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Glüxklaus
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Franken

Bewertungen

Insgesamt 612 Bewertungen
Bewertung vom 04.12.2020
Auf Wolke Sieben sitzen auch nur Frösche (eBook, ePUB)
Gerken, Britt

Auf Wolke Sieben sitzen auch nur Frösche (eBook, ePUB)


gut

Turbulente, witzige und kurzweilige Liebeskomödie mit kleinen Schwächen im Handlungsverlauf

Für Ylvi läuft es aktuell nicht ganz so optimal. Sie ist schon ganz lange heimlich in ihren Mitbewohner und besten Freund Tom verliebt. Als sie sich ihm gerade offenbaren möchte, präsentiert ihr Tom überraschend seine neue, überaus unsympathische Freundin, die sich ohne Rücksicht sofort in der gemeinsamen Wohnung breit macht. Und auch sonst tritt Ylvi einfach zu oft in Fettnäpfchen. Ob sie das Blatt für sie wendet und sie doch noch ihr Glück findet?

Autorin Britt Gerken schreibt flüssig und locker-leicht in Ich-Form aus Ylvies Sicht. Die herrlich witzigen trockenen Formulierungen nahmen mich sofort für Ylvi und ihre Geschichte ein.

Sympathisch ist sie ohne Zweifel, die Ylvi. Sie liebt Tortenbacken, gutes Essen, ihre Schildkröte Kalle, ihre Oma und Tom. Mit ihrem Job in der Pharmabranche und ihrem Gewicht hat sie hingegen zu kämpfen. Eigentlich will Ylvi nur glücklich sein, doch dummerweise steht ihr dabei immer wieder das Leben im Weg und so stolpert sie von einer peinlichen Situation in die nächste. Manchmal war mir das ein bisschen zu viel an Unbeholfenheit. Mit Ylvi habe ich sehr gezittert, aber des öfteren spürte ich auch den inneren Drang, sie ob ihrer Naivität und ihrer blinden Gutgläubigkeit einfach nur durchschütteln zu wollen.
Die anderen Charaktere wirken in Relation zu der übermächtigen, omnipräsenten Ylvi ein wenig blass. Lediglich Peter mit seiner direkten, sehr speziellen Art hat großen Unterhaltungswert.

Kurzweilig und schnell zu lesen ist „Auf Wolke sieben sitzen auch nur Frösche“ auf alle Fälle. Das Buch erinnert ein wenig an Petra Hülsmanns Romane. Auch Ylvie zieht es nach Hamburg, auch Peter spricht wie Hülsmanns Taxifahrer Knut Hamburger Dialekt, gerade wie ihm der Schnabel gewachsen ist und zeigt auch sonst Parallelen zu der Figur Kurt. Die Handlung um Ylvie hat für mich allerdings Schwächen, manche Entwicklungen passieren einfach zu überhastet, Gefühle ändern sich quasi im Minutentakt, das wirkt mitunter ein wenig holprig und nicht ganz stimmig. Auch das für mich übertriebene, zu bemühte Ende konnte mich nicht hundertprozentig überzeugen. Trotz der Schwächen aber ein netter, leichter, oft wirklich witziger Roman, der für schnelle Ablenkung sorgt, eine kleine Gute-Laune-Dosis für alltagsgeplagte Leserinnen.

Bewertung vom 02.12.2020
Gans Ernst von Jimmy Kimmel
Kimmel, Jimmy

Gans Ernst von Jimmy Kimmel


gut

Lachen verschenken und dabei Gutes tun: Da lässt sich über kleine Mängel hinwegsehen

Viel Spaß hat Gans Ernst nicht, er geht gans ernst durchs Leben. Zum ausgelassenen Gackern bringen ihn weder Hühner, noch Verkleidungen oder exquisite Hochgenüsse. Natürlich mag man das als Leser nicht so recht glauben. Irgendeine besonders witzige Gesichtsakrobatik muss es doch geben, die dem Grummel ein Lächeln ins griesgrämige Gesicht zaubert. Na dann versucht es halt! Schneidet die besten Grimassen, die Euch einfallen und bewundert sie im Spiegel! Vielleicht heißt es am Ende tatsächlich für Euch „Ente gut- alles gut“ und das humorlose Vieh lacht endlich....Probiert’s aus!

