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Bellis-Perennis
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Wien

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Insgesamt 924 Bewertungen
Bewertung vom 09.09.2023
Die Insel der außergewöhnlichen Gefangenen
Parkin, Simon

Die Insel der außergewöhnlichen Gefangenen


ausgezeichnet

Dass Winston Churchill alle männlichen Deutschen und Österreicher zwischen 16 und 60 als „feindlich Ausländer“ internieren hat lassen, ist zwar bekannt, ist aber noch nicht wissenschaftlich untersucht worden. Bei den meisten dieser Männer handelt es sich um von den Nazis Verfolgte, die erst seit Kurzem oder schon einige Jahre in Großbritannien leben. Einige sind Universitätsprofessoren oder Künstler oder auch Handwerker, die bereits ihren Platz in der britischen Gesellschaft gefunden haben. Alle werden quasi über Nacht in mehrere Internierungslager, die den deutschen KZs sehr ähnlich sind, gebracht.

Eines dieser Lager ist das Hutchinson Internment Camp auf der Isle of Man, das nach Startschwierigkeiten sich zu einem kreativen Zentrum entwickelt hat.

Der preisgekrönte Historiker Simon Parkin erzählt zum ersten Mal zahlreiche Schicksale deutscher Künstler in Churchills Internierungslagern. Besonders eindringlich ist der Lebenslauf von Peter Fleischmann, der als Jugendlicher gerade noch nicht 16 Jahre alt, mit einem der sogenannten „Kindertransporte“ Deutschland verlassen kann, um sich dann völlig alleine gelassen in einem Internierungslager wiederfindet, weil er dazwischen 16 Jahre alt wird.

Parkin schildert den Lebensweg von Peter, der nach dem Krieg, anhand von wieder gefundenen Dokumenten rekonstruiert worden ist. Denn Peter lernt im Lager einige der begabtesten Denker, Schriftsteller, Musiker und Künstler des 20. Jahrhunderts kennen - unter ihnen den Dadaisten Kurt Schwitters und kann unter ihm seine eigene künstlerische Begabung ausüben. Später wird er dann den Namen Fleischmann ablegen und sich nunmehr Peter Midgley nennen, zur Armee gehen und seinen künstlerischen Ambitionen nachgehen.

Auch der junge österreichische Schauspieler Otto Tausig ist unter den Internierten. Seine Eltern schaffen es bis nach Shanghai.

Simon Parkin verschweigt allerdings auch nicht, dass neben der kulturellen Betätigung der Insassen auch Streit, Depressionen und Selbstmorde vorgekommen sind. Vor allem zu Beginn der Massenverhaftungen waren die britischen Behörden hoffnungslos überfordert. Es gab weder Essen noch adäquate Unterbringungen. Es ist dem Lagerkommandanten Major H.O. Daniel zu verdanken, dass sich das Hutchinson Internment Camp so entwickeln konnte.

Das Hutchinson Internment Camp war vom Mitte Juli 1940 bis Mitte März 1944 in Betrieb und bestand aus 33 Häusern. Ende Juli 1940 war mit ca. 1.200 Internierten der Höchststand an Insassen erreicht. Bei seiner Auflösung hatte das Lager nur mehr knapp 290 Bewohner, da die meisten Gefangenen entlassen worden sind.

Im Anhang findet sie eine Liste der ehemals Internierten. Dort wo es möglich war, hat Simon Parkin die weiteren Lebensläufe der Männer recherchiert.

Fazit:

Dieses Sachbuch über die unrühmliche Haltung der Briten im Zweiten Weltkrieg den verfolgten Juden gegenüber, ist
akribisch recherchiert. Es ist fast unmöglich, es aus der Hand zu legen und sich der Geschichte zu entziehen. Gerne gebe ich hier 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 09.09.2023
Die Geister von Triest
Klinger, Christian

Die Geister von Triest


ausgezeichnet

Es ist Mitte August 1914 - Österreich-Ungarn hat Serbien nach dem Attentat auf das Thronfolgerpaar den Krieg erklärt. In Triest, der mehrsprachigen Hafenstadt bekommt es Gaetano Lamprecht, der Rennrad fahrende Polizist nicht nur mit einem Mord an einer alten Frau und sich lautstark zum italienischen Königreich bekennenden Triestinern, sondern auch noch mit Amtsgewalt in Form des Kriegsministeriums und dem drohenden Einberufungsbefehl zu tun.

