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Isabel von Belles Leseinsel
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Mainz
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Bewertungen

Insgesamt 585 Bewertungen
Bewertung vom 19.07.2011
Der Vollstrecker / Detective Robert Hunter Bd.2
Carter, Chris

Der Vollstrecker / Detective Robert Hunter Bd.2


sehr gut

Brutaler Mord im Gotteshaus

Kurz vor Weihnachten werden Detective Robert Hunter und sein Kollege Carlos Garcia vom LAPD zu einem bizarren Tatort gerufen. Am Altar eines Gotteshauses finden sie ein wahres Blutbad vor und in der Mitte ist die enthauptete Leiche des Gemeindepfarrers drapiert. Anstelle seines Kopfes sitzt dort ein Hundekopf. Eine groteske Mutation aus Hund und Mensch. Nachdem der erste Schock sich gelegt hat, beginnen Hunter und Garcia mit ihren Ermittlungen. Doch kaum haben sie sich mit dem Umfeld des Toten vertraut gemacht, gibt es schon den zweiten Mord, eindeutig wieder der gleiche Täter. Schnell greift auch die Presse den Fall auf und gibt dem Killer einen Namen: Der Vollstrecker. Während Hunter und Garcia unter Hochdruck verzweifelt einen Zusammenhang zwischen den beiden Mordopfern suchen, plant der Vollstrecker schon seinen nächsten brutalen Mord.

Chris Carter hält sich mal wieder nicht mit viel Vorgeplänkel auf und steigt sofort mit einer Folterszene in seinen Thriller ein, die es wahrlich in sich hat. Mit Unbehagen liest man die schaurigen, brutalen Folterungen, die ein Unbekannter an einem Mann verübt. Diese Szenen sind so eindringlich beschrieben, dass man regelrecht eine Gänsehaut bekommt.

Danach nimmt der Autor erst einmal die Spannung etwas heraus und berichtet ausführlich über die Ermittlungen seiner Protagonisten. Zwischendurch wechselt er die Handlungsstränge und stellt einem das nächste Opfer vor, wie auch dessen Treffen mit dem Mörder. Wie dieser seine Opfer letztendlich tötet, erfährt man immer dann, wenn Hunter und Garcia wieder zu einem neuen Tatort gerufen werden. Und die grausame Fantasie des Mörders kennt hier wirklich keine Grenzen. So sind die Beschreibungen der Tatorte auch wirklich nichts für Menschen mit schwachem Magen.

Der Schreibstil von Christ Carter ist wieder extrem fesselnd. Mühelos gelingt es ihm eine Spannung aufzubauen, die sich fast durchweg über den gesamten Thriller hält. Etwas abflauen tut sie anfangs noch ein wenig, bis Hunter hinter das Motiv des Serienmörders kommt, allerdings dauert dies einige Zeit. Dann zieht die Spannung aber extrem an und es ist fast unmöglich das Buch dann noch aus der Hand zu legen. In Bezug auf die Identität des Serienmörders hält sich der Autor sehr bedeckt und so rätselt man bis zum Schluss mit, um wen es sich nun handeln könnte. Die Lösung ist schlüssig umgesetzt und lässt dann auch keine Fragen mehr offen.

Fazit: Ein fast durchweg sehr spannender Thriller mit einer ziemlich brutalen Story, die nichts für Zartbesaitete ist und zwei Ermittlern, die überaus sympathisch und menschlich dargestellt werden.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.07.2011
Die Erstürmung des Himmels
Imbsweiler, Marcus

Die Erstürmung des Himmels


sehr gut

Mein Freund Franz

Im Sommer 1841 erholt sich Franz Liszt zusammen mit seiner Lebensgefährtin Marie d’Agoult auf der Rheininsel Nonnenwerth. Auch die exzentrische Schriftstellerin George Sand weilt dort wie auch der Liszt-Schüler Hermann „Puzzi“ Cohen. Dieser versucht die Freundschaft mit Liszt, die durch einen Vorfall in Leipzig gelitten hat, wieder zu stärken. Ruhe und Beschaulichkeit findet der Klaviervirtuose jedoch kaum auf der Insel, denn ständig reisen Liszt-Verehrer per Dampfschiff an, um ihrem Idol nahe zu sein. Bis November verbringt Liszt zusammen mit Marie die meiste Zeit auf der Rheininsel, nur ab und an kurz unterbrochen durch Konzerte, die er u.a. in Köln, Bonn und Bad Ems gibt. Doch die Ruhe bekommt der Beziehung zwischen Liszt und Marie nicht unbedingt, da die Gräfin den geplanten Tourneeplänen von Liszt kritisch gegenübersteht. Kurz vor Liszt 30. Geburtstag im Oktober verschwindet ein Mädchen spurlos, die Suche gestaltet sich lange erfolglos und auch die Beziehung zwischen Liszt und Hermann nimmt eine entscheidende Wendung.