Der Text ist kindgemäß, witzig und gut verständlich geschrieben. Ronja von Rönne hat Jimmy Kimmels Bilderbuch ins Deutsche übersetzt. Der Autor wendet sich direkt an den Leser, spricht ihn persönlich mit Du an und fordert ihn auf, Gans Ernst zum Lachen zu bringen. Auf jeder Seite finden sich oft nur wenige Wörter, kurze Sätze überwiegend in Versalien und meist groß gedruckt.
Die Gans, einfach und klar in schwarz, weiß und orange gezeichnet taucht auf fast jeder Seite auf, meist grimmig die Augenbrauen verzogen. Besonders liebevoll, detailliert und gefällig sind die simplen, comicartigen Zeichnungen nicht, dafür aber sehr ausdrucksstark. Das Buch ist im
DIN A4 Format und eignet sich für Kinder ab drei Jahren zum Vorlesen.

Wer kennt sie nicht, humorlose Personen, die zum Lachen in den Keller gehen? Gans Ernst ist ein besonderes Exemplar dieser Spezies. Da muss man sich als Leser schon extrem anstrengen, um ihn aus der Reserve zu locken. Ob er doch irgendwo ein winziges Lächeln verborgen hat?

Hinter Gans Ernst steckt eine sehr originelle, witzige Idee. Kinder sollen ruhig nach Herzenslust albern sein dürfen, um andere zum Lachen zu bringen. Ein tolles Extra auch der Spiegel im Buch, in dem die Kinder ihre Grimassen garantiert mit Spaß betrachten werden. Zusätzlich enthält das Buch hinten ein großes Wendeposter von Gans Ernst zum Herausnehmen. Außerdem findet sich vorne eine Internetadressangabe zum Download eines Malbuchs. Eine wirklich tolle Sache auch, dass alle Einnahmen des Buchs in Kinderkrankenhäuser fließen. Positiv ist mir zudem aufgefallen, dass der Verlag aus ökologischen Gründen auf Einschweißfolie verzichtet.
In bestimmter Hinsicht liefert mir das Buch allerdings zu wenig, die Zeichnungen wirken stellenweise doch recht lieblos, nach mehrmaligem Lesen haben meine Kinder den Spaß an der Geschichte etwas verloren, der Text ist ziemlich kurz. 24,90 Euro ist für das, was geboten wird, ein recht stolzer Preis.
Insgesamt trotzdem ein sinnvolles Geschenk, schließlich tut man mit dem Kauf etwas Gutes und Lachen zu verschenken ist ja auch keine schlechte Idee.

Bewertung vom 02.12.2020
Charlie - Ein Schulbus hebt ab / Schulbus Charlie Bd.1
Zimmermann, Irene

Charlie - Ein Schulbus hebt ab / Schulbus Charlie Bd.1


sehr gut

Ein etwas anderer Busausflug: temporeich, schräg und ziemlich witzig

Alles ist anders an diesem seltsamen Morgen: Freddie, der Hausmeister des Dreistein-Internats rast in affenartigem Tempo in einem alten gelben Bus über das Schulgelände, um Klopapierrollen an die Schüler zu verteilen. Nur mit großer Anstrengung schafft es Will, in den Bus einzusteigen, um den ungewöhnlichen neuen Fahrservice in Anspruch zu nehmen. Auch sein heimlicher Schwarm Maisie, sein guter Freund Luke und der versnobte Schnösel Frank sitzen in dem seltsamen Gefährt als etwas Unglaubliches passiert. Der Bus, Charlie, hebt ab und katapultiert die vier Kinder in ein atemberaubendes Abenteuer.

Autorin Irene Zimmermann schreibt kindgemäß, klar und witzig als allwissende Erzählerin. Zum Vorlesen eignet sich die Geschichte für Kinder ab sechs Jahren, selbstständig lesen können das Buch vermutlich Achtjährige. Das Abenteuer dürfte sowohl Jungen als auch Mädchen gleichermaßen ansprechen. Tine Schulz hat dazu lustige, passende Bilder in schwarz-weiß-gelb gezeichnet. Durch die ungewöhnliche Farbwahl sind die Illustrationen definitiv ein Hingucker.

