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Bellis-Perennis
Wohnort: 
Wien

Bewertungen

Insgesamt 924 Bewertungen
Bewertung vom 20.08.2023
Im Sturm / Lilly Hed Bd.2 (eBook, ePUB)
Ericson, Pernilla

Im Sturm / Lilly Hed Bd.2 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

In ihrem zweiten Fall werden Lilly Hed und ihre Freundin Liv Kaspi im Rahmen eines Sondereinsatzes nach Skageby in Nordschweden entsandt. Die örtlichen Polizisten Mats und Robert stecken bei ihren Mordermittlungen in einer Sackgasse. Dass ausgerechnet zwei Frauen zur Unterstützung kommen, kratzt am Ego der Ermittler und bietet reichlich Konfliktpotenzial. Doch damit nicht genug, zieht ein Wintersturm auf, der Skageby tagelang von der Außenwelt abschneidet. Während des Unwetters schlägt der Täter wieder zu. Liv und Lilly ahnen, dass sie es mit einem Serientäter zu haben, der es auf alte alleinstehende Männer abgesehen hat. Sie müssen ohne die üblichen Hilfsmittel wie Strom, Mobilfunk und Kriminaltechnik ermitteln, und sind, als Mats ernsthaft erkrankt und Robert Hilfe holen will, ganz auf sich alleine gestellt.

Meine Meinung:

Pernilla Ericson ist wieder ein fesselnder Krimi gelungen, in den sie, wie es sich für die engagierte Umweltschützerin gehört, auch das Thema Klimawandel einfließen lässt. Die Autorin macht das ohne erhobenen Zeigefinger oder das übliche schrille Protestgeschrei, sondern verquickt die Auswirkungen geschickt mit den Mordfällen.

Ein kleiner Lichtblick in der sonst ziemlich dunklen Geschichte ist die Geburt des kleinen Mädchens, die ohne Hilfe von außen, ganz natürlich abläuft.

Ich habe recht bald das Motiv für die Morde an den alten Männern herausgefunden. Die Auflösung selbst hat dann noch einmal eine interessante Wendung. Dazwischen erfahren wir einige Details, sowohl aus Lillys als auch aus Livs Privatleben.

Fazit:

Diesem zweiten Fall für Lilly Hed gebe ich gerne 5 Sterne und warte auf Band drei („In der Erde“), der 2024 erscheinen wird.

Bewertung vom 20.08.2023
Der Zauberer vom Cobenzl
Balàka, Bettina

Der Zauberer vom Cobenzl


ausgezeichnet

Dieser historische Roman, der im Wien des 19. Jahrhunderts spielt, beginnt ein wenig makaber: Carl Ludwig Friedrich Freiherr von Reichenbach (1788 bis 1869) spaziert mit seiner Tochter Hermine und einem sensitiven Medium nächtens über den Grinzinger Friedhof, um das „Od“, das den Toten entweichende Fluidum des Lebens zu erforschen.

Reichenbach ist Forscher und Erfinder, der unter anderem das Paraffin entwickelt hat. Neben Handfestem erfindet er auch diverse Wortschöpfungen. Seine Töchter Hermine und Ottone wachsen für diese Zeit recht unkonventionell auf. Während Hermine in des Vaters Fußstapfen tritt und sich der Botanik widmet, ist Ottone eine begnadete Musikerin. Doch irgendwann, die Familie zieht aus dem Böhmischen nach Wien, kippt Reichenbachs fortschrittliches Denken. Die Töchter sollen unverheiratet bleiben und ihm den Haushalt führen und Gesellschaft leisten. Die aufmüpfige Ottone bricht als Erste mit dem Vater und verlässt das Elternhaus.

„Das Wichtigste, das ich von Vater lernte, war jedoch nicht das Botanisieren und Mikroskopieren, das Studieren und Analysieren, die Arbeit im freien Feld, in Labor und Herbar, sondern etwas ganz anderes, das ich erst viel später verstand: Rückschläge durften niemals Endpunkte sein, wer vom Pferd fiel, saß sofort wieder auf (S. 160)“

Als Hermine mit dreißig Jahren dann doch heiratet, muss sie ihre Mitgift einklagen - eine für damalige Zeiten ungehörige Aktion. Außerdem widerlegt sie die Vorhersage des Vaters und eines behandelnden Arztes, dass sie infolge einer schweren Erkrankung im Kindesalter, selbst keine Kinder bekommen kann. Als quasi „beschädigte Ware“hat sie doch im Haushalt des verwitweten Vaters zu bleiben, oder? Allen zum Trotz schenkt sie einer gesunden Tochter das Leben.

