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melange
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Bonn
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Bewertungen

Insgesamt 866 Bewertungen
Bewertung vom 18.04.2019
Tote Asche (eBook, ePUB)
Walter, Patricia

Tote Asche (eBook, ePUB)


sehr gut

Träum ich oder wach ich?

Zum Inhalt:
Kurz nach dem Tod ihrer Mutter trifft Kira fast der Schlag, als sie nach Hause kommt und die Urne ihrer Mutter vorfindet. Der Gang zum Friedhof macht auch nicht glücklich, als dort ein Luftballon an einem Kreuz hängt, auf dem ihr Name und ein Sterbedatum steht, welches nur fünf Tage in der Zukunft liegt. Da sie unter Wahnvorstellungen litt, scheut sie sich, ihr Umfeld einzuweihen, - schließlich traut sie sich fast selber nicht. Doch das erweist sich als Fehler, denn alleine scheint sie machtlos gegen den unsichtbaren, tödlichen Feind.

Mein Eindruck:
Patricia Walter ist ohne Zweifel ein sehr spannender Roman um Wahn und Wirklichkeit gelungen, der seine große Wirkung aus dem Umstand zieht, dass sich die Protagonistin hoffnungslos verloren fühlt. Da sich Kira vor lauter Angst seltsam verhält, reagiert ihr Umfeld ebenfalls irritiert, zieht sich zurück und Kira – jetzt gänzlich im Stich gelassen – wird noch panischer und der Strudel dreht sich immer schneller. Und auch dem Leser schwirrt bald der Kopf und er fragt sich ganz wie Kira: Was ist wahr und was ist Fantasie? Und ist überhaupt irgendetwas real oder alles nur geträumt? Da der Thriller sich Kiras Perspektive bedient, gelingt das Verwirrspiel ganz famos. Walter erschafft dafür ein ganzes Netz von Figuren, die wie die Motten um Kira schwirren, nach denen sie schlägt um dann voller Entsetzen auf Todesfälle zu stoßen. Durch die Menge an Charakteren sind diese nicht immer besonders ausdifferenziert gestaltet, für den ein oder anderen Holzweg beim tätersuchenden Publikum sorgen sie aber auf das Feinste. Die Erkenntnis der Identität der mordenden Person kommt dadurch sehr spät, gelingt jedoch plausibel und gut hergeleitet. Einzig der dauernde Hinweis auf Kiras Labilität infolge eines Kindheitstraumas nervt bisweilen, ist jedoch für die Entwicklung der Story unabdingbar.

Mein Fazit:
Ein gut gemachter Thriller und seinen Preis unbedingt wert

Bewertung vom 07.04.2019
Running Girl / Garvie Smith Bd.1
Mason, Simon

Running Girl / Garvie Smith Bd.1


gut

Der Zielgruppe ins Herz getroffen

Zum Inhalt:
Garvie sieht wahnsinnig gut aus und ist 16, hochbegabt und der Alptraum seiner Mutter. Denn er lässt sich mit den falschen Leuten ein, lügt, hat keine Lust auf Schule, dafür umso mehr auf bewusstseinsverändernde Mittel. Kommissar Singh ist dagegen überhaupt nicht cool, dafür religiös, sehr strebsam und wenig beliebt bei seinen Kollegen. Zwei Menschen, die nicht viel miteinander gemein haben, bis Chloe stirbt, Garvies Ex-Freundin, und dieser das Gefühl hat, dass Singh ohne Hilfe bei der Suche nach dem Täter scheitern wird. Und so setzt Garvie seinen außergewöhnlichen IQ bei der Lösung des Mordes ein – misstrauisch beäugt von Mutter, Lehrern und nicht zuletzt von Singh.

