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hasirasi2
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Dresden

Bewertungen

Insgesamt 1167 Bewertungen
Bewertung vom 01.09.2021
Frau von Goethe / Außergewöhnliche Frauen zwischen Aufbruch und Liebe Bd.6
Rygiert, Beate

Frau von Goethe / Außergewöhnliche Frauen zwischen Aufbruch und Liebe Bd.6


ausgezeichnet

Die kleine Frau Goethe

… wurde Christiane Vulpius genannt, meist abfällig oder spöttisch, manchmal aber auch ehrfurchtsvoll. Und dass, obwohl Johann Wolfgang von Goethe sie trotzt ihrer gegenseitigen großen Liebe nicht heiraten wollte. Stattdessen hatte er ihr „Eine wilde Ehe … ohne Zeremonie. Und voller Liebe.“ (S. 97) versprochen.

Beate Rygiert räumt in „Frau von Goethe“ mit den Vorurteilen über Christiane und ihre Beziehung zum berühmtesten Geheimen Rat Weimars auf. Sie beschreibt eine starke, mutige, lebenslustige und praktisch veranlagte Frau, die sich trotz der Warnungen ihrer Familie und Freunde über die gängigen Konventionen hinwegsetzt „Ganz Weimar wird sich über dich das Maul zerreißen.“ (S. 37), schildert die Anfeindungen, die Christiane über sich ergehen lassen muss, ihre Angst vor dem Pranger, weil sie unverheiratet schwanger wird, ihre die ständigen Zweifel und die Unsicherheit, ob sie auch (gut) genug für diesen großen, berühmten Mann ist „Ich bin ja nur eine einfache Frau. Und manchmal weiß ich gar nicht, was er an mir hat.“ (S. 167).

Aber Goethe weiß sie wertzuschätzen. „…Du bist meine Rettung.“ (S. 48) und „Keine andere Frau wäre so großzügig wie du.“ (S. 308) Christiane erträgt klaglos seine Launen, seine häufige monatelange Abwesenheit und bringt Ordnung und Struktur in sein Leben und seinen Haushalt. Er ist oft krank, vor allem im Alter scheint sie eher seine aufopfernde Pflegerin als Geliebte gewesen zu sein. Und ihre eigenen Ängste und Probleme behält sie meist für sich. „Ihr Mann war ein Universalgenie … Und ein solcher Mensch interessierte sich einfach für alles. Nur nicht für sie und ihre Sorgen.“ (S. 254)

Außerdem sie ist ein Familienmensch. Die Bekanntschaft mit Goethe verdankt sie der Tatsache, dass sie eine Stelle für ihren Bruder bei ihm erbitten sollte. Sie nimmt ihre Tante und ihre Schwester in ihren Haushalt auf und hilft auch anderen Mitgliedern der weitläufigen Familie immer wieder. Aus dem kleinen „Blumenmädchen“, sie arbeitete in einer Seidenblumenmanufaktur, wurde eine echte Powerfrau.

Beate Rygiert hat einen mitreißenden und aufschlussreichen Schmöker geschrieben und Christiane, ihr Leben und ihre Zeit lebendig werden lassen. Man erhascht natürlich auch immer wieder kurze Einblicke in die wichtigsten Stationen von Goethes Leben, aber die werden aus Christianes Sicht geschildert, was diese für sie bedeuten. Ich fand es gut, dass er im Roman nur eine Nebenrolle spielt, denn, obwohl er der Mittelpunkt von Christianes Welt ist, ist er in ihrem Leben oft nur eine Randfigur, zu oft körperlich oder geistig abwesend.

Für mich ist „Frau von Goethe“ ein weiteres Jahreshighlight.

Bewertung vom 30.08.2021
Die Zeit der Kirschen
Barreau, Nicolas

Die Zeit der Kirschen


sehr gut

Das Ende von André und Aurélie?

Vor einem Jahr gab es für Aurélie und André ein Happy End. Um ihr Herz zu gewinnen, hatte er ein Buch über ihr Kennenlernen geschrieben, das ein Bestseller wurde. „So kann nur ein Franzose über die Liebe schreiben!“ (S. 49) Jetzt will er ihr seit Monaten einen Antrag machen, doch immer kommt etwas dazwischen. Am Valentinstag kniet er schon fast vor ihr, als sie erfährt, dass sie einen Michelin-Stern erhält. Doch am nächsten Tag ruft ein wütender Koch an – sein Restaurant trägt den gleichen Namen wie ihres und er hat sich den Stern erkocht, nicht sie! Es gab eine Verwechslung in der Redaktion des Guide Michelin. Als ein Artikel über diesen Irrtum geschrieben wird, lernt sie den Koch persönlich kennen – und schwärmt André von ihm vor. Der wird immer eifersüchtiger und auch Aurélie hat Grund zum Zweifeln. Seit einer Lesung bekommt André extrem viele Anrufe von einer Buchhändlerin …

„Die Zeit der Kirschen“ ist die Fortsetzung des Bestsellers „Das Lächeln der Frauen“, und obwohl ich diesen nicht kenne, habe ich sehr gut in die Geschichte hineingefunden. Ich hatte nicht das Gefühl, dass mir irgendein Zusammenhang fehlt.