Alle handelnden Personen werden sehr treffend auf der Umschlaginnenseite mit Bildern und Stichpunkten vorgestellt. Da ist Will, dessen Eltern vor Jahren spurlos verschwanden, der zwar ganz schön schlau ist, aber trotzdem nicht so wirklich vor Selbstbewusstsein strotzt. Dann Luke, sein guter Freund, der unermüdlich Mundharmonika spielt und oftmals wirkt, als sei er nicht von dieser Welt. Trotzdem kann man sich auf ihn verlassen. Was er verspricht, das hält er. Für die Dritte im Bunde, Maisie, hegt Will eine heimliche Vorliebe. Sie ist klug, sehr bestimmt und einfach bewundernswert toll, findet Will. Von Frank ist Will dagegen weniger angetan, Franks Eltern sind sehr reich, was der öfter raushängen lässt. Er ist nicht unbedingt der ultimative Schnellchecker, dafür hat er einen Schlag bei den Mädchen.
Alle überstrahlt natürlich die Hauptfigur Charlie, ein verbeulter Bus, der nicht nur fliegen, sondern auch sprechen kann. Und wenn er damit erstmal angefangen hat, ist er nicht mehr zu stoppen, was sich als extrem anstrengend für die Nerven erweisen kann. Die Figuren wachsen im Laufe der Geschichte zusammen und aus Unverständnis und Antipathie entwickeln sich Freundschaften. Vielfältige, spezielle, sehr unterschiedliche Charaktere machen diese gelungene Figurenzusammenstellung aus.

Warum spricht Charlie? Wo fliegt er mit seinen Passagieren hin? Was hat er vor? Werden die Schüler Charlie helfen können, sein Problem zu lösen?
Eine unheimlich spannende, actiongeladene, temporeiche Geschichte, originell, phantasievoll, ungewöhnlich und herrlich überdreht, manchmal allerdings ein bisschen zu überdreht. Wann begegnet man im echten Leben schon fliegenden Busen mit Sprechdurchfall, kriminellen Reptilien oder jodelnden Raubtieren? Vom fulminanten Beginn bis zum ein wenig offenen Ende, ein fesselnder Spaß. Wir hätten nichts gegen ein Fortsetzung, denn nicht all unsere Fragen wurden am Ende erschöpfend beantwortet.
Ein phantastisch schräges Leseabenteuer für alle, die es gefährlich und humorvoll lieben.

Bewertung vom 01.12.2020
Silberstreif / Gut Greifenau Bd.5
Caspian, Hanna

Silberstreif / Gut Greifenau Bd.5


ausgezeichnet

Ein historischer Roman wie er sein sollte
Wiedersehen mit den Bewohnern des Guts Greifenau im Jahr 1923: Die Weimarer Republik bringt keine stabile politische Situation, wirtschaftlich setzt die Inflation den Hausherren und Dienstboten von Greifenau sehr zu. Konstantin muss sich sich bei Schwager Julius verschulden. Seiner Schwester Katharina ergeht es besser, sie kann sich endlich den Traum vom Medizinstudium erfüllen. Doch zu dieser Zeit stoßen studierende Frauen bei Professoren und Kommilitonen in der Universität auf Ablehnung. Auch Alexander steht vor Herausforderungen, beruflich hat er immer noch nicht richtig Fuß gefasst und privat ist er nach wie vor auf der Suche nach seinem Glück. Die Angestellten des Guts haben ebenfalls mit verschiedenen Schicksalsschlägen zu kämpfen. Es bleibt aufregend...

Hanna Caspian schreibt angenehm und flüssig. Aufgrund des lebendigen Schreibstils können sich Leser recht rasch mit der Handlung und den Figuren identifizieren. Sofort fühlte ich mich in die Zeit der Weimarer Republik hineinversetzt.

