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TochterAlice
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Köln

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Insgesamt 1396 Bewertungen
Bewertung vom 22.10.2021
Das Collier der Königin
Maxian, Beate

Das Collier der Königin


sehr gut

Im Besitz eines königlichen Colliers befindet sich auf einmal Lea, eine junge Wienerin, die einen ungeliebten Job, gute Freundinnen und viele Träume hat. An einem Sonntag in aller Hergottsfrüh - zumindest aus ihrer Sicht - steht auf einmal ein junger Mann namens Elias vor, der selbiges bei ihr abgibt, mit den Worten, es sei von ihrer Tante Gloria und hätte mal der Königin Marie Antoinette gehört, die im Zuge der Revolution in Paris so unglücklich ihr Leben lassen musste.

Die allerdings hat sich schon vor Jahr und Tag von der Familie abgenabelt und selbst Leas Mutter hat nicht die geringste Ahnung, wo sich ihre große Schwester seitdem befindet.

Lea ist neugierig, macht sich sowohl auf die Suche nach der Tante wie auch nach der Herkunft der Kette, die sich - wie sich herausstellt, bereits seit Generationen in ihrer Familie befindet und stets an die älteste Tochter weitergereicht wird.

Bald ist auch Elias mit im Boot und wir tauchen mit den beiden ein in eine spannende Geschichte, die ihren Anfang Ende des 18 Jahrhunderts nimmt und zwar nicht bei Hofe, sondern in einer bürgerlichen Familie. Und es ist diese hervorragend recherchierte Geschichte, die mich ganz besonders begeistert und fasziniert hat.

Den Teil, der im 20. Jahrhundert spielt, fand ich eher ein bisschen langweilig, da wenig originell und vor allem sehr vorhersehbar. Schade, denn Beate Maxian, eine meiner Lieblingsautorinnen historischer Romane, kann es eigentlich besser. Wie man dem historischen Erzählstrang auch entnehmen kann.

Ich würde Ihnen eher zu den anderen Romanen der Autorin raten, wobei dieser natürlich auch unterhält. Meine Kritik erfolgt auf hohem Niveau, da man an Schriftsteller, die man sehr schätzt, bekanntlich besonders hohe Anforderungen stellt. Am besten, Sie überzeugen sich selbst!

Bewertung vom 21.10.2021
Gesammelte Werke
Sandgren, Lydia

Gesammelte Werke


sehr gut

Denn heute, im dritten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts - da reflektiert man doch sowohl die Punk-Kultur als auch die Geistesgeschichte und Philosophie vorhergehender Jahrhunderte ganz anders! Und ich kann es wirklich aus Erfahrung (charmanterweise sogar sowohl in Schweden als auch in Deutschland den beiden Ländern bzw. Kulturkreisen, die im Roman eine Rolle spielen) behaupten, bin ich der Autorin doch um gute 20 Lebensjahre voraus.

Aber nein, weder hätte ich das breite geisteswissenschaftliche Fundament noch das Vermögen, Ton, Raum und Zeit so genau zu treffen. um Martin Berg und seiner Familie bis tief hinein in Details zu Themen der letzten Jahrzehnte des vergangenen Jahrhunderts zu folgen.

Um diese hier nämlich geht es in dem stellenweise doch sehr ausufernden Roman, zudem noch um Martins Jugendfreund Gustav, mit dem zusammen er einen Verlag hat. Berichtet wird aus den Perspektiven Martins und seiner Tochter Rakel, die im Gegensatz zu ihm des Deutschen perfekt mächtig ist und sich nach einer bestimmten Lektüre der Mutter, die vor rund 15 Jahren spurlos verschwand, auf den Spuren wähnt. Sie meint, diese im Chrakter eines Romans wiederzuerkennen.

Lydia Sandgren hat einen anbetungswürdigen Stil, sie ist klug und witzig - aber muss sie denn wirklich das gesamte Füllhorn über ihre Leser ausgießen? Ganz klar war es mir nämlich des Guten zu viel und das nicht nur ein bisschen. Ich denke, dass einige der vorkommenden Gestalten getrost etwas marginaler hätten abgehandelt werden, einige Geschehnisse etwas mehr im Ungenauen hätten gelassen werden können.

