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Benutzername: 
dorli
Wohnort: 
Berlin
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 884 Bewertungen
Bewertung vom 05.07.2016
Das Flüstern der Magnolien
Goodnight, Linda

Das Flüstern der Magnolien


sehr gut

Julia Presley führt gemeinsam mit ihrer Schwester Valery das Peach Orchard Inn, eine Frühstückspension unweit einer kleinen Stadt im ländlichen Tennessee. Seit dem spurlosen Verschwinden ihres 8-jährigen Sohnes Mikey vor ein paar Jahren geben die Pension und die damit verbundenen Aufgaben Julias Leben einen Sinn. Als der vor Kurzem aus dem Gefängnis entlassene Eli Donovan vor ihrer Tür steht, stellt sie den Mann für Renovierungsarbeiten ein…

Peach Orchard Farm, 1864. Der andauernde Bürgerkrieg macht auch vor der Farm von Charlotte Portland und ihrem Mann Edgar nicht halt. Ein von Captain Will Gadsen angeführter Trupp verwundeter Soldaten der US Army besetzt das Anwesen, um es als provisorisches Lazarett zu nutzen…

In ihrem Roman „Das Flüstern der Magnolien“ entführt Linda Goodnight den Leser in die Südstaaten der USA und wartet mit einer tollen Mischung aus Spannung, dramatischer Familiengeschichte und Romantik auf.

Linda Goodnight hat ihre Hauptprotagonisten Julia und Eli jeweils mit einer tragischen Vorgeschichte ausgestattet, die für beide ein glückliches Familienleben undenkbar macht. Dennoch festigt sich das zunächst nur ganz fein gesponnene Band zwischen Julia und Eli im Verlauf der Handlung immer mehr. Die gemeinsame Sorge um Elis 6-jährigen Sohn Alex trägt dazu ebenso bei, wie die in einer alten Truhe gefundenen Liebesbriefe aus dem 19. Jahrhundert.

Auch die aufkeimende Beziehung zwischen Charlotte und Will wird von der Autorin sehr mitreißend erzählt. Die Geschichte der beiden wird zunächst im Wechsel mit dem aktuellen Geschehen präsentiert, später erfährt der Leser dann aus den von Eli gefundenen Briefen, wie sich die Dinge in den 1860er Jahren entwickelt haben.

Der Autorin gelingt es prima, die Gedanken und Gefühle ihrer Akteure zu vermitteln. Man kann die Ängste und Sorgen ebenso spüren wie die schönen, heiteren Momente. So konnte ich zum Beispiel Julias Hoffnung, dass ihr Sohn noch lebt genauso nachvollziehen, wie Elis Unsicherheit darüber, ob er Alex ein guter Vater sein kann.

Die besondere Magie, die die Vorkriegsvilla auf Julia ausübt, wird von der Autorin durch ein paar unerklärliche Kleinigkeiten verstärkt: Geräusche wie Hufgeklapper oder knirschende Kutschenräder und ab und an wie aus dem Nichts auftauchende, uralte Murmeln geben Julia Rätsel auf und verleihen der Handlung einen übersinnlichen Touch.

Die beiden Liebesgeschichten hat Linda Goodnight mit einigen ernsteren Themen verknüpft. Der in der Gegenwart spielende Handlungsstrang beschäftigt sich mit der Aufarbeitung von vergangenen, tragischen Ereignissen und der Trauerbegleitung für Kinder. Der Vergangenheitspart hat das Leid der Kriegsversehrten und das Leben der Sklaven zum Thema.

„Das Flüstern der Magnolien“ ist eine fesselnde, gefühlvoll erzählte Geschichte, die sich angenehm flott lesen lässt und mich durchweg gut unterhalten hat.

Bewertung vom 30.06.2016
Nur die Ostsee weiß die Antwort
Borkschert, Emlin

Nur die Ostsee weiß die Antwort


ausgezeichnet

Greifswald. In dem Seniorenheim St. Nicolai wird die 84-jährige Klara Bismarck tot aufgefunden – augenscheinlich mit einem Kissen erstickt. Hauptkommissar Peter Vollmer nimmt mit seinen Kollegen die Ermittlungen auf und muss schnell feststellen, dass in St. Nicolai so einiges nicht mit rechten Dingen zugeht…

„Nur die Ostsee weiß die Antwort“ ist bereits der zweite Fall für das Ermittlerteam der Kripo Anklam, dieser Krimi ist aber auch ohne Kenntnis des ersten Bandes bestens verständlich.

