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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Xirxe
Wohnort: 
Hannover
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 869 Bewertungen
Bewertung vom 02.09.2014
Letzte Ernte / Xavier Kieffer Bd.3
Hillenbrand, Tom

Letzte Ernte / Xavier Kieffer Bd.3


sehr gut

Xavier Kieffer, der luxemburgische Koch, steckt wider Willen mal wieder mittendrin in einem Verbrechen. Ein Unbekannter stolpert offensichtlich betrunken in Kieffers Stand auf der Luxemburger Kirmes und verliert dabei Schlüssel und eine Magnetkarte. Als der Fremde am nächsten Morgen tot aufgefunden wird, rufen die beiden Männer, die am Vorabend nach ihrer eigenen Aussage ihren betrunkenen Freund heimbringen wollten, einen unguten Verdacht bei Xavier wach, der noch durch einen mysteriösen Anruf einer unbekannten Firma verstärkt wird, die die Rückgabe der Karte und der Schlüssel wünscht. Xavier beginnt zu ermitteln...
Auch in diesem dritten Band dreht sich der Krimi um ein aktuelles Thema: spekulative Wertpapiergeschäfte im Nahrungsmittelbereich. Doch keine Sorge: Selbst für völlig unwissende Lesende wird hier in verständlicher wie auch unterhaltsamer Form eine Art Einführung zu diesem Gebiet geliefert. Das Ganze ist um einen angenehm spannenden Krimi drumrum gestrickt, der wie üblich jede Menge luxemburgisches Lokalkolorit liefert (wobei mir einfällt: Ich war immer noch nicht dort ;-)).
Gefehlt haben mir indes die ausführlichen Koch- und Essbeschreibungen der vorherigen Bücher. Nicht, dass in diesem Band davon nicht die Rede wäre. Aber es fällt doch deutlich weniger detailgetreu aus und kommt auch seltener zur Sprache - was ich eindeutig daran festmachen kann, dass mir beim Lesen kaum das Wasser im Munde zusammenlief und ich dieses Mal an keinem Rezept Interesse zeigte.
Doch alles in allem: Eine schöne kurzweilige Krimiunterhaltung mit sympathischen Figuren und viel luxemburgischen Flair.

Bewertung vom 29.08.2014
Der Tag, an dem ich fliegen lernte
Kremser, Stefanie

Der Tag, an dem ich fliegen lernte


sehr gut

Auch wenn Luisas Eintritt ins Leben etwas, nun ja, ungewohnt luftig war, scheint sie doch ein vom Glück begünstigtes Kind. Ihre Mutter Aza lässt sie kurz nach der Geburt aus ihrem Zimmer im 5. Stock des Krankenhauses fallen, doch wie ein Wunder wird sie von Fergus' großen Händen aufgefangen, der zufällig gerade zur Stelle ist. Da Aza verschwunden ist, zieht Luisa zu ihrem Vater Paul in die Studenten-WG und ihr Lebensretter kommt gleich mit. So wächst die Kleine wohl behütet und geliebt in einem unorthodoxen Umfeld auf, sodass das Fehlen ihrer Mutter ihrem Vater mehr zu schaffen macht als Luisa. Als sich sieben Jahre später, wie der Zufall es will, ein Lebensumbruch für beinahe alle WG-BewohnerInnen abzeichnet und nun auch die ersten Fragen von Luisa nach ihrer Mutter kommen, entscheidet Paul, sich gemeinsam mit seiner Tochter auf die Suche nach Aza zu machen.
Drei Teile umfasst diese schön zu lesende Familiengeschichte, die von Luisa als 20jähriger erzählt wird: Zuerst von ihrem wohlbehüteten Aufwachsen in der WG und den dort lebenden und teilweise wechselnden BewohnerInnen. Dann folgt der Aufbruch mit ihrem Vater, um Azas Vergangenheit in Deutschland aufzuspüren und zuguterletzt machen sich die Beiden nach Brasilien auf, wohin Azas Spur führt und Paul eine Stelle als Referendar bekommen hat. Sehr liebevoll und lebendig werden all die Menschen beschrieben, die Luisa von klein auf um sich hat und ich konnte gut nachvollziehen, wie sie diese ihr zugewandte Aufmerksamkeit und Liebe zu einem glücklichen und fröhlichen Kind machte - auch ohne Mutter. Wie heisst es in einem afrikanischen Sprichwort: Um ein Kind zu erziehen, braucht man ein ganzes Dorf. Hier ist es eine WG - und die macht ihre Sache gut :-)
Abwechslungsreich und überwiegend vergnüglich liest sich diese Suche nach Aza, denn selbst die traurigsten Stellen (und davon gibt es einige) bleiben es nicht allzu lange. Lediglich der Umstand, dass hier eine sehr junge Frau in einer derart lebendigen Wortvielfalt erzählt, die ich einer 20jährigen schlicht nicht zutraue (ich bitte schon im Voraus alle 20jährigen um Entschuldigung, falls ich ihnen Unrecht tue ;-)), wirkte zu Beginn etwas irritierend auf mich.