Nicolas Barreau beschreibt, was nach dem Happy End passiert, wie aus einem Liebespaar ein echtes und vom Alltag eingeholt wird, wie man sich mit den Marotten und Angewohnheiten des Gegenübers arrangiert und (erst noch) darüber lächeln kann. Doch niemand ist vor Eifersucht gefeit und so befinden sich auch André und Aurélie bald in einer Spirale gegenseitiger Vorwürfe und Verdächtigungen (die mir manchmal etwas zu viel wurden). Vor allem André steigert sich immer mehr in seine Eifersucht und merkt gar nicht, wie er damit die Beziehung zerstört. Seine Freunde und Kollegen warnen ihn noch: „Zu einem Tango gehören immer zwei, also schubsen Sie Ihre Freundin nicht in seine Arme, indem Sie ihr ständig auf die Füße treten.“ (S. 342), doch er kann sich irgendwann nicht mehr bremsen.

Aurélie und André sind ein schönes Pärchen und ergänzen sich gut. Er ist oft etwas ungeschickt, vergräbt sich in seine Bücher und blendet alles um sich rum aus – auch das schmutzige Geschirr in der Spüle. Sie ist eher praktisch und bodenständig veranlagt, aber in der Küche sehr kreativ und selbstbewusst.
Übrigens habe festgestellt, dass das „Menu d’amour“, das hier eine wichtige Rolle spielt, aus dem gleichnamigen Buch des Autors von 2013 stammt, in dem es um Aurélies Eltern geht ;-).

Der Roman ist amüsant, charmant, romantisch, leidenschaftlich und mit viel Savoir-vivre. Aurélies Gerichte haben mir das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen und jetzt ich möchte unbedingt mal Monets Gärten in Giverny besichtigen ...

Bewertung vom 28.08.2021
Eine Familie in Berlin - Paulas Liebe / Die große Berlin-Familiensaga Bd.1
Renk, Ulrike

Eine Familie in Berlin - Paulas Liebe / Die große Berlin-Familiensaga Bd.1


sehr gut

Suchen und Finden

„Du bist immer so poetisch. Du solltest Schriftstellerin werden.“ (S. 8) sagt Paulas Familie schon früh zu ihr. Paula ist die Älteste der 4 überlebenden Kinder der Oppenheimers. Ihr Vater ist Rabbiner, sie wächst in einem zwar gläubigen, aber modernen Elternhaus auf. Die Kinder besuchen gute Schulen, haben freien Zugriff auf die umfassende Bibliothek der Eltern und bekommen Musikunterricht. Sie dürfen an den künstlerischen Zirkeln der Eltern teilnehmen und selber auftreten, müssen aber auch im Haushalt mit anpacken, da die Familie nicht gerade reich ist.
Paula ist das Sorgenkind, hat Lungenprobleme und ist viel krank. Vielleicht flüchtet sie sich deswegen in die Musik und Poesie. Mit ihrem Bruder Franz hat sie ein besonders inniges Verhältnis, sie denken und fühlen oft ähnlich, ein „Seelenband“ verbindet sie. Doch im Gegensatz zu ihm, der studieren darf, hat sie keine Vorstellungen von ihrer Zukunft. „Was will ich in meinem Leben erreichen? Was will ich werden? Und wie finde ich das heraus?“ (S. 34) Da trifft es sich gut, dass ihre Tanta Auguste eine Gesellschafterin sucht und die Familie unterstützen will. Sie nimmt Paula in ihren Haushalt auf, behandelt sie wie die Tochter, die sie nie hatte und vervollkommnet ihre Ausbildung und ihren gesellschaftlichen Schliff.
Anfang der 1880er Jahren stellt Franz ihr seinem besten Freund und Mitstudenten Richard Dehmel vor, der statt zu studieren lieber Gedichte interpretiert und eigene schreibt. Er versteht es, seine Zuhörer zu fesseln, die Frauen liegen ihm zu Füßen: „Diese Augen. Diese Stimme … er ist … grandios. … Er ist ein Zauberer, der alle in seinen Bann schlägt … Ein Merlin.“ (S. 256), doch Paula ist er zu unstet und planlos. „Er ist ein Hallodri, ein Träumer, ein Künstler.“ (S. 299) Trotzdem verliebt sie sich später in ihn und will ihn heiraten, aber ihre Familie ist gegen die Beziehung, da er ohne Beruf und Anstellung nicht für sie sorgen kann.

