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sleepwalker

Bewertungen

Insgesamt 467 Bewertungen
Bewertung vom 31.01.2019
Tiefe Stille
Rößner, Susanne

Tiefe Stille


gut

Nach dem Tod ihres Mannes blüht Maria auf. Sie stellt fest, dass es ein Leben außerhalb des biederen, von Geiz und Routine geprägten Alltags gibt und noch dazu, dass sie ziemlich wohlhabend ist. Und jetzt gewinnt sie auch noch den Hauptpreis des Krimi-Klubs: eine Reise zur Krimi-Rallye an den Schliersee. Aufgabe dort: sie muss mir zwei Mitstreitern einen fiktiven Mordfall lösen.
Aber die Reise gestaltet sich von Anfang an anders als geplant. Die gebuchte Unterkunft ist unbewohnbar und sie und der 17jährige Leon müssen sich anderweitig orientieren. Nach einigen Schwierigkeiten stößt dann noch mit Christof der Dritte im Bunde hinzu. Und schon ist das Trio mitten in den (vermeintlich gestellten) Ermittlungen, die sich natürlich sehr schnell als echter Mordfall herausstellen. Nur gut, dass zufällig Marias einziger Neffe Lukas ausgerechnet in den Ort des Verbrechens versetzt wurde.

Und dann wird die Geschichte zwar spannend aber auch irgendwie chaotisch, wirkt durcheinander und mit den vielen Zufällen komplett an den Haaren herbeigezogen. Eine marode Saftfabrik, verschwundene Frauen UND ein Drogenkartell, dazu Bergwerksstollen, Kerker und Höhlen und ein von Flashbacks gepeinigter Kommissar – eigentlich Zutaten für mindestens zwei, wenn nicht drei Krimis. Aber in diesem einen zu einer Suppe verkocht ist etwas schwer verdaulich und kein 100 prozentiger Genuss. Dazu ist die Sprache manchmal sehr holprig und die verwendeten Bilder muten manchmal etwas seltsam an. Wieso sieht auf einer Landkarte ein See im Gebirge denn aus wie eine in einer Suppe ertrinkende Fliege? Und es sind vermutlich nicht „die gemeinsamen Kräfte“ der Männer, sondern die vereinten oder die gebündelten. Aber wenn man sich an die Sprache gewöhnt hat (ab und zu sind auch bayrische Sätze drin, was das Buch für mich sehr charmant macht), man hinnimmt, dass die Handlung etwas überladen ist, ist das Buch ein guter Unterhaltungs-Krimi, nicht zuletzt wegen der sympathischen Hauptdarsteller, die durchaus Lust auf eine Fortsetzung machen. Für mich ist das Buch durchaus seine drei Sterne wert.

Bewertung vom 31.01.2019
Finsternis im Herzen
Neumann, Julia

Finsternis im Herzen


sehr gut

Ein spannender Thriller zu einem erschütternden Thema.
„Finsternis im Herzen“ von Julia Neumann vereint viele schwierige Themen. Beginnend mit dem Mord am afrikanischen Adoptivsohn eines Düsseldorfer Industriellenpärchens, gerät Kommissarin Eva Langenberg in einen Strudel aus Korruption und Profitgier. Auf der Suche nach dem Mörder des kleinen Abasi, der zusammen mit seiner Schwester Rahima erst seit wenigen Tagen in Düsseldorf ist, lernt die Kommissarin eine dunkle Seite der Gesellschaft kennen, von der sie zum Teil nicht einmal ahnte, dass sie existiert.
Plötzlich gibt es nämlich nicht nur zahlreiche Mordverdächtige, sondern auch mehrere Motive. Schließlich waren die beiden Kinder bevor sie nach Deutschland kamen in der Hand kongolesischer Rebellen. Der junge Mann, der die Adoption vermittelt hat, gerät ebenso ins Visier der Ermittlerin wie der Adoptivvater, der Manager eines Technologiekonzerns mit Geschäftsverbindungen in den Kongo ist. Und nicht zuletzt die Adoptivmutter, die als Ärztin häufig in einem kongolesischen Flüchtlingscamp tätig war, das ihre Eltern über eine Stiftung finanzieren.
Der Bürgerkrieg im Jemen, Flucht, Vertreibung, Mord, Menschenhandel, Sklaverei, Folter – alles Themen dieser Zeit. Bedrückend realitätsnah zeigt die Autorin, wie schnell das Schlechteste im Menschen ans Tageslicht kommen kann und das macht den Thriller zu einem spannenden und verstörend aktuellen Werk, abgesehen von ein paar Längen durchaus lesenswert, fesselnd und packend geschrieben bist zu seinem (für mich) überraschenden Ende. Und ich habe einiges über Coltan und den Bürgerkrieg im Kongo gelernt, was ich vorher noch nicht wusste. Vier Sterne.