Marcus Imbsweiler war mir bisher nur als Krimiautor mit seinem Protagonisten Max Koller aus Heidelberg bekannt. Auch bedingt durch die Inhaltsangabe ging ich irrtümlich davon aus, dass es sich bei dem Roman um einen historischen Krimi handeln würde. Weit gefehlt, aber dennoch war ich absolut nicht enttäuscht.

Dem Autor gelingt es bereits nach wenigen Seiten, einem in das Leben der betuchten Gesellschaft des 19. Jahrhunderts eintauchen zu lassen. Seine Geschichte erzählt er aus Sicht des jungen Musikers Hermann „Puzzi“ Cohen, der lange Jahre der begabteste Schüler von Franz Liszt war. Dieser besucht die Rheininsel an einem Tag im August und verbleibt bis zum Oktober desselben Jahres auf der Insel. Die weiteren Feriengäste der Insel gehören alle der höheren Gesellschaft an und so verfolgt man interessiert ihre Meinung und Gespräche zur Politik, den Fortschritten der Zeit, sei es die Eisenbahn oder die Dampfschifffahrt und natürlich dem Klatsch über Liszt und seiner geheimnisvollen Lebensgefährtin. Die Gerüchteküche auf der Insel ist somit immer sehr aktiv und dies alles schildert der Autor sehr unterhaltsam und kurzweilig.

Liszt selbst geht unterschiedlich mit seinen Anhängern um. Mal genießt er ihre Schmeicheleien, wie sie andächtig und im verzückten Schweigen jedem seiner Sätze lauschen wie auch seinen gelegentlichen Konzerten auf der Insel mit voller Begeisterung zuhören. Ein anderes Mal entzieht er sich ihnen, lässt sich verleugnen oder schiebt schlimme Zahnschmerzen vor. Immer in seiner Nähe befindet sich Hermann „Puzzi“ Cohen, der den Hype um Liszt eher zynisch gegenübersteht. Der junge Musiker ist egozentrisch, sehr Ich-bezogen, ein Lebemann, der ständig unter Geldmangel leidet, sich selbst viel zu ernst nimmt und gleichzeitig aber sein Talent verkümmern lässt.

Man merkt schnell, dass Marcus Imbsweiler seinen Roman hervorragend recherchiert und sich sehr intensiv mit dem Leben von Franz Liszt auseinandergesetzt hat. So ist auch der Roman über die Zeit von Liszt auf Nonnenwerth sehr eng an den Tatsachen angelegt, natürlich nimmt sich aber auch der Autor einige schriftstellerische Freiheiten heraus. Sehr ruhig, aber durchaus fesselnd und bildhaft lässt er vor dem inneren Auge einen kleinen Teil vom Leben des großen Klarviervirtuosen entstehen. Und auch seine Charaktere, allen voran natürlich Hermann Cohen und Franz Liszt, sind hervorragend beschrieben. Und so ist der Roman nicht unbedingt nur für Musik- und Liszt-Liebhaber interessant, sondern auch für Jeden, der sich für das gesellschaftliche Leben des 19. Jahrhunderts interessiert.

Bewertung vom 11.07.2011
Die Kriegerin der Kelten / Boudica Bd.4
Scott, Manda

Die Kriegerin der Kelten / Boudica Bd.4


sehr gut

60 nach Christus in Britannien: Nachdem Breaca mit ihren Töchtern zu den Eceni zurückgekehrt ist, erholt sie sich nur langsam von den Grausamkeiten, welche ihr die Römer angetan haben. Besonders die Vergewaltigung ihrer Tochter Graine belastet Breaca stark und so hat sie kaum noch einen Lebenswillen. Doch ihr Volk braucht sie. Noch während ihre Rekonvaleszenz langsam voranschreitet, entbrennt die Frage zur Führung des Heers der Eceni. Ist Breaca überhaupt hierzu noch in der Lage und wenn nein, wer soll diese Rolle übernehmen: ihr Bruder Valerius, ihr Sohn Cunomar oder gar jemand ganz anderes?