Emlin Borkschert hat sich als Schauplatz für seinen Krimi eine vornehme Seniorenresidenz nahe der Ostsee ausgesucht. Ein beschaulicher, ruhiger Ort, will man meinen – doch hier ist nix mit Ruhe und Harmonie, hier wird gemordet! Oder doch nicht…?

Der Clou in diesem Krimi sind ganz eindeutig die herrlichen und zum Teil recht skurrilen Figuren – alle werden hervorragend charakterisiert und beleben mit ihren Eigenarten und Besonderheiten die Szenerie. Kleine Geheimnisse und Unvollkommenheiten machen die Akteure dabei sympathisch und glaubwürdig.
Am meisten amüsiert habe ich mich über Grit Loch. Grit ist erst vor Kurzem in den Polizeidienst zurückgekehrt und soll als Bewohnerin getarnt in der Seniorenresidenz ermitteln. Dabei legt sie ab und zu eine Schlagfertigkeit an den Tag, die ich ihr anfangs gar nicht zugetraut hätte. Außerdem steuert sie zielsicher jedes sich auftuende Fettnäpfchen an, kann sich aber mit einer angeblichen Demenz aus so mancher heiklen Situation retten.

Der Kriminalfall kommt nicht mit atemloser Höchstspannung daher, aber unvorhersehbare Wendungen und so manche Überraschung lassen dennoch keine Langeweile aufkommen. Ich konnte durchweg prima mitgrübeln und miträtseln und wurde am Ende von der Identität des Täters überrascht.

Das Lesen und Mitermitteln hat mir großen Spaß gemacht - „Nur die Ostsee weiß die Antwort“ ist ein sehr unterhaltsamer Krimi mit einem äußerst sympathischen Ermittlerteam.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.06.2016
Die Rache des Inquisitors
Hartung, Alexander

Die Rache des Inquisitors


sehr gut

Deutschland im 17. Jahrhundert. Dunkle Zeiten kommen auf Reheim im Taunus zu – mit Ankunft der Inquisition findet das fröhliche, unbeschwerte Leben in dem kleinen Dorf ein jähes Ende, plötzlich ist nichts mehr, wie es einmal war. Als die Kräuterfrau Agnes und weitere bisher unbescholtene Bürger plötzlich der Ketzerei überführt werden, wird die junge Klara stutzig und stellt Nachforschungen an…

In seinem historischen Kriminalroman „Die Rache des Inquisitors“ wartet Alexander Hartung mit einer spannenden Geschichte rund um das Thema Inquisition auf und lässt den Leser an der Durchführung eines brutalen Racheakts teilhaben.

Es ist dem Autor ganz ausgezeichnet gelungen, die wandelnde Stimmung in Reheim darzustellen. Aus einem Ort, in dem die Bürger sorglos und ohne Angst durch die Straßen gehen konnten, ist ein Ort voller Furcht und Misstrauen geworden. Inquisitor Thomas hat leichtes Spiel, unter den Bürgern Zwietracht zu säen. Er findet genau die richtigen Worte, um die Angst der Bürger zu schüren und sie gegeneinander aufzuhetzen.

Sehr interessant fand ich, dass Alexander Hartung zwei ganz unterschiedliche Inquisitoren ins Rennen schickt – während der eine von seinem Tun wirklich überzeugt ist und sich für von Gott ausgewählt hält, um die Gemeinde des Herrn vor dem Einfluss des Bösen zu schützen, wird der andere von blindem Hass angetrieben, geht grausam und erbarmungslos vor und scheint seine Macht regelrecht zu genießen.

Der Kriminalfall ist leider leicht zu durchschauen, da der Titel schon verrät, wer hier seine Finger im Spiel hat. Auch der Grund für die Rache an einigen Reheimer Bürgern ist früh bekannt. Dennoch bleibt es spannend, Klara bei der Suche nach Hinweisen und Hintergründen zu begleiten, weil Alexander Hartung die Geschichte sehr fesselnd erzählt.

„Die Rache des Inquisitors“ lässt sich angenehm zügig lesen und hat mir ein paar kurzweilige Lesestunden beschert.