Mein Eindruck:
Simon Mason trifft bei seiner Zielgruppe höchstwahrscheinlich genau ins Schwarze. Sein Held ist cool, selbstbewusst, macht was er will und lässt sich dabei weder von den Umständen, noch von irgendwelchen Erwachsenen etwas sagen. Liest man jedoch das Buch mit ein paar Jährchen mehr auf dem Buckel, gewinnen andere Eindrücke die Oberhand: Man erblickt einen Jugendlichen, der seine Versprechen bricht, kifft, einbricht, lügt, stiehlt und betrügt, - als Identifikationsfigur also eher suboptimal, egal, wie geschickt und klug Garvie dabei agiert. Dass diese Handlungen kaum Konsequenzen oder Restriktionen (außer ein paar „dududus“) nach sich ziehen, ist sehr ärgerlich. Singh, der zweite Hauptcharakter, ist dagegen erschreckend farblos und langweilig, eigentlich erfährt man nur, dass er seine Religion praktiziert und hört, dass seine Kollegen ihn nicht mögen – in die Tiefe geht die Beschreibung sonst nicht.
Der Autor stellt viele Charaktere kurz vor; möglicherweise in der Hoffnung einer Reihe um seinen jugendlichen Detektiv geschuldet. Für die meisten Personen bleibt jedoch sehr wenig Platz, so dass beim Umblättern Namen, Funktion und Bedeutung für die Geschichte schon vergessen sind.
Doch egal wie viel Angriffsfläche die Personenzeichnung bietet, - Spannung weiß Mason unbedingt zu erzeugen und auch die humorvollen Teile gelingen ihm sehr gut und sind fein austariert. Gefährliche Situationen sind wunderbar bildhaft geschildert und laden zum Mitfiebern mit den betroffenen Figuren ein.
Die (ein bisschen sehr übertriebene) Komplexität des Falls bieten einige Sequenzen eines Showdowns, insbesondere die letzte ist gut hergeleitet und stimmig.

Mein Fazit:
Ein Sympathieträger für eine jugendliche Zielgruppe (12 – 14 Jahre); Erziehungsberechtigte schlagen – wenn sie sich den Umgang mit so einem Bürschchen vorstellen – die Hände über dem Kopf zusammen

Bewertung vom 01.04.2019
Der Mann, der Sherlock Holmes tötete
Moore, Graham

Der Mann, der Sherlock Holmes tötete


sehr gut

Gepflegter Spürsinn

Zum Inhalt:
Arthur Conan Doyle erträgt den Ruhm seiner Erfindung Sherlock Holmes nicht mehr und lässt sie gemeinsam mit Moriarty im Reichenbachfall verschwinden. Doch auch der vermeintliche Tod der Romanfigur kann nicht verhindern, dass gut 100 Jahre später Sherlock-Begeisterte – die Irregulars – diese immer noch verehren. Als die Kunde vom Fund eines verschollenen Tagebuchs Conan Doyles die Runde macht, ist der Club in heller Aufregung. Doch die Freude währt nicht lange, - am nächsten Morgen wird der vermeintlich stolze Besitzer tot aufgefunden und das Tagebuch ist nicht auffindbar. Aber wozu hat man als Sherlockianer einen Kopf?

Mein Eindruck:
Immer abwechselnd in zwei Zeiten gestaltet Graham Moore seine Geschichte um echten und fiktiven Mord und Totschlag. Zum einen lässt er mit Conan Doyle die Zeit um die 1900 aufleben – inklusive Kutschen, Gaslicht und gefährlichen Gegenden im Londoner East-End. Zum anderen befindet sich der Held Harold in der heutigen Zeit und reist damit komfortabler per Taxi und Flugzeug. Doch beiden – Arthur wie Harold – ist eins gemein: Sie versuchen das Rätsel um Todesfälle zu lösen, die eines Sherlock Holmes würdig wären, - und beide trotzen nicht nur einigen Gefahren, sondern erweisen sich als siegreich im Kampf gegen blutrünstige Gegner und die Polizei. Beide haben ihren „Watson“ dabei, wobei dieser sich öfter als der klügere Part des dynamischen Duos herausstellt – Arthur Bram Stoker, den Autor von Dracula und Harold die Journalistin Sarah.
Dieses Spiel mit den Zeiten hält die Leser bei der Stange. Zu gerne möchte man wissen, wie es weitergeht und lässt sich von doppelten Cliffhangern verführen. Gegen die starken vier Hauptcharaktere bleibt der Rest der Figuren leider sehr blass – insbesondere die weiteren Sherlock-Fans hätten durchaus mehr Potenzial gehabt, als Moore ihnen zugesteht. Und auch die kämpferischen Suffragetten und die mörderische Person im Conan-Doyle-Teil werden relativ schnell abgehandelt. Das ist den zwei Büchern in einem geschuldet – 200 Seiten sind für eine gut unterfütterte Ermittlung wohl doch zu wenig, wenn zusätzlich die unvermeidliche Sicht auf das Leben neben dieser Ermittlung fällt.
Aber eins kann man diesem Roman auf gar keinen Fall vorwerfen: Langeweile! Rasant lässt Moore seine Helden rotieren und jeweils ihre Rätsel lösen – unter Lebensgefahr. Die Mischung von echten Gestalten und fiktiven Vorkommnissen bewirkt (insbesondere im „älteren“ Teil) genau den gepflegten viktorianischen Grusel, den heutige Sherlock-Fans so lieben.