In der Zwischenzeit gelingt es Valerius durch eine List, die neunte Legion in einen Hinterhalt zu locken und einen entscheidenden Sieg zu erringen. Danach ist das Ansehen von Valerius unter den Stämmen gewachsen, sie scheinen ihm langsam zu vertrauen und auch Cunomar zügelt etwas seine verbalen Machtkämpfe Valerius gegenüber. Nachdem die Kunde von der Niederlage der neunten Legion durch das Land gezogen ist, schließen sich immer mehr Stämme – selbst verfeindete – dem Heer der Eceni an. Zur gleichen Zeit führt Breacas Tochter Graine ein Traum zusammen mit dem blinden Bellos nach Mona. Doch auch der Insel droht Gefahr. Präfekt Corvus zieht mit gleich zwei Legionen Richtung Mona.

Breaca ist verzweifelt. Sie kommt über die Vergewaltigung ihrer Töchter durch Rom nicht hinweg, besonders um Graine macht sie sich große Sorgen. Und sie zweifelt auch an sich selbst: Ist sie wirklich noch fähig, die Stämme zu mobilisieren, diese zu vereinen und mit ihnen gegen Rom zu ziehen? Unterstützung erhält sie hier durch ihre Freundin Airmid und durch Valerius. Dieser scheint der geborene Führer, ist er doch Krieger und Träumer, kennt er doch die römische Seite wie auch das Leben der Stämme. Doch auch Cunomar beansprucht diesen Platz für sich, dafür scheint der Heißsporn jedoch eindeutig noch zu jung. Und wenn sie sich auch immer noch nicht ganz von der Auspeitschung erholt hat, schließt Breaca sich der Schlacht um Camulodnunum an, welche schon bald von Bodiceas Heer eingenommen wird.

Auch im vierten und abschließenden Band der Boudica-Reihe ist der Schreibstil von Manda Scott wieder prall und bildhaft. Problemlos lässt sie vor dem inneren Auge die Welt der Boudica entstehen und so findet man sich fast sofort wieder in der Geschichte zurecht. Anfangs verfolgt man noch ein wenig die Gesundung von Breaca, den Streit um ihre mögliche Nachfolge, doch schon bald beginnen die Kämpfe und diese Schlachtenkämpfe beschreibt die Autorin mitreißend und spannend. Klar, wie bereits in den vorherigen Bänden auch, neigt Manda Scott auch im letzten Teil wieder zu teilweise extremen Ausschweifungen. Diese hätte ich mir auch dieses Mal wieder etwas gestraffter gewünscht. Nichtsdestotrotz gelingt es ihr aber fast durchgehend, die Spannung auf ziemlich hohem Niveau zu halten. Diese ist aber auch einfach dem Verlauf der Geschichte geschuldet, die zwangsläufig durchweg sehr aktionsgeladen ist. Und natürlich spürt man wieder in jeder Zeile das schier unerschöpfliche Wissen von Manda Scott und merkt, dass sie hier wieder hervorragend recherchiert hat.

Abwechslung von den Schlachtenkämpfen bieten die regelmäßigen Perspektivwechsel. So verfolgt man nicht nur das Leben von Breaca, Valerius und Cunomar, sondern in weiteren Erzählsträngen wird man auch über die Aktivitäten der Römer informiert. Und hier trifft man auch wieder auf den Präfekten Corvus, der Richtung Mona zieht. Zwar geht es auf Mona noch etwas ruhiger zu, aber auch hier werden alle Kräfte mobilisiert, um sich gegen den Angriff der Römer zur Wehr zu setzen. Und dies vermittelt Manda Scott einem durch den Handlungsstrang rund um Graine.

Fazit: Ein gelungener Abschluss der Boudica-Reihe mit viel Spannung, einer hervorragend recherchierten Geschichte, die jedoch zeitweise etwas ausschweifend erzählt wird und sehr gut gezeichneten Charakteren.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.07.2011
Lovesong
Forman, Gayle

Lovesong


sehr gut

… wenn ich bleibe …

Eigentlich müsste Adam Wilde rundum glücklich sein. Mit seiner Rockband „Shooting Star“ feiert er einen Erfolg nach dem anderen, die Preise häufen sich und ihr Album hat Doppel-Platin-Status. Doch Adam ist abgestumpft und ausgebrannt. Er kommt nicht über die Trennung von Mia hinweg, obwohl dies jetzt bereits 3 Jahre her ist. Als er abends ruhelos durch New York streift, sieht er plötzlich auf einem Plakat, dass Mia am selben Abend ein Konzert in der Carnegie Hall gibt. Adam besucht dieses, was Mia nicht verborgen bleibt. So treffen sie sich Beide wieder und spazieren durch New York.