Bewertung vom 26.08.2014
Der Mann aus Zelary
Legátová, Kveta

Der Mann aus Zelary


ausgezeichnet

Dies ist ein kleines Büchlein mit einer Liebesgeschichte, die aber soviel mehr enthält als 'nur' eine zärtliche Romanze. 152 Seiten die deutlich machen, was wirklich wichtig ist im Leben, was wahre Liebe ist. Hört sich großspurig an? Nun ja, vielleicht. Doch lest selbst!
Eine junge Ärztin leistet in den Jahren 1942/43 für eine Widerstandsgruppe Kurierdienste, doch die Gruppe fliegt auf. Einige werden verhaftet, ihr verheirateter Geliebter flieht mit Frau und Kind ins rettende Ausland, andere versuchen ebenfalls zu entkommen. Ihr bester Freund drängt sie zur Flucht mit einem ihrer Patienten, einem Einfaltspinsel aus den Bergen, wie sie ihn selbst bezeichnet. Unter einem falschen Namen soll sie ihn heiraten um sich in Sicherheit zu bringen. Joza der Hinterwäldler, der in sie verliebt ist, willigt in diese Scheinehe ein und so bricht sie mit ihm in sein Dorf in den Bergen auf - nach Želary.
Dort erlebt sie eine Rückkehr zu den Wurzeln: ein einfaches schlichtes Leben. Und entdeckt nach und nach in ihrem Mann einen Menschen voller Liebe und Gefühl - ganz im Widerspruch zu seinem Äußeren. Legátová beschreibt das langsame Ankommen der jungen Frau aus der Stadt derart überzeugend und einfühlsam, dass man ihre sich ständig ändernden Empfindungen stets deutlich nachvollziehen kann. Was sie zuvor als tumbe Beschäftigung gefürchtet hat wie Kochen, Beeren sammeln usw. entwickelt sich zusehends zur völlständig befriedigenden Tätigkeit - neudeutsch würde man schreiben: Sie gerät immer öfter in einen Flow ;-) Sie lernt Menschen kennen, die in ihrem Tun voll und ganz aufgehen und darin glücklich sind, egal wie schwer die Last ist die sie zu tragen haben. Und ihren Mann, der ihr zu Beginn mehr Furcht als Wohlgefühl einflößte, lernt sie lieben obwohl ihr bisheriger Traummann das genaue Gegenteil von Joza ist.
Eine wunderschöne Geschichte die auf ungewöhnliche Weise zeigt, was im Leben wirklich wichtig ist.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.08.2014
1:0 für die Idioten
Stoffels, Karlijn