Mein Fazit:
Amüsant und trotzdem spannend, - fast wie der moderne Sherlock

Bewertung vom 01.04.2019
Tante Poldi und die Schwarze Madonna / Tante Poldi Bd.4
Giordano, Mario

Tante Poldi und die Schwarze Madonna / Tante Poldi Bd.4


sehr gut

Poldi im Namen des Herrn unterwegs

Zum Inhalt:
Poldi ist in heller Aufruhr, als ihr Neffe sie nach einem kurzen Aufenthalt in Frankreich besucht: Graffiti an der Hauswand fordern sie zum Verschwinden von Sizilien auf und eine Besessene bei einem Exorzismus scheint mit ihrer Stimme zu sprechen. Eine teilnehmende Nonne wird ermordet, der Papst lässt um ihre Hilfe bitten und Poldi macht sich auf, das Rätsel um den Tod der Nonne, das Verschwinden einer schwarzen Madonna und die Begleitumstände ihrer eigenen Widrigkeiten zu klären.

Mein Eindruck:
What you see is what you get. Oder anders: Wenn Poldi auf dem Cover erscheint, ist auch Poldi drin. Inklusive aller Flüche in einem wunderschönen bairischen Kauderwelsch und die schon aus Vorgängerbänden bekannten Personen, angereichert durch einige enge und weitere Freunde wie Gianna Nannini, Steve Jobs, der Papst und – last but not least – der Sensenmann himself. Diese Konstellationen akzeptiert man entweder (wie ihr Neffe) oder lässt es bleiben, - und damit besser die Finger vom Buch. Denn genau das macht den Charme eines Buches über Tante Poldi aus. Giordano spinnt die Geschichte um diesen Kosmos wieder ein Stückchen weiter, so dass Poldi-Jünger neues Futter zu alten Bekannten erhalten; Neulinge auf diesem literarischen Gebiet können sich aber ohne größere Reibungsverluste in die Story einlesen, die hemmungslos abstrus, weit hergeholt und absolut unglaubwürdig ist – und genau deshalb gefällt, falls man sich mit dieser Figur überhaupt anfreunden kann.
Der Schreibstil ist eher lautmalerisch als eingängig, fast muss man sich mehr einhören als einlesen, die kurzen Einleitungen zu den Kapiteln sind erst im Nachhinein zu verstehen. Die Krimihandlung ist zwar vorhanden (inklusive einiger Morde, Verschwörungstheorien, italienischem Flair und Lokalkolorit), wichtiger sind jedoch die zwischenmenschlichen Handlungen und Überraschungen, die das Leben für die Charaktere bietet. Dabei schießt der Autor an einigen Stellen über das Ziel hinaus, aber „Dezenz ist Schwäche“ und damit schließt sich der Kreis von imaginärer Welt und blumiger Prosa.

Mein Fazit:
Geliebt oder gehasst, aber immer mit eigenwilligem Stil. Das ist die Poldi

Bewertung vom 23.03.2019
Niemalswelt
Pessl, Marisha

Niemalswelt


sehr gut

Klasse, obwohl...

... die Autorin einen dicken inhaltlichen Fehler begangen hat.