Die Begegnung zwischen Mia und Adam gestaltet sich logischerweise anfangs sehr zaghaft und zögerlich. Jeder scheint Angst zu haben, das eigentliche Thema – die Trennung – anzusprechen. Doch hierfür bleibt den Beiden nur diese eine Nacht, denn am nächsten Tag muss Adam zum Tourneestart nach London reisen und Mia beginnt ihre erste Konzerttour durch Japan. Auf der Brooklyn Bridge kommt es dann zur alles entscheidenden Aussprache.

Im Gegensatz zum Vorgängerband „Wenn ich bleibe“ lässt Gayle Forman dieses Mal Adam seine Sicht der Dinge erzählen. Und so findet man anstelle des selbstbewussten jungen Musikers nun ein ausgebranntes, knapp vor der Tablettensucht stehendes Wrack vor. Adam ist an der Trennung von Mia zerbrochen, und zwar weniger an der Trennung selbst, sondern mehr an der Unwissenheit darüber. Denn Mia hatte einfach den Kontakt abgebrochen, antwortete auf keine Mails und Anrufe mehr und Adam weiß bis heute nicht, warum sie dies getan hat. So steckt er voller Aggression und Wut, gleichzeitig igelt er sich immer mehr ein, lässt seine Freunde und Bandmitglieder nicht mehr an sich heran, ja er meidet mittlerweile regelrecht die Band und übernachtet generell immer in einem anderen Hotel.

Wie schon beim 1. Band erfährt man durch immer wieder eingeschobene Rückblicke die letzten 3 Jahren von Adams Leben kennen und auch über seine Beziehung zu Mia als sie noch zusammen waren, erfährt man einiges. Dies gibt einem mit der Zeit die Möglichkeit, Adams Verhalten besser zu verstehen.

Ich hatte direkt vorher den ersten Band gelesen und konnte so die beiden Bücher vergleichen. Und dies ist auch der Grund, warum „Lovesong“ nur 4 Sterne erhält. War „Wenn ich bleibe“ voller Emotionen und Wortwitz, fehlt letzteres dem 2. Band fast völlig. Ohne Frage habe ich mit Adam mitgelitten, konnte anfangs die eigentlich für die Beiden so untypische Trennung nicht verstehen. Die Stimmung des Buches ist zum Großteil bedrückend, ja fast schon depressiv gehalten. Wie oft habe ich mir gewünscht Adam mal ordentlich durchzuschütteln, damit er endlich aufwacht, endlich wieder am Leben teilnimmt, endlich aufhört in Selbstmitleid zu schwelgen. Aber man merkt auch, dass Mia einfach ein Teil von Adams Leben ist und er nun jede Lebenslust verloren hat, keine Ziele, keine Aufgabe mehr hat.

So hat mich Adams Verhalten auch anfangs ständig heruntergezogen, während trotz der Traurigkeit des Themas beim 1. Band immer mal wieder Szenen eingebaut waren, die einen zum Schmunzeln brachten und hierdurch die Gefühle regelrecht Achterbahn gefahren sind. Erst als Mia aktiv an der Geschichte teilnimmt, blitzt auch immer mehr dieser fantastische Wortwitz wieder auf. Die Stimmung wandelt sich langsam und je näher der Morgen rückt umso heller und lebhafter wird auch die Stimmung der Geschichte. Aber trotz dieses kleinen Kritikpunkts ist es ein absolut lesenswertes, sehr gefühlvolles Buch, das die Geschichte von Mia und Adam wunderbar weiter erzählt und auch den Trennungsgrund der Beiden logisch erklärt.

Fazit: Wieder gelingt es Gayle Forman eine Liebesgeschichte zu schreiben, die absolut realistisch und überzeugend ist und das Ganze mit so viel Gefühl und Dramatik vermittelt, ohne dabei auch nur im Ansatz kitschig zu werden.