1:0 für die Idioten


ausgezeichnet

Die 14jährige Louisa kommt in die Villa Strandlust, eine psychiatrische Unterbringung für Jugendliche, weil sie versuchte sich umzubringen. Sie erzählt ihre Geschichte selbst und entsprechend verwirrend ist der erste Eindruck. In ihr herrscht ein Druck, der irgendein Ventil sucht und so läuft und läuft und läuft sie, ihr Zimmer hoch und runter, runter und hoch. Das Summen in ihrem Kopf lässt sie ihn gegen die Wand hauen, sodass sie wiederholt in die 'Weichzelle' muss, wie es die Sozios (Therapeuten) nennen. Nachdem sich der Druck etwas verringert hat und Louisa auch keine Fluchtversuche mehr unternimmt, kommt sie in eine Gruppe mit anderen Jugendlichen, um langsam darauf vorbereitet zu werden, wieder am 'normalen' Leben teilzunehmen.
Louisa erzählt sehr offen und in ihrem so ganz und gar eigenem Ton von sich wie auch von den Gruppenmitgliedern, die eines offenbar verbindet: In ihrem jeweils eigenen Leben scheinen sie völlig einsam und verlassen zu sein, ohne zu irgend jemandem Vertrauen fassen zu können. Doch nach und nach werden die Hürden kleiner, und trotz mancher Rückschläge machen fast alle Fortschritte.
Die Sprache ist ungewohnt, denn Louisa berichtet sehr direkt, wie bestimmte Dinge auf sie einwirken und was sie in ihr auslösen. Während sie die Bedürfnisse der Anderen überraschend schnell erkennt, steht sie ihren eigenen eher hilflos gegenüber, sodass es zu plötzlichen 'Ausfällen' ihrerseits kommt, die in ihrer Heftigkeit immer wieder erschreckend wirken.
Alles in allem hat Louisa auf mich sehr überzeugend gewirkt und ich frage mich, wie sich die Autorin so tief in das Denken einer verletzten jungen Seele hineinversetzen konnte, um es derart glaubhaft darzustellen.
Ein teilweise sehr schonungsloses Buch, das einen aber nicht mutlos zurücklässt.

Bewertung vom 20.08.2014
Wie gut ist Ihre Allgemeinbildung?

Wie gut ist Ihre Allgemeinbildung?


gut

Nachdem Wissensquiz sowohl im Fernsehen, online wie auch als App der große Renner sind, darf die gedruckte Ausgabe ja wohl nicht fehlen. 149 Seiten hat dieses Buch und gerade mal eine Frage mehr als Inhalt - das ist doch etwas mager. Man hätte gut das Doppelte unterbringen können ohne dass die Lesbarkeit oder die Inhalte der Antworten darunter gelitten hätten. Statt dessen gibt es allgemeingültige Aussagen zum Thema Wissen (Ältere Teilnehmende schnitten besser ab als jüngere - wie überraschend) sowie zwei Interviews mit einem 'Wer-wird-Millionär'-Gewinner und dem Moderator Günther Jauch, was ich persönlich lieber durch zusätzliche Fragen ersetzt gesehen hätte.
Der Frageteil ist aufgegliedert in die fünf Abschnitte Politik, Geschichte, Wirtschaft, Kultur und Naturwissenschaften zu jeweils 30 Fragen, die entweder frei oder durch Auswahl beantwortet werden sollen. Vom Zeitraum her werden sowohl historische Ereignisse wie auch aktuelles Geschehen abgefragt, was das Buch vermutlich schneller altern lässt. Denn nicht alles Aktuelle ist es wert, auch nach vier oder fünf Jahren noch gewusst zu werden beziehungsweise hat sich einfach mittlerweile geändert (Zum Beispiel: Wie heisst der Chef der Europäischen Zentralbank? Jean-Claude Trichet). Ob es zur Allgemeinbildung dazugehört, berühmte Persönlichkeiten aus Politik, Kultur, Wirtschaft usw. auf einem Bild zu erkennen, sei dahingestellt. Doch immerhin werden durch die Fotografien das Layout des Fragenkatalogs aufgelockert.
Das Ergebnis ergibt sicherlich keine verlässliche Aussage über den eigenen Stand der Allgemeinbildung. Aber wie auch beim Quizduell ist das gemeinsame 'Abarbeiten' der Fragen ein netter Zeitvertreib - und man erfährt durchaus auch ein paar interessante wissenswerte (?) Dinge.

