Jener Sturm / Das zweite L.A.-Quartett Bd.2

sehr gut

“Jener Sturm” ist der 2. Band von James Ellroys L.A.-Quartett und die Fortsetzung von “Perfidia”. Der Thriller beginnt Sylvester 1941, kurz nach dem vernichtenden Überfall der japanischen Luftwaffe auf den US-Militärstützpunkt Pearl Harbour, und er endet vier Monate später. In einer brutal direkten Sprache erzählt Ellroy von den Internierungen der japanischstämmigen Bewohner von Kalifornien und dem mexikanischen Baja California, von der Korruption in der Polizei von Los Angeles und ihren brutalen Verhörmethoden, von Kriegsgewinnlern und Drogenbossen, echten Patrioten und vermeintlichen Verrätern, und auch von der absurden Dekadenz Hollywoods mitten in den Kriegsjahren. Denn trotz — oder gerade wegen — der angespannten Lage boomte das Filmgeschäft und damit auch die Gier nach Geld, Drogen und freiem Sex. Ellroy berichtet aber auch von den aus Nazideutschland geflohenen Künstlern, die sich in Los Angeles wieder trafen. Und er beschreibt, wie langsam die Jagd auf Kommunisten beginnt und verdeutlicht die oftmals radikal rechte Gesinnung vieler damaliger Anführer. In “Jener Sturm” begegnen uns immer wieder reale Personen wie Orson Welles und viele andere Hollywood-Schauspieler, aber auch Charaktere aus seinem ersten Roman. Wer einmal tief in die us-amerikanische Geschichte insbesondere von Los Angeles in den entscheidenden Kriegsjahren eintauchen will, ist bei James Ellroys unverblümt-aggressiv, aber gleichzeitig sehr klassisch erzählten Thriller “Jener Sturm” genau richtig.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Die Nacht zuvor

ausgezeichnet

Wendy Walkers Psychothriller “Die Nacht zuvor” spielt mit unseren Ängsten und Erwartungen. Auf drei verschiedenen Zeit- und Erzählebenen inszeniert sie eine spannende Story, die uns immer wieder auf falsche Fährten lockt und nebenbei so manches dunkle Geheimnis aufdeckt. Im Mittelpunkt steht die 30-jährige Laura, deren Ambitionen und geheime Ziele Walker lange im Dunklen lässt. Und das macht auch den Reiz des Thrillers aus: Ist Laura Opfer oder vielleicht doch Täterin? So ist “Die Nacht zuvor” fein gesponnene Psychokrimilektüre, in der alle Protagonist*innen ihr kleines dunkles Geheimnis in sich tragen.

Mord in Highgate / Hawthorne ermittelt Bd.2 (4 Audio-CDs)

ausgezeichnet

Auch in seinem neuen Krimi “Mord in Highgate” erzählt Anthony Horowitz, wie sein Alter Ego den Ex-Polizisten und Privatdetektiv Daniel Hawthorne bei seinen Abenteuern begleitet, um über ihn eine Biographie zu schreiben. Dieses Mal führt es die beiden auch vor die Tore Londons und uns auf so manche falsche Fährte. Und das macht Anthony Horowitz mal wieder äußerst geschickt, obwohl er sich nichts weiterem als der ganz klassischen Sherlock Holmes-Methode bedient: Durch geschickte Befragung und genaue Beobachtung die richtigen Schlüsse zu ziehen. Obwohl der Story vielleicht ein paar mehr Umwege auf dem Weg zum Finale nicht geschadet hätten, ist Horowitz mit “Mord in Highgate” wieder feine und unterhaltsame Krimikost gelungen. Fazit: Wer auf klassische englische “Whodoneit“ steht, kann hier in vollen Zügen genießen — auch weil das Hörbuch von Volker Hanisch so wunderbar vorgetragen wird.