Spät aber doch, wird ihre wissenschaftliche Arbeit (als Hermine Schuh) anerkannt, „man fand, dass man für mich eine Ausnahme machen müsse, manchmal lebe der Geist der Wissenschaft eben auch in einer Frau.“

Meine Meinung:

Wie ich es von Bettina Balàka gewöhnt bin, verwendet sie ein wunderschöne, beinahe poetische Sprache, um ihre Protagonisten in Szene zu setzen.

Die Geschichte zu diesem Buch liest sich selbst schon wie ein Roman: Bei ihren Recherchen zu „Die Tauben aus Brünn“ ist sie über die Persönlichkeit Carl Ludwig Friedrich Freiherr von Reichenbach (1788 bis 1869), der als „Zauberer von Schloss Cobenzl“ bekannt war, quasi gestolpert.

Die Autorin lässt Hermine die Familiengeschichte erzählen und gibt ihr damit eine Stimme. Hermine Schuh erlebt die Revolutionen des Jahres 1848 mit, die auch von bürgerlichen Frauen getragen wird. So begegnen wir hier Karoline Perin-Gradenstein und ihrem Lebensgefährten, dem Herausgeber der revolutionären Zeitung „Der Radikale“ Alfred Julius Becher, der im November 1848 standrechtlich erschossen wurde.

Warum die Figur des Carl Ludwig Friedrich Freiherr von Reichenbach nicht mehr in unserer Erinnerung ist? Wie aus der Familiengeschichte unschwer zu erkennen ist, ist er „nur“ ein Selfmademan, der trotz Nobilitierung in der Wiener Gesellschaft nicht anerkannt wird. Zunächst hat er mit seinen Erfindungen seine Arbeitgeber reich gemacht, sein eigenes Vermögen mit allen seinen Liegenschaften schließlich verloren und das Schloss Cobenzl ist nach Jahren des Verfalls im Jahr 1966 abgerissen worden.

Fazit:

Wer gerne historische Romane und Familiengeschichten in geschliffener Sprache lesen will, ist hier genau richtig. Gerne gebe ich diesem Buch 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 20.08.2023
Mörderwalzer
Baumann, Manfred

Mörderwalzer


ausgezeichnet

Das malerische Ambiente des geschichtsträchtigen Schlosses Leopoldskron ist diesmal der Schauplatz eines Mordes, der Martin Merana und sein Team auf den Plan ruft und ziemlich fordert.

Ausgerechnet während einer Benefizveranstaltung wird die Aufdeckerjournalistin Leona Trill ermordet am Weiher im Schlosspark erschlagen gefunden. Die Anzahl der potenziellen Täter und Zeugen liegt bei 163, was Merana und Co. ziemliches Aufstöhnen verursacht, ist doch ein Teammitglied, nämlich Othmar, gerade auf Urlaub.
Welchem Skandal im Dunstkreis der Salzburger Musikszene ist die Trill auf der Spur? Oder hat ihre journalistische Arbeit rein gar nichts mit ihrem Tod zu tun?

Martin Merana und sein Team stellen die Frage, wer vom Tod der Journalistin profitiert. Die missgünstige Kollegin, die allerdings niemals als Nachfolgerin infrage kommen wird, weil ihr das journalistische Rüstzeug fehlt oder ist der Täter doch im privaten Umfeld der Trill zu finden?

Methodisch und akribisch nehmen die Polizisten die Teilnehmer der Benefizveranstaltung vor. Daneben darf das Schloss Leopoldskron, das 1918 von Regisseur Max Reinhardt, dem Mitbegründer der Salzburger Festspiele, in desolatem Zustand gekauft und penibel restauriert worden ist, eine gewichtige Rolle spielen.

Meine Meinung:

Ich bin ja ein Merana-Fan der ersten Stunde. Nicht nur wegen Meranas umsichtiger Ermittlungsarbeit, sondern vor allem wegen seiner Wertschätzung, die er seinem Team entgegenbringt. Wie wir es von Manfred Baumann gewöhnt sind, wird penible Polizeiarbeit als Team geleistet. Martin Merana kehrt nicht den besserwissenden Chef heraus. Er hält seinen Mitarbeitern den Rücken frei. Wären nur alle Chefs so!

