nicht viel für die Hotelbesitzerin übrig, das merkt Hamish sehr schnell, es liegt aber wohl eher an ihrem Auftreten: zu kurze Röcke, zu tiefe Ausschnitte, Stiefel bis übers Knie und glänzende Strumpfhosen. Wenn sich jetzt der Leser die Augen reibt, dann sollte er ins Impressum schauen. Das Buch ist schon gut 30 Jahre alt.

Aber tatsächlich kommt eine Frau ums Leben, sie trug bei einem Spaziergang über die Klippen ausgerechnet Janes Regenjacke – war es ein Unfall oder Mord wegen einer Verwechslung?

Wenn je das Prädikat „Cosy Crime“ passt, dann auf dieses Buch. Es passiert eigentlich nicht viel, die Geschichte lebt von den skurrilen Begebenheiten und kauzigen Charakteren. Ein wenig merkt man dem Text das Alter an, denn wenn man unterwegs ist muss zum Telefonieren ein Pub oder Hotel aufgesucht werden. Auch die Anspielungen auf Agatha Christie sind charmant, so merkt ein Hotelgast an, dass es der Vorfall einem ihrer Krimis ähnelt.

Die Autorin ist bekannt für ihre eher unterhaltsamen Krimis, wobei ich denke, dass sie grade noch die Kurve zwischen Komik und Albernheit geschafft hat.

Für Schottland Fans, am besten vor dem Kamin mit einem schönen Whisky konsumiert. ;-)

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.