Bewertung vom 28.06.2016
Des Königs Verräter - Die Entführung
Reuther, Marco

Des Königs Verräter - Die Entführung


ausgezeichnet

Kleinnordfurth an einem sonnigen Samstag im Frühling. Der 13-jährige Peter ist auf dem Weg zum Fußballplatz, als er ganz unversehens in das Elf-Stämme-Reich katapultiert wird und im Körper des Schuhputzer-Prinzen und Pferdediebs Rétep landet…

Ich lese sehr gern Geschichten, in denen für die Protagonisten der ganz normale Alltag plötzlich durch etwas Unerklärliches aus den Fugen gerät. Und genau das passiert Peter in „Des Königs Verräter - Die Entführung“ – er sitzt ohne jegliche Vorbereitung in einer ihm völlig fremden Welt fest. Schlimmer noch, er sitzt durch den unfeiwilligen Körpertausch in Gestalt eines vermeintlichen Schurken in einer ihm völlig fremden Welt fest, wird von zahlreichen düsteren Verfolgern gnadenlos gejagt und soll für Taten geradestehen, die er nicht begangen hat.
Um aus dieser vertrackten Situation wieder herauszukommen, muss Peter eine Verschwörung verhindern, um das Elf-Stämme-Reich vor dem Untergang zu bewahren. Doch obwohl ihm Réteps Freund Tulpe, der Halbmagier Xavox und noch einige andere zur Seite stehen, hat Peter keine Ahnung, wie er diese Aufgabe bewältigen soll.

Marco Reuther wartet in diesem Fantasyroman mit einer tollen Mischung aus Spannung, Abenteuer, Magie und einer kräftigen Portion Humor auf. Die Figuren sind ausdrucksstark gezeichnet und tragen mit ihren Eigenarten kräftig zur Unterhaltung bei. Besonders gut haben mir die Dialoge gefallen. Der Ton zwischen den Akteuren ist auf eine sympathische Art frech und herausfordernd – das macht die Handlung lebhaft und gibt der Geschichte sehr viel Schwung.

Da „Die Entführung“ der Auftakt zu einer mehrteiligen Serie ist, hat Marco Reuther sehr viel Hintergrundwissen in diesen Startband gepackt - detailliert beschreibt er die Historie und die Politik des Elf-Stämme-Reichs. Und auch, wie es dazu kam, dass Rétep das Reich flugs verlassen musste und Peter an seiner Stelle auf die Mission „Reich retten“ geschickt wird, wird umfassend geschildert. Langeweile kommt trotz der ausführlichen Beschreibungen nicht auf, da alles mit reichlich Situationskomik und ganz viel Wortwitz gespickt ist.

Der Ausflug ins Elf-Stämme-Reich hat mir großen Spaß gemacht. „Des Königs Verräter“ ist eine fesselnde, fantasievolle Geschichte, die sich angenehm flott lesen lässt und auch erwachsene Leser zu begeistern weiß.

Bewertung vom 16.06.2016
Die stille Wut der Tante
Bach, Isabella

Die stille Wut der Tante


sehr gut

Als der Chefsekretärin Valentina Bergh gekündigt wird, folgt sie der Einladung ihrer Tante Konstanze und kehrt Frankfurt den Rücken. In Berlin möchte Valentina einen Neuanfang wagen und ihr Hobby zum Beruf machen: Romane schreiben. Doch dann kommt alles anders als geplant, denn als Valentina in Berlin eintrifft, ist ihre Tante tot! Da die Todesursache nicht eindeutig geklärt ist, hat die Staatsanwaltschaft eine Obduktion angeordnet, bei der eine Tollwutinfektion festgestellt wird. Fremdeinwirkung wird aufgrund fehlender Hinweise ausgeschlossen, die Ermittlungen werden eingestellt. Valentina will sich mit diesem Ergebnis nicht abfinden und beginnt gemeinsam mit ihrer Freundin Frederike nachzuforschen…

„Die stille Wut der Tante“ ist ein Krimi, der nicht mit atemloser Höchstspannung daherkommt, der mich aber dennoch gut unterhalten hat.
Valentinas Spurensuche verläuft in sehr ruhigen Bahnen. Es gefällt mir, dass sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten bleibt und ihre Ermittlungen entsprechend laienhaft sind. Ihre manchmal etwas holperigen, nicht immer zielgerichteten Nachforschungen und spontanen Aktionen lassen das Geschehen echt und glaubwürdig wirken.
Valentina und Frederike fassen mehrere mögliche Täter ins Auge, in jedem sich ungewöhnlich benehmenden Nachbarn sehen sie einen möglichen Mörder. Dadurch wird auch der Blick des Lesers in unterschiedliche Richtungen gelenkt und man kann über Täter, Tathergang und Motiv miträtseln.

