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Lilli33
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 527 Bewertungen
Bewertung vom 22.07.2015
Das unendliche Meer / Die 5. Welle Bd.2
Yancey, Rick

Das unendliche Meer / Die 5. Welle Bd.2


sehr gut

Nicht so actiongeladen wie der erste Band, trotzdem gut

Inhalt:
Cassie, ihr Bruder Sam, Ben, Ringer, Teacup, Poundcake und Dumbo konnten dank Evan Walker aus dem Lager der Anderen entkommen. In einem verlassenen Hotel warten die Kinder und Jugendlichen auf Evan, aber er hat es scheinbar nicht geschafft. Doch mit jedem Tag, den sie am selben Ort bleiben, erhöht sich das Risiko der Gruppe, von den Anderen aufgespürt zu werden. Deshalb geht Ringer los, um eine Höhle auszukundschaften. Doch leider kommt sie nicht so weit. Sie fällt Vosch in die Hände, der ganz besondere Pläne mit ihr hat. Inzwischen machen die übrigen Bekanntschaft mit neuen fiesen Tricks der Anderen.

Meine Meinung:
Der Schreibstil ist wie schon im ersten Band fesselnd und mitreißend. Die Seiten fliegen nur so dahin. Während im ersten Teil vor allem Cassie zu Wort kam, geht es nun zu einem großen Teil um Ringer. Trotzdem gibt es auch Kapitel aus Cassies Sicht. Beide Mädchen erzählen in der Ich-Form, man erkennt aber immer sofort, wer gerade an der Reihe ist. Auch männliche Perspektiven gibt es, diese werden von einem personalen Erzähler dargestellt.

Wechselnde Perspektiven mag ich eigentlich sehr gerne, geben sie dem Leser doch einen umfassenden Überblick. Hier fand ich es aber etwas übertrieben, denn einige Male wurde diesselbe Szene einfach aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt, wobei sich nichts wesentlich Neues ergab.

Während der erste Band voller Action war, beginnt der zweite relativ gemächlich. Die Handlung kommt wenig voran. Dafür lernen wir die Protagonisten näher kennen. Erinnerungen an früher zu Hause oder im Camp der Anderen geben Hinweise darauf, warum sie die Personen geworden sind, die sie nun sind, warum zum Beispiel Poundcake nicht spricht oder warum ein Versprechen unbedingt gehalten werden muss. Die Charaktere gewinnen dadurch an Tiefe.

Erst spät wird der Roman wieder richtig spannend und actionreich. Ich muss sagen, dieser Teil hat mir dann doch besser gefallen als der Anfang. Allerdings geht es hier auch wieder sehr brutal und blutig zu. Von der ein oder anderen lieb gewonnenen Figur muss der Leser sich wieder verabschieden, dafür kommen neue hinzu, die auch interessant und vielschichtig sind.

Toll fand ich auch, dass wir gegen Schluss sogar schon ein bisschen in die Hintergründe der Invasion der Außerirdischen eingeweiht werden. Damit hätte ich eigentlich erst im nächsten Band gerechnet. Aber keine Angst, es bleibt trotzdem spannend, wie sich alles weiter entwickelt. Ich bin schon sehr neugierig auf den dritten Band.

Die Reihe:
1. Die fünfte Welle
2. Das unendliche Meer
3. ???

Bewertung vom 17.07.2015
Noch so eine Tatsache über die Welt
Davis, Brooke

Noch so eine Tatsache über die Welt


sehr gut

Skurriler Roman über den Tod, das Leben und die Liebe

Inhalt:
Millies Hund Rambo war ihr allererstes totes Ding. Fortan setzt sie sich immer mehr mit dem Tod auseinander und trägt alle toten Dinge, die ihr über den Weg laufen, in ein Buch ein, eine Spinne, eine Fliege und noch andere Sachen. Als sie ihren Dad in das Buch der toten Dinge eintragen muss, ist Millie sieben. Ihre Mum versinkt in hoffnungsloser Trauer. Sie setzt Millie in der Wäscheabteilung des Kaufhauses aus. Millie wartet … und wartet … und wartet. Bis sie einen alten Mann kennenlernt, der aus dem Pflegeheim ausgebüxt ist und sich in ebendiesem Kaufhaus versteckt. Die beiden freunden sich an und machen sich auf die Suche nach Millies Mum. Dabei schließt sich ihnen auch noch eine alte Frau an. Zu dritt reisen sie durch Australien, um Millies Mum zurückzuholen. Was sie dabei erleben, ist schon sehr skurril.