Bewertung vom 06.01.2019
Der Junge, der zu viel fühlte
Wagner, Lorenz

Der Junge, der zu viel fühlte


gut

Henry Markrams Welt gerät aus den Fugen. Der eigentlich tief in der Objektivität der Wissenschaft verwurzelte Hirnforscher wird mit dem Autismus seines Sohnes Kai konfrontiert und gerät dabei immer wieder an seine Grenzen – persönlich, emotional und auch wissenschaftlich.
Sehr früh bemerken die Eltern, dass ihr Sohn anders ist, als andere Kinder. Besonders. Aber als sie nach einer Odyssee über ADS-Diagnosen bei der Diagnose „Autismus“ landen, sind sie doch mehr als schockiert. Denn was heißt das denn überhaupt?
Der Autor erklärt am Beispiel von Kai und seiner Familie, was Autismus in dessen Fall bedeutet (denn: kennst du einen Autisten, dann kennst du genau EINEN Autisten). Der Leser erfährt (wenn er das nicht schon vorher wusste), dass Autisten keinen Mangel an Gefühl, Sensibilität oder Aufmerksamkeit haben, sondern vielmehr auf eine extreme Reizüberflutung mit sehr hoher Sensitivität reagieren, der Rückzug ist daher keine Störung, sondern eine Art Selbstschutz, bevor es zu Overloads oder Meltdowns kommt.
Das Buch ist eine Aufforderung an die Leser (aber irgendwie an alle Menschen), Anderssein zu akzeptieren und die jeweiligen Stärken und Schwächen zu sehen und zu verstehen.
Aber insgesamt liest sich das Buch etwas holprig. Es ist zwar eine sehr nette „human touch“ Geschichte aber es sind auch relativ große Zeitsprünge drin und alles in allem fand ich es zum Teil etwas verwirrend. Es ist irgendwie nichts Ganzes und nichts Halbes – keine wissenschaftliche Abhandlung und kein Roman/Biografie und auch keine Reportage.
Medizinisch fand ich die Ansätze von Henry Markram teilweise sehr interessant. Psychologisch fand ich sie zum Teil aber befremdlich. Vor allem die Aussage, dass Autismus durch die bewusste reizarme Umgebung in den ersten sechs Lebensjahren vermieden (also bestehender Autismus dadurch geheilt) werden kann, halte ich für fragwürdig. Dafür ist Autismus zu komplex und die ersten Lebensjahre prägen den Menschen zu sehr (Sprachentwicklung, Sozialisierung usw), als dass er ihn in einer völlig reizarmen Umgebung zubringen sollte. Mal ganz abgesehen davon, dass diese Möglichkeit wohl den wenigsten Familien mit einem Kind im autistischen Spektrum gegeben ist.
Da ist ein differenzierterer Ansatz eher angebracht.
Insgesamt finde ich es aber ein sehr wichtiges Buch für alle, die mit Autisten zu tun haben oder sich mit dem Thema fundiert auseinandersetzen wollen. Ein wichtiges, schwieriges Thema populärwissenschaftlich aufgearbeitet und entlang der Familiengeschichte eines bekannten Wissenschaftlers erzählt. Ursprünglich war das Buch eine Reportage in der Süddeutschen Zeitung, jetzt wurde sie zum Buch aufgeblasen. Wohlwollende 3 Sterne.