„Die stille Wut der Tante“ lässt sich angenehm zügig lesen und hat mir ein paar unterhaltsame Lesestunden beschert. Obwohl die Krimihandlung nur langsam in Schwung kommt, hat es Spaß gemacht, Valentina und Frederike bei ihren Ermittlungen zu begleiten.

Bewertung vom 16.06.2016
Nur einen Sommer lang
Rößner, Susanne

Nur einen Sommer lang


sehr gut

Laura Wagner hat überraschend von einer ehemaligen Freundin ihrer verstorbenen Großmutter eine Alm in der Valepp geerbt. An das Erbe ist die Bedingung geknüpft, dass Laura vorher ein halbes Jahr dort leben muss. Die Berlinerin ist unentschlossen, doch ihre Freunde ermuntern sie, die Gelegenheit wahrzunehmen und das Leben in den Bergen auszuprobieren. Und so lässt Laura sich auf dieses Abenteuer ein und macht sich auf nach Oberbayern…

Susanne Rößner hat sich als Handlungsort ein idyllisches Fleckchen in den bayerischen Voralpen ausgesucht, ganz wundervoll werden die Landschaft und die beeindruckende Natur rund um den Schliersee beschrieben. Doch diese Beschaulichkeit stellt sich für Laura schon nach kurzer Zeit als sehr trügerisch dar, denn nicht jeder in dem kleinen Ort ist dem Neuankömmling wohlgesinnt. Ein seit Jahrzehnten schwelender Nachbarschaftsstreit teilt die Einwohner in zwei Lager und Laura steckt ohne ihr Zutun mittendrin in diesem Zwist - mehr noch, sie gerät durch eine fiese Machenschaft
unversehens in eine äußerst gefährliche Lage, aus der sie ausgerechnet von ihrem größten „Feind“ gerettet wird.

Susanne Rößner hat Lauras Weg und ihre Beziehung zu dem Tierarzt Anton Oberhofer mit einigen Höhen und Tiefen gespickt, die Laura nicht immer besonnen meistert. Manchmal ist ihr Verhalten recht unreif und sie handelt, bevor sie denkt. Als dann schließlich alles rund läuft für Laura und Anton, hat die Autorin für ihre Protagonistin eine Wendung einbaut, die ein weiteres Mal alles auf den Kopf stellt.

„Nur einen Sommer lang“ lässt sich angenehm flott lesen und ist eine romantische Sommergeschichte, mit einem Ende, dass ich so ganz und gar nicht erwartet habe.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.06.2016
Wenn der Hoffnung Flügel wachsen
Oke, Janette;Oke Logan, Laurel

Wenn der Hoffnung Flügel wachsen


sehr gut

Kaum ist die junge Lehrerin Beth Thatcher nach einem Jahr im kanadischen Westen wieder in den Kreis ihrer Familie zurückgekehrt, steht auch schon die nächste Reise an: ein luxuriöse Kreuzfahrt entlang der Ostküste soll Abwechslung in den Alltag der Thatcher-Frauen bringen…

„Wenn der Hoffnung Flügel wachsen“ ist die Fortsetzung zu „Aufbruch ins Ungewisse“ und schließt nahtlos an den ersten Band an. Für das Verständnis dieser Geschichte ist das Wissen um die Ereignisse aus dem ersten Teil allerdings nicht unbedingt vonnöten, da in diesem Band sowohl Beths Tätigkeit als Lehrerin als auch ihre Beziehung zu dem Mountie Jarrick Thornton nur im Hintergrund eine Rolle spielen.

In „Wenn der Hoffnung Flügel wachsen“ steht neben der Reise und den zahlreichen Ausflügen vor allen Dingen das Miteinander der Thatchers und ihr Vertrauen zueinander, zu ihren Mitmenschen und zu Gott im Mittelpunkt.

Priscilla Thatcher sorgt sich sehr um das Wohlergehen ihrer Töchter. Mehr noch, sie ist eine Mutter, die nicht loslassen kann und kein Vertrauen in die Fähigkeiten und Entscheidungen ihrer erwachsenen Töchter hat. Die jungen Frauen reagieren ganz unterschiedlich auf die übertriebene Fürsorge.
Margret leidet darunter, sie ihren Sohn nicht so erziehen darf, wie sie es für richtig hält, sondern alles in die Hände des von ihrer Mutter favorisierten Kindermädchens geben muss. Margret fehlt es leider an genügend Selbstverrauen, um sich zu behaupten.
Beth weiß, dass ihre Mutter es nur gut meint. Sie versucht, die Beweggründe ihrer Mutter zu verstehen und fügt sich. Ich hatte den Eindruck, dass Beth in dieser Geschichte im Gegensatz zum ersten Band viel gehemmter agiert und das in Coal Valley gewonnene Selbstvertrauen wieder verloren hat.
Julie hingegen wehrt sich gegen die schützende Hand ihrer Mutter. Sie ist aufmüpfig und ungestüm und dabei leider Fremden gegenüber viel zu vertrauensselig – ein Umstand, der ihr zum Verhängnis werden soll.