Die Kriegseuphorie macht auch vor Gaetanos Vater Franz nicht halt und lässt Gräben innerhalb der Familie aufbrechen. Nebenbei muss sich der charismatische Polizist auch noch der holden Weiblichkeit widmen. Da ist zum einen die Witwe seines Kollegen und zum anderen die im weit entfernten Mürzzuschlag weilende Geliebte.

Da bleibt für das Training zum nächsten Giro wenig Zeit, zumal sich der Mord an der alten Signora Franciulo, die in ganz Triest als Hexe verschrien ist, als durchaus komplex erweist. Der einzige Verdächtige, Lodovico Biecher, wird von einem übereifrigen Beamten wieder frei gelassen, stellt Gaetanos Schwester Adina nach und wird letztlich selbst ermordet aufgefunden.

Nachdem Gaetano mit den Ermittlungen nicht weiterkommt und die meisten seiner Kollegen frohen Mutes zu den Waffen laufen, fehlt ihm ein „Sparringpartner“, der mit ihm die Mosaiksteinchen der Recherchen sortiert. Adina, die ja schon im letzten Fall richtige Schlüsse aus den Versatzstücken gezogen hat, gibt wieder einen entscheidenden Hinweis.

Meine Meinung:

Auch der zweite Krimi aus der k. und k. Hafenstadt Triest hat mir sehr gut gefallen. Diesmal ist das Szenario ziemlich düster. Das liegt zum einen an dem eigenartigen Mordfall und zum anderen natürlich am Krieg. Noch glauben die Militärs und die Soldaten, dass sie zu Weihnachten wieder bei ihren Familien sein werden. Wie sehr sie sich hier täuschen und dass Italien seinen Verbündeten Österreich-Ungarn in etwa einem Jahr im Stich lassen wird, auch nicht. Die Vorboten der Katastrophe kündigen sich schon an, als einer von Gaetanos Kollegen, der wegen einer Verwundung nach Triest zurückkehrt und von seinen Erfahrungen an der Ostfront berichtet. Die täglich verlautbarten Verlustlisten werden immer länger.

Die Einschränkungen werden deutlich spürbar. So werden Lebensmittel vom Militär furagiert und für die Zivilbevölkerung bleibt wenig übrig. Darüber regt sich Franz Lamprecht ziemlich auf. Doch er hadert nicht nur mit der mangelnden Qualität seiner Mahlzeiten, sondern auch damit, dass er aufgrund seines Alters untauglich ist, während Gaetano beinahe von der Stellungskommission angenommen worden wäre, wenn sein Polizeichef nicht interveniert hätte.

Diese ambivalente Stimmung in Triest ist sehr gut beschrieben. Gaetano liebt Triest, kann sich nicht vorstellen, wieder in Wien zu leben, aber andererseits ist er ein Beamter der Donaumonarchie. Sich vorzustellen, dass Triest an Italien fallen könnte, passt nicht in sein Weltbild. Dazu gehört auch die Ungeduld, die Nervosität, nicht zu wissen, wie es weiter gehen wird, die Gaetano manchmal zornig, ungerecht und verletzend seiner Familie gegenüber zu sein. Auf sein aufwendiges Liebesleben hat das alles wenig Einfluss, zumal sich eine mögliche neue Liebschaft am Horizont aufglimmt.

Die Aufklärung des Kriminalfalls tritt zugunsten der allgemeinen Lage stellenweise ein wenig in den Hintergrund, was aber nicht weiter stört, denn die Auflösung dieses interessanten wie kniffligen Falles, der einem ähnlichen echten Kriminalfall aus dem Jahr 1768 nachempfunden ist, gelingt am Ende souverän.