Meine Meinung:
Eine realistische Handlung sollte man in Brooke Davis’ Roman nicht unbedingt erwarten. Die Charaktere werden sehr überspitzt dargestellt, und es passiert allerhand, mit dem man im richtigen Leben nicht durchkommen würde. Trotzdem ist das Buch sehr lesenswert, denn es macht dem Leser einige Dinge bewusst, über die man vielleicht noch nicht so viel nachgedacht hat.

Millie ist ein liebes kleines Mädchen, ich denke, jeder wird sie schnell ins Herz schließen. Man kann eigentlich gar nicht verstehen, wie die Mutter es fertigbrachte, sie zu verlassen. Doch von der Mutter erfahren wir leider nicht so viel, deshalb wird das wohl ihr Geheimnis bleiben.

Auch der 87-jährige Karl war mir gleich sympathisch. Er hat zwar ein paar Macken, aber wer hat die nicht? Im Großen und Ganzen hat er das Herz am rechten Fleck und ist ein guter Mensch.

Mit der 82-jährigen Agatha konnte ich mich lange Zeit nicht anfreunden, obwohl ich durchaus nachvollziehen konnte, warum sie so verbittert und sogar bösartig geworden ist. Doch auch ihre Passagen waren interessant zu lesen.

Die Mischung aus diesen drei so unterschiedlichen Charakteren macht den Reiz der Geschichte aus. Drei Fremde, die erst einmal zueinander finden müssen, um ihr Ziel erreichen zu können.

Die einzelnen Kapitel sind mit der jeweiligen Person überschrieben, aus deren Sicht sie geschrieben sind. Dabei haben wir es stets mit einem personalen Erzähler zu tun. Auffallend ist, dass die wörtliche Rede nicht in Anführungszeichen, sondern kursiv gedruckt steht. Welchen Sinn dies haben soll, hat sich mir leider nicht erschlossen. Hauptsache, sich nicht an die Norm halten? Klar, es passt zu den Protagonisten, die auch in keine Norm passen. Trotzdem fand ich es ziemlich überflüssig und gewöhnungsbedürftig.

Fazit:
Mir hat dieses Buch recht gut gefallen. Es hat mich berührt, zum Lächeln und zum Nachdenken gebracht. Ein kleiner Roman über den Tod, die Freundschaft und die Liebe.

Bewertung vom 04.07.2015
Wenn die Wale an Land gehen
Aehnlich, Kathrin

Wenn die Wale an Land gehen


ausgezeichnet

Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, das war und ist Amerika für viele, so auch für die Bürger der ehemaligen DDR. Roswitha ist 50, als sie nach New York reist. Gerade frisch geschieden, ist sie auf der Suche nach Mick, ihrer Jugendliebe. Sie waren in den 1980er Jahren in Leipzig in derselben Studentenclique. Mit Hilfe der Kunst, sei es Musik, Theater, Fotografie oder Film, lehnten sich die Freunde gegen die normierte Gesellschaft auf, bis sie ins Visier der Stasi gerieten. Vor allem Mick war schon immer der rebellische Typ, er wollte sich nicht dem System unterordnen, sondern das Land verlassen, in die USA gehen, was er schließlich auch tat. Roswitha blieb. Seit über 20 Jahren haben sie sich nicht mehr gesehen, und so hat Roswitha nur eine Jahre alte Adresse von ihm und ihre Suche dauert etwas. Dabei lernt sie aber einige Freunde von Mick kennen, die sich ihrer annehmen.

In Rückblicken erzählt Kathrin Aehnlich vom Leben der Studenten in der DDR in den 1980er Jahren, kurz vor dem Fall der Mauer, von der verordneten Langeweile und der langweiligen Planbarkeit des Lebens. Sehr geschickt verwebt sie dabei die Ereignisse der Vergangenheit in der DDR mit denen der Gegenwart in New York. Immer wieder gibt es Parallelen.

Mit leisen Worten und einer guten Portion Humor lässt die Autorin uns Leser tief in das Leben der Protagonisten eintauchen. Es schwingt viel Melancholie mit, aber auch ein starker Wille der Hauptfiguren wird deutlich. Durch den ganzen Roman zieht sich die Musik als verbindendes Element. Schon für die damaligen Studenten war sie ein Mittel der sanften Auflehnung. Für Roswitha spielt die Musik auch heute noch eine große Rolle. Immer wieder unterlegt sie ihre momentane Situation mit einer Liedzeile oder einem Musiktitel.