Bewertung vom 01.07.2011
Zeitbombe / Kommissar Lenz Bd.8
Gibert, Matthias P.

Zeitbombe / Kommissar Lenz Bd.8


ausgezeichnet

Der Tunnel bringt den Tod

Eines vorweg: Auch wenn es sich bereits um den 8. Fall von Hauptkommissar Paul Lenz handelt, kann man den Krimi problemlos ohne Kenntnis der Vorgängerbände lesen.

Matthias P. Gibert geht in seinem aktuellen Krimi nicht nur dem Thema Justizirrtum nach, sondern thematisiert auch die Sicherungsverwahrung. Hier vor allem das Urteil des Europäischen Gerichtshofs, welches besagt, dass nachträglich verordnete Sicherungsverwahrung verfassungswidrig ist. Deswegen müssen hiervon betroffene Straftäter nach ihrer Entlassung in Deutschland unter einer 24-stündigen Überwachung stehen. Dies allerdings ohne erhobenen Zeigefringer, sodass man sich über das Für und Wider selbst seine Gedanken machen kann.

Der komplette Krimi ist realistisch umgesetzt und so kann man auch gut die stupide Arbeit der betroffenen Beamten nachvollziehen, die zu solchen Überwachungen abgestellt sind und denen durch die Monotonie ihrer Arbeit durchaus auch Fehler unterlaufen können. Wobei allerdings ein Beamter auch dermaßen unsympathisch beschrieben wird, dass man ihm von Herzen diese stupide Arbeit gönnt.

Der Krimi gestaltet sich von Anfang an sehr spannend und rätselhaft. Der Autor wechselt ständig zwischen den Ermittlungen von Lenz und dem Ex-Sträfling Rüdiger Bornmann, der nach gut 20 Jahren aus der Haft entlassen wird. Man ahnt natürlich, dass Bornmann irgendwie in Verbindung mit den Todesfällen stehen muss, sonst würde der Autor diesen Erzählstrang schließlich nicht mit einbauen, hat aber lange Zeit keine Ahnung, um welche es sich handelt. Zumal Bornmann rund um die Uhr bewacht wird und eine starke Gehbehinderung hat. Dank ihrem Ex-Chef, der ein auffälliges Interesses an dem Fall hat, erhalten Lenz und Hain einen vermeintlich heißen Tipp und man fragt sich mit der Zeit schon, inwieweit Ludger Brandt in die Ermittlungen verwickelt ist. Denn das hier ganz offensichtlich etwas in den Kreisen der Kassler Polizei vorgefallen sein muss, ist einem schnell klar, denn dass zwei Polizisten, die sich auch noch persönlich kannten, an genau derselben Stelle Selbstmord begehen, ist schon mehr als seltsam.

So entwickelt sich die Story komplex, interessant und vor allem sehr spannend, hierfür sorgt auch der fesselnde, lebendige Schreibstil des Autors. Lenz und sein Team ermitteln mehr oder weniger auf eigene Faust, da sie von ihrem neuen Chef Zwick absolut keine Unterstützung erhalten. Dieser ist ein Speichellecker bei seinen Vorgesetzten und Leuten, die etwas zu sagen haben und seine Mitarbeiter behandelt er respektlos und sehr von oben herab.

Daran lässt sich Lenz jedoch nicht stören, geht ihm soweit als möglich aus dem Weg und ermittelt mit stoischer Ruhe weiter. Kraft dazu schöpft er aus seinem Privatleben. Die Scheidung seiner Freundin Maria vom Oberbürgermeister Kassels steht kurz bevor und Maria hat ihm durch die Blume zu verstehen gegeben, dass sie ihn heiraten möchte. Mit den Einschüben in Lenz Privatleben nimmt Matthias P. Gibert zwar immer mal wieder etwas die Spannung aus der Story heraus, dies ist jedoch absolut nicht störend, da man so den Hauptkommissar selbst besser kennenlernt. Und dieser ist ein sympathischer, zwar manchmal zu Wutausbrüchen neigender Mensch, aber ansonsten sehr umgänglich, teamorientiert, verzeiht auch mal einen Fehler und gesteht sich seinen Schwächen ein, wenn auch zähneknirschend.