Fazit:

Eine gelungene Fortsetzung, die auch durch die Schilderung der Umstände von 1914 besticht. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Bewertung vom 09.09.2023
Spiel auf Leben und Tod / Fräulein vom Amt Bd.3
Blum, Charlotte

Spiel auf Leben und Tod / Fräulein vom Amt Bd.3


ausgezeichnet

Auch der dritte Kriminalfall für das Fräulein Amt, Alma Täuber, und ihrer Freundin Emmi Wölkchen hat mich gut unterhalten.

Die 16-jährige Gertrude wird tot in einer riesigen Waschmaschine gefunden. Da Kommissar Ludwig Schiller, Almas Liebhaber mit anderen Aufgaben beschäftigt ist, untersucht sein als etwas dröge beschriebene Kollege den Tod des Mädchens und kommt zu dem Schluss, es läge ein Selbstmord vor. Das Argument, die Verriegelung der Maschine ist nur von außen zu bedienen, wird unter den Tisch gekehrt. Gertrudes Cousine Friederike glaubt nicht an einen Selbstmord der lebenslustigen Kleinen und „beauftragt“ ihre Kollegin Alma mit Nachforschungen. Dabei kommen Alma und Wölkchen einer rein weiblichen Diebesbande auf die Spur, für die Gertrude möglicherweise Handlangerdienst geleistet hat. Gleichzeitig werden während eines internationalen Schachturniers, Hotelgäste um ihre Wertsachen erleichtert. Dieselbe Bande oder eine Konkurrenz? Und wenn, wer?

Gemeinsam mit Cousin Walter machen sich Emmi, nunmehr Filialleiterin des Blumengeschäfts Baer und Alma auf, die Diebstähle aufzuklären. Dabei spielen kluge Schachzüge, auch wenn sie nicht ausschließlich auf Brettern stattfinden, eine große Rolle.

Meine Meinung:

Das Ambiente der mondänen Kurstadt Baden-Baden mit seinen Tanzlokalen, Trinkhallen und Hotels gibt eine prächtige Kulisse. Die wird allerdings durch das Aufkeimen der NSDAP und ihrer Gegner der Kommunisten leicht getrübt. Noch sind Straßenschlachten die Ausnahmen, aber die Vorboten zeichnen sich schon ab.

Dem Autorinnenduo ist es wieder hervorragend gelungen, die 1920er-Jahre aufleben zu lassen. Man tanzt bis in den Morgen den Shimmy, den Charleston, trinkt (heimlich) Absinth, trägt Bubikopf und genießt das Leben. Alma, die ihre Arbeit als Fräulein vom Amt liebt, wälzt so manch trüben Gedanken. Sie würde ja, sowie Ludwig gerne heiraten, aber das müsste sie ihrer Arbeit und ihre Unabhängigkeit aufgeben. Doch dazu ist sie noch nicht wirklich bereit. Dennoch grübelt sie über ihre Zukunft nach, denn das Gerücht, die Fräuleins sollen durch Selbstwählapparate ersetzt werden, macht die Runde. Gleichzeitig liebt sie das „Kriminalisieren“, ist schlau und sieht Kleinigkeiten, die den männlichen Polizisten entgehen. So geistert ein wenig die vage Idee, sich mit einem Detektivbüro selbstständig zu machen, durch ihren Kopf. Gleichzeitig ist sie aber so geerdet, dass sie bei Elisabeth Birnbaum, ein von Walters Bekannten, um eine mögliche Stelle nachfragt. Nur, was soll sie im Birnbaum‘schen Kaufhaus machen? Ewig ein falsches freundlichen Lächeln aufsetzen? Oder Schaufenster dekorieren?

Wir werden sehen, was ein nächster Fall bringen wird. Denn es könnte sein, dass die Zukunft ganz woanders entschieden wird.

Fazit:

Wer gerne historische Kriminalfälle, die in den 1920er-Jahren spielen, aber nicht allzu blutrünstig sind, sondern eher mit Humor und Köpfchen gelöst werden, liebt, kommt hier voll auf seine Rechnung. Gerne gebe ich 5 Sterne.