Als Fan der Reihe habe ich viele Figuren der Romane sehr lieb gewonnen. Katharina, die schon am Boden lag und es aus eigener Kraft geschafft hat, wieder aufzustehen und nun, mit Julius verheiratet, sogar kurz davor steht, sich ihren großen Traum zu erfüllen und Ärztin zu werden. Oder die bürgerliche Rebecca, die sich täglich neu in ihrer Rolle als Gutsherrin beweisen muss. Dabei gerät sie wiederholt mit Ehemann Konstantin und seinen etwas konservativeren Vorstellungen aneinander. Angetan haben es mir auch einige Angestellte, wie Ida und Albert, die endlich zueinander gefunden haben und nun ihr Glück mit Ziehsohn Bruno genießen wollen.
Niemand in der Geschichte ist unfehlbar, es ihn nicht die perfekten immer guten Helden, der alles stets richtig macht. Alle handeln auch mal sehr gefühlsbestimmt oder impulsiv, nicht hundertprozentig durchdacht und egoistisch. Aber das macht die Charaktere so interessant, sie haben Ecken und Kanten, sind menschlich. Mit einigen Personen muss man gerade deswegen besonders emotional mitfiebern. Für Würze und Intrigen sorgen bestimmte unbequeme Personen, wie die rücksichtslose und selbstsüchtige Mutter Feodora mit ihrem Standesdünkel, Nikolaus, der über Leichen geht, um seine Ziele erfolgreich durchzusetzen oder der ziemlich unchristliche Pfarrer Wittekind. Die besondere Personenkonstellation, individuelle Charaktere aus ganz verschiedene Schichten, sowie die Auftritte real existierender Persönlichkeiten wie Alfred Hugenberg machen den besonderen Reiz der Reihe aus.

Wie auch in den vorherigen Bänden gibt es nicht die eine alles umfassende Handlung, den einen roten Faden. Viele einzelne Handlungsstränge laufen nebeneinander her, teils unabhängig, teils überlappend. Es zieht sich nicht der eine große Spannungsbogen durch die Geschichte, sondern mehrere kleine. Das ist überaus interessant und fesselnd zu lesen.
Rebecca Caspian macht mit ihrem Schmöker Geschichte lebendig. Die meisten beschriebenen Ereignisse kennen wir alle mehr oder weniger gut aus dem Geschichtsunterricht, was aber z.B. die Inflation für Menschen ganz konkret bedeutete, welche unmittelbaren Folgen sie für verschiedene Personen unterschiedlicher Herkunft hatte, das macht die Autorin sehr anschaulich und emotional mitreißend deutlich. Abstrakte Begriffe werden für den Leser mit greifbarem Inhalt gefüllt. So lässt sich Historie hautnah selbst miterleben. Zusätzlich überzeugt der Roman durch beeindruckende exakte Recherchen und informatives Detailwissen- historische Figuren tauchen persönlich auf oder interessante zu der Zeit aktuelle Erscheinungen wie bspw. die Ringverbände werden thematisiert. Für mich ein historischer Roman wie er sein sollte: fesselnd, mitreißend, interessant und durchaus bildend. Ein absolut lesenswerter Roman einer Reihe, von der ich mir schon lange eine Verfilmung wünsche und dessen letzte Fortsetzung ich schon jetzt kaum erwarten kann.

Bewertung vom 29.11.2020
Raum der Angst
Meller, Marc

Raum der Angst


sehr gut

Wenn aus Spiel tödlicher Ernst wird: atemberaubend spannender Psychothriller mit Knalleffekt

„Der Mensch entwickelt sich nicht weiter, es gibt keinen moralischen Fortschritt. Der einzige Grund, weshalb wir in unseren Breiten nicht mehr morden, vergewaltigen und brandschatzen, ist der, dass es verboten ist. Aber hier (...), hier darfst du: In diesem Escape-Room ist es erlaubt. Niemand würde dir einen Vorwurf machen.“

Der populäre, aber umstrittene Psychologieprofessor Andreas Zagert hat nach strengen Kriterien sieben Probanden für ein besonderes Experiment ausgewählt: Gemeinsam sollen die Teilnehmer versuchen, Aufgaben in verschiedenen Escape-Rooms zu lösen und so die einzelnen Räume zu überwinden. Gelingt es allen Mitspielern bis zum Schluss dabei zu bleiben, erhöht sich das Honorar für jeden. Doch schon kurz nach Beginn stellen die Teilnehmer fest, dass es nicht um ein harmloses Spiel geht. Der psychologische Versuch wird zur tödlichen Gefahr, der Opfer fordert....

Marc Meller schreibt klar und gut nachvollziehbar, formuliert recht einfach mit viel direkter Rede. Er schildert parallel die aktuelle Situation im Escape-Room, die Ermittlungen der Polizei im Fall des toten Busfahrers, der die Probanden zum Schauplatz fuhr, und die Perspektive der entführten Studentin Hanna. Nach und nach werden die einzelnen Stränge zu ein und derselben Geschichte verbunden. Eine sehr fesselnde, abwechslungsreiche Erzählweise.