Ein besonderes Merkmal dieser Krimi-Reihe sind auch die penibel recherchierten Schauplätze. Autor Manfred Baumann erzählt, dass er zuerst den Tatort entdeckt, sich von einer Location inspirieren lässt, um anschließend die Tat rundherum zu entwickeln.

Das Schloss Leopoldskron eignet sich ob seiner eigenen dramatischen Geschichte hervorragend als Tatort. Prunk- und geheimnisvoll steht es im Schlosspark. Leopoldskron ist bekanntlich eng mit Max Reinhardt verbunden. Der Regisseur und Mitbegründer der Salzburger Festspiele hat das Schloss 1918 in schlechtem baulichen Zustand gekauft, saniert und wieder zum Leben erweckt. Man feierte rauschende Feste bis die Nazis das Schloss 1938 konfiszierten. Max Reinhardt, der wegen seiner jüdischen Herkunft in die USA geflohen ist, wurde enteignet. Max Reinhardt sollte sein Lebenswerk nicht wiedersehen. Er stirbt 1943 im Exil.

Wer, angeregt durch diesen Krimi, mehr über Schloss Leopoldskron und seine bewegte Geschichte wissen will, dem sei Johannes Hofingers Buch „Die Akte Leopoldskron“ empfohlen.

Fazit:

Auch in seinem elften Krimi ist der Spannungsbogen hoch. Der Blick hinter das Offensichtliche lässt mich wieder eine Leseempfehlung aussprechen und 5 Sterne vergeben.

Bewertung vom 13.08.2023
Mattanza (eBook, ePUB)
Fabiano, Germana

Mattanza (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Germana Fabiano entführt uns auf die kleine sizilianische Insel Katria. Sie ist so klein, dass es keine Straßen für Autos gibt, nur unbefestigte Wege für Motorräder.

Seit Jahrhunderten leben die Menschen vom Fischfang, genauer gesagt von den Thunfischen, die auf dem Weg zu ihren Laichplätzen in die „Tonnara“, einem ausgeklügelten System von Netzen geraten und in der „Kammer des Todes“ von den Tonnaroti getötet werden. Das Kommando zum Beginn der „Mattanza“ gibt traditionell der Raís, der seit Jahrhunderten aus einer bestimmten Familie stammen muss.

Doch nun, im Jahr 1960 gibt es keinen männlichen Nachfolger, weder Neffe noch Cousin. Also bestimmt der regierende Raís, seine Enkelin Nora als seine Nachfolgerin. Nirgends, so argumentiert er, steht geschrieben, dass nicht eine Frau die verantwortungsvolle Aufgabe übernehmen kann. Nora widmet sich der Ausbildung, wird aber gleichzeitig von den Dorfbewohnern scheel angesehen. Sie lebt wie „hinter Glas“.

Als er 1979 einen Schlaganfall erleidet, muss Nora die schwere Arbeit übernehmen und sie meistert die Aufgabe mit Bravour. Der Fang ist überaus üppig. Doch langsam gehen die ertragreichen Jahre zu Ende, bis es 2003 nur mehr weniger als ein Dutzend Thunfische sind, die den Fischern ins Netz gehen. Denn die großen Fangflotten haben durch Überfischung den Thunfischbestand fast ausgerottet.

Meine Meinung:

Germana Fabianos Erzählstil ist fesselnd und ich konnte das Meer und die blutige Arbeit riechen. Die Menschen sind von Wind und Wetter gegerbt, tief in ihren Traditionen verwurzelt und nehmen dennoch ihr Schicksal in ihre eigenen Hände, als der Verkauf der Konservenfabrik droht. Leidenschaftlich und äußerst eindrucksvoll schildert die Autorin die Ereignisse vom Höhepunkt bis zum Niedergang des traditionellen Fischfangs.

Das Buch kann einige Leser verstören, denn die „Mattanza“ ist eine blutige und archaische Angelegenheit, die mehrmals genau geschildert wird.

Fazit:

Ein grausames, aber eindrucksvolles Stück Zeitgeschichte, das es wert ist, gelesen zu werden.

Bewertung vom 13.08.2023
Im Feuer / Lilly Hed Bd.1 (eBook, ePUB)
Ericson, Pernilla

Im Feuer / Lilly Hed Bd.1 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Dieser Krimi ist der erste einer Reihe, deren roter Faden dem Vernehmen nach, die vier Element Feuer, Wasser, Luft und Erde sein soll.