Bewertung vom 09.09.2023
Schuld war nur der Casanova (eBook, ePUB)
Nägele, Olaf

Schuld war nur der Casanova (eBook, ePUB)


sehr gut

Auf eine Villa, die einem Stuttgarter Immobilienhai gehört, wird ein Brandanschlag verübt. Das Gebäude ist hoch versichert und einem Gewinnbringenden Neubau steht nun nichts mehr im Weg. Oder doch nicht? Bei dem Brand, der durch Brandstiftung entstanden ist, findet die Lady Kira, eine Escort-Dame, den Tod.

Hauptkommissarin Yoselin Blaich steht vor einem komplexen Kriminalfall. Wem hat der Anschlag gegolten? Ist die Tote ein bedauerlicher Kollateralschaden? Denn, wie sich herausstellt, sollte die Villa leer sein. Und wer ist der geheimnisvolle Boris Drescher, der Lady Kira schon mehrmals gebucht hat, aber in keine Polizeidatenbank auftaucht, weil er eigentlich ganz anders heißt? Und die Rolle des Unschuldslamms und des gramgebeugten Ehemanns wird dem auch nicht abgenommen. Noch ein Verdächtiger? Immerhin, den können Blaich & Co. wenigstens ein paar Tage festhalten, obwohl dann plötzlich ein teurer Anwalt auftaucht und ihn betreut. Wer den wohl bezahlt?

Neben den Ermittlungen muss sich Yoselin Blaich noch mit ihrer Mutter und Großmutter herumschlagen, die einander nicht leiden können.

Meine Meinung:

Dieser Krimi, der am Bodensee angesiedelt ist, besticht durch seinen feinen, aber manchmal arg bösartigen Humor. Die KHK Yoselin Blaich ist eine dunkelhäutige Ermittlerin, die recht ordentlich schwäbelt und jeden noch so abgedroschenen Witz über ihre Hautfarbe, die sie ihrem Vater zu verdanken hat, kennt. Gleichzeitig wird aufgezeigt, wie das peinliche oder rechtschaffen (wie man’s eben sehen will) Bemühen um politisch korrekte Sprache zu Stilblüten und unfreiwilliger Komik führt, wenn nicht einmal die Bezeichnung „Schwarzarbeit“ verwendet werden darf. Auf die häufig falsch formulierte Frage „Wo kommst denn her?“ antwortet Yoselin routiniert im ärgsten schwäbischen Dialekt.

Was hier wie die Abwandlung des Schlagers „Schuld war nur der Bossa Nova“ aus dem Jahr 1963 klingt, ist ein ernstes Thema: Das perfide Vorgaukeln von Liebe und Interesse an einsamen Menschen, die dann um ihr Erspartes gebracht werden. Die mehrfach Betrogenen genieren sich dann auch dafür, auf einen Betrüger hereingefallen zu sein, und wollen häufig keine Anzeige erstatten.

Die Charaktere haben mir recht gut gefallen. Lediglich Yoselin Blaichs Mutter und Großmutter wirken auf mich ziemlich überzeichnet. Allerdings war mir die Großmutter aus der Karibik mit ihrem Bemühen um Schutzzauber für die Enkelin und Beinahe-Schwiegertochter, beinahe noch sympathisch. Ihre Mutter kreist, wie Yoselin selbst durchaus kritisch bemerkt „ausschließlich um sich selbst“.

Wer letztendlich der Casanova ist, der in der Gestalt eines Kapitäns, eines dekorierten Soldatens oder Universitätsprofessors einsame Herzen umgarnt und um Tausende von Euros betrügt, lest bitte selbst.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Krimi, der dem Vernehmen nach Auftakt zu einer neuen Reihe sein soll, 4 Sterne.

Bewertung vom 09.09.2023
Solothurn hüllt sich in Schweigen
Gasser, Christof

Solothurn hüllt sich in Schweigen


ausgezeichnet

Auch in Solothurn scheinen sich mafiöse Strukturen breitzumachen, weshalb die Stadtpolizei sich mehrerer Informationsquellen bedient. Eine davon ist Vanessa Kurth, die nach dem Drogentod ihres Bruders helfen will, den Drogendealern das Handwerk zu legen. Dafür arbeitet sie als Barfrau in einem Etablissement, das der Familie des deutsch-arabisch-stämmigen Boran Baddour gehört. Dann wird Vanessa tot in ihrer Wohnung aufgefunden und sie wird nicht das einzige Todesopfer bleiben.