Der dubiose Psychologieprofessor Andreas Zagert, der Menschen gerne als Versuchsobjekte betrachtet, sie manipuliert und für seine Forschungen ohne Rücksicht auf Verluste agiert, hat sich während seiner Karriere mehr als einen Feind gemacht. Er ist eine gleichermaßen unangenehm abstoßende wie spannende Figur. Seine sieben genau ausgewählten Teilnehmer wie Michael oder Melissa repräsentieren die Eigenschaften Intuition, Intellekt, Empathie, Egoismus, Aggressivität, Gelassenheit und Logik. Sehr unterschiedliche Charaktere treffen da während des Versuchs aufeinander, da sind Konflikte naturgemäß vorprogrammiert. Hinzu kommt noch Hanna, die sich in der Vergangenheit mit Zagert angelegt hat. Insgesamt eine höchst brisante Mischung an Figuren, die unter schrecklichen, angsteinflössenden Bedingungen zur Zusammenarbeit gezwungen werden.

Werden die Teilnehmer die Rätsel lösen und überleben? Wer steckt wirklich hinter diesem grausamen Spiel? Was hat Hanna mit der ganzen Sache zu tun?
Mark Meller hat einen überaus spannenden, raffinierten Psychothriller mit ungewöhnlichem Setting konstruiert, der geschickt mit den Erwartungen des Lesers spielt. Immer wieder werden die Figuren im Escape-Room und die Leser an der Nase herumgeführt. So fesselnd, dass man einfach dranbleiben muss. Also Türen und Fenster verriegeln, Nervennahrung bereitlegen, Handy abschalten, sich für die nächsten Stunden nichts vornehmen und loslesen!

Bewertung vom 24.11.2020
Lehrerin einer neuen Zeit / Bedeutende Frauen, die die Welt verändern Bd.1
Baldini, Laura

Lehrerin einer neuen Zeit / Bedeutende Frauen, die die Welt verändern Bd.1


ausgezeichnet

Wie Maria Montessori ihre eigene Pädagogik entwickelte - fesselnder Roman über eine bemerkenswerte Frau

„Die Kinder haben sich selbst geholfen“.(..) „Wenn die Sinne schwach sind, dann müssen sie geweckt werden. Das ist alles“.

Als die junge Medizinerin Maria Montessori Ende des 19. Jahrhunderts eine Assistentenstelle in einer Psychiatrie in Rom annimmt, ist sie entsetzt, wie dort mit „schwachsinnigen“ Kindern umgegangen wird. Die völlig vernachlässigten kleinen Patienten verbringen den ganzen Tag untätig im Zimmer. Maria ist davon überzeugt, dass es möglich ist, die Kinder zu fördern. Sie bringt ihnen verschiedene Spielzeug mit und stellt daraufhin unglaubliche Entwicklungen bei ihren Schützlingen fest. Auch für ihr Privatleben hat Marias berufliches Engagement Folgen, bald verbindet die junge Frau mit einem Kollegen nämlich mehr als nur die gemeinsame Arbeit. Doch Liebe und Karriere vertragen sich in diesen Zeiten nicht besonders...

Autorin Laura Baldini schreibt gut verständlich, klar und flüssig aus der Sicht von Maria Montessori. Ihr lebendiger, angenehmer Sprachstil macht es den Lesern einfach, sofort einen Bezug zur Geschichte aufzubauen.

Maria Montessori, die berühmte Pädagogin, die zunächst in der Medizin tätig war, nimmt die Hauptrolle in „Lehrerin einer neuen Zeit“ ein. Sie ist eine überaus interessante Persönlichkeit, die hier sehr nachvollziehbar und plastisch dargestellt wird. Für die intelligente, willensstarke, ehrgeizige Frau aus dem teils-konservativ bürgerlichen Milieu bedeutet ihr Beruf, ihr Plan, benachteiligte Kinder zum Lernen zu bringen, alles. Sie geht dabei keine Kompromisse ein, wirkt mitunter etwas stur und starrsinnig und ordnet sogar ihr privates Glück dem beruflichen Erfolg komplett unter. Zweifelsohne eine sehr faszinierende Frau, deren Karriere zu ihrer Zeit alles andere als selbstverständlich ist und die sich von Widerständen nicht bremsen lässt. Im Roman erklärt sie ihr großes Ziel: „Ich werde eine Methode entwickeln, die sich von allen grundlegend unterscheidet. Ich werde der Welt zeigen, wie man mit Kindern umzugehen hat, und ich werde Respekt gegenüber allen Kindern einfordern“. „Ich werde Schulen zu Orten machen, an denen Freude herrscht“. Zum Erreichen dieses Ziels hat sie zweifelsohne einen großen Beitrag geleistet.