Möglicherweise hätte das den Roman sogar noch aufgewertet. Er hat mir wirklich gut gefallen, aber dennoch zögere ich damit, bekanntzugeben, dass ich keine Zeile der Lektüre bereue.
Tolle Autorin, toller Stil, keine Frage. Und ist sie tatsächlich erst 1987 geboren, diese Lydia Sandgren, die so kundig und vor allem unglaublich atmosphärisch über die 1970er und 1980er zu berichten vermag? So, als wäre sie bei all den Punk-Konzerten und Diskussionen über Wittgenstein - um nur mal zwei Beispiele zu nennen - in Personam dabei gewesen?

Denn heute, im dritten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts - da reflektiert man doch sowohl die Punk-Kultur als auch die Geistesgeschichte und Philosophie vorhergehender Jahrhunderte ganz anders! Und ich kann es wirklich aus Erfahrung (charmanterweise sogar sowohl in Schweden als auch in Deutschland den beiden Ländern bzw. Kulturkreisen, die im Roman eine Rolle spielen) behaupten, bin ich der Autorin doch um gute 20 Lebensjahre voraus.

Aber nein, weder hätte ich das breite geisteswissenschaftliche Fundament noch das Vermögen, Ton, Raum und Zeit so genau zu treffen. um Martin Berg und seiner Familie bis tief hinein in Details zu Themen der letzten Jahrzehnte des vergangenen Jahrhunderts zu folgen.

Um diese hier nämlich geht es in dem stellenweise doch sehr ausufernden Roman, zudem noch um Martins Jugendfreund Gustav, mit dem zusammen er einen Verlag hat. Berichtet wird aus den Perspektiven Martins und seiner Tochter Rakel, die im Gegensatz zu ihm des Deutschen perfekt mächtig ist und sich nach einer bestimmten Lektüre der Mutter, die vor rund 15 Jahren spurlos verschwand, auf den Spuren wähnt. Sie meint, diese im Chrakter eines Romans wiederzuerkennen.

Lydia Sandgren hat einen anbetungswürdigen Stil, sie ist klug und witzig - aber muss sie denn wirklich das gesamte Füllhorn über ihre Leser ausgießen? Ganz klar war es mir nämlich des Guten zu viel und das nicht nur ein bisschen. Ich denke, dass einige der vorkommenden Gestalten getrost etwas marginaler hätten abgehandelt werden, einige Geschehnisse etwas mehr im Ungenauen hätten gelassen werden können.

Möglicherweise hätte das den Roman sogar noch aufgewertet. Er hat mir wirklich gut gefallen, aber dennoch zögere ich damit, bekanntzugeben, dass ich keine Zeile der Lektüre bereue.

Bewertung vom 19.10.2021
Die unhöfliche Tote / Die Fälle Ihrer Majestät Bd.2
Bennett, S J

Die unhöfliche Tote / Die Fälle Ihrer Majestät Bd.2


ausgezeichnet

Bereits zum zweiten Mal lässt Autorin S.J. Bennett niemand Geringeren als Her Majesty the Queen of the British Empire ermitteln und ich muss sagen, die edle Dame arbeitet sich trotz (oder gar wegen?) des hohen Alters immer besser in die Materie ein.

Zudem ist es hilfreich, dass sie sowohl die Bestände des Hofes, also ihre Besitztümer, als auch die Geschichte des Königshauses aus dem ff. kennt. Und sie ist eine Menschenkennerin par Excellence, hat sie sich doch wieder ihre stellvertretende Privatsekretärin Rozie zur Seite genommen - obwohl die ehemalige Soldatin noch kein Jahr bei Hofe ist, hat sie sich schon eingearbeitet - sowohl in die Belange des Hofes als auch in das Wesen der Königin.