Ich habe Ulrike Renks Ostpreußen- und Seidenstadt-Saga verschlungen. Auch diese orientierten sich an historischen Vorbildern und beruhten auf wahren Begebenheiten, aber „Paulas Liebe“ ist anders. Während sich Erstere so fesselnd wie Abenteuerromane lesen, ist das vorliegende Buch sehr ruhig, philosophisch und poetisch – wie eben auch Paula war. Vor allem die Briefe lesen sich aus heutiger Sicht zum Teil etwas sperrig und pathetisch. Man taucht tief in Paulas Gedanken- und Gefühlswelt ein, ihr Ringen um Erkenntnis und die Frage, wie sie ihr Leben gestalten soll, ob sie sich je verlieben kann und ob ein Mann sie trotz ihrer angeschlagenen Gesundheit heiraten wird.
Paula erscheint für ihr Alter extrem erwachsen und sehr selbstreflektiert. Sie grübelt viel und hinterfragt alles. Auguste bringt ihr die Ideen der Gleichberechtigung näher und öffnet ihr die Augen für andere Lebensentwürfe und Gesellschaftsschichten.
Besonders fasziniert hat mich neben Paulas Leben Franz‘ Auseinandersetzung mit dem Judentum und Antisemitismus. Er will um jeden Preis als Deutscher wahrgenommen werden, nicht als Jude oder Preuße.

Ich finde den Klappentext etwas ungünstig formuliert. Er impliziert, dass es um die Liebesgeschichte zwischen Paula und Richard geht, dabei ist das ja nur ein Teil ihres Lebens (und leider kein besonders schöner, aber ich will hier nicht vorgreifen). Es geht vor allem um ihr Aufwachsen, ihre Ausbildung und Entwicklung. Sie hätte gern studiert, aber das war damals für Frauen in Deutschland unmöglich, außerdem war sie eine begabte Pianistin, konnte das wegen ihrer instabilen Gesundheit aber nicht zu ihrem Beruf machen. Und obwohl sie schon früh Rätselreime und ähnliches gedichtet hat, ist sie erst spät zum Schreiben gekommen.

Ulrike Renk schildert Paulas bewegtes und nicht gerade leichtes Leben sehr detailreich, passt sich sozusagen deren überbordender Ausdrucksweise an. Ich hätte mir manchmal etwas mehr Spannung und Tempo gewünscht, aber das letzte Drittel hat mich dann mit dem Buch versöhnt. Ich bin

Bewertung vom 25.08.2021
Freiheit im Angebot / Wunderfrauen-Trilogie Bd.3
Schuster, Stephanie

Freiheit im Angebot / Wunderfrauen-Trilogie Bd.3


ausgezeichnet

Die wunderbaren Wunderfrauen

„Jede von ihnen war eigen, so dass sie manchmal aneinandergerieten, aber sobald eine von ihnen Sorgen hatte oder gar in Not war, standen sie füreinander ein.“ (S. 13)
Mit „Freiheit im Angebot“ geht die Ära der Wunderfrauen von Stephanie Schuster zu Ende. Über 3 Bücher und 20 Jahre (von Mitte der 50er bis Mitte der 70er) habe ich Luise, Marie, Annabel und Helga begleiten dürfen, habe mit ihnen gebangt, gehofft, gelitten, geliebt, gelebt und gelacht und lasse sie jetzt nur ungern gehen.
Fast jede Leserin wird sich mit einer von ihnen besonders identifizieren können. Luise ist immer für alle da und kommt selber oft zu kurz. „Luise lief das ganze Jahr Marathon. Bloß kam sie nie irgendwo an. Ständig begann alles von vorn, jeder zerrte an ihr … Es gab kein Entkommen.“ (S. 50) Sie kann ihren Traum vom eigenen Geschäft nicht loslassen, auch wenn es wegen der Supermärkte immer schlechter läuft. Und obwohl die Liebe längst vorbei ist und ihr Mann sie immer wieder enttäuscht, trennt sie sich nicht von ihm. Schafft sie mit Hilfe ihrer Freundinnen den Absprung in ein neues Leben?
Maries Traum von der großen Liebe bis ins hohe Alter ist mit dem frühen Tod ihres Mannes geplatzt. „Für sie gab es nichts mehr zu fühlen, für sie gab es keine Freude. Alles, was ihr blieb, war, für ihre Kinder da zu sein und den nächsten Tag zu überstehen.“ (S. 171) Sie kümmert sich rührend um ihre große Familie, zu der auch die pflegebedürftige alte Tante und ihr mongoloider Schwager gehören, hat den Bauern- erfolgreich zum Reiterhof umgestaltet und weitere Pläne. Aber um wieder glücklich zu werden, muss sie endlich Abschied von Martin nehmen, neuen Mut fassen und nach vorne sehen.
Annabel war für mich immer etwas unscheinbar, hat sich im Hintergrund und ihrem Mann den Rücken freigehalten, obwohl dieser seine Geliebte nie vergessen konnte. „Es fühlte sich an, als führten sie eine Ehe zu dritt. Konstantin, sie und eine Tote, die sein Herz auf ewig in Beschlag genommen hatte.“ (S. 32) Dabei ist sie eine starke Kämpferin, will ein normales Leben für ihre behinderte Tochter, deckt alte Vergehen auf und will dieses Unrecht sühnen. Und mithilfe ihrer Freundinnen und ihrer Schwiegermutter entzieht sie sich langsam endlich auch der Bevormundung ihres Mannes und findet ihre eigene Stimme.
Ich habe Helga immer am meisten bewundert. „Noch nie eine echte Frau gesehen?“ (S. 26) Sie polarisiert und sorgt für Aufsehen, ist frech, wild, will sich nicht anpassen oder für ihren farbigen Sohn David schämen, den sie allein großgezogen hat. Sie bekommt ein berufliches Angebot, für das andere sicher morden würden – aber ist es auch das, was sie will?! Außerdem mischen sich ihre Eltern nach fast 20 Jahren wieder in ihr Leben ein. Und dann ist da noch das Geheimnis, dass sie noch nicht mal ihren Freundinnen gebeichtet hat, weil es sicher alles ändern würde …
Luise, Marie, Annabel und Helga sind zusammen erwachsen, älter und reifer geworden. Die ersten Kinder werden flügge und die 4 Frauen überdenken die Pläne für ihr weiteres Leben.