Zum Inhalt:
Vor einem Jahr verstarb Jim, der Freund von Beatrice, unter nicht ganz geklärten Umständen, obwohl die offizielle Lesart „Selbstmord“ lautete. Jetzt hat Beatrice die Einladung zu einem Treffen ihrer alten Clique – zwei Frauen, zwei Männer um die Zwanzig – angenommen und die Gruppe startet zu einem Ausflug, bei dem fast ein Unfall passiert. Doch „fast“ ist nicht richtig, denn kurze Zeit später steht ein älterer Herr vor der Türe und eröffnet den Fünfen, dass sie in einer Zeitschleife gefangen sind, aus der es nur ein Entkommen gibt: Sie müssen denjenigen auswählen, der überleben darf, die anderen vier werden endgültig sterben. Bald wird ihnen klar, dass der Schlüssel zu einem erfüllten Ende in der Aufklärung des Todesfalles liegt und sie beginnen nachzuforschen. Denn: Was können sie schon verlieren?

Mein Eindruck:
Der große Kritikpunkt gleich zu Beginn dieser Rezension des Hörbuchs „Niemalswelt“: Wenn ich doch weiß, dass ich mit dem Tod eines Freundes zu tun habe, stürze ich mich nicht völlig ahnungslos in diese Art von Ermittlung. Aber genau das passiert in der wirklich ansonsten fulminanten Geschichte. Zwar ebbt die Spannung nach der großartigen Eröffnung ab und plätschert bis zum Beschluss, sich mit dem Todesfall zu befassen, ein wenig richtungslos dahin, aber dann zieht das Tempo an und es wird zielstrebig und interessant. Die Autorin hat für jede ihrer Figuren einen durchdachten Hintergrund kreiert und auch im Fast-Jenseits verhalten sich die Charaktere wie in ihrem echten Leben. Zwar wendet Pessl für meinen Geschmack ein wenig zu viele Metaphern an, um ihre Story zu unterfüttern, das ist jedoch Jammern auf hohem Niveau, denn sie ersinnt nicht nur diese Hauptgeschichte, sondern stattet ihre Figuren mit ebenfalls einem exorbitanten Grad an Fantasie und Intelligenz aus: Die eine schreibt Soundtracks zu Filmen, die es nie gegeben hat, die andere erzählt aus einer Geschichte, die ihr Hintergrundwissen zum Funktionieren der Niemalswelt anbietet, der dritte knackt Computercodes. Trotzdem bleiben die Charaktere lebensecht und man leidet mit ihnen allen, wenn sich die dunklen Geheimnisse langsam offenbaren und die Geschichte zum Ende strebt. Zwar gibt es eine Ich-Erzählerin in der Gestalt von Beatrice, durch die Verfolgungen der anderen und die Gespräche mit ihnen sieht man jedoch oftmals durch die Augen der vier Freunde und kann sich in diese hineinversetzen. Schließlich kommt das Buch zu einem Schluss. Einem guten Schluss, der genau so viel erklärt, wie er muss und durch weiße Stellen in der Rückschau nicht nur die Charaktere fragen lässt, was wahr und was falsch war in der Niemalswelt.

Mein Fazit:
Nach holprigem Start tritt eine Suchtphase ein, die der Hörer – am Schluss mit Tränen in den Augen - genießt.

Bewertung vom 17.03.2019
Die Reinsten
Hansen, Thore D.

Die Reinsten


ausgezeichnet

Unterkühlt

Zum Inhalt:
Eine künstliche Intelligenz mit Namen „Askit“ beherrscht die Erde im Jahr 2191. Natürlich nur zu derem Besten, den die Menschheit hat durch ihre Maßlosigkeit und Unvernunft die Welt fast unbewohnbar gemacht, Seuchen und Kriege taten ihr Übriges. Eine Gruppe von Auserwählten, die Reinsten, führen die Belange im Sinne Askits. Doch dann werden die besten des Jahrgangs plötzlich ausgestoßen und müssen ergründen, warum sie in Ungnade gefallen sind. Oder ist alles nur ein genialer Schachzug?