Sie überlegte, wie sie ihre Frage nach Mick formulieren könnte. Vielleicht mithilfe der Bee Gees? „Have you seen my friend Mrs. Jones?“ (S. 112)

Roswitha suchte nach einem passenden Soundtrack für ihren Abschied. Ihr fiel nur Reinhard Mey ein: „Gute Nacht, Freunde, es wird Zeit für mich zu gehn, was ich noch zu sagen hätte, dauert eine Zigarette und ein letztes Glas im Stehn.“ (S. 248)

Dabei handelt es sich in der Regel um ältere Musiktitel, die der heutigen Jugend vielleicht nicht mehr geläufig sind. Wenn man aber, so wie ich, in einem ähnlichen Alter wie Roswitha ist, kann man sich mit einer gewissen nostalgischen Wehmut an früher erinnern.

Bewertung vom 29.06.2015
Das Meer in deinem Namen / Ostsee-Trilogie Bd.1
Koelle, Patricia

Das Meer in deinem Namen / Ostsee-Trilogie Bd.1


sehr gut

Warmherziger Roman, sommerlich leicht

Inhalt:
Fast ihr Leben lang schon fürchtet sich Carly vor dem Meer. Als sie ein Kind war, hat es ihr die Eltern genommen. Als sie nun den Auftrag bekommt, für ihren ehemaligen Chef ein Häuschen in dem Künstlerdorf Ahrenshoop an der Ostsee für den Verkauf vorzubereiten, ist ihr ein wenig mulmig zumute. Doch Land und Leute machen es ihr leicht, sich dort wohl zu fühlen. Je mehr Carly in die Geschichte der Vorbesitzerin eintaucht, desto weniger will sie diesen wunderbaren Ort wieder verlassen.

Meine Meinung:
Detailreich und bildhaft erzählt Patricia Koelle die Geschichte zweier Frauen. Wir begleiten zum Einen Carly im Jahr 1999, als sie nach Ahrenshoop in das Haus Naurulokki kommt, um auszumisten und sauber zu machen, damit das Haus verkauft werden kann. Je mehr sie sich mit dem Haus beschäftigt, umso mehr erfährt sie über die (Liebes-) Geschichte der verstorbenen Besitzerin, Henny Badonin, einer Malerin. Sie fühlt sich auf eigenartige Weise mit der ihr unbekannten Frau verbunden und spürt sogar deren Anwesenheit auf Naurulokki. Ausgerechnet hier am Meer, vor dem sie immer Angst hatte, fühlt Carly sich endlich heimisch. Es gelingt der Autorin, eine wunderbare Atmosphäre heraufzubeschwören. Man kann leicht nachvollziehen, warum Carly sich auf Naurulokki und in Ahrenshoop so wohl fühlt.

In Rückblicken erfahren wir Leser noch mehr als Carly, nämlich wichtige Ausschnitte aus Hennys Leben in den 1950er und 1990er Jahren. Die Perspektivwechsel haben mir gut gefallen, sie machten den Roman abwechslungsreicher und interessanter. Allerdings blieb mir Henny und ihre Zeit bis zum Schluss fremder als Carly. Aber das ist ja nicht schlimm. Wichtig ist, dass die Handlung in sich logisch und nachvollziehbar ist, und das ist sie, auch wenn es zuweilen vor glücklichen Zufällen nur so wimmelt. Probleme lösen sich wie von selbst, was in der Häufigkeit dann doch etwas unglaubwürdig wirkt. Es wird alles ein bisschen durch die rosa Brille betrachtet, Ecken und Kanten hat wohl das Meer schon abgeschliffen. ;-)

„Das Meer in deinem Namen“ ist ein leichter Roman, nicht besonders tiefgründig, aber auch nicht oberflächlich, ein wenig kitschig, ein wenig klischeebehaftet. Wer das mag, ist hier genau richtig.

Die Handlung kann man als abgeschlossen betrachten. Gleichwohl gibt es einige lose Fäden, die noch weiter verfolgt werden können. Und so wird der 2. Teil der Trilogie mit dem Titel „Das Licht in deiner Stimme“ im September 2015 als Taschenbuch erscheinen. Als E-Book ist er bereits erhältlich.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.06.2015
Nur einen Horizont entfernt
Spielman, Lori Nelson

Nur einen Horizont entfernt


gut

Konnte meine Erwartungen leider nicht erfüllen

Inhalt:
Die Fernsehmoderatorin Hannah Farr ist an einem Wendepunkt ihres Lebens angelangt. Die Beziehung zu Michael tritt auf der Stelle, die Quoten ihrer TV-Show sinken beständig. In ihrer Not erinnert sich Hannah wieder an die Versöhnungssteine, die ihr vor zwei Jahren von einer ehemaligen Schulkameradin geschickt wurden. Fiona wollte sie mit einem Stein um Verzeihung bitten, doch Hannah war noch nicht dazu bereit. Den zweiten Stein sollte Hannah an jemanden schicken, den sie selbst um Verzeihung bitten möchte. Diese Steine bringen nun eine Lawine ins Rollen, unter der Hannahs bisheriges Leben verschüttet werden wird.