Stephanie Schuster schreibt extrem fesselnd und lässt die 70er Jahre wieder lebendig werden: die Mode und Frisuren, Lebensmittel und Gerichte, die Modernisierungen im Haushalt und Handel, das langsame Sterben der Krämerläden, die gesellschaftlichen und politischen Umbrüche, den Wandel im Scheidungsrecht und den Kalten Krieg. Sie schlägt im letzten Band der Reihe eine Brücke vom Starnberger See bis nach Paris und Ost-Berlin, von den Gräueltaten während des 2. WKs über das Attentat bei den olympischen Spielen in München bis zu den Weltjugendspielen in der DDR und lässt so alle Protagonisten noch einmal auferstehen, verknüpft offene Fäden und schafft einen würdigen Abschluss.

Das Buch ist eine Ode an die Freundschaft und handelt von Abschieden und Neuanfängen. Es hat mich wieder sehr berührt und die Gänsehaut ist auch nach dem Ende noch da. Ganz großes Kino.

Bewertung vom 22.08.2021
Heidelandliebe
Konnerth, Silvia

Heidelandliebe


sehr gut

Soll‘s das jetzt schon gewesen sein?

Christian ist Cleos Sandkastenliebe, sie haben mit Lotta eine wundervolle kleine Tochter, doch mit fast 40 hat sie das Gefühl, dass ihre Ehe am Ende ist. Das Prickeln fehlt, ihr Mann scheint in ihr nur noch die Mutter zu sehen und die Partnerin darüber zu vergessen. Sie streiten nur noch, Cleo ist permanent unzufrieden. Soll es das wirklich schon gewesen sein? „Sie konnte sich nicht vorstellen, wie ihr Leben ohne Christian aussehen würde. Sie waren doch einmal so glücklich miteinander gewesen.“ (S. 20) Aber mit ihm sieht sie auch keine gemeinsame Zukunft mehr. Beruflich steckt sie ebenfalls in einer Sackgasse. Als Unternehmensberaterin will sie nicht mehr arbeiten und der Mini-Job im Kiosk ist ihr zu wenig. Ihre Freundin Bille überredet sie, das Sommerhaus der Pianistin Florentine von Breitling in der Heide zu hüten: „Wäre doch perfekt, um ein bisschen Abstand und einen klaren Kopf zu bekommen.“ (S. 32) Mit Lotta und Luhiwittong (wer das ist, erfahrt ihr im Buch ;-)) fährt sie mitten ins Nirgendwo, wo die Natur noch nahezu unberührt ist und die Welt in Ordnung zu sein scheint, um in einem alten Friesenhaus zur Ruhe zu kommen und ihr weiteres Leben zu planen.
Doch ganz so ruhig ist es dann doch nicht. Ihre Auftraggeberin nervt sie mit einer umfangreichen Aufgabenliste, was alles in Haus und Garten zu erledigen ist, und schickt ihren Neffen Ben, um Cleo unauffällig zu kontrollieren. Und dann ist da noch der schweigsame Nachbar, der sie anscheinend auf Schritt und Tritt hinter der Gardine beobachtet und ihr heimlich hilft. Was verbindet ihn mit der Pianistin und was will Ben wirklich von ihr?

Cleo ist eine Frau in der Sinnkrise, die es mir nicht immer leicht gemacht hat, ihre Beweggründe und Handlungen nachzuvollziehen. Eine Ehe ist nun mal kein Ponyhof, sondern mit Kompromissen und Arbeit an der Beziehung verbunden. Doch an allem, was schiefgeht oder ihr nicht passt, ist ihrer Meinung nach Christian schuld. Ihre beste Freundin versucht immer wieder zwischen ihnen zu vermitteln, aber Cleo will sie nicht verstehen. Als sie dann auch noch von Ben umworben wird, fühlt sie sich natürlich geschmeichelt. Aber ist sie wirklich schon bereit für eine neue Beziehung?
Andererseits ist sie eine tolle Mutter und auch, wie sie die harte Schale ihres Nachbarn und Florentine von Breitling knackt, hat mir sehr gut gefallen. Die Pianistin ist ziemlich exzentrisch, ich hätte ihr sicher deutlich meine Meinung gesagt, doch Cleo kann sehr gut mit ihr umgehen.
Christian bleibt leider etwas blas und kommt nur selten zu Wort. Er scheint sich Cleos Wünschen unterzuordnen, was ihr aber auch nicht recht ist.