Mein Eindruck:
So klinisch wie die Lebenswirklichkeit der Reinsten ist der Stil Hansens und so bleibt man bei allen Katastrophen, Kämpfen und Schreckensszenarien trotz aller Hitze im Außenbereich unterkühlt. Dazu hat er seinen Figuren oftmals fantastische Namen verpasst, die das Lesen zusätzlich erschweren. Es ist sehr schade, dass ein objektiv absolut wichtiges Thema subjektiv so wenig verstanden und emotional verarbeitet wird, weil Thore D. Hansens Ideen zur Zukunft des Umweltschutzes und der künstlichen Intelligenz wichtig sind und schon in heutiger Zeit Gehör finden sollten. Aber so entwickelt sich ein Roman, den man gerne furchtbar gut finden möchte, weil man intelligent ist, die Intention des Autors versteht und eine fiktionale Geschichte manchmal eher gelesen wird als ein Sachbuch. Doch weil er sich in nur halbgaren Beschreibungen der Vergangenheit verliert (auf die seine Charaktere und Askit immer wieder Bezug nehmen) und Emotionen nur in Form von Wut und Beeinflussung auftreten, bleibt die Geschichte fern und zum Schluss verweht sie irgendwo im Nirgendwo. Das hat der kluge Ansatz eigentlich nicht verdient, aber so wie man als Leser die Vergangenheit nicht verstehen kann, bleibt auch die Zukunft nebulös.
Ein Aspekt macht jedoch richtig Spaß im Ernst: Dass ein Wesen, welches „frag es“ heißt, einfach nicht antwortet, wenn man Antworten am nötigsten hat. Soll noch einer sagen, künstliche Intelligenz hätte nicht manchmal menschliche Anwandlungen. Möglicherweise hatten die Programmierer im Jahr 2040 doch einen gewissen Humor.

Mein Fazit:
Staubtrocken bei aller Brisanz

Bewertung vom 10.03.2019
Ein perfider Plan / Hawthorne ermittelt Bd.1
Horowitz, Anthony

Ein perfider Plan / Hawthorne ermittelt Bd.1


ausgezeichnet

Hinterlistig gut

Zum Inhalt:
Der Autor Horowitz will sich nicht nachsagen lassen, dass er nur erfundene Sachen beschreiben kann und lässt sich auf ein Geschäft mit dem Ex-Polizisten Hawthorne ein. Dieser berät seine Ex-Kollegen bei schwierigen Fällen und denkt, dass er damit leckeres Futter für eine krimisüchtige Leserschaft anbieten kann. Die erste Zusammenarbeit der beiden behandelt den Mord an einer Dame der Londoner Society, die genau an dem Tag getötet wurde, an dem sie selbst ihre Beerdigung in Auftrag gab. Zufall?

Mein Eindruck:
Was für ein köstlicher Einfall, - und wie schön wird der Leser verwirrt, er knobelt, ist unschlüssig. Horowitz packt sehr viel Wahres in seine Geschichte (ja, er schreibt für „Inspector Barnaby“, ja, die Alex Rider Bücher sind von ihm) und beglückt zusätzlich eine wichtige Person mit dem Hintergrund „Homeland“ und dem Vornamen „Damian“. Und so fragt man sich dadurch bei dem ganzen Rest, ob nicht doch einiges stimmen könnte und Hawthorne eine reale Person ist. Aber das ist noch nicht alles, was ein Leserherz erfreut. Sein literarisches Ich ist selbstironisch, die Perspektive immer glaubhaft und – last but not least – leitet er seine Auflösung großartig her. Die Ermittlung könnte so geschehen, wie sie geschildert wird: In mehrere Richtungen, bis sich die richtige Spur folgerichtig entwickelt und zu der verantwortlichen Person führt, - inklusive Motiv, Ablauf und Verhaftung. Dass die Figur sich selbst den Titel zu diesem Buch aussucht, versteht sich von selbst. Denn Horowitz ist zwar Autor, das Superhirn heißt jedoch Hawthorne und man kann sich jetzt schon auf den nächsten Fall freuen, den er mit seinem persönlichen Watson aufklären wird. Eines sollte nämlich noch erwähnt werden: Schreiben kann der Tony – und nicht nur Barnaby.

Mein Fazit:
Mir geht es wie Horowitz, - ich kann Hawthorne nicht widerstehen….