Hannah Wirz, Nachfolgerin von Staatsanwältin Angela Casagrande, die aus Solothurn verschwunden ist, lässt sich von Hauptmann Dominik Dornachs Charme nicht einwickeln und gesteht ihm die gewohnten Freiheiten nicht zu. Im Gegenteil, es hat den Anschein, dass sie seine Ermittlungsansätze in Frage stellt und ihn persönlich zu diffamieren versucht. Doch sie hat nicht mit Dornachs Team gerechnet, das weiter für seinen Chef (fast) durchs Feuer geht.

Der Fall entpuppt sich als höchst komplex und beschert Hauptmann Dominik Dornach ein unverhofftes Wiedersehen mit Angela Casagrande sowie eine schmerzhafte Rückblende in seine eigene Vergangenheit.

Meine Meinung:

Wie schon in den fünf Vorgängern gelingt es Autor Christof Gasser hervorragend, einen fesselnden Krimi mit Bezügen zu aktuellen und brisanten Themen zu schreiben. Dabei sind nicht nur die Machenschaften der Clankriminalität gemeint, sondern auch das politische Weltgeschehen:

„Der Zynismus rechts stehender Politiker und Firmenbosse in der Schweiz, die Putins Taten entschuldigen oder gar gutheißen, nervte sie. In ihren Augen versteckten sich diese Leute wie ängstliche Kinder hinter Mutter Helvetias zerschlissener Neutralitätsschürze, damit sie Hunderte Milliarden Blutgelder russischer Oligarchen auf Schweizer Bankkonten retten konnten. Was in der Ukraine stattfand, war kein Krieg, es war ein Massaker an unschuldigen Menschen, vor allem an Kindern, die zu Hunderten von den Russen verschleppt wurden.“ (S. 162)

Obwohl ich mich in der Tagespolitik der Schweiz nicht sehr gut auskenne, orte ich hier feine Kritik an den eidgenössischen Politikern, die immer wieder in Gassers Krimis eingeflochten wird.

In diesem 6. Band der Solothurn-Reihe wirkt Hauptmann Dominik Dornach nicht so ganz souverän wie in den Vorgängern. Ob das daran liegt, dass ihn seine Vergangenheit als Womanizer einholt? Oder dasran, dass er nach wie vor um seine große Liebe Jana Cranach trauert?

Wir Leser erleben einen Krimi, der uns auf eine rasante Jagd von Solothurn nach Apulien und nach Berlin führt, immer den Verbrechern auf der Spur, wobei einige davon in einer Sackgasse münden.

Das Ende dieses intelligenten und fesselnden Krimis endet in einem doch unerwarteten Showdown, der vermutlich die meisten Leser überraschen wird.

Fazit:

Wieder ein gelungener Krimi, auch wenn Dominik Dornach diesmal nicht ganz der strahlende Held ist. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Bewertung vom 03.09.2023
Rot. Blut. Tot. (eBook, ePUB)
Nordby, Anne

Rot. Blut. Tot. (eBook, ePUB)


sehr gut

Dieser Krimi ist der zweite Band rund um Marit Rauch, die eine sogenannte Super-Recognizerin ist. Sie merkt sich also sehr leicht Gesichter und kann diese auch sehr gut wieder erkennen. Mit dieser Begabung, die ihr manchmal auch Kopfzerbrechen verursacht, hilft sie der Kopenhagener Polizei bei deren Ermittlungen.

Hans Erik Rask wird nach der Verbüßung seiner Haftstrafe nach 30 Jahren aus dem Gefängnis entlassen und findet naturgemäß schwer in ein neues Leben. Als wenige Wochen nach seiner Rückkehr in seinen Heimatort eine brutale Mordserie die Menschen in Angst und Schrecken versetzt, ist für die meisten klar, dass Rask wieder der Täter sein muss.