In „Heidelandliebe“ von Silvia Konnerth geht es um die Frage, gehen oder bleiben, eine alte Beziehung retten oder einen Schlussstrich ziehen, so lange man noch gesittet miteinander umgeht. Mir war es diesmal leider etwas zu melodramatisch und problembeladen, dafür haben mir das Setting, die Herbststimmung, Cleos Umgang mit Lotta, Luhiwittong und der Humor des Buches sehr gut gefallen.

Bewertung vom 18.08.2021
Prost, auf die Jugend
Kalpenstein, Friedrich

Prost, auf die Jugend


ausgezeichnet

Auf der Alm, da gibt's koa Sünd

… dachte auch Kommissar Tischler immer, bis er beim Spaziergang mit Dackeldame Resi kurz unter der Flachklamm-Alm einen toten Jugendlichen findet. „Hat sich da einer beim Wandern überanstrengt?“ „Entweder das, oder es liegt an der Wunde, die nach einer Stichverletzung aussieht.“ (S. 16) Beim Almwirt erfährt er, dass hier am Abend zuvor die jährliche Abi-Feier des Gymnasiums Traunstein stattgefunden hat und der Tote, Tom Wiesinger, nicht mit dem Shuttle-Bus, sondern zu Fuß nach Hause gegangen ist. Hat ihn jemand verfolgt oder gar aufgelauert? Aber welchen Grund sollte es geben, einen 18jährigen zu ermorden? Hauptkommissar Constantin Tischler und sein Spezi Polizeiobermeister Felix Fink ermitteln in alle Richtungen. Der Stiefvater des Jungen scheint nicht wirklich zu trauern, seine Mitschüler sprechen nicht ausschließlich in den höchsten Tönen von ihm und in seiner Eishockeymannschaft herrscht ein rauer Umgangston ...

„Prost, auf die Jugend“ ist bereits der dritte Krimi mit dem Team rund um Kommissar Tischler aus der Feder von Friedrich Kalpenstein und für mich der bisher beste der Reihe. Ich mag den zum Teil etwas derben Humor, der aber perfekt in die Umgebung und zu den Leuten passt. „Wanderung mit dem Herrn Kommissar, Natur, Kühe, eine Leiche ... Ja, auf dem Land, da erlebt man noch was.“ (S. 16) Auch das Tempo wird nicht nur durch mehrere hollywoodreife Verfolgungsjagden angezogen und die Spannung kontinuierlich gesteigert.

Doch Tischler ist nicht nur mit seinen Ermittlungen beschäftigt. Er bemüht er sich auch weiter um Ärztin Britta, die endlich etwas „zutraulicher“ wird. Doch leider grätscht im entscheidenden Moment immer Resi dazwischen, die ihm der Förster Ferstel aufs Auge gedrückt hat – inkl. veganem Edelfutter, das auch mein Hund nicht mit dem Hintern angucken, geschweige denn essen, würde. Wer hätte da kein Mitleid und würde das letzte Würstchen teilen, bei dem Dackelblick ;-). Fast den gleichen Blick hat auch die neue Nachbarin drauf, wenn sie Tischler im Treppenhaus begegnet. Flirtet sie etwa mit ihm?!
Auch Fink läuft wieder zur Hochform auf. Er und Tischler sind inzwischen ein eingespieltes Team, auch wenn er immer noch begriffsstutzige Momente hat. Dafür haut er dann bei nächster Gelegenheit einen Spruch raus, der selbst Tischler überrascht. Außerdem erfahren wir, dass er noch einen Trachtenjanker „für gut“ hat … Vielleicht sollte Tischler doch mal mit ihm ein paar neue Klamotten shoppen gehen? Natürlich erst, wenn sie im Spielkasino abgeräumt haben – was ich damit meine, lest ihr aber am besten selbst ;-).
Natürlich kommen auch Tereza, die ihrem alten Gewerbe nicht gänzlich untreu geworden ist, und der Automonteur Franz Steiner wieder vor – letzteren sollte Tischler endlich mal genauer unter die Lupe nehmen oder seinen heißgeliebten Jaguar in eine andere Werkstatt bringen, aber das steht auf einem anderen Blatt.