„Wenn der Hoffnung Flügel wachsen“ hat mir gut gefallen, auch wenn die Handlung in sehr ruhigen Bahnen verläuft und erst in letzten Drittel etwas mehr Schwung und Spannung ins Geschehen kommt.

Bewertung vom 14.06.2016
Winterhonig
Ohms, Daniela

Winterhonig


ausgezeichnet

„Winterhonig“ – der Titel klingt für mich nach Balsam und Trost und strahlt eine ganz besondere Wärme aus. Honig im Winter – das muss etwas ganz Besonderes sein, denkt sich die kleine Mathilda und versteckt dieses Geschenk von Karl in einer Kiste unter ihrem Bett. Es sind kleine Stückchen von dem Winterhonig, die Mathilda an glückliche Augenblicke denken lassen und sie in den traurigen Momenten während der kalten NS-Zeit trösten…

Daniela Ohms hat die historischen Ereignisse der 1930er und 1940er Jahre zusammen mit den Erinnerungen ihrer Großmutter und einer facettenreichen fiktiven Handlung zu einer spannenden Geschichte verflochten und ein sehr authentisches Bild der damaligen Zeit gezeichnet. Es ist nicht die große Politik, die in dieser Geschichte im Vordergrund steht, hier geht es um die Erlebnisse der Landbevölkerung im Paderborner Land und um die Erlebnisse eines jungen Soldaten im besetzten Frankreich und auf dem Russlandfeldzug.

„Winterhonig“ ist eine fesselnde, emotionale Familiengeschichte voller Licht und Schatten. Daniela Ohms erzählt sehr intensiv und kann die Gedanken und Gefühle ihrer Protagonisten hervorragend vermitteln - man ist als Leser sofort mittendrin im Geschehen und erlebt die Schrecken und Gräuel der NS-Zeit und die Ängste und Sorgen der Dorfbewohner hautnah mit.
Die Darstellung der Schauplätze und die Schilderung der Geschehnisse sind Daniela Ohms ausgezeichnet gelungen. Man kann der Geschichte trotz wechselnder Handlungsorte und einer Vielzahl an Rückblenden und eingeschobenen Briefen bestens folgen und verliert zu keiner Zeit den Überblick.

Die Autorin beginnt ihren ersten historischen Roman mit einem ergreifenden Prolog – die gerade einmal 6-jährige Mathilda steht am Sterbebett ihrer Mutter. Für Mathilda beginnt eine einsame Zeit, denn bis auf ihren Bruder Joseph kümmert sich keines der zahlreichen Geschwister um das kleine Mädchen.

Mathilda ist neun, als sie den fünf Jahre älteren Karl kennenlernt. Karl arbeitet als Knecht auf dem Nachbargestüt. Mit ihm teilt Mathilda eine wunderbare Freundschaft, aus der nach einigen Jahren Liebe wird. Doch diese Liebe darf nicht sein, denn Karl hütet ein Geheimnis, dass nicht nur für ihn selbst, sondern auch für Mathilda und ihre Familie eine große Gefahr bedeutet. Karl zieht einen Schlussstrich, verlässt ohne ein Wort Fichtenhausen und geht zur Wehrmacht.

Zeitsprung ins Jahr 1940. Die 16-jährige Mathilda hat gerade ihr Pflichtjahr beendet und kehrt zu ihrer Familie zurück. Für ihren Bruder Joseph beginnt der Kriegsdienst und es ist mittlerweile zwei Jahre her, dass Karl sie ohne eine Erklärung zurückgelassenen hat.

Der Krieg hat für Mathilda und ihre Schwestern nicht nur schwere Arbeit auf dem väterlichen Bauernhof im Gepäck, auch die ständigen Entbehrungen, das Fehlen an nötiger Medizin und die Sorge um die Brüder und Freunde macht allen schwer zu schaffen. Auch die Atmosphäre im Dorf ist eine andere geworden. Furcht und Misstrauen sind nicht nur Fremden gegenüber groß, auch Bekannte und Nachbarn beäugen sich plötzlich skeptisch.