Diesmal hat Ihre Majestät festgestellt, dass eines ihrer 6000 Gemälde nicht dort hängt, wo es sein sollte, sondern in einem ganz anderen Gebäude, das direkt nichts mit der Krone zu tun hat. Dazu kommt der überaus geheimnisvolle Todesfall einer bediensteten, die - wir wollen uns, da bei Hofe, natürlich diplomatisch ausdrücken - bei ihren Kollegen nicht allzu beliebt war. Sie ist am Pool verblutet - was bei einer Dame über 60, die für die Gästeräume verantwortlich war, doch sehr verwundert.

Der Fall führt weit zurück bis in die 1980er Jahre und lenkt den Blick des Lesers auf zahlreiche spannende historische und kulturgeschichtliche Entwicklungen bei Hofe. Ich konnte das Buch einfach nicht aus der Hand legen, der Stil ist einfach zu köstlich und neben dem Spaß, den ich beim Lesen hatte, habe ich auch eine ganze Menge erfahren.

Schade, dass die Autorin mit ihrer Reihe nicht deutlich früher begonnen hat, aber ich hoffe doch sehr, dass den bisher zwei Bänden noch eine Menge folgen. Und wenn sie - wie jetzt festzustellen - immer witziger, aber auch vielschichtiger werden, bin ich sicher, dass ich zu einem noch deutlich größeren Fan werde, als ich es bisher schon bin!

Bewertung vom 19.10.2021
Der Mauersegler
Schreiber, Jasmin

Der Mauersegler


sehr gut

In diesem Roman geht es um Schuld - darum, wieviel davon man auf sich laden kann und soll und darf und darum was das eigentlich ist.

Prometheus und Jakob sind Freunde seit dem Kindergarten - Prometheus, der aus eher einfachen Verhältnissen kommt, macht Karriere, Jakob, der erfolgreiche Eltern hat, reüssiert eher im privaten. Und lebt schon früh in einer Familie mit Frau und Kind.

Das Zweite ist unterwegs, als er erfährt, dass er unheilbar krank ist - Krebs der schlimmsten Art. Wobei Prometheus rein zufällig in der medizinischen Forschung unterwegs ist und zur Zeit mit einer Studie zu genau diesem Thema befasst ist. Er drängt seinen Freund, dem er bedingungslos vertraut, ihn mit aufzunenehmen in diese Studie.

Prometheus lässt sich überreden und Jakob stirbt. Das ist jetzt sehr vereinfacht und ich verrate Ihnen auch nichts Geheimes, da der Leser mit diesem Stand der Dinge bereits von Beginn an vertraut gemacht wird.

Jakobs Lebensgefährtin gibt Prometheus die Schuld an dessen Tod, meint, sein Freund hätte ihn von Beginn an zur konventionellen Therapie drängen müssen.

Prometheus selbst ist vollkommen ohnmächtig, gibt sich selbst jede überhaupt nur mögliche Schuld. Doch was kann ein Mensch ertragen und hätte er überhaupt anders agieren können?

Es kann sein, dass ich als Einzige den Roman auf diese Art gelesen habe und dies meine vollkommen individuelle Sicht ist, schreibt Autorin Jasmin Schreiber doch so wie keine andere - aus einer ganz besonderen Perspektive und unter Einbindung so mancher Tiere - ohne würde es offenbar gar nicht gehen. Allein aufgrund dieses besonderen Schreiber-Stils lohnt sich der Roman - so meine Meinung.

Außerdem ist Schuld auch eines meiner großen Lebensthemen, so dass ich hier mit Prometheus trotz vollkommen anderer eigener Sichtweisen gerne mitgegangen bin. Insgesamt sind die Figuren alle etwas Besonderes und ich finde es schade, dass ich sie aus dem Roman nicht einfach in meine eigene Realtität übertragen und mich mit ihnen beraten oder - je nachdem - ihnen auch ausgiebig meine Meinung geigen kann!

Bewertung vom 18.10.2021
Die Wiederentdeckung des Glücks
Michaelis, Antonia

Die Wiederentdeckung des Glücks


ausgezeichnet

Madagaskar zum Dritten
Unverhofft kommt oft: kurz vor seinem 70sten Geburtstag reist Terje zum dritten Mal in seinem Leben nach Madagaskar. Überredet von seiner Tochter Nora, die für ihn eine fast Unbekannte ist und sich dorthin auf die Suche nach einem neuen Duft begibt - auf Dienstreise also. Da es ihr allein etwas zu unheimlich ist, kommt der Vater mit.