Lily Hed, eine erfolgreiche Ermittlerin lässt Stockholm hinter sich, ja sie flüchtet regelrecht aus der Großstadt, um in Nynäshamn, einem kleinen Ort an der Schärenküste, neu anzufangen. Doch aus einem ruhigen Einstieg, bei dem sie mit Kollegin Katja Streife fährt, wird nichts, denn im knochentrockenen Sommer brennt es sprichwörtlich an allen Ecken und Enden. Kurz vor Lilys Ankunft ist bei einem Brand ein Mann ums Leben gekommen. Man geht zwar von einem Unfall aus, doch Feuerwehrkommandant Jesper hat so seine Bedenken, die er mit Lily teilt. Noch bevor Lily diesem Verdacht nachgehen kann, brennt es an mehreren Stellen des Ortes und die nächsten Toten sind zu beklagen. Die Zeichen auf Brandstiftung mehren sich.

Während Lily Experten des Themas Brandstiftung zu Rate zieht, um Gemeinsamkeiten bzw. ein Motiv für die Morde zu suchen, nähern sich die Schatten ihrer Vergangenheit wieder.

Meine Meinung:

Pernilla Ericson ist hier ein bis zur letzten Seite fesselnder Krimi gelungen. Neben den aktuellen Ereignissen gibt es immer wieder Rückblenden in die Vergangenheit, in der ein Mann seinem Tagebuch über Mobbing und Quälereien berichtet. Für uns Leser ist klar, das ist das Motiv für die Brand/Mordserie, denn. Doch wer ist der gequälte Mann? Und wer ist der Brandstifter? Denn der ist der Polizei immer einen Schritt voraus. Er weiß, dass das Feuer Spuren und Beweise vernichtet.

Die Charaktere sind sehr gut beschrieben. Besonders Lily, die vor ihrem gewalttätigen Freund, der ausgerechnet ein bekannter Oberstaatsanwalt ist, flüchtet, wirkt authentisch. Dass ausgerechnet sie, als toughe Polizistin ähnlich wie viele Frauen glaubt, sie wäre schuld am Verhalten des Ex-Partners und keine Anzeige gegen ihn erstattet, ist aus dem Leben gegriffen. So spielt er seine Macht aus und zieht alle Register, sie zu verunglimpfen und spielt damit dem Brandstifter unwissentlich direkt in die Hände.

Die Auflösung ergibt sich erst auf den letzten Seiten und ist schlüssig.

Ich freue mich schon auf den nächsten Krimi, der „Im Sturm“ heißt.

Fazit:

Ein gelungener Reihenauftakt, der bis zur letzten Seite spannend bleibt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Bewertung vom 13.08.2023
Düstergrab / Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn Bd.6 (eBook, ePUB)
Fölck, Romy

Düstergrab / Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn Bd.6 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Der neueste Krimi mit Frida Paulsen führt uns zunächst an das Grab von Fridas Schulfreund, an dem just am Tag nach der Beerdigung offensichtlich manipuliert worden ist. Als man das Grab und den Sarg öffnet, findet man die sorgfältig zurechtgemachte Leiche eines jungen Mädchens. Noch größer ist der Schreck, als man die Tote als jenes Mädchen identifiziert, das gemeinsam mit seiner Zwillingsschwester vor vier Jahren aus dem Haushalt der Pflegeeltern geflüchtet ist. Die Vermisstenakte ist einer jener Cold Cases, die nun Bjarne Haverkamp, Livs ehemaliger Kollege, als nunmehriger Mitarbeiter des Cold Case-Teams in Kiel, bearbeiten soll. Fieberhaft wird nun abermals nach der anderen Zwillingsschwester Sophie gesucht. Lebt sie noch?

Während der Suche nach Sophie gerät ein Ehepaar, das der Glaubensgemeinschaft der Hutterer angehört, in den Fokus der Ermittler.

Gleichzeitig wird Bootz, der wortkarge Ermittler und Nachfolger Haverkamps an Livs Seite, direkt vor der PI niedergeschossen. Ein Racheakt? Zufall? Hat die Kugel Liv gegolten? Und warum handelt es sich bei der Waffe um ein Beweismittel, das eigentlich in der Asservatenkammer verwahrt sein sollte? Fragen über Fragen, die das Vertrauen der Polizisten zueinander stark erschüttern. Gibt es einen Maulwurf unter ihnen?