Mir als Lehrerin war Maria Montessori mit ihrem ohne Frage wirkungsvollem, aber sehr striktem pädagogischen Konzept selbstverständlich ein Begriff. Ihr verdanken Schüler noch heute viele spezielle, effektive und anschauliche Fördermaterialen. Die Frau hinter dem Konzept kannte ich bisher aber noch nicht näher. Dieses Buch hat mir diese außergewöhnliche Persönlichkeit, die die Pädagogik reformierte, auf eine ganz neue Weise vorgestellt. Ein informativer, packender unterhaltsamer Roman über eine große Frau, die stets für einen respektvollen Umgang mit Kindern kämpfte. Wirklich lesenswert!

Bewertung vom 23.11.2020
Madame Curie und die Kraft zu träumen / Ikonen ihrer Zeit Bd.1
Leonard, Susanna

Madame Curie und die Kraft zu träumen / Ikonen ihrer Zeit Bd.1


ausgezeichnet

Packende, sehr gelungene Romanbiographie einer außergewöhnlichen Frau

„Ich habe gelernt, dass der Weg des Fortschritts weder kurz noch unbeschwerlich ist“. (Marie Curie)

Ein einfaches, unbeschwerliches Leben hat Maria Sklodoswka, später bekannt als Marie Curie wahrlich nicht. Sie wird 1867 im von Russland unterdrückten Polen als Tochter eines Lehrerehepaars geboren. Während ihrer Schulzeit muss sie stets ihre polnische Identität verleugnen. Da in ihrer Heimat Frauen nicht studieren dürfen, zieht Marie 1891 nach Paris, wo sie an der Sorbonne überaus erfolgreich Mathematik und Physik studiert. Sie lernt dort ihren späteren Ehemann Pierre kennen. Gemeinsam beginnen sie mit ihren weltberühmten Forschungen zur Radioaktivität...

Susanna Leonards Romanbiographie lässt sich leicht, flüssig und sehr angenehm lesen. Die Autorin schildert entscheidende Lebensabschnitte der genialen Wissenschaftlerin. In Gesprächen z.B. mit einer ehemaligen Schülerin oder ihrer Tochter blickt Marie Curie im Roman auf wichtige Stationen ihrer Karriere und ihres Lebens zurück und erzählt von diesen besonderen Begebenheiten. Die Erzählweise, der Wechsel zwischen den Zeiten gestaltet das Ganze lebendig und abwechslungsreich. Ich war vom Erzählstil und der Handlung derart mitgerissen, dass ich das Buch in einem Rutsch verschlungen habe.

Was für eine beeindruckende Biographie! Was für eine beeindruckende, starke Frau: In Polen aufgewachsen, Studentin in Paris, wo sie während ihrer Forschung zur Radioaktivität neue chemische Elemente entdeckt, befreundet mit Albert Einstein, gleich doppelte Nobelpreisträgerin. Eine hochbegabt, ehrgeizige, engagierte, willensstarke, einzigartige Frau bringt Susanna Leonard da ihren Lesern näher. Eine Frau, mit der man mitfühlen und die man nur bewundern muss.
Maries erste Begegnung mit Pierre Curie macht ihr klar „Monsieur Curie ist einfach anders“. Anders genug, um der eine Mann an Maries Seite zu werden. Und wenn im Roman Maries Tochter Irène ausruft: „Schau her Mama, ich trete in deine Fußstapfen“ weiß sie noch gar nicht, wie recht sie damit hat, denn auch sie wird als erfolgreiche Forscherin eines Tages ebenfalls gemeinsam mit ihrem Mann den Nobelpreis erringen. Die Curies sind wirklich eine außergewöhnliche Familie, allen voran Marie, die mit ihren bahnbrechenden Forschungsergebnissen eindrucksvoll bewiesen hat, zu was Frauen auch in einer von Männern dominierten Welt in der Lage sind.