Bewertung vom 18.08.2014
Im Keller
Reemtsma, Jan Philipp

Im Keller


sehr gut

Ein Mann wird entführt und nach Zahlung von unglaublichen 30 Millionen DM nach 33 Tagen wieder freigelassen. Das hört sich nach einem Thema für eine spannende und actionreiche Räuberpistole an, doch 'Im Keller' ist eher ein psychologisches Kammerspiel als ein packender Kriminalroman. Jan Philipp Reemtsma, der im Jahre 1996 entführt wurde, berichtet des Geschehene aus drei Perspektiven: Zum einen die Außenseite (wie er es mit eigenen Worten bezeichnet) wie sie seine Frau und sein Sohn durchlebten. Dann folgen seine eigenen Erlebnisse soweit er sich daran erinnern kann, während er im dritten und letzten Teil zusammenzufassen versucht, was das ihm Widerfahrene in ihm auslöste.
Schon die gerade mal ersten 40 Seiten lösen beim Lesen eine anhaltende Erschrockenheit aus, obwohl es sich im Grunde genommen um nichts anderes als eine sachliche, chronologische Darstellung dieser 33 Tage und der Zeit danach handelt. Doch insbesondere das Verhalten der Presse war selbst damals (fast 20 Jahre liegt das Ganze zurück) so rücksichts- und respektlos, dass man nur ungläubig den Kopf schütteln kann ('Wenn man nicht will, dass einem ins Fenster hineinphotographiert wird (und man will nicht), muss man die Vorhänge vorziehen. ...man bleibt im Haus - das dann eben kein Zuhause mehr ist, sondern ein Versteck, das man abdichten muss gegen unbefugten Einblick.').
Die nächsten 100 Seiten beschreiben die Entführung selbst aus der Sicht des Opfers in der dritten Person Singular. Es ist der Versuch des Autors, das Ganze mit Abstand zu berichten um so auch zu zeigen, '...dass es keine Ich-Kontinuität von meinem Schreibtisch zu dem Keller gibt...'. Mir fiel es hier teilweise schwer, dem Ganzen zu folgen, da immer wieder ein Wechsel von der ersten zur dritten Person Singular eintritt, sobald der Autor aus seiner Perspektive den Geschehnissen etwas hinzuzufügen hat. Dennoch wird überdeutlich, welcher Druck in dieser Zeit herrschte: Würde er lebend den Keller verlassen, seine Familie wiedersehen? Wie würde er sterben? Würden sie ihn zuvor verstümmeln? Dennoch versucht er seine Würde zu bewahren so weit dies, gefesselt an eine Fußkette, möglich ist. Selbst sein Humor verlässt ihn nicht ganz.
Im letzten Teil mit knapp 70 Seiten analysiert Jan Philipp Reemtsma, was in diesem Keller mit ihm geschehen ist. Dies ist wohl der erschreckenste Teil des Buches, denn es wird überdeutlich klar, dass von dem Mensch der in solch eine Situation gerät, nicht mehr viel bleibt. Die Ohnmacht ist absolut und diese entsetzliche Erfahrung wird man wohl nie wieder los.
Ein bedrückendes aber auch lehrreiches Buch, das nicht immer ganz einfach zu lesen ist.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.08.2014
Wie lebe ich ein gutes Leben?
Kitzler, Albert

Wie lebe ich ein gutes Leben?