Meine Meinung:

Wie wir es von Romy Fölck gewöhnt sind, sind einfache Krimis ihre Sache nicht. Schon allein das Verschwinden und die Suche nach den Zwillingen füllt einen ganzen, dichten Handlungsstrang in diesem Krimi. Da kommt es mit dem Attentat auf Bootz noch viel dicker. Die Ermittler kommen kaum zum Essen oder Schlafen, sind ziemlich am Limit und müssen sich Gedanken darüber machen, ob Nick Wallner, der Chef Dreck am Stecken hat. Ein ziemlich komplexer Plot, der sowohl Polizisten als auch Leser in die eine oder andere Sackgasse manövriert.

Trotzdem kommt das Privatleben von Liv und Bjarne, der nun mit Sonja sein Glück versuchen will, nicht zu kurz.

Das Tempo ist hoch. Ich konnte das Buch gar nicht aus der Hand legen, weil ich unbedingt wissen wollte, wer erstens die kleinen Lilly ermordet hat und zweitens wer auf Bootz geschossen hat. Beide Auflösungen sind schlüssig, wenn auch nicht gleich ersichtlich.

Schön zu lesen ist, dass der familiäre Zusammenhalt rund um Liv so toll ist.

Fazit:

Eine fesselnde Fortsetzung, der ich gerne 5 Sterne gebe.

Bewertung vom 13.08.2023
Mühlviertler Todesspur
Reichl, Eva

Mühlviertler Todesspur


ausgezeichnet

Der Beginn des 6. Krimi rund um Chefinspektor Oskar Stern und sein Team lässt mich ein wenig schmunzeln. Oskar Stern und Mara Grünbrecht werden jeweils zu einem Fahrtechniktraining verdonnert. Er, weil er so langsam fährt wie eine Schnecke, während sie jeden Einsatz fährt, als müsste sie eine Rallye gewinnen. Beide sind natürlich wenig begeistert und fügen sich nur laut murrend. Da kommt ihnen der Anruf, in der Ratgöbluckn, einem der bekannten Erdställe in Perg, liegt eine Tote, gerade recht. Grünbrecht prescht davon und Stern hängt sich, den Fahrinstruktor auf dem Beifahrersitz, an ihre Stoßstange.

Die Tote, eine junge Lehrerin, liegt sorgfältig hergerichtet inmitten von zahllosen Teelichtern. Ein Unglücksfall wird schnell ausgeschlossen und ins Visier der Ermittler geraten der Freund und beste Freundin der Toten, die Oskar Stern blöderweise gerade gemeinsam im Bett überrascht.

Als dann wenig später eine weitere Frauenleiche in ähnlicher Aufmachung gefunden wird, scheint die Idee von einem persönlichen Motiv nicht mehr haltbar zu sein.

Die Einwohner Pergs sind verunsichert und werfen der Polizei Untätigkeit vor, behindern aber gleichzeitig die Ermittlungen. Es gibt zahlreiche Spuren, die alle mehr oder weniger schnell in einer Sackgasse enden. Dann eröffnet sich eine neue und Chefinspektor Oskar Stern tappt nichts ahnend in die Falle des Täters.

Meine Meinung:

Ich kenne die Reihe ja schon vom ersten Fall weg. Mir sind die Protagonisten so richtig ans Herz gewachsen. Oskar Stern, weil er ein integrer Polizist und ein guter Chef ist. Seine einzige Schwäche, das langsame Autofahren, was nicht nur die Grünbrecht an den Rand des Wahnsinns bringt, sollte nun der Vergangenheit angehören. Stern ist ist auch ein liebevoller Vater und Großvater. Es sieht so aus, als ob ihm Autorin Eva Reichl noch ein spätes Liebesglück gönnt.

Oder, Mara Grünbrecht, die nach dem Tod ihres Verlobten im Einsatz (siehe „Mühlviertler Kreuz“) langsam wieder lächeln kann.

Schmunzeln musste ich, als Stern in Socken ermittelt, weil seine Schuhe möglicherweise einen Hinweis auf den Täter geben könnten.

Ich gebe zu, den Täter recht bald entdeckt zu haben. Aber, auf der Couch lässt sich leicht ermitteln, während das Team um Oskar Stern die Laufarbeit umgeben von blöden Sprüchen der Perger und der Presse arbeiten muss.

Die Auflösung ist so tragisch wie stimmig.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem 6. Fall für Oskar Stern und sein Team 5 Sterne.