Bermuda

ausgezeichnet

Thomas Finn mixt in “Bermuda” eine herrlich wilde Mischung aus Science Fiction, Abenteuer, Survival, Horror und einem gehörigen Schuss Fantasy zusammen. Dazu bedient er sich des guten, alten und nicht aussterben wollenden Mythos’ vom Bermudadreieck, einer Seegegend zwischen Florida, Puerto Rico und den Bermuda-Inseln, in der immer wieder mal Flugzeuge und Schiffe verschwinden. Hier baut er auch viel Wissenswertes über die untergegangenen Kulturen der Maya und der Taino ein. Im Mittelpunkt seiner Story steht eine Handvoll Überlebender, unter denen die Mexikanerin Itzil und der Deutsche Alex als Hauptfiguren hervortreten, während viele andere ihr Survival-Abenteuer ganz klassisch mit dem Leben bezahlen. Finn lässt sich die Gelegenheit nicht nehmen, dabei auch auf Themen wie den Rassismus und die Überheblichkeit mancher weißer Rednecks einzugehen, obwohl seine Figuren durchaus noch etwas mehr Konturen vertragen hätten. Trotzdem: Wer damals gerne „Lost“ gesehen hat und auf gute Survival-Abenteuer steht, ist bei “Bermuda” genau richtig.

Das Mädchen an der Brücke / Kommissar Konrad Bd.2 (Audio-CD)

ausgezeichnet

Nachdem sich Arnaldur Indriðason in seinem letzten Krimi viel mit der jüngeren isländischen Vergangenheit beschäftigt hat, etwa der Stationierung us-amerikanischer Truppen während des Zweiten Weltkriegs, lässt er in „Das Mädchen an der Brücke“ wieder seinen mittlerweile pensionierten Kommissar Konrad ermitteln. Island ist dünn besiedelt, und so geht es diesmal um die Machenschaften einflussreicher Bürger und deren Möglichkeiten, selbst schlimmste Verbrechen zu vertuschen. Aber auch Konrads eigene schwierige und gewalttätige Familiengeschichte kommt zum Tragen. So ist „Das Mädchen an der Brücke“ eine spannende Mixtur aus Thriller und Familiensaga, die der Autor in gewohnt ruhiger und unaufgeregter Art erzählt – genau wie der Schauspieler Walter Kreye, der die Geschichte gekonnt-routiniert spricht.

Ihr Königreich

ausgezeichnet

Jo Nesbø streift in seinem neuen Roman gleich mehrere Genres. „Ihr Königreich” ist zugleich Thriller, Familienroman und Norwegen-Western. Dabei geht es ihm um gegenseitige Abhängigkeiten und heimliche Deals, um Liebe, Rache und Selbstjustiz. All dies bettet der Autor in die eigenwillige Atmosphäre einer skandinavischen Dorfgemeinschaft ein, in der seine beiden ungleichen Hauptfiguren völlig aufeinander angewiesen sind. So ist Jo Nesbø mit “Ihr Königreich” ein besonderer Roman gelungen, der wie ein grandioser Western daherkommt, aber seine Protagonisten ganz stilvoll im Cadillac fahren lässt – und das im dünn besiedelten Norwegen.

Wings of Silver. Die Rache einer Frau endet nie / Golden Cage Bd.2

sehr gut

Rache und Gerechtigkeit, Geschäftsfrauenpower und #metoo-Debatte: Das sind nur einige der Themen, die Camilla Läckberg in ihrem neuen Thriller mit dem ultra-leichtgängigen Titel “Wings of Siver – Die Rache einer Frau ist schön und brutal: Golden Cage 2” anschneidet. Im zweiten Teil ihrer Rachegeschichte erzählt sie von der erfolgreichen Geschäftsfrau Faye, die ihre ganz eigenen Methoden entwickelt hat, um ihre Mutter und Tochter vor männlicher Gewalt zu beschützen. So zeigt die Autorin, wie Frauen solidarisch miteinander umgehen und sich auch mal ganz anders verhalten können, als es im klassischen Sinne erwartet wird: Sie nehmen selbst die Zügel in der Hand. Läckbergs Heldin Faye hat dabei allerdings einiges zu tun, um ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit gegen feindliche Mächte zu verteidigen. Immer wieder switcht die Autorin in die Vergangenheit ihrer Protagonistin, um zu zeigen, wie aus einem Opfer von männlicher Gewalt eine aktive Kämpferin wird. Ein spannender Ansatz, der in seiner erzählerischen Leichtigkeit an erfolgreiche TV-Serien wie “Sex in the city” oder an Filmklassiker wie “The First Wives Club” erinnert. Aber Achtung: Hier bleiben die Samthandschuhe im Schrank.