5 Dackel für diesen sehr amüsanten und spannenden Cosy-Krimi.

Bewertung vom 16.08.2021
Die stumme Tänzerin / Hamburgs erste Kommissarinnen Bd.1
Glaesener, Helga

Die stumme Tänzerin / Hamburgs erste Kommissarinnen Bd.1


ausgezeichnet

Die Tippse der WKP

Paula Haydorn ist 23 und stammt aus gutem Haus. Ihr Vater hat sich hochgearbeitet und ist Zigarettenfabrikant, ihre Mutter wurde reich geboren, spekuliert als Hobby erfolgreich mit Aktien. Aber Paula will mehr. Sie machte eine Ausbildung zur Stenotypistin und arbeitete für ein Bootsunternehmen. Als sie nachts im Vergnügungsviertel in eine Razzia gerät, lernt sie die weibliche Kriminalpolizei kennen und ist beeindruckt. Sie bewirbt sich und wird als Sekretärin eingestellt. Bald darf sie ihre Chefin Josefine Erkens zu einem Tatort begleiten. Eine Frau wurde auf einem Friedhof regelrecht ausgeweidet. Während sich die männliche und weibliche Kripo noch darum streitet wer zuständig ist, bringt Paula einen wichtigen Zeugen zum Reden. Dadurch schafft sie es, dem Fall und der Mordkommission unter der Leitung von Martin Broder und Caroline Wagner halboffiziell zugeteilt zu werden. „Sogar die Tippse der WKP versteht mehr von der Polizeiarbeit als die Kommissarinnen.“ (S. 61) Bald tauchen Parallelen zu den Taten von Jack the Ripper auf, der vor 40 Jahren in London ganz ähnliche Taten begangen hat. Mordet er jetzt etwa hier oder gibt es einen Nachahmungstäter? Die ersten Hinweise führen die Ermittler in den Hamburger Kietz, doch dann weisen die Spuren in eine Richtung, die Paula Angst macht …

„Die stumme Tänzerin“ ist der Auftakt einer neuen, sehr spannenden Reihe von Helga Glaesener. Sie beleuchtet die Anfänge und Aufgabengebiete der weiblichen Kriminalpolizei in Hamburg und geht dabei auf die neuen Ermittlungsmethoden ein, die durch Ernst Gennat in Berlin entwickelt wurden.
Mir gefällt, wie die Unterschiede zwischen den verschiedenen Gesellschaftsschichten und Geschlechtern in die Handlung eingebunden wurden. Die Mitglieder der WKP müssen sich die Anerkennung ihrer männlichen Kollegen hart erarbeiten und schaffen es nur selten, sich in dieser Männerdomäne autark durchzusetzen. „Du hast keine Ahnung vom Leben. … Geh nach Hause und sieh zu, dass Du heiratest.“ (S. 156) Dabei erreichen sie durch ihren Charme oder ihre vorgetäuschte Arglosigkeit bzw. Hilflosigkeit oft mehr als diese. Ich war fasziniert, dass einige von ihnen damals relativ offen lesbisch leben konnten, auch wenn es nicht leicht war.
Ein weiteres Problem sind die Nachwehen des 1. WKs. Vor allem Martin Broder, der Chefermittler des Falls, kann die Erinnerungen und Ängste einfach nicht loswerden.

Doch wie auch in Helga Glaeseners anderen historischen Krimi-Reihen steht eine starke Frau im Mittelpunkt. Paula will kein angepasstes Leben führen und warten, bis der passende Mann sie heiratet, sondern sich selbst verwirklichen, unabhängig leben und arbeiten. Ihre Eltern haben kein Verständnis dafür, fürchten, dass bislang gut gehütete Geheimnisse ans Licht kommen und Paula zwischen die Fronten gerät. „Das Wichtigste in einer Familie ist, dass man einander nicht in die Quere kommt.“ (S. 187) Paula steht zwischen den Welten, ist forsch und furchtlos, hält sich selten an Regeln und kann dadurch oft mehr herausbekommen als ihre Kollegen. Sie steigt schnell in deren Achtung. „Sie besitzen einen klaren Verstand, Fräulein Haydorn, und ich will, dass Sie ihn dafür einsetzen, den Mistkerl aufzuspüren, bevor er sein nächstes Opfer findet.“ (S. 63) Da sie eigentlich „nur“ eine Stenotypistin ist, aber immer wieder wichtige Details ermittelt, hat sie eine Sonderstellung in der Mordkommission.

„Die Stumme Tänzerin“ ist ein brillanter, hervorragend recherchierter historischer Krimi mit einer starken und unangepassten Ermittlerin. Geschickt gestreute Hinweise lenken den Leser immer wieder zu neuen Verdächtigen und halten die Spannung bis zuletzt aufrecht. Ich bin schon sehr gespannt auf Paulas nächsten Fall.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.08.2021
Die Salbenmacherin und der Fluch des Teufels
Stolzenburg, Silvia