Bewertung vom 13.08.2023
Paukenschläge aus dem Paradies
Smyth, Ethel

Paukenschläge aus dem Paradies


ausgezeichnet

Diese Erinnerungen der Ethel Smyth (1858-1944), die wohl die wenigsten von uns kennen, wirft einen Blick auf unbequeme, außergewöhnlich, unangepasste und rebellische Frauen zu Beginn des 20. Jahrhunderts, ohne die es die Fortschritte in der Emanzipation nicht geben würde.

»Wenn du nichts Nettes zu sagen hast, dann halt gefälligst den Mund!« Dieser Satz ist einer aus ihrer Kindheit, wie sie schreibt. Mädchen sollen nett und stumm sein und dümmlich vor sich hin lächeln.

Wer ist sie nun, diese Rebellin?

Ethel Smyth wächst mit ihren fünf Schwestern und einem Bruder auf dem elterlichen Landsitz auf. Ethel begehrt schon sehr früh auf. Um sich ihrer geliebten Musik widmen und ordentlichen Unterricht zu erhalten, tritt sie sogar in den Hungerstreik bis die Eltern nachgeben. Mit einer wilder Entschlossenheit, die kaum zu überbieten ist, überwindet sie die zahlreichen gesellschaftlichen Hürden und Fallstricke, die ihr auf dem Weg zur professionellen Komponistin in den Weg gelegt werden. Sie lernt Clara Schumann, Edvard Grieg und Johannes Brahms kennen, bekennt sich zu ihrer Homosexualität und steht auf der Seite der Suffragetten. Mit Emmeline Pankhurst ist sie befreundet und komponiert die Suffragetten-Hymne »The March of the Women«.

Im Nachwort wird ihre Beziehung zu Virginia Woolf (1882 - 1941) beleuchtet. Stellvertretend für die so verschiedenen, wie doch ähnlichen Frauen sei Virgina Woolfs Beschreibung von Ethel erwähnt:

»Sie ist vom Stamm der Pioniere, der Bahnbrecher. Sie ist vorausgegangen und hat Bäume gefällt und Felsen gesprengt und Brücken gebaut und so den Weg bereitet für die, die nach ihr kommen.«

Interessant zu lesen ist, dass Ethel Smyth durchaus Phasen der Selbstreflexion durchmacht und sich ihrer Schwächen bewusst ist. Sie erkennt, dass mit ein bisschen Diplomatie, der eine oder andere Affront vermieden werden hätte können, was ihrer Karriere als Komponistin durchaus dienlich gewesen wäre. Mit dem Kopf durch die Wand, kommt leider bei den durchwegs männlichen Zeitgenossen nicht so gut an. Auch Ethels Engagement für die Suffragetten ist schädlich für ihr Fortkommen.

»Ich bin tatsächlich berühmt – oder sollte man doch lieber sagen, bekannt? Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass ich seit über vierzig Jahre sozusagen meinen Job mache, und es ist mir dabei nicht gelungen, auch nur ein winzig kleines Rädchen im englischen Musikapparat zu werden.«

Was bleibt von Ethel Smyth?

Wie im Nachwort der Herausgeberin und Übersetzerin zu lesen ist, wurde am Weltfrauentag 2022 eine Statue, die Ethel Smyth dirigierend und in Lebensgröße zeigt, in ihrem Wohnort Woking enthüllt.

»Ich bin den ganzen Weg gegangen, traurig und glücklich. Denke nicht an die Traurigkeit, das betrifft nur das vergängliche Selbst und existiert daher nicht wirklich.«

Fazit:

Ein interessantes autobiografisches Vermächtnis einer Frau, die ihrer Zeit weit voraus war. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Bewertung vom 09.08.2023
Seelensturm
Weidinger, Erich

Seelensturm


sehr gut

Auch im dritten Krimi rund um Revierinspektor Werner Adler bekommt er, der eine Leichenphobie hat, es genau mit denselben zu tun. Das Verbrechen schäft nie, sodass Werner nicht einmal auf seinen geliebten Fahrten mit dem Polizeimotorboot seine Ruhe findet.

So hat sich Werner seine Rückkehr aus dem Urlaub nicht vorgestellt: Innerhalb eines Wochenendes gibt es mehrere Verbrechen, die ihm zu schaffen machen und ihn selbst in ein Krankenhausbett zwingen.