Fazit: Eine realistisch angelegte, sich vielschichtig entwickelnde, interessante Story, die mit ein wenig Kritik an der Lokal- und Landespolitik versehen ist und einem sehr menschlich agierenden Hauptkommissar.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.06.2011
Wenn ich bleibe
Forman, Gayle

Wenn ich bleibe


ausgezeichnet

Die Liebe zur Musik
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Von einer Sekunde auf die andere verändert sich das Leben der 17-jährigen Mia grundlegend. Auf eisglatter Straße gerät ein LKW ins Schlingern und rammt dabei das Auto der Familie. Scheinbar unverletzt „erwacht“ Mia am Straßenrand, sieht die Trümmer des Autos und die Leichen ihrer Eltern, dann sieht sie sich: schwer verletzt liegt ihr Körper auf dem Boden. Bevor Mia überhaupt realisieren kann, was mit ihr geschehen ist, sind schon die Rettungskräfte da und kämpfen um ihr Leben. Sie kommt ins Krankenhaus nach Portland, schnell sind Familienangehörige und Freunde zur Stelle. Und Mias Geist verfolgt die Bemühungen um ihr Überleben. Doch kann sie wirklich weiterleben mit dem Wissen um den Verlust ihrer Familie oder entschließt sie sich schlussendlich, ihnen zu folgen?
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Mia und ihr jüngerer Bruder Teddy wachsen in einer wohlbehüteten Familie auf. Der Vater ist ein Alt-Punk, spielte lange Jahre in einer Band und ist mittlerweile Lehrer; ihre Mutter ist eine energiegeladene, lebensbejahende Frau, welche die Fäden der Familie in der Hand hält. Die Musik bestimmt ihrer aller Leben. Allerdings dreht sich bei ihren Eltern und Teddy alles um Rockmusik, während Mia bereits lange Jahre Cello spielt, somit klassische Musik mag und die berechtigte Hoffnung hat, an der berühmten Juilliard-Universität in New York angenommen zu werden. Allerdings überschattet dies ihre sonst so glückliche Beziehung zum Rockmusiker Adam, denn dies würde ihre unweigerliche Trennung bedeuten. So fühlt sich Mia hin- und hergerissen zwischen ihrer Liebe zu Adam und ihrer Liebe zur Musik.
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Doch diese Entscheidung wird erst einmal durch den schrecklichen Unfall hinfällig. Fassungslos und geschockt beobachtet Mia die nun folgenden Abläufe wie in Trance. Sie ist bei ihrer eigenen Operation dabei, sieht sich auf der Intensivstation liegen, fiebert bei den verzweifelten Versuchen von ihrer besten Freundin Kim und Adam mit, sie besuchen zu dürfen. Und immer wieder gibt es Situationen, die sie an früher denken lassen. Und so lernt man mit der Zeit ihr bisheriges Leben kennen, ihre Hingabe zur Musik, ihre Beziehung zu Adam, ihre Freundschaft zu Kim und natürlich ihre so wunderbare Familie und deren Freunde.
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Praktisch von der ersten Seite ist mir Mia und ihre so herrlich eigenwillige Familie ans Herz gewachsen. Diese Herzlichkeit und Liebe, die sie alle verbindet, spürt man in jeder Zeile und umso mehr kann man die Zerrissenheit von Mia nachempfinden, als sie nun vor der schwersten Entscheidung ihres Lebens steht. Und sie macht sich diese Entscheidung nicht leicht, verzweifelt fast daran und würde sich diese doch so gerne abnehmen lassen.
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Gayle Forman vermittelt einem Mia’s Geschichte wunderbar lebendig und voller Emotionen und Wortwitz. Trotz des traurigen Themas gibt es immer wieder Momente in dem Buch, bei denen ich schmunzeln musste, gerade in Zusammenhang mit ihren Eltern und zum Schluss ist es der Autorin tatsächlich gelungen, dass bei mir kein Auge mehr trocken blieb, so berührt hat mich die Geschichte. Das Buch ist wahrlich ein Gefühlskarussell, ohne hierbei auch nur einmal kitschig zu werden. Gayle Forman gelingt hier perfekt die Gratwanderung.
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Mit ein Grund hierfür ist wohl auch der Charakter von Mia. Im Gegensatz zu ihren etwas ausgeflippten Eltern und ihrem quirlig, süßen Bruder Teddy ist Mia eher die Ruhige und Besonnene in der Familie und dadurch wirkt sie für ihr Alter auch schon sehr reif und erwachsen. Sie geht das Leben eher nüchtern als zu emotional an und fühlt sich manchmal dadurch auch ein wenig wie der Außenseiter in ihrer Familie. Da der Roman in der Ich-Form geschrieben ist, kann man sich fast sofort in Mia hineinfühlen und versteht dann auch sehr gut ihre widerstreitenden Gefühle, als sie geschockt feststellen muss, dass ihr Geist sich ganz offensichtlich von ihrem Körper gelöst hat.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.06.2011
Die Metropole der Diebe / Ancient Blades Bd.1
Chandler, David