Und knüpft blitzschnell an seine beiden vorherigen Madagaskar-Reisen an, die schon Ewigkeiten her sind: Einmal war er ein junger Student, der sich das Land auf einem Fahrrad erschloss und beim zweiten Mal ein Mann mittleren Alters. Wahnsinn, er fühlt noch ganz genauso, wie damals! Und kann sich dem Zauber des Landes, vor allem seiner Menschen nicht entziehen. Da gibt es zwei, an denen er auch diesmal nicht vorbeikommt. Den einstigen Straßenjungen Bisquit, der zwar nicht wunschlos glücklich ist, aber immer wieder fähig ist, seine Träume - oder Teile davon - zu leben.

Und die wunderschöne Maribelle, die Prinzessin, die nicht nur Terje verzaubert. Und nicht glücklich sein kann, obwohl sie das Glück schon am Schlafittchen hatte.

Nora, die typische Deutsche, überrascht ihren Vater und verfällt dem Land auf ihre Weise. Natürlich, weil sie - nicht nur über Terje - die richtigen Menschen dafür trifft. Und nach langem Suchen auch den richtigen Duft.

Ein Buch, in dem es auch um das Böse im Menschen - bzw. in manchen Menschen - geht, aber vor allem um das Gute. Und wie man damit so manches besiegen kann. Vor allem im Team. Auch wenn es bis fast zum Schluss nicht danach aussieht.

Kann das Glück dort wohnen, wo es für viele nur das nackte (Über)Leben gibt? Nämlich in Madagaskar, einem der ärmsten Länder der Welt?
Ja, kann es! Für die Leser dieses Buches wird es glasklar.

Antonia Michaelis ist die Meisterin im Verfassen von modernen Märchenromanen für Erwachsene. Die bis zu einem gewissen Punkt mit der Realität zu tun haben, sich dann, wenn es notwendig wird - und das wird es immer - das Recht herausnehmen, auch mal darüber hinauszuschießen. Und zwar in ihrem ganz besonderen, ziemlich frechen Stil, der den Leser ebenso fordert wie betört. Deswegen kann ich nicht oft genug auf diese überaus empfehlenswerte Autorin hinweisen!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.10.2021
Das Haus der Düfte
Lambert, Pauline

Das Haus der Düfte


gut

Anouk träumt von einem Leben als Parfumeurin, seit sie bei ihrer Rückkehr nach Paris nach Ende des Zweiten Weltkriegs als junges Mädchen DEN ultimativen Duft erschnupperte. Obwohl sie im wahrsten Sinne des Wortes eine Spürnase hat, die normalerweise jede Nuance bestimmen kann, ist dies ihr hier nicht möglich und seitdem ist sie geradezu besessen davon, das Handwerkszeug zu erlangen, um jede einzelne Duftnote, die dieses Parfum enthält, herauszuarbeiten. Und natürlich, um weitere wundervolle Duftkreationen zu schaffen.

Nur leider ist ihre Mutter da gar nicht auf ihrer Seite: die Apothekerin hat von einer Verwandten eine Apotheke in Paris geerbt, die sie gern gemeinsam mit Anouk führen möchte - über den Freund und Kollegen der Mutter bekommt Anouk Kontakt zu einem jungen Mann aus der Parfummetropole Grasse im Süden, der zudem Spross einer angesehenen Parfumeursfamilie und bereit ist, Anouk über diese Schiene eine Chance zu geben. So weit, so gut - seine Familie ist jedoch nicht unbedingt begeistert über den unerwarteten Neuankömmling.

Doch Anouk schafft es, dort Fuß zu fassen und einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Dennoch werden ihr Steine in den Weg gelegt - sowohl von erwarteter als auch von unerwarteter Stelle. Andererseits erhält sie unerwartete Unterstützung und stößt auf merkwürdige Hinweise. Auch und gerade in Bezug auf den Duft, der ihr vor langer Zeit begegnete.