Die Vorverurteilung und die gekonnte Inszenierung der Leichenlassen das Kopenhagener Ermittlerteam rund um Kirsten Vinther und Jesper Bæk an der Täterschaft Hans Erik Rasks zweifeln.
Will hier jemand Hans Erik Rask zum Sündenbock machen? Und warum? Hat man damals geschlampt? Ist Rask einem Justizirrtum zum Opfer gefallen? Es gibt mehr Fragen als Antworten.

Meine Meinung:

Dieses Buch ist mein erstes von Anne Nordby. Die Autorin versteht es ausgezeichnet, zahlreiche Spuren zu legen, die ins Abseits oder in Sackgassen enden. Dazu passt sehr gut, dass auf der Insel Møn, von der Rask stammt, einige Einwohner einer Sekte, die nordische Mythen verehrt, anhängen. Daraus lässt sich natürlich trefflich ein Thriller weben!

Allerdings haben meiner Meinung nach die Charaktere ein wenig Luft nach oben. Ich hätte mir ein wenig mehr über das Phänomen des Gesichter-Wiedererkennens erwartet. Vermutlich ist es anstrengend, diese Fähigkeit zu besitzen und kann den gewöhnlichen Alltag beeinträchtigen. Als Hauptfigur kommt Marit nicht wirklich zur Geltung, was ich schade finde, denn sie und ihre Zweifel sind durchaus ausbaufähig.

Der Showdown in den letzten Kapiteln und die schlüssige Auflösung entschädigt dann wieder für die eine oder andere kleine Schwäche.

Fazit:

Ein Thriller, der die eine oder andere kleine Schwäche hat. Ich schwanke bei der Bewertung zwischen 3 und 4 Sternen, gebe mit Nachsicht 4 Sterne.

Bewertung vom 03.09.2023
Kognitive Kriegsführung
Tögel, Jonas

Kognitive Kriegsführung


gut

Meine Meinung:

Der Westend-Verlag ist bekannt dafür, dass er der westlichen Politik kritisch gegenübersteht. Grundsätzlich ist das ein Zeichen von Demokratie und Meinungsfreiheit. Manchmal schießt der eine oder andere Autor über das Ziel hinaus, und der Inhalt einiger Bücher neigen in eine bestimmte Richtung. Das kann bei diesem Buch auch so interpretiert werden, denn die „kognitive Kriegsführung“ wird schon sehr deutlich als Instrument der NATO gesehen.

Kaum ein Wort über russische Hacker, die versuchen westeuropäische Computersysteme mit Bots lahmzulegen oder falsche Nachrichten lancieren sowie den Angriffskrieg auf die Ukraine der russischen Bevölkerung als „Spezialoperation“ servieren und dabei das Wort „Krieg“ unter Strafe stellen.

Im Prinzip habe ich wenig Neues erfahren, da ich mich schon seit Jahren mit dem Phänomen der Propaganda beschäftige. Das Grundprinzip ist immer gleich: „WIR sind die Guten und die anderen nicht“.

„Kognitive Kriegsführung ist die bewusste Beeinflussung von Wahrnehmung, Emotionen, Denken und Verhalten von Menschen oder die Verhinderung dieser Beeinflussung mit dem Ziel eine Kriegspartei in Bezug auf die Kriegsführung zu schwächen oder zu stärken.“

Diese Definition aus der Psychologie lässt sich auf alle Bereiche des Lebens umlegen, nicht nur auf die Kriegsführung. Man denke nur an den Hype um die Gesundheit schädigende Lebensmittel wie Eier, Salz oder Zucker oder was auch immer den diversen Konzernen gerade einfällt, zu verdammen und andere (also ihre) Produkte hochzustilisieren.

Um den Manipulationen widerstehen zu können, braucht es das Wissen darüber. Wobei egal ist, ob die Manipulationen von der NATO oder von jemandem anders kommen. Leider ist die Unwissenheit und die Ignoranz der Bevölkerung, dass sie diesen Manipulationen ausgesetzt ist, flächendeckend weit verbreitet. Solange hier nicht Aufklärung betrieben wird, wird sich wenig ändern. Und es ist dabei völlig egal ob einer behauptet, die „Ukraine ist schon immer russisches Staatsgebiet“ oder ein anderer „Make America Great Again“.