Die Metropole der Diebe / Ancient Blades Bd.1


ausgezeichnet

Ancient Blades ist ein edler Orden, dem immer sieben Krieger angehören, ihre heiligen Schwerter wurden einst geschmiedet, um Dämonen zu bekämpfen. Heute stehen die Ritter für Recht und Ehrbarkeit. Diese Informationen erhält man allerdings erst im Verlauf des Fantasyromans wie auch, um was es sich bei dem Diebesgut eigentlich handelt und welche Rolle die Magierin Cynthera und der Krieger Bikker hierbei spielen.

So lernt man anfangs erst einmal die freie Stadt Ness und seine unterschiedlichen Bezirke, die treffende Bezeichnungen wie Stinkviertel, Qualmbezirk oder Aschehaufen haben, kennen wie auch seine Einwohner, die eine Rolle in dem Fantasyroman spielen. Der Autor erschafft mit der Zeit vor dem inneren Auge eine Welt, welche dem Flair einer mittelalterlichen Stadt anhaftet. Ihre Bewohner sind Menschen unterschiedlichen Standes, Hexen und Zauberer. Dies alles erzählt David Chandler lebendig und überaus unterhaltsam. Allerdings stellt man sich anfangs immer wieder die Frage, welche Motive Cynthera und Bikker haben und vor allem, um welchen Gegenstand es sich bei dem Diebesgut handelt, welches Malden aus der Burg stehlen soll.

Nach rund 100 Seiten hat man dann einen guten Überblick erhalten und dann steigert der Autor noch einmal das Erzähltempo als dann die eigentliche Geschichte beginnt. Atmosphärisch dicht und fantasievoll entwickelt sich die Story weiter und David Chandlers lockerer, fesselnder und teilweise humoristisch durchsetzter Schreibstil sorgen dafür, dass ich das Buch bald überhaupt nicht mehr aus der Hand legen konnte.

Detailreich beschreibt der Autor seine Charaktere. Da ist der erwähnte Ritter Croy mit seinem magischen Schwert Ghostcutter. Dieser gutaussehende, fantastisch kämpfende Ritter glaubt fest an die Tugenden Ritterlichkeit und Ehrlichkeit und ist fest davon überzeugt, wenn man nur will, auch einen Weg aus der Armut finden kann. Er lebt regelrecht in einer Märchenwelt und verschließt ziemlich gekonnt seine Augen vor der Realität und wirkt so in seinen Handlungen oft herrlich naiv. Mit diesem Verhalten bringt er Malden schier zur Weißglut und so bereut er mehr als einmal, Croy an dem Abenteuer beteiligt zu haben. Doch dieser lässt sich auch nicht abwimmeln, will er doch mit seinem Einsatz der Magierin Cynthera seine Liebe beweisen. Allerdings geht er hier oft ziemlich kopflos und übermütig vor und muss von Malden mehrmals ausgebremst werden.

Malden ist der Sohn einer Prostituierten, kennt hierdurch das wahre Leben und das Elend in Ness nur zu gut und deswegen ist ihm Geld auch extrem wichtig, bedeutet es für ihn doch das Überleben und die Unabhängigkeit. Und trotzdem ist Malden ein herzensguter, sympathischer junger Mann, dem sein cleveres und trickreiches Verhalten das Überleben sichert. Geheimnisvoll und wunderschön, allerdings mit einem grausamen Fluch belegt, ist die Magierin Cynthera beschrieben. Ihrem unnahbaren Charme ist nicht nur Malden gleich verfallen, sondern auch das Herz von Croy ist seit langem für die schöne Magierin entflammt. Doch ihre Beweggründe in der Geschichte bleiben dem Leser lange verborgen. Die Schlüsselfigur der Story ist der Zauberer Hazoth. Seine Figur ist nicht nur geheimnisvoll und undurchsichtig, dieser mächtige Zauberer scheint zudem unbesiegbar und seine Bösartigkeit ist nur als unmenschlich zu bezeichnen. Tja und dann gibt es noch den Falschspieler Kemper. Dieser wandelt als lebender Geist in Ness umher, geht durch Wände und betrügt seine Mitspieler nach Strich und Faden. Der verschmitzte Kerl, der aufgrund seines Schicksals alles nicht so ernst nimmt, wird zum guten und hilfreichen Freund von Malden.