„Es geht darum aus dem Leben ein Traum und aus dem Traum eine Wirklichkeit zu machen“.
Marie Curie hat genau das geschafft. Dies beweist dieser hochinteressante, packende, sehr gelungene Schmöker, der den Lesern das beeindruckende Leben der Nobelpreisträgerin emotional und mitreißend schildert. Absolut empfehlenswert!

Bewertung vom 23.11.2020
Das Weihnachtsmannprojekt
Lambeck, Silke

Das Weihnachtsmannprojekt


ausgezeichnet

Alles anders und trotzdem wunderbar weihnachtlich

Dieses Jahr steht Weihnachten unter keinem guten Stern. Erst ist Mama die alljährliche stressige Weihnachtsplanung, die schon im August beginnt, so leid, dass sie beschließt, Weihnachten ohne Oma, Opa und sonstige Verwandtschaft zu feiern. Das verärgert Oma natürlich sehr. Und dann verkündet die Klassenlehrerin von Pauls kleiner Schwester Frida auch noch öffentlich in der Klasse, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt, was Frida wiederum sehr unglücklich macht. Paul möchte Frida beweisen, dass der Weihnachtsmann real und keine Erfindung ist und setzt dafür alle Hebel in Bewegung. Ob es ihm gelingt? Und schafft er es dabei ganz nebenbei, den Familienfrieden wiederherzustellen?

Autorin Silke Lambeck schreibt sehr angenehm, flüssig und kindgerecht nicht in Ich-Form, aber aus Pauls Perspektive. Die Geschichte ist für Leser ab neun Jahren, zum Vorlesen schon für jüngere Kinder ab sieben geeignet. Barbara Jung hat das Buch mit passenden, originellen Bildern illustriert, die motivieren, auflockern und großen Spaß machen.

Sehr vielfältig und verschiedenen sind die Charaktere, die in „Das Weihnachtsmannprojekt“ mitwirken. Paul ist ein großer Bruder, wie man ihn sich nur wünschen kann. Er setzt alles daran, damit Frieda weiterhin an den Weihnachtsmann glauben kann und riskiert dabei auch die eine oder andere Blamage für sich selbst. Paul ist ein toller, grundanständiger, sensibler Junge, der seine Mitmenschen am liebsten glücklich sehen möchte. Auch seine Schwester Frida muss man einfach gern haben. Wenn sie etwas macht, dann aber richtig, halbe Sachen gibt es bei ihr nicht. Daher muss für sie der Weihnachtsmannbeweis auch ausgesprochen gründlich und nachvollziehbar dargelegt werden.
Über Oma, die so einige bekannte, sehr realistische Züge hat, lässt sich herrlich schmunzeln und verzogene Kinder wie Florian gibt es wohl auch in jeder Familie. Und dann tauchen noch allerhand andere überraschende Figuren auf: gemeine Schönlinge, weihnachtsverrückte Familien, lustige Onkel, nette Klassenkameradinnen. Vielleicht ist sogar der echte Weihnachtsmann dabei?

Wird Pauls Weihnachten trotz allem schön werden? Gewinnt Frida den Glauben an den Weihnachtsmann zurück? Geht Pauls geheimer größter Wunsch in Erfüllung?
So ein Weihnachten kann wirklich ganz schön spannend sein. Meine kleinen Mitleser und ich haben uns über manche Ereignisse gewundert, haben mit Paul intensiv mitgelitten und ihm ganz kräftig die Daumen gedrückt für ein wunderbar weihnachtliches Happy End. Viele der beschriebenen weihnachtliche Stressfaktoren treffen den Nagel auf den Kopf, genauso werden das viele Leser - uns eingeschlossen- schon oft erlebt und empfunden haben. Gerade dass manches so alltäglich und bekannt vorkommt, macht die Geschichte so unterhaltsam und oft witzig. Pauls Weihnachten ist ein Weihnachten, das auf den ersten Blick ganz untypisch scheint, aber eigentlich ganz haargenau so sein sollte. Eine perfekte Einstimmung auf unsere schönste Zeit des Jahres. Für alle, die Weihnachten bereits mögen oder auch nicht, sich aber gerne noch vom Gegenteil überzeugen lassen.