In wenigen Sätzen (S. 155 bzw. 157) deutet Jonas Tögel die Möglichkeit an, dass kognitive Kriegsführung nicht nur die neueste Waffengattung der NATO alleine ist.

Fazit:

Diesem Buch über Propaganda, Manipulation der Massen und ihre Auswirkungen gebe ich 3 Sterne.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.09.2023
Mord an der Costa del Sol (eBook, ePUB)
Dahmer, Sigrun

Mord an der Costa del Sol (eBook, ePUB)


gut

Polizistin Sandra König ist seit einem Austauschprogramm in Barcelona ein echter Fan Spaniens. Da passt es perfekt, dass sie wegen eines toten Mitglieds einer Seminargruppe nach Malaga fliegen darf. Sie soll an der Seite des Comisario Principal Javier Sànchez, der kein Wort deutsch spricht, bei den Ermittlungen mitarbeiten.

Nun ja, im Urlaub ist es leichter mit den spanischen Männern umzugehen. Im Dienst, ist es manchmal doch ein wenig schwierig. Doch wie es sich für einen Cosy-Krimi gehört, raufen sich die beiden nach anfänglichen Meinungsverschiedenheiten zusammen.

Meine Meinung:

Wer gerne in das Urlaubsflair von Spanien eintaucht und nebenbei einen Krimi lesen möchte, ist hier richtig. Die Geschichte ist leicht und locker zu lesen. Mir persönlich sind die Charaktere zu nett, vielleicht ein wenig oberflächlich. Sandra König verhält sich manchmal, obwohl vom Dienstgrad her Oberkommissarin, ein wenig naiv. Trotz des flachen Spannungsbogens hat mir das Buch ein paar vergnügliche Lesestunden im Schatten beschert.

Fazit:

Ein leichter Sommerkrimi, in dem die Beziehung zwischen den Ermittlern deutlicher im Vordergrund steht, als die Polizeiarbeit. Gerne gebe ich 3 Sterne.

Bewertung vom 22.08.2023
Der Frühling ist in den Bäumen
Revedin, Jana

Der Frühling ist in den Bäumen


gut

Ich habe alle bislang von Jana Revedin geschriebenen Bücher, die immer einige auto- bzw. familienbiografische Züge aufweisen, gelesen. Dieser hier dreht sich um ihre Mutter Renina, die vor ihrer Hochzeit Assistentin bei Martin Heidegger war. Verheiratet ist Renina mit dem Atomphysiker Fred, dem Neffen von Marlene Dietrich, der im NS-Regime einige zweifelhafte Forschungen betrieben hat. Der Missbrauch diverser Drogen wie Pervitin (heute besser als Crystal Meth bekannt) ist für ihn nicht einmal ein Kavaliersdelikt.

Renina wacht eines Morgens nackt zwischen einem ebensolchen, aber fremden Paar, mit Unterleibsschmerzen auf. Quasi zum Frühstück erfährt sie von ihrem Mann Fred, dass er sie mit Drogen gefügig gemacht und dem Paar als Lustobjekt zur Verfügung gestellt hat. Empört und verletzt verlangt sie von ihm die Scheidung. Doch wie es in den 1950er-Jahren üblich ist, ist das nicht so einfach. Als sie am selben Abend noch von Fred halb tot geprügelt wird, setzt ihre Familie Himmel und Hölle in Bewegung, um ihr zu helfen, Freds Tante Marlene Dietrich inklusive.