sehr gut

Ratgeber für ein gelungenes Leben gibt es wie Sand am Meer - und jetzt noch einer unter dem Deckmantel der Philosophie? Steht da nicht sowieso überall das Gleiche drin?
Irgendwie schon, so ein bisschen - aber irgendwie auch wieder nicht. Albert Kitzler hat sich zum Thema 'Wie lebe ich ein gutes Leben?' mit den alten Philosophen aus Ost und West beschäftigt und untersucht, was diese weisen Herren (ja, leider scheinen keine Damen dabei gewesen zu sein) schon damals dazu meinten. Und siehe da, es ist alles andere als verstaubt was in der klassischen Zeit zur oben genannten Frage so niedergeschrieben wurde. Ausgehend von der Selbsterkenntnis lässt der Autor die großen Denker zu Punkten wie Mitmenschlichkeit, Selbstüberschätzung, Natur, Tod, Freiheit und diversen anderen Themen mit kurzen Auszügen aus ihren Werken zu Wort kommen und übersetzt diese in eine für alle Lesenden verständliche Sprache. Hoch aktuell wirken diese Ratschläge und regen in allen möglichen Lebensbereichen zum Nachdenken über das eigene Leben an. Konkrete Ratschläge wie 'Täglich 10 Minuten Yoga' oder ähnliches fehlen, stattdessen werden Beispiele aus dem Leben der Klassiker anschaulich ins Heute übertragen. Jedem Kapitel ist als Zusammenfassung ein kurzer Text eines Philosophen hintangestellt ebenso wie ein Merksatz des Autors, beispielsweise: 'Der Weise lernt stets dazu, indem er das Gelernte seinem Denken und Verhalten einübt.' Mit dem umfassenden Literaturnachweis lassen sich auch problemlos die Originale herausfinden, von denen einige umgehend auf meiner Wunschliste gelandet sind ;-)
Wer sich mit Philosophie bereits intensiver beschäftigt hat, wird vermutlich auf nicht allzu viel Neues stoßen, doch für Neulinge ist es ein gelungener Einstieg in ein Thema, das wohl immer interessant bleiben wird. Etwas Mäkelei am Rande: 272 Seiten gibt der Verlag an, habe das Buch. Tatsächlich sind es aber nur wenig mehr als 200, da der Anhang doch einen recht großen Raum einnimmt. Und wenn ich einen Wunsch äußern dürfte: Als Beilage ein DinA 4 oder 3 Poster mit der Übersicht aller Merksätze - das wäre schön :-) !

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.08.2014
Der eiserne Sommer / Kommissär Reitmeyer Bd.1
Felenda, Angelika

Der eiserne Sommer / Kommissär Reitmeyer Bd.1


sehr gut

Vor genau 100 Jahren spielt dieser Kriminalroman, der das damalige Zeitgeschehen nicht nur als wirkungsvollen Hintergrund nutzt, sondern aktiv in die Handlung miteinbindet. Ein junger Mann wird tot an der Isar gefunden und schon bald finden sich Beweise, dass er Kontakte zu den höchsten Kreisen der Gesellschaft wie auch dem Militär hatte, wenn auch nicht unbedingt erfreulicher Natur nach Meinung diverser oberer moralischer Instanzen (bzw. die sich dafür halten). Weitere Morde geschehen und Kommissär Reitmeyer, der mit diesem Fall betraut wird, findet sich schon bald in der heiklen Situation, dass er erfolgreich ermitteln soll, aber nur so weit, wie es seinem Polizeipräsidenten und anderen Autoritäten gefällt. Doch er recherchiert weiter und gründlicher als Vielen lieb ist und muss feststellen, dass es sich um ein Komplott ungeahnten Ausmaßes handelt...
Historische Kriminalromane sind ja nicht gerade sooo häufig und meist dient die Vergangenheit nur als Kulisse für die eigentliche Handlung. Doch hier ist der Krimi ohne diesen geschichtlichen Hintergrund nicht denkbar. Sehr überzeugend stellt die Autorin die damaligen autoritären Verhältnisse dar, in denen das Militär ein Staat im Staate war und die hohen Herren (und auch Damen) aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung praktisch über dem Gesetz standen (neinnein, das ist nicht so wie heute. Ecclestone musste immerhin 100 Mio. € bezahlen ;-)). Man gehorcht blindlings den Vorgesetzten und wer es wagt, sich eigene Gedanken zu machen, wird schnell als renitent und Querkopf bezeichnet (schön beschrieben der junge Rattler als Polizeilehrling). Doch es gibt eine Gegenbewegung, die die schönen Künste und gerade das Nichtmilitärische feiert, zum Entsetzen all der konservativen Kreise, die noch immer die Macht besitzen. Diese dürsten nach einem Krieg, um all dies Weibische und Schwächliche endgültig auszumerzen und Deutschland in seiner ganzen Pracht und Stärke wiederauferstehen zu lassen. Ebenso überzeugend und anschaulich beschreibt die Autorin, wie nach dem Attentat in Sarajevo die Stimmung in der damaligen Bevölkerung angeheizt wurde, wie Wut und Zorn von Kriegstreibern geschürt wurden und sich dies in Attentaten gegenüber scheinbar Verdächtigen entlud, die gerade des Wegs daherkamen. Dazu ein spannender, immer wieder überraschender Krimi - was will man mehr?