Bewertung vom 23.11.2020
Der geheime Garten
Burnett, Frances H.

Der geheime Garten


ausgezeichnet

Von einem geheimen Garten und der magischen Kraft der Natur - ein kleiner, wertvoller Hörbuchschatz

„Ich werde nicht mehr sonderbar sein, wenn ich jeden Tag in den Garten gehe. Dort ist Magie am Werk, gute Magie“.

Die Geschichte ist schnell erzählt: Die kleine Mary Lennox wächst in Indien auf. Ihre Eltern kümmern sich nicht um sie, sondern überlassen sie der Obhut ihrer Aja, ihrem Kindermädchen. Mary entwickelt sich deshalb zu einem mürrischen, unsympathischen und herrischen Kind, das sich selbst nicht richtig leiden kann. Als beide Eltern an der Cholera sterben, wird Mary nach England gebracht, nach Misselthwaite, ins Schloss ihres Onkels. Anfangs fühlt sie sich dort überhaupt nicht wohl, doch dann entdeckt sie einen schlafenden geheimen Garten auf dem Anwesen und plötzlich ändert sich alles.

Die Geschichte ist über hundert Jahre alt, also alles andere als modern. Doch Sprecher Rainer Strecker liest das Ganze so lebendig, so mitreißend, dass die Zuhörer ab acht Jahren dem Geschehen trotz der zweifelsohne sprachlich schönen, aber vielleicht etwas angestaubten Formulierungen problemlos folgen können. Den einzelnen Figuren wie beispielsweise dem Gärtner Ben Weatherstaff verleiht Rainer Strecker eine eigene Stimme und dadurch besonderen Charakter, ihre Gefühle waren für mich förmlich spürbar. Ich hatte beim Hören sofort ein Bild der Personen und des Schauplatzes vor Augen und war direkt in der Geschichte gefangen.

Die Hauptperson Mary kann einem am Anfang nur Leid tun. Niemand hat sie gern. Sie weiß selbst nicht, was es bedeutet, andere zu mögen, mag sie sich doch selbst kaum. Als Mary das Dienstmädchen von Misselthwaite, Martha, kennenlernt, hat das Folgen. Martha gelingt es mit ihrer ehrlichen, unverstellten, bodenständigen Art und ihrer Beharrlichkeit, das Mädchen aus seinem Schneckenhaus zu locken und ermuntert es, sich seine Umgebung, die Natur, näher anzuschauen. Auch Marthas Bruder Dickon und ihre Mutter, grundehrliche, liebenswerte Menschen, die stets in jedem das Beste sehen und sich für ihre Umwelt interessieren, leisten ihren Teil zu Marys Verwandlung. Marthas und ihre Familie leben in einfachen, ärmlichen Verhältnissen. Trotzdem sind sie „reich“, sie kennen die die Bedeutung von Liebe und Zuwendung und stehen damit im kompletten Gegensatz zu Marys wohlhabender, aber emotional völlig verkorkster, unglücklicher Familie.

Die Botschaft des Romans ist ganz klar und einfach und doch so klug: Natur ist Magie und kann heilen, wenn man sich auf sie einlässt. Gesundheit bedeutet nicht nur, körperlich gesund zu sein, sondern auch, sich gesund zu fühlen. Manche menschlichen Schwächen sind nicht real, sondern nur eingeredet. Jeder hat es häufig selbst in der Hand, der Mensch zu sein, der er möchte, wenn er nur aufhört, sich über vermeintliche Schwächen zu definieren und lernt, sich selbst zu mögen.

Manche Geschichten machen einfach glücklich, ohne dass man genau erklären könnte, warum. Manchmal ist einfach ein bisschen Magie am Werk. „Der geheime Garten“ ist so eine Geschichte und ich bedauere, dass ich dieses einzigartige Kinderbuch erst jetzt kennengelernt habe, da ich schon längst erwachsen bin. Für mich ein besonderer Klassiker, den man gelesen oder noch besser gehört haben muss. Ein wunderbares, kluges, tröstliches Märchen voller Zuversicht, nicht nur für Kinder, sondern gerade auch für Erwachsene, die oftmals viel mehr in ihren eigenen festgefahrenen Vorstellungen gefangen sind als Kinder.