Bewertung vom 06.01.2019
Zusammen sind wir Könige
Lau, Frederick;Ramadan, Kida Khodr

Zusammen sind wir Könige


sehr gut

Frederick Lau war mir schon seit „Das Fliegende Klassenzimmer“ und „Wer küsst schon einen Leguan“ bekannt und daher habe ich mich sehr gefreut, als ich von NetGalley das Buch „Zusammen sind wir Könige“ bekommen habe. Kida Ramadan kannte ich, ehrlich gesagt, nicht mal dem Namen nach. Aber im Verlauf des Buchs habe ich so viel über ihn erfahren, dass er mir sehr nahe gekommen ist.
Die Beziehung der beiden so unterschiedlichen und doch so ähnlichen Männer ist in dem Buch durch die parallel zueinander geführten Interviews sehr gekonnt geschildert und obwohl die Geschichte nacheinander aus zwei verschiedenen Perspektiven geschildert ist, läuft sie nahtlos ineinander und bildet ein stimmiges Ganzes.
Geschrieben ist das Buch wohl so, wie die beiden Herren reden. Mit viel Umgangssprache (praktisch jeder Satz beginnt oder endet mit „Dicker“) und dem einen oder anderen Kraftausdruck. Aber auch mit viel Wortwitz und locker aus der Hüfte erzählen die beiden, wie sie sich kennengelernt haben und wie sie Freunde wurden. Der Leser erfährt sehr viel über den Hintergrund der beiden und wie sie so leben und arbeiten. Beide kommen sympathisch und menschlich rüber, ich habe beim Lesen sehr viel gelacht, manchmal aber auch den Kopf geschüttelt ob des Chaos in beider Leben. Sprachlich sehr flüssig zu lesen, inhaltlich auch eher ohne tiefere Message – geschmeidige 4 Punkte.

Bewertung vom 06.01.2019
Die Blutfinca
La Piscina, Jorge de

Die Blutfinca


sehr gut

Mallorca mystisch und magisch
Hach, man kennt es aus dem Trash-TV: deutscher Mallorca-Auswanderer wird Gastronom.
Aber bei dem ehemaligen Kriminalbeamten Marc Renner ist das anders: er hat nicht nur einen Plan, sondern setzt diesen auch um. So eröffnet er in dem Küstenort Cala Pi ein Restaurant mit einheimischer und deutscher Küche, wobei er die Schnitzel selbst brät, die mallorquinische Küche von dem alten Koch Santos bestritten wird.
Aber so ganz lässt Marc die Vergangenheit bei der Polizei nicht los. Vor allem, als um ihn herum plötzlich seltsame Dinge geschehen: ein aztekischer Prinz aus lang vergangener Zeit wird auf einer Klippe gesichtet, Menschen verschwinden und sterben – alles in allem sehr mystisch und mythologisch. Und da kann der aufbrausende, manchmal unbeherrschte, laktose-intolerante Deutsche gar nicht anders, als der mallorquinischen Polizei unter die Arme zu greifen.
Die Geschichte braucht ein paar Seiten, um in Fahrt zu kommen und ich hatte ein paar Seiten gebraucht, um mich in der Geschichte zuhause zu fühlen. Dann aber hatte mich die Spannung gepackt und bis zu dem vielleicht etwas abrupten Ende nicht mehr losgelassen.
Laut Beschreibung ist der Thriller als Urlaubslektüre gedacht, vielleicht ist es deshalb auch ein wenig kurz. Und das ist es auch. Keine große Literatur, dafür sind auch zu viele Fehler drin (egal, wie platt man ein Schnitzel klopft, es hat nie einen Durchmesser, höchstens eine Dicke). Aber ich fand das Buch sehr spannend, die Gräueltaten vielleicht ein bisschen zu anschaulich in den blutigen Einzelheiten geschildert; Unterhaltungsliteratur, nicht mehr und nicht weniger. Vielleicht hätte ich mir von einem journalistisch tätigen Autor mehr Stilsicherheit und weniger Fehler erwartet. Aber dennoch: ich freue mich auf die im Laufe des Jahres geplante Fortsetzung.
Vier Sterne.