Fazit: Nicht nur die Charaktere entwickeln sich im Verlauf der Story weiter, überraschen in ihren Handlungen, sondern auch die Story ist komplex gehalten, erstaunt einen des Öfteren mit unvorhersehbare n Wendungen und zum Schluss bietet sie auch noch ein schlüssiges und extrem spannendes Ende, welches keine Fragen mehr offen lässt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.06.2011
Boudica / Die Seherin der Kelten Bd.3
Scott, Manda

Boudica / Die Seherin der Kelten Bd.3


sehr gut

Der Kampf gegen Rom geht weiter

Auch wenn Breaca eine große Niederlage erleiden musste, bei der sie ihren Mann Caradoc verlor, gibt sie den Kampf gegen die Besatzer nicht auf. Im Westen des Landes sind die Völker gegen Rom recht erfolgreich, doch jetzt braucht der Osten einen Anführer und zusammen mit ihren Töchtern Cygfa und Graine und ihrem Sohn Cunomar kehrt Breaca zu den Eceni zurück, um diese zu unterstützen. Mit Schrecken muss sie feststellen, dass ihr Volk unter dem Joch der Römer gebrochen ist und offensichtlich niemand mehr den Willen hat sich gegen die Legionen zu erheben. Wird es Breaca gelingen, mit Hilfe ihrer Kinder das Volk noch einmal zu mobilisieren?

Gewohnt detailreich erzählt Manda Scott im 3. Teil der Boudica-Saga die Geschichte von Breaca weiter. Überzeugt vom Tod ihres Geliebten Caradoc heiratet Breaca erneut und zieht sich in den Schutz der Insel Mona zurück. Jedoch nicht für lange, denn ihr Volk der Eceni braucht Breaca und ihre Kinder. Ihr Bruder Bán, der lange Jahre als Julius Valerius Rom gedient hatte, ist nach Britannien zurückkehrt. Losgesagt von den Legionen lebt er als Schmied ein zurückgezogenes Leben. Doch dies ändert sich bald und Bán/Valerius lernt endlich seine Bestimmung kennen und zu akzeptieren. Und so wird die Geschichte um den Kampf der Völker gegen die Übermacht Roms wieder abwechselnd aus Sicht von Breaca und Bán weiter erzählt.

Dies gestaltet sich durchaus wieder sehr unterhaltsam, interessant und stellenweise auch spannend. Hinzu kommt, dass praktisch auf jeder Seite das schier unerschöpfliche Wissen der Autorin über die damalige Zeit durchblitzt und es ihr hierdurch hervorragend gelingt, einem das Leben im Jahr 60 nach Christus anschaulich vor Augen zu führen.

Allerdings neigt die Autorin auch dieses Mal wieder zu weitschweifenden Beschreibungen über das Leben der Krieger, der Träumer, deren Riten und ihr Kampf gegen Rom, sodass dies immer wieder die Spannung herausnimmt und stellenweise auch etwas langatmig wirkt. Hier hat meiner Meinung nach die Autorin einfach wieder zu viel des Guten gewollt und strapaziert doch ein wenig die Geduld ihrer Leser. Jedoch überzeugt einen dann immer wieder der Schreibstil von Manda Scott, der einfach nur als opulent, bildhaft und ausdrucksstark zu beschreiben ist.

Auch in diesem Band gelingt es der Autorin gut, den unterschiedlichen Charakteren, allen voran Breaca und Bán, Konturen zu geben. Mag aber auch daran liegen, dass nach zwei Bänden einem einfach die Figuren vertraut geworden sind und man ihre Charaktereigenschaften gut kennt und entsprechend ihre Handlungen vorausahnen kann.

Alles in allem bleibt die Autorin ihrem Stil treu und überzeugt auch im 3. Teil mit ihrer Boudica-Saga den Leser. Aber, wer hier einen historischen Herzschmerz-Roman erwartet wird enttäuscht sein. Manda Scott geht es hier mehr darum, die geschichtlichen Ereignisse rund um Boudica ihren Lesern näher zu bringen.