Mathilda flüchtet gedanklich immer wieder in die Vergangenheit und versucht, durch ihre Erinnerungen an die fröhlichen Zeiten mit Karl die schwierigen Monate und Jahre zu überstehen.

Auch Karl macht während des Krieges eine harte Zeit durch. Er teilt die Euphorie seiner Kameraden nicht, sieht den Krieg nicht als großes, spannendes Abenteuer. Er leidet mit jedem Tag mehr. Hinzu kommt die ständige Angst, dass er auffliegen und sein Geheimnis gelüftet werden könnte. Schließlich nimmt er wieder Kontakt zu Mathilda auf und es sind ihre Briefe, die ihn den Kriegsalltag ertragen lassen.

„Winterhonig“ lässt mich tief beeindruckt zurück. Diese mitreißende, lebendig erzählte Geschichte hat mir nicht nur Einblicke in die Lebensumstände der Landbevölkerung im Zweiten Weltkrieg ermöglicht, sondern hat mich auch intensiv an den guten und schlechten Zeiten der Akteure teilhaben lassen. Absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 13.06.2016
Leonhardsviertel
Scheurer, Thilo

Leonhardsviertel


ausgezeichnet

Stuttgart. Sebastian Franck soll das Team des Dezernats T.O.M. (Tote ohne Mörder) - ein neu gegründetes Ressort für ungeklärte Mordfälle des LKAs - ergänzen. Gleich an seinem ersten Arbeitstag bringt der junge Oberkommissar Schwung in einen der vor sich hin staubenden Fälle, als er in der Akte eines Mordfalls aus dem Jahr 1995 dass Foto eines wahrscheinlich einzigartigen Porsches entdeckt. Der Wagen des vor 20 Jahren erschossenen Bankierssohn Anselm Friedmann galt bisher als verschwunden, doch der autobegeisterte Sebastian weiß, dass eben dieses seltene Modell vor kurzem im Internet versteigert wurde…

In „Leonhardsviertel“ schickt Thilo Scheurer ein Team ins Rennen, das mich von Anfang an begeistert hat. Das Quartett des Dezernats T.O.M. gleicht einem bunt gemischten Haufen:

Geleitet wird die Truppe von der 52-jährigen Marga Kronthaler. Marga wurde im Zuge eines Disziplinarverfahrens gegen sich in die Abteilung T.O.M. strafversetzt. Die Kettenraucherin hat neben familiären Schwierigkeiten mit einem großen Schuldenberg zu kämpfen. Doch die Hauptkommissarin gibt sich trotz ihrer Probleme überlegen und selbstsicher – es sind vor allen Dingen ihre brummige Art und ihr dreistes Mundwerk, die Marga echt und glaubwürdig wirken lassen und sie in meinen Augen sehr sympathisch machen.
Sebastian Franck ist gebildet und kommt aus gutem Hause. Der Oberkommissar hat sich aus persönlichen Gründen in das Team beordern lassen und geht dementsprechend mit einer großen Portion Energie zu Werke. Sebastian hat mich mit seiner Fähigkeit, sich in vergangene Ereignisse hineinzuversetzen und sich diese bildlich vorstellen zu können, besonders fasziniert.
Komplettiert wird das Team durch den leidenschaftlichen Elvis-Fan Cem Akay, der sich das Büro mit der flippigen Black-Metal-Liebhaberin Franziska Hegel teilt. Franzi befindet sich in ihrem letzten Praxisjahr und entpuppt sich im Verlauf der Handlung als hervorragendes Recherche-Talent.

Trotz aller gegensätzlichen Eigenarten oder vielleicht auch gerade deswegen klappt die Zusammenarbeit der Akteure ausgesprochen gut. Das Stochern in den längst vergangenen Ereignissen bringt die Kommissare nicht nur auf die Spur des Mörders von Anselm Friedmann, sondern lässt sie auch geheime Machenschaften rund um Kunstdiebstähle und Geldwäsche aufdecken – ein interessanter Fall, der den Leser zum Mitfiebern und Miträtseln einlädt.

Das Lesen hat mir großen Spaß gemacht - „Leonhardsviertel“ ist ein spannender, sehr unterhaltsamer Krimi mit äußerst sympathischen Ermittlern – bitte mehr davon.