Bewertung vom 05.08.2014
Ein Mann namens Ove
Backman, Fredrik

Ein Mann namens Ove


ausgezeichnet

Die Schweden können nicht nur gute Krimis schreiben, wie man sieht, sondern auch richtig gute Romane ;-)
Der 59jährige Ove Svensson ist ein Griesgram wie er im Buche steht. Seit dem Tod seiner Frau vor einem halben Jahr lebt er mehr schlecht als recht allein und als seine Firma ihn gegen seinen Willen in den Vorruhestand entlässt, beschließt er, dass es nun reicht: Er will sterben. Doch die neu hinzugezogene Nachbarsfamilie, der Trottel Patrick mit seiner aus dem Iran stammenden, hochschwangeren Frau Parvaneh und den beiden kleinen Töchtern, machen ihm einen Strich durch die Rechnung. Ohne sein Zutun wird Ove plötzlich in Geschehnisse in der Nachbarschaft hineingezogen, die ihn seine Selbstmordpläne immer wieder verschieben lassen.
Ove ist wirklich ein Miesepeter und Pessimist, wie man ihn sich schlimmer kaum vorstellen kann - zumindest auf den ersten Blick. Ordnung und Regeln sind für ihn unter allen Umständen einzuhalten und da er, wie seine verstorbene Frau Sonja erklärte '...aus einer Generation stammt, in der ein Mann noch das war, was er tat, nicht das, was er sagte', findet er sich in der neumodischen Medienwelt, in der der Schein mehr als das Sein zählt, nicht zurecht. Ove ist ein altmodischer Held: Er rettet Menschenleben, packt ungefragt an wo Hilfe benötigt wird und will unter keinen Umständen auch nur die geringste Form der Aufmerksamkeit. Denn für ihn sind es Selbstverständlichkeiten. Ich gebe zu, dass ich mich zu Beginn etwas schwer tat mit dem Protagonisten, denn das Buch wird größtenteils aus seiner Sicht und seiner Stimmlage erzählt, die durchweg etwas ruppig klingt. Doch mit zunehmender Seitenzahl erkennt man Oves weiche Seite und seine Großzügigkeit immer deutlicher und er wuchs mir zusehends mehr ans Herz. Auch weil stets klarer wird, dass seine schroffe Art auf all die Verletzungen zurückzuführen ist, die ihm in der Vergangenheit zugefügt wurden.
Ich habe diesen Helden wirklich lieb gewonnen und werde mit dieser Geschichte wieder daran erinnert ;-) , Menschen nicht gleich nach dem ersten Eindruck zu beurteilen. Meist gibt es so viel mehr zu entdecken.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.