Meine Meinung:

Dieser Roman erzählt nicht nur einige Episoden aus Reninas Leben, sondern beleuchtet auch auf die soziale Stellung der Frau in den 1950er-Jahren, die Wirtschaftswunder hin oder her, voll von Arroganz und patriarchalischer Gewalt ist. Wenn der Roman durch die die heutige Brille gelesen wird, erzeugt er Kopfschütteln. Daher ist es notwendig, sich in die 1950er-Jahre zurückzuversetzen. Das Alter der Volljährigkeit liegt bei 21 Jahren. D.h. junge Frauen kommen aus der Abhängigkeit der Eltern in jene des Ehemanns, weil der die Vormundschaft von Gesetztes wegen übertragen bekommt. Denn der Ehemann verfügt nicht nur über ein etwaiges Vermögen seiner Frau, bestimmt über den Wohnsitz, erlaubt ihr arbeiten zu gehen oder eben auch nicht, sondern hat ihr gegenüber sogar ein Züchtigungsrecht, was so mancher Ehemann, wie Fred, auch für sich „in Anspruch“ nimmt.

Die geschilderten Ereignisse spielen sich innerhalb eines Tages ab. Das ist sowohl Stärke als auch Schwächer des Romans. Die Autorin packt unheimlich viel in diesen einen Tag, in dem sich die Ereignisse überstürzen. Als Rahmenhandlung dient die gescheiterte Ehe zwischen Renina und Fred und in der Mitte die Gründung Reninas Zeitschrift „Lady“, die genau diese patriarchalischen Strukturen aufzeigt. Dieser Teil kommt für mein Verständnis zu kurz, obwohl ihm viele Seiten gewidmet sind. Das klingt nach einem Widerspruch.

Leider hat mich dieser Roman nicht wirklich gepackt, denn vieles wird, wie damals üblich, nicht klar ausgesprochen, sondern nur verklausuliert dargeboten. Ich bin ja ein Mensch der klaren Worte, auch wenn ich damit manchmal anecke.

Fazit:

Ein Roman, der mich leider nicht ganz erreicht hat und deshalb nur 3 Sterne erhält.

Bewertung vom 20.08.2023
Artemisia Gentileschi
Partsch, Susanna

Artemisia Gentileschi


ausgezeichnet

Diese Biografie der Barockmalerin Artemisia Gentileschi ist schon längst überfällig. Da es nur wenige authentische Quellen gibt, ist es nicht einfach, sich auf Artemisias Spuren zu heften. Susanna Partsch gelingt es hervorragend, aus den wenigen Dokumenten und Briefen der Malerin ein fesselndes Buch zu schreiben.

Wer war sie nun, die Artemisia Gentileschi?

In zwölf Schritten zeichnet Susanna Partsch den Lebensweg der Barockmalerin nach, die von sich selbst sagte:
„Ich arbeite schnell und ununterbrochen.“

1. Rom um 1600
2. Kindheit und Jugend in Rom
3. Der Prozess
4. Artemisia in Florenz
5. Rückkehr nach Rom
6. Venedig
7. Neapel
8. Zwischenspiel London
9. Rückkehr nach Neapel
10. Nachleben
11. es werden immer mehr - Künstlerinnen der Barockzeit
12. Literarische, filmische und künstlerische Rezeption

Autorin Susanna Partsch ist Kunsthistorikerin. Sie lässt alte (männliche?) Deutungsansätze hinter sich und präsentiert uns hier eine außergewöhnliche Künstlerin. Aufgrund der dürftigen Quellenlage bleibt hier und da ein weißer Fleck im Leben der Artemisia Gentileschi bestehen. Der Mut zur Lücke ist jedenfalls besser, als mit Halbwahrheiten ein verzerrtes Bild zu zeichnen.

Bei der Betrachtung von Artemisia Gentileschis Bildern ist mir aufgefallen, dass die von ihr gemalten Hände besonders sorgfältig dargestellt werden. Die Proportionen der Hände und die Feingliedrigkeit der Finger passen sehr gut zur Gesamtkomposition der Figuren, was bei anderen berühmten Malern nicht so ist. Da kümmert sich der Maestro eher um das Porträt oder die Landschaft im Hintergrund und die Hände, die doch einiges einer Persönlichkeit aussagen, werden stiefmütterlich behandelt.

Artemisia Gentileschis Biografie reiht sich als 6. nahtlos in die Serie „Reihenweise kluge Frauen“ der Verlagsgruppe Styria Verlag Molden ein.

Fazit:

Eine gelungene Biografie einer außergewöhnlichen Frau und Künstlerin, die ihrer Zeit weit voraus war. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.