Bewertung vom 10.03.2019
Sister, Sister - Zwei Schwestern. Eine Wahrheit.
Fortin, Sue

Sister, Sister - Zwei Schwestern. Eine Wahrheit.


gut

Familie kann man sich nicht aussuchen

Zum Inhalt:
Zwanzig Jahre, nachdem ihr Vater sie in die USA mitgenommen hat, gibt es endlich ein Lebenszeichen von Alice, der Schwester von Clare, worüber diese und ihre Mutter sich zunächst sehr freuen. Aber dann mehren sich seltsame Begebenheiten und Clare beginnt sich zu fragen, ob Alice eine geheime Agenda hat, - und wie diese vor allen Dingen in Bezug auf Clare, ihren Mann und ihre Kinder aussieht.

Mein Eindruck:
Ja, der Krimi ist in weiten Teilen vorhersehbar, trotzdem macht das Spiel mit den Sichtweisen an vielen Stellen Spaß. Vor allen Dingen dann, wenn Clare selber an ihrem Urteilsvermögen und an ihrer Wahrnehmung zweifelt. Die daraus resultierende Spannung ist jedoch bitter nötig, denn die Charakterzeichnungen geraten der Autorin ein wenig sehr eindimensional. Zusätzlich baut sie, um die Verzweiflung Clares noch mehr anzufachen, viel zu viele absolut unglaubwürdige Begebenheiten ein: Beispielsweise ist es schwer verständlich, dass das Umfeld den Behauptungen einer relativ fremden Frau viel aufgeschlossener gegenüber ist als derjenigen Person (Clare), die schon Ewigkeiten und dauernd mit diesen Personen zusammen lebt oder befreundet ist. Im Mittelteil wird diese Thematik zäh und zäher, so dass gut und gerne 50 Seiten gestrichen werden könnten. Das ist insbesondere deshalb ärgerlich, weil Sue Fortin eine Begabung hat, Dinge, Orte und Gefühle darzustellen, - wenn sich die Darstellung jedoch immer mehr im Kreis dreht, hofft man irgendwann, dass die Autorin doch einmal zu Potte kommt. Und das tut sie und vermag es doch noch mit einem Aspekt zu überraschen. Leider überspannt sie dann den Bogen zu sehr und ihr letzter Twist ist einer zu viel.

Mein Fazit:
Manchmal ist man lieber Einzelkind

Bewertung vom 06.03.2019
Mord braucht keine Bühne / Kate Shackleton ermittelt Bd.2
Brody, Frances

Mord braucht keine Bühne / Kate Shackleton ermittelt Bd.2


weniger gut

… und wenig später auch noch Fall Nummer 3. Klingt verzwickt, - ist es aber nicht. Denn durch viele Zufälle und noch mehr unglaubwürdige Begebenheiten verbindet die Autorin Frances Brody all die Vorgänge, die sich in Harrogate ereignen. Dafür geht sie teilweise in die Zeit der Burenkriege zurück, die sie wirklich anschaulich zu gestalten weiß.
Aber was haben die Burenkriege mit dem Theater zu tun? So gut wie nichts, - wie auch der überwiegende Rest der Geschichte. Zwar sind sämtliche Laiendarsteller und die Regisseurin irgendwie in mindestens eine kriminelle Handlung verwickelt, ein Flair von Bühnenduft kommt aber nicht auf. Dafür lernt man ziemlich viele sehr unangenehme Menschen und eine selbstgerechte Detektivin kennen, die mehr durch Glück und Zufall als durch Ermittlungsarbeit zum Erfolg kommt.
Wer sich von Klappentext und Cover ein Cosy Crime mit Herz und Humor im Theatermilieu erwartet, wird also eher enttäuscht. Der verzweifelte Versuch Brodys, auf den Zug des „Sex sells“ aufzuspringen, gipfelt in einer für die Zeit und die Charakterzeichnung der Hauptfigur fast schon absurd überstürzt anmutende Bettgeschichte. Ein Kuss für Kate hätte dort gereicht und besser gepasst. Der Gipfel ist jedoch das überstürzte Ende, in das die Autorin noch einen doppelten Twist mit Tremolo und Tusch gepackt hat – Boulevard-Theater in Reinkultur.

Was bleibt, ist ein schaler Beigeschmack und – immerhin – eine interessante Betrachtung Londons kurz nach dem 1. Weltkrieg und des Krieges in Südafrika.

Mein Fazit:
Fragwürdige Moral und zu unsympathisch, - schade!