In dieser Story spielt König Zufall eigentlich die Hauptrolle - so viele unvorhergesehene Ereignisse kann es in einem ganzen Leben eigentlich gar nicht geben, wie sie Anouk hier in kürzester Zeit widerfahren. Deswegen schon konnte ich durchgehend keine rechte Nähe zu der Handlung entwickeln. Dazu kam ein nicht allzu eindringlicher Schreibstil, der die Charaktere nicht so lebendig erschaffen konnte, dass man sie beim Lesen vor Augen hatte. Normalerweise reichen mir dafür schon einige wenige Anstöße.

So dümpelte die Geschichte trotz des spannenden Settings in der Parfumindustrie der Nachkriegszeit so vor sich hin. Gute Ansätze, maximal mittelmäßige Realisierung. Ein Buch, das aus meiner Sicht nicht zwingend gelesen werden muss.

Bewertung vom 14.10.2021
Zu den Elefanten
Karoshi, Peter

Zu den Elefanten


gut

Ganz anders als erwartet: Was normalerweise durchaus auch positiv hätte sein können, aber aus meiner Sicht wurden die Elefanten bzw. der Elefant früherer Zeiten und die nach ihm benannten Hotels doch ziemlich arg weggedrückt aus der Handlung.

Die so gesehen nur selten eine war, sondern eher eine Reflexion des Erzählers die mit einer recht negativen, ja sogar ein wenig aggressiven Stimmung in dessen Familie - die außer ihm aus Frau und Sohn besteht - startete und dann von einer Wanderung mit dem Sohn über die Alpen mehr und mehr zu einer Reise des Protagonisten ins eigene Innere wurde.

Hier verloren mich zeitweise sowohl Autor als auch Protagonist, weil mich diese oft metaphysische Ebene doch ermüdete und das Rätseln um die Auflösung ebenfalls.

Es ist auf jeden Fall ein sehr kluges und ausgesprochen originelles Buch, aber für mich war es nicht das Richtige - ob generell oder zu diesem Zeitpunkt, das vermag ich gar nicht zu sagen.

Was mich insgesamt sehr befremdete, war der sehr unterkühlte Ton des Protagonisten im Abhandeln seiner Mitmenschen wie auch seiner selbst - ich begann, mich nach ein wenig Wärme zu sehnen und griff danach - nicht unbedingt typisch für mich - nach einem lustigen Kinderbuch, um diese Wärme und dazu ein munteres Lachen aufzufangen!

Bewertung vom 13.10.2021
Unter dem Schnee
Burseg, Katrin

Unter dem Schnee


sehr gut

Luise von Schwan ist tot: die Matriarchin der Familie, die die Baumschule seit fünf Jahrzehnten mit eiserner Hand führte - und vor der die ganze Familie kuschte, weil Wohl und Wehen von ihr abhingen.

Doch beerdigen kann man sie nicht - es ist das Ende des Jahres 1978 und Norddeutschland ist von einem Schneesturm ohnegleichen heimgesucht worden - alle sind mehr oder weniger eingeschneit und kommen kaum aus dem Haus heraus. An das Öffnen und Schließen eines Grabes ist nicht zu denken.

Dafür öffnet sich anderes - lange zurückgehaltene Informationen treten auf und irgendwann auch eine Frau aus Frankreich, die behauptet, zur Familie zu gehören.

Es ist klar, dass hier einiges aufzuarbeiten ist. Im Mittelpunkt: Isa Wollin, Köchin auf dem Hof und seit Jahr und Tag Luises Vertraute. Wie laufen hier wohl die Fäden zusammen?

Ein spannender Roman, der nach dem Ersten Weltkrieg beginnt. Die Älteren werden mit vielen Erinnerungen konfrontiert, die Jüngeren erkennen, dass vieles eigentlich ganz anders war und ist. Eine recht ungewöhnliche Darstellung einer deutschen Familie im 20. Jahrhundert - leider hörte es an manchen Stellen genau dann auf, wo es erst spannend wurde. Oder bestimmte Informationen wurden erst ab der Mitte eingestreut, so dass man den Eindruck hatte, dass einiges - oft das Wesentliche - fehlte.