Die Salbenmacherin und der Fluch des Teufels


ausgezeichnet

Der Exorzist

Nürnberg 1412: Vor 2 Jahren wurde Oliveras Sohn entführt. Sie und ihr Mann Götz konnten ihn damals befreien, haben die genauen Umstände aber für sich behalten. Jetzt tauchen die Leichen der Entführer auf und sie haben Angst, dass man sie dafür verantwortlich macht.
Gleichzeitig wird die Tochter eines einflussreichen Ratsherrn krank. Oliveras Heilmittel versagen und das Kind stirbt qualvoll. Ihr Vater ist überzeugt, dass sie vom Teufel verflucht und einem Dämon besessen war. Weitere Nürnberger erkranken und obwohl Oliveras neue Medikamente helfen, engagiert der Rat einen Teufelsaustreiber. Schon bei der ersten Teufelsaustreibung entdeckt Olivera etwas Ungeheuerliches. Als sie den Exorzisten damit konfrontiert, bringt sie sich selbst in große Gefahr …

Oliveras und Götz Stellung in der Stadt schien endlich gefestigt und auch ihre Feinde waren nach und nach verstummt. Trotzdem fühlt sie sich nie ganz wohl und vermisst ihre Heimat Konstantinopel. Als sie jetzt wieder mit dem Gesetz und der Kirche in Konflikt gerät, fürchtet sie: „Vielleicht hat Gott mich die ganze Zeit über … strafen wollen. … es muss einen Grund dafür geben, dass wir immer wieder in Schwierigkeiten geraten.“ (S. 264)
Auch in ihrem Hauswesen gibt es Probleme. Der ehemalige Bettelknabe Jona ist erwachsen geworden und hat seine Loyalität längst bewiesen, doch der Hausknecht Mathes traut ihm immer noch nicht. Es gibt böses Blut zwischen ihnen.

Silvia Stolzenburg hat mich wieder von der ersten Seite an in Oliveras Kosmos gezogen und bis zum Ende gefesselt. Obwohl sie eine erfahrene und gut ausgebildete Heilerin ist, ist sie für die Nürnberger immer noch „die Fremde“, deren Medikamenten man nicht traut und lieber altem Aberglauben anhängt. Sie gerät immer wieder in gefährliche Situationen und hat Angst, dass sie irgendwann nicht mehr in letzter Minute gerettet wird.

„Die Salbenmacherin und der Fluch des Teufels“ ist schon der 6. Band der Reihe und hoffentlich folgen noch viele. Ich mag das Tempo und die Vielschichtigkeit, wie die Autorin immer wieder neue Themen und Fälle für Olivera (er)findet und dabei die damaligen Heilmittel und -methoden und Lebensumstände einbindet, das Mittelalter lebendig werden lässt.

Mein Tipp für alle, die spannende Mittelalterkrimis mit starken Frauen und hervorragend recherchiertem medizinischem Hintergrund mögen.

Bewertung vom 21.07.2021
Das Vermächtnis / Das Brauhaus an der Isar Bd.3
Freidank, Julia

Das Vermächtnis / Das Brauhaus an der Isar Bd.3


ausgezeichnet

Die nächste Generation

Lotte ist vor 11 Jahren mit ihren Eltern nach Amerika emigriert, weil ihr Vater Jude ist. Doch nach Ausbruch des 2. Weltkrieges kann sie nicht still dessen Ende abwarten, sondern arbeitet für eine Schweizer Hilfsorganisation. „Sie brauchte eine Aufgabe, keine Abhängigkeit.“ (S. 19) Bei einem Einsatz stürzt sie mit dem Flugzeug ab und kann sich nach München zu ihren Großeltern Antonia und Melchior retten, die das Brücknerbräu betreiben. Die Wiedersehensfreude ist groß, aber das Erschrecken und die Angst noch größer. Auf einmal ist sie keine Zuschauerin mehr, sondern mittendrin, bibbert bei jedem Fliegeralarm und erlebt die Zerstörung hautnah. „Es fühlte sich sonderbar an, dem Krieg auf einmal so nahe zu sein, den sie bisher nur aus den Kinonachrichten gekannt hatte.“ (S. 41) Ihre Großeltern machen ihr klar, dass sie als Halbjüdin in doppelter Gefahr schwebt. Neue Kleider müssen her, ein neuer Ausweis, eine neue Biografie …

„Das Vermächtnis“ ist der dritte Teil der Brauhaussage von Julia Freidank und für mich der bisher beste Band der Reihe, ein absolutes Lesehighlight. Von Beginn an fiebere ich mit Lotte mit, die nicht nur überleben, sondern auch das Brauhaus führen will. Ihre Großeltern haben einen Generaldirektor eingesetzt, der sich auch dank Parteimitgliedschaft schon als deren Nachfolger wähnte und Lotte schnell wieder loswerden will. Auch dem Blockwart ist sie mit ihrer freien, unangepassten Art ein Dorn im Auge – so benimmt sich kein deutsches Mädel! Sie ist sehr mutig und engagiert, manchmal zu voreilig. „Das Mundwerk hast du von deiner Mutter und den Leichtsinn von deinem Vater. Am liebsten würde ich dich auf dem Dachboden verstecken, bis der Krieg vorbei ist.“ (S. 42) Und sie findet immer wieder Schlupfwinkel, wenn ihnen das Brauen aufgrund einer Verordnung verboten wird.
Ihre beste Freundin wird Hermine, die Tochter eines befreundeten Molkereibesitzers aus Berlin, die auch bei den Bruckners untergekommen ist. Sie hat genauso viele Flausen im Kopf wie Lotte und ihre Berliner Schnauze hat mich köstlich amüsiert. Die beiden jungen Frauen sind ein tolles Gespann und müssen in dieser Zeit schnell erwachsen werden.
Dann verliebt sich Lotte in den Physikstudent Gero von Stetten, der für ein geheimes Projekt arbeitet, von dem nicht mal er alles weiß. Haben sie wirklich eine Chance? „Wenn Du wüsstest, wer ich wirklich bin, würdest du mich hassen.“ (S. 204)