Bewertung vom 06.01.2019
Raubkind
Schmitz-Köster, Dorothee

Raubkind


gut

Klaus B. wurde in Dresden geboren und nach dem Tod seiner Eltern als fünftes Kind von einer deutschen Familie aus einem Lebensborn-Heim adoptiert. Mit diesem Wissen wuchs der inzwischen fast 80-jährige gelernte Möbelschreiner auf. Aber irgendetwas fehlt in seinem Leben. Wurzeln. Die Gewissheit über seine Herkunft. Und dann wird er von der Journalistin Dorothee Schmitz-Köster kontaktiert, die ihre Arbeit vorwiegend der NS-Geschichte und den Lebensborn-Heimen gewidmet hat.
Sie recherchiert und bringt Unglaubliches zutage. Klaus B. stammt mitnichten aus Dresden, sondern wurde als knapp Fünfjähriger 1943 vermutlich von der SS seiner Familie in Polen geraubt. Name, Abstammung und sogar das Geburtsdatum sind falsch.
Und so erfährt der Leser am Beispiel von Klaus B. (dessen Vorname selbstverständlich eingedeutscht, also germanisiert wurde, so wie der ganze Mensch), dass tatsächlich Zehntausende Kinder in Polen und anderen Teilen Osteuropas dasselbe Schicksal erlitten hatten. Blonde, blauäugige Kinder (also mit arischem Aussehen), wurden den Familien einfach so weggenommen, in Deutschland in Heimen untergebracht und dann (wenn sie germanisiert waren, also die deutsche Sprache beherrschten und ihre Vergangenheit und ihre Ursprungsfamilie weitestgehend vergessen hatten) als Pflege- und Adoptivkinder an linientreue Familien vermittelt. Tatsächlich wissen viele dieser „Raubkinder“ bis heute nichts über ihre Abstammung.
Klaus B. ist hin- und hergerissen ist zwischen der Hoffnung, seine Wurzeln zu finden und dem Wunsch, einfach weiterhin alles ignorieren zu können. Seine bewussten Erinnerungen setzen erst nach dem fünften Lebensjahr ein, tief in sich weiß er, dass da noch mehr sein muss. Und Dorothee Schmitz-Köster dringt tief in die Geschichte der „Raubkinder“ ein, in ein Dickicht aus Bürokratie (polnischer und deutscher) und findet das, was er in seinem Leben vermisst hat: seine Wurzeln, seine Herkunft und tatsächlich noch einen polnischen Familienzweig. Zwar ist seine Mutter inzwischen verstorben und sein Vater unbekannt, aber er hat Halbgeschwister, die ihrerseits Familien haben. Und er erfährt, dass seine Mutter ihn nie vergessen hat und auch die Hoffnung nie aufgeben hat, ihn noch einmal wieder zu sehen.
Das Buch ist so gesehen kein Roman. Und keine Biografie. Es ist eine Mischung aus Sachbuch und Reportage. Den Leser macht das Schicksal von Klaus B. zwar betroffen, man hat aber stets eine Distanz, sowohl zu Klaus B., als auch zur Autorin, die das immer nur „die Journalistin“ genannt wird. Zwar sind dem Leser die Personen sympathisch, aber sie bleiben ohne wirkliche charakterliche Tiefe und distanziert.
Man kann einiges an Emotion zwischen den Zeilen lesen (oder hinein interpretieren). Die Unsicherheit und Angst von Klaus B., die man nicht zuletzt daran sieht, dass er seinen Namen nur im Initial preisgibt. Die Tatsache, dass er zuerst nicht möchte, dass die Geschwister seine Frau von seiner Vergangenheit erfahren. Dabei ist es weder seine Schuld, dass er ursprünglich aus Polen stammt, noch, dass er sich an seine Vergangenheit nicht erinnert, noch, dass er damals entführt wurde und sein neues Leben ihm aufgezwungen wurde. Inzwischen hat er sich damit wohl arrangiert. Briefe an die Verwandtschaft in Polen unterzeichnet er mit seinem deutschen und seinem polnischen Namen.
Insgesamt fand ich das Buch etwas holprig zu lesen. Ja, es macht betroffen und nachdenklich. Aber zu der Tatsache, dass der Inhalt sehr schwere Kost ist, machte der neutral-deskriptive Stil, die Fußnoten und sogar die Kennzeichnung der Zitate mit (sic!) das Buch definitiv nicht zur Unterhaltungslektüre.