Die App - Sie kennen dich. Sie wissen, wo du wohnst.

ausgezeichnet

Arno Strobel ist ein Meister des abstrus-horroresken Szenarios. Das gelingt ihm auch in “Die APP - Sie kennen dich, sie wissen, wo du wohnst” wieder vorzüglich. “Smart homes”, also digital gesteuerte Wohnungen sollen ja das nächste große Ding werden, aber Strobel zeigt uns, dass selbst das sicherste System seine Tücken hat, wenn menschliche Abgründe ins Spiel kommen. Im Mittelpunkt seiner Story steht der Chirurg Hendrik Zemmer, der sich auf die Suche nach seiner vermeintlich entführten Freundin macht und irgendwann nicht mehr weiß, wem er noch vertrauen kann. Auch wir rätseln bis zum Finale, wer hier Freund oder Feind ist. Unterwegs streift Strobel so mache gesellschaftlich relevante Themen, wie eben auch die Frage, wie viel Kontrolle über unseren Alltag wir elektronischen Systemen wirklich geben sollten. So ist “Die APP” eine gruselig-fesselnde Story, in der der Schatten gleich hinter der sonnenbeschienenen Wand lauert.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Raum der Angst

ausgezeichnet

Ein fesselnder Thriller um eine faszinierende Freizeitbeschäftigung: Der Besuch von Escape Rooms, die nur durch die Lösung von einigen Rätseln und Aufgaben verlassen werden können, ist zum beliebten Gruppenevent geworden. Das ist der Ausgangspunkt des Thrillers „Raum der Angst“ von Marc Meller, in dem der Rätselspaß für eine Gruppe von Leuten urplötzlich zu einer existenziellen Frage wird. Bravourös inszeniert er den lebensgefährlichen Wettlauf gegen die Zeit, den seine Figuren in den verschiedenen Themenzimmern bestehen müssen. Dabei greift durchaus auch auf klassische Gruselelemente zurück, die sich hier jedoch zu einer guten horroresken Escape-Geschichte verdichten. So erfindet Marc Meller zwar den Thriller nicht neu, fügt dem Genre aber eine fesselnde “escapistische” Variante hinzu.

Puls

ausgezeichnet

Wieder ganz in der Tradition seines verstorbenen Vaters Dick Francis inszeniert Felix Francis einen unterhaltsamen Krimi rund um die Galopprennbahnen und Pferdewetten in England. Dieses Mal steht die Notärztin Chris Rankin im Mittelpunkt. Die Ich-Erzählerin hat mit großen eigenen Problemen zu kämpfen, leidet sie doch an Depressionen und Magersucht, doch der Fall auf der Pferderennbahn weckt ihre Lebensgeister. Ganz langsam kann sie sich durch ihre Ermittlungen aus der Krise kämpfen. So kreiert Francis einen spannenden Fall, in dem es um das persönliche Erleben seiner Heldin, aber auch um die gesellschaftlichen Dimension von psychischen Erkrankungen wie Depression und Magersucht geht – und um das erhebliche gesundheitliche Risiko, dem sich Jockeys bei jedem Rennen aussetzen. So ist auch “Puls” wieder beschwingt und gut erzählte Krimilektüre mit einem spannenden und ernsten Hintergrund.