Obwohl ich schon einige Bücher über München in der damaligen Zeit gelesene habe, konnte Julia Freidank mir noch neues Wissen vermitteln. Dabei zeichnet sie ein sehr lebendiges Bild und schreibt extrem mitreißend. Durch die vielen historischen Details wie die Judenverfolgung, den Lebensborn e.V., den Volkssturm und die Besatzungszeit inkl. GIs, das Fraternisierungsverbot und die Rassengesetze in den USA bleibt die Handlung bis zum Schluss extrem spannend und abwechslungsreich.
Und natürlich erfährt man wieder viel übers Bierbrauen …

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.07.2021
Madame empfängt
Neeb, Ursula

Madame empfängt


gut

Dienstmädchenmorde

Frankfurt, August 1936: Ein junges Dienstmädchen wird vergiftet, während sie ihrer Nebenbeschäftigung, der Prostitution nachgeht. Der ermittelnde Oberinspektor Brand stellt den Fall relativ schnell ein: Wen interessiert schon ein totes, liederliches Weibsbild?! Doch drei Wochen später stirbt das nächste Dienstmädchen unter den gleichen Bedingungen und da die Frankfurter Herbstmesse ansteht, bekommt Brand Druck von oben. Er ist sich sicher, dass der Täter irre sein muss und verhaftet einen ehemaligen Insassen der Städtischen Nervenheilanstalt, obwohl der betreuende Arzt der Meinung ist, dass der es auf keinen Fall gewesen sein kann. Kurz darauf stirbt das nächste Dienstmädchen …

Die Dichterin Sidonie Weiß ist von so viel Unfähigkeit empört. Sie schreibt seit 35 Jahren neben Gedichten auch Schauer- und Kriminalgeschichten und meint klüger zu sein, als der ignorante Inspektor. Das ältliche Fräulein sucht Hilfe bei ihrem alten Freund Johann Konrad Friedrich, einem ein in die Jahre gekommenen Lebemann, der schon alles gesehen hat und früher auch ein regelmäßiger Besucher diverser Bordelle war (sich in der Materie also auskennen sollte). Zusammen stellen sie eigene Ermittlungen an und schrecken dabei auch vor Einbruch nicht zurück …

„Madame empfängt“ von Ursula Neeb ist eine Neuauflage und der Beginn einer Reihe um die ermittelnde Dichterin. Der Fall an sich ist wirklich spannend. Obwohl es diverse Hinweise und auch eine Beschreibung des Täters gibt, bekommt man ihn einfach nicht zu fassen.
Während sich Sidonie die Arbeitgeber der Opfer vornimmt, erlebt Johann Konrad Friedrich zum Teil sehr amüsante Abenteuer in den sehr unterschiedlichen Etablissements. Sie kommen dem Täter auch bald auf die Spur, können ihn aber nicht fassen oder ihm etwas beweisen.

Ursula Neeb beschreibt die unwürdigen Arbeitsbedingungen, das Leben und die Träume der Dienstmädchen, die nicht immer freiwillig in die Prostitution gerutscht sind. Sie werden von ihren Dienstherren wie Sklaven behandelt, unterbezahlt, oft ausgetauscht und am liebsten gar nicht wahrgenommen.

Sidonie ist mir als Person leider nicht so richtig sympathisch gewesen. Sie kokettiert mit ihrem Status als ältliches Fräulein und alte Jungfer, wirkt überheblich, besserwisserisch und vergreift sich auch mal im Ton. Dabei ist sie durchaus gewillt, Gutes zu tun, hat schon diverse Projekte ins Leben gerufen, um den Armen zu helfen. Aber ihre Art war einfach nicht meins.
Johann Konrad Friedrich mochte ich da deutlich mehr. Er verbringt seine Tage im Kaffeehaus und schreibt an seinen Memoiren, wenn Sidonie nicht gerade seine Hilfe einfordert.

Der Fall an sich ist ganz interessant, schnell erkennt man das Muster des Täters und hat auch einen Verdacht. Aber die Erzählsprache und Erzählweise haben mir nicht zugesagt, zu langatmig, umständlich und weitschweifig, die Sprache zu gestelzt.