Bewertung vom 06.01.2019
Das Café der kleinen Kostbarkeiten
Steinbach, Jan

Das Café der kleinen Kostbarkeiten


ausgezeichnet

Weihnachts-Liebes-Geschichte fürs Herz mit Lübecker Lokalkolorit
„Verlieben kann man sich immer“ – das könnte die Quintessenz aus „Das Cafe der kleinen Kostbarkeiten“ sein. Luise aus Frankfurt und Ludwig aus Lübeck, zwei „Best-Ager“ beweisen es.
Nach 9 Jahren schafft es Luise endlich, den Plan von einem Weihnachten in Lübeck zu verwirklichen. Diesen hatte sie noch mit ihrem Mann Hubert geschmiedet – inzwischen ist ihr Mann aber schon fünf Jahre tot. Gegen den Willen ihres Sohnes und der Schwiegertochter reist sie in die Hansestadt, ein Bild des verstorbenen Gatten im Gepäck und fünf Jahren spürt sie immer noch seine Liebe und Nähe.
Wie vor neun Jahren führt ihr Weg sie in Johannsens Cafe, wo sie auf den ehemaligen Versicherungs-mitarbeiter Ludwig Johannsen trifft, der seine Passion zum Lebensinhalt gemacht hat und das Cafe mit viel Leidenschaft führt.
Und so kommen sich die beiden über Baumkuchen-Punschtörtchen, Szekler-Kuchen, Kindjestüch und überhaupt die Leidenschaft fürs Backen, näher. Aus dem ersten vorsichtigen Beschnuppern wird ein vorsichtiges Annähern, alles vor der malerischen Kulisse des vorweihnachtlichen Lübeck, wovon Jan Steinbach ein so romantisches Bild zeichnet, dass selbst ich eines vor Augen hatte, ohne je in Lübeck gewesen zu sein.
Und damit ist die (vor-) weihnachtliche Liebesgeschichte eigentlich schon fertig. Das Drumrum füttert die Geschichte, aber es ist nur ganz nettes Beiwerk.
Und ganz ohne erhobenen Zeigefinger lernt der Leser eines: schieb deine Pläne nicht auf. Bieg ab und zu von der Autobahn des Lebens ab – bevor es zu spät ist. Und auch die Jahre jenseits des 60. Geburtstags bieten mehr als die Suche nach der geeigneten Pflegekraft. Tatsächlich: Best Age.
Leider ist das Buch sehr kurz. Ich hätte gerne Luise und Ludwig noch ein Weilchen begleitet. Die beiden Protagonisten sind sehr sympathisch und so schön bodenständig und „mitten aus dem Leben“.

Im Anhang gibt es sechs Rezepte aus Luises und Ludwigs Backstube.

Von mir klare fünf Sterne.

Bewertung vom 06.01.2019
Das falsche Kind
Fox, Susi

Das falsche Kind


weniger gut

Gute Idee aber schlecht umgesetzt
Nach dem vielversprechenden Klappentext hatte ich mich bei NetGalley um das Buch beworben und mich drauf gefreut. Aber ich wurde bitter enttäuscht. Dabei ist die Idee sehr gut, allein die Umsetzung ist schwach.
Sasha und Mark erwarten nach zwei Fehlgeburten ihr erstes, lang ersehntes Wunschkind. Allerdings kommt das Baby zu früh per Notkaiserschnitt zur Welt. Als Sasha aus der Narkose aufwacht ist sie sich sicher: das ist nicht ihr Kind. Zwar kann sie sich damit anfreunden, dass das Baby entgegen der vorausgegangenen Ultraschall-Untersuchungen kein Mädchen, sondern ein Junge ist, aber sie kann mit dem kleinen Tobias einfach keine Verbindung aufnehmen. Stattdessen macht sie sich auf die Suche nach ihrem „echten“ Baby.
Damit fängt der Roman sehr spannend an.
Man fühlt mir Sasha ihre Verzweiflung und ihre Wut, spätestens als sie dann auch noch auf der psychiatrischen Station landet. Als es ihr dort aber gelingt, unbemerkt Muttermilch einzufrieren und sie von dort auch nach kürzester Zeit entlassen wird (ohne, dass überhaupt überprüft wird, ob sie die Medikamente genommen hat), beginnt das Buch unrealistisch zu werden. Erschreckend fand ich das medizinische Unwissen, das Sasha (immerhin studierte Pathologin) an den Tag legt (sie hat keine Ahnung von Neugeborenen-Gelbsucht, keinen Plan von Genetik usw).
Und dann lässt auch die Spannung schlagartig nach und der vermeintliche Thriller verwandelt sich in ein Drama und gipfelt dann in einem völlig konfusen Ende und lässt den Leser kopfschüttelt mit der Frage zurück „was will mir der Künstler damit sagen?“
Sprachlich ist das Buch gut zu lesen, einfaches Vokabular, schlichte Sätze. Dass es abwechselnd aus der Sicht von Sasha und Mark erzählt ist, ist eine nette Idee. Die Sprünge in die Vergangenheit, die Sasha lange verdrängt hat sind geschickt eingeflochten. Aber das sind auch schon die wenigen positiven Aspekte. Den anderen Pluspunkt vergebe ich für die gute Idee, bei der es aber leider dann auch geblieben ist.