Und damit noch nicht genug, demonstrieren Tante Vera und Natascha gegen die Neonazis, die schon im letzte Band ihr Unwesen getrieben haben und Alexandros, Helenas Sohn, der an einer Nussallergie leidet, beißt irrtümlich in einen mit Nüssen „verseuchten“ Kuchen und muss mit einem anaphylaktischen Schock ins Krankenhaus, während Helena selbst in Griechenland noch etwas erledigen muss.

Meine Meinung:

Wenn man nun den dritten Fall für Werner Adler liest, könnte man glauben, dass das Salzkammergut der Hotspot der Verbrechen in Österreichs ist, denn die Verbrechensrate pro Kopf scheint hier höher als anderswo in Österreich zu sein. Dem ist natürlich in Wirklichkeit nicht so. Aber der Autor lebt dort und der Attersee als Kulisse für Untaten ist einfach grandios. Und für die Habsburg-Fans tritt in Bad Ischl auch noch ein fast echter Kaiser Franz Joseph auf.

In einigen wenigen Sätzen erfahren wir, woher Werners Leichenphobie kommen könnte. Doch das verrate ich jetzt nicht.

Obwohl ich Krimis mit mehreren Handlungssträngen und Turbulenzen gerne mag, sind mir diese Ereignisse fast ein wenig zu viel. Hier wäre ein bisschen weniger, mehr gewesen. Das Buch eignet sich gut für eine Verfilmung, erstens wegen des Attersees und des Schwimmwettbewerbes und zweitens wegen der vielen „Action“, die einer scharfen Schnittführung zu Gute kämen. Vielleicht folgt da ja ein Landkrimi

Fazit:

Eine filmreife Fortsetzung, der ich gerne 4 Sterne gebe.

Bewertung vom 09.08.2023
Der Junge, der Rache schwor / Kajsa Coren Bd.1 (eBook, ePUB)
Teige, Trude

Der Junge, der Rache schwor / Kajsa Coren Bd.1 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Dies ist der erste Band einer Krimi-Reihe rund um die Journalistin Kajsa Coren, die diesmal ein brisantes Thema untersucht. Wie in einigen anderen Ländern gibt es auch in Norwegen zahlreiche Kinder, die in staatlichen und privaten Kinderheimen, gedemütigt und misshandelt worden sind. Die Täter wurden selten bis gar nicht zur Rechenschaft gezogen.

Ursprünglich Kriminalreporterin hat Kajsa ihrem Mann, der Täterprofile für die norwegische Polizei erstellt, versprochen, über keine aktuellen Verbrechen mehr zu berichten. Doch dann will es der Zufall (die Autorin), dass sie bei einem Tatort vorbeikommt. Das ermordete Ehepaar steht in Zusammenhang mit ihrer Reportage über die Heimkinder. Daher sind alle guten Vorsätze vergessen und Kajsas Spürsinn führt sie in eine Tragödie ungeahnten Ausmaßes, die sie beinahe ihre Ehe und ihr Leben kostet.

Meine Meinung:

Ich kenne von Trude Teige das Buch „Als Großmutter in Regen tanzte“, dessen Inhalt und Schreibstil mich begeistert hat. Die Geschichte Norwegens im Zweiten Weltkrieg, ist auch in diesem Krimi ein Thema. Genauso wie die Unterbringung von Kindern in Unterbringung in staatlichen Institutionen und - nach Bekanntwerden der Gräuel - der Umgang mit Opfern und Tätern.

Trude Teige ist hier ein spannender Auftakt zu einer neuen Krimi-Reihe gelungen. Häufig sind mir skandinavische Krimis ein wenig zu depressiv. Kajsa Coren wird als typische Working Mum von zwei Kindern gezeigt, die trotz aller beruflichen Ambitionen, doch hinter ihrem Ehemann zurücksteckt, was von ihm aber nicht wirklich wahrgenommen wird. Die Hauptlast des Haushalts und der Kindererziehung liegt bei ihr, während er sich sprachlos wundert, warum sie häufig zur Weinflasche greift. Erst als Kajsa verschwindet und er sich um Haushalt und Kinder kümmern muss, bemerkt er, wie ungleich die Last verteilt ist. Man wird in der Fortsetzung sehen, ob diese Erkenntnis dauerhaft ist und zu einer Änderung seines Verhaltens führt.

Fazit:

Ein komplexer Krimi, dem ich gerne 5 Sterne gebe.