Insgesamt jedoch ein unterhaltsamer Roman - und für mich die Erinnerung an einen Winter, der auch im heimischen Rheinland ein (schnee)stürmischer war und mich zu meiner großen Freude tagelang am Schulbesuch hinderte!

Bewertung vom 11.10.2021
Das Dorf und der Tod
Tramitz, Christiane

Das Dorf und der Tod


sehr gut

Drei Menschen werden umgebracht, der Mörder begeht Selbstmord - das alles trägt sich in einem idyllischen Bergdorf zu, wo man im Leben nicht ein solches Verbrechen verorten würde. Zumal es "in Echt" passiert ist und Autorin Christiane Tramitz den Geschehnissen, die sich über fast hundert Jahre hinweg entwickeln, auf ihre ganz eigene Art nachspürt.

Der Leser schliesst Bekanntschaft mit den Familien des Ortes, die am engsten ins Geschehen eingebunden sind und lernt, dass hier in vielerlei Hinsicht Kälte und Hass regiert.

Ein Kind wird viel zu früh gezeugt und der werdende Kindsvater ist gar bereit, das "gefallene Mädchen" zu heiraten. Aber deren Eltern gestatten es nicht und zwingen sie in eine Ehe mit einem viel älteren, natürlich ungeliebten Mann.

Auch sonst gehen Liebe und Hass seltsame Wege und es braut sich über viele Jahrzehnte hinweg etwas zusammen. Etwas, das zum Schluss hin offenbar nicht mehr zu vermeiden war.

Es ist schwere Kost: mir wollte einfach nicht in den Kopf, warum mit Absicht der schmerzlichste Weg für die junge Mutter gewählt wird, die nicht einmal ihren aus Liebe gezeugten Sohn bei sich aufwachsen lassen darf.

Ein kaltes Leben und zwar nicht nur für eine Person. Und zwar so dargestellt, dass es im Nachhinein tatsächlich nachzuempfinden ist. Wenn auch in meinem Fall mit großem Unverständnis in bezug darauf, was nahe Verwandte imstande sind, einander anzutun.

Bewertung vom 10.10.2021
Kleine Paläste
Moster, Andreas

Kleine Paläste


weniger gut

Hanno kehrt zurück in sein Elternhaus, wo er seit 28 Jahren nicht mehr war - er ging damals als junger Mann im Streit mit seinem Vater. Nun ist dieser schon seit längerem dement und auch körperlich ein Pflegefall. Aufgrund des plötzlichen Todes seiner Mutter übernimmt Hanno fürs Erste.

Nach der Beerdigung und dem ersten Eingewöhnen empfindet Hanno zunächst die neue Situation gar nicht als so schlimm wie befürchtet, da er unerwartete Hilfe durch seine Kindheitsfreundin Susanne, die im Nachbarhaus wohnt, erhält. Fast könnte man meinen, dass zwischen ihnen beiden eine Annäherung erfolgt, doch eine solche verläuft jedes Mal im nichts.

Begleitet wird die Szenerie aus der Sicht sowohl von Hanno als auch von Susanne. Auch Hannos verstorbene Mutter Sylvia steuert ihre Beobachtungen bei - sie erlebt nun alles sozusagen von der anderen Seite und zwar in Gesellschaft von Susannes ebenfalls verstorbenen Eltern.

Eine Handlung, die zwar ruhig, aber unweigerlich auf ein Drama hinsteuert, das sich in etwa ab Mitte des Romans mehr als deutlich anbahnt. Dadurch geht eine Menge Dynamik verloren. Auch werden bestimmte relevante Ereignisse, die ebenfalls eine Rolle spielen, nur angedeutet.

Auch wenn der Roman zunächst vielversprechend begann und sprachlich einiges bot, war ich im Endeffekt doch eher enttäuscht. So richtig eine tiefergehende Botschaft ist für mich nicht rübergekommen.