Bewertung vom 27.12.2018
Muttertag / Oliver von Bodenstein Bd.9
Neuhaus, Nele

Muttertag / Oliver von Bodenstein Bd.9


sehr gut

„Muttertag“ war der erste Krimi von Nele Neuhaus, den ich gelesen habe – die anderen kannte ich nur als „Taunuskrimis“ aus der Adaption fürs Fernsehen. Diese hatte ich allerdings sehr gerne gesehen.
Der flüssige Schreibtstil von Nele Neuhaus gefällt mir sehr gut, das Buch las sich flott und leicht, obwohl es natürlich keine leichte Kost ist. Eigentlich wäre der Tod von Theodor Reifenrath ja ein Fall für die Akten. Mitte 80, seit über 20 Jahren alleine lebend und mit einem Verletzungsmuster, das durchaus einen Sturz vermuten lassen könnte, findet die Zeitungsausträgerin ihn ein paar Tage nach seinem Ableben.
Ja, wäre da nicht der Hund des Toten, der im Zwinger auf der Suche nach Nahrung auf menschliche Überreste gestoßen und hat damit nicht nur eine Leiche sondern einen uralten Fall wieder ausgegraben. Und so finden sich Pia Sander und Oliver von Bodenstein von der Hofheimer Polizei unversehens schnell tief in einen Sumpf aus Misshandlung, Folter und Tod wieder.
Da der tote Theo Reifenrath und seine Frau Rita jahrelang verhaltensauffällige Pflegekinder aufgenommen haben, gibt es praktisch unzählige Verdächtige. Auch wenn der Leser die Gedanken des Täters teilweise mit verfolgen kann, kann man auf dessen Identität nicht schließen. Jede der Figuren ist irgendwann mal verdächtig. Die Handlung des Krimis ist sehr geradlinig, der Fall ist der absolute Mittelpunkt, aber natürlich dürfen ein paar Abschweifungen ins Privatleben der Ermittler samt persönlichem Umfeld nicht fehlen. So taucht auch Pias Schwester Kim, die dem Leser schon aus anderen Fällen als Profilerin bekannt sein dürfte.
Das Buch ist spannend und kurzweilig und trotz des relativ großen Umfangs von mehr als 400 Seiten konnte ich es kaum aus der Hand legen. Bis auf ein paar Längen schafft Nele Neuhaus es, die Spannung konstant aufrecht zu erhalten und gegen Ende sogar noch zu einem fulminanten Finale zu steigern. Vielleicht könnte man anmerken, dass in dem Buch sehr viele Personen vorkommen. Pia Sander selbst sagt an einer Stelle über den Fall, wenn er ein Roman wäre, müsste sie der Übersichtlichkeit halber einige Personen streichen. Wohl wahr. Aber auch mit den vielen Akteuren wird der Roman nicht weniger lesenswert. Ein solider bodenständiger, handwerklich sauberer Krimi rund um solide, bodenständige und sympathische Ermittler mit allen Macken und Schwächen.
Das einzige, was mir missfiel war die häufig vorkommende Werbung für diverse Marken (vom Smartphone bis zum örtlichen Supermarkt – alles trägt einen Markennamen). Dennoch: 4 von 5 Sterne