Meine Meinung:
Nach dem großen Erfolg ihres ersten Romans „Morgen kommt ein neuer Himmel“ war ich sehr gespannt auf das aktuelle Buch und hatte wohl zu hohe Erwartungen. Mehr als durchschnittlich war das für mich nicht.

Der Schreibstil ist ganz okay, es lässt sich flott lesen, ist aber nicht wirklich außergewöhnlich schön. Ein Klischee reiht sich an das nächste, und vieles ist zumindest in groben Zügen vorhersehbar. Es gibt einige nette Lebensweisen, die aber auch nicht gerade neu sind, z.B. "Die Menschen, die man liebt, gibt man niemals auf." Diese Phrase zieht sich wie ein roter Faden durch die Handlung.

Was mich aber tierisch genervt hat, war die Protagonistin Hannah. Ich wurde mit ihr einfach nicht warm. Es hat mich immer wieder gewundert, wie schnell sie in ihren Meinungen umschwenkt. Sie hat erstaunlich wenig Rückgrat, dafür eine Riesenmenge Naivität. Mehr als ein Mal wollte ich sie schütteln und Klartext mit ihr reden. Auch ihre ständige Jammerei ging mir gehörig auf den Keks. Ach hätte ich doch…, ich sollte nicht…, warum habe ich nur… Immer dreht sich alles nur um sie. Und das, obwohl sie doch gerade dabei ist, sich bei anderen zu entschuldigen.

Aber auch die meisten anderen Charaktere waren mir nicht unbedingt sympathisch. Hannahs Maskenbildnerin Jade und der Winzer RJ waren die Einzigen, die mich voll und ganz auf ihre Seite ziehen konnten, wobei RJ schon fast zu gut ist, um wahr zu sein.

Leider blieb am Ende eine wichtige Frage unbeantwortet. Das war für mich recht unbefriedigend. Natürlich kann hier jeder für sich entscheiden, was er vermutet. Ich persönlich hätte lieber eine klare Antwort gehabt.

Was mir an diesem Buch aber gefallen hat, ist, dass es einen zum Nachdenken bringt. Nachdenken darüber, bei wem man sich vielleicht selbst endlich mal entschuldigen müsste. Nachdenken darüber, ob eine Entschuldigung wirklich immer gut ist oder ob man manche Dinge nicht besser ruhen lässt. Nachdenken darüber, auf welche Art man eine Entschuldigung vorbringt. Nachdenken darüber, wie viel befreiter man sich selbst fühlen kann, wenn man den richtigen Schritt getan hat.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.04.2015
Heart. Beat. Love.
Patterson, James;Raymond, Emily

Heart. Beat. Love.


ausgezeichnet

Road Trip mit Gefühl

Inhalt:
Von heute auf morgen überredet die sechzehnjährige Axi ihren besten Freund Robinson, mit ihr abzuhauen und eine Tour quer durch die USA zu machen. Was Robinson nicht weiß: Axi ist ihn verliebt. Doch das Schicksal hält nicht nur Gutes für die beiden bereit.

Meine Meinung:
Ganz ehrlich? - Anfangs war ich ziemlich enttäuscht, ich fand die Handlung total unlogisch. Axi hat einen Ruf als BM = Braves Mädchen weg, sagt in einem Satz, dass sie sich um ihren Vater kümmern muss, um im nächsten Satz Robinson zu bitten, mit ihr abzuhauen. Und schon geht’s los, statt wie von Axi geplant mit dem Greyhoundbus mit einer geklauten Harley, mit der die beiden mal eben ohne Helm mit 180 über die Straßen brettern.

„Wir sind Axi und Robinson, die jugendfreie Version von Bonnie und Clyde.“ (S. 101)

Und in dem Stil geht es weiter. Sie erleben ein paar schöne Dinge, Axi kämpft mit ihren Gefühlen für Robinson, traut sich aber nichts zu sagen. Alles recht oberflächlich. Über die beiden Protagonisten erfährt man sehr wenig, sie waren für mich nicht fassbar. Dieses war der erste Teil.

Und dann kam die Wende, Teil 2. Ach, wäre doch der erste Teil auch schon so gut geschrieben gewesen! Endlich geht es wirklich um große Gefühle, das Schicksal ist ein mieser Verräter (wenn ich mal diesen Buchtitel von John Green zitieren darf) und schlägt gnadenlos zu. Auch die Hintergrundgeschichte von Axi und Robinson kommt nun zur Sprache. Da ist nichts mehr oberflächlich, man möchte die beiden nur noch in den Arm nehmen und ganz fest halten. Und man kann die beiden schließlich nur für ihren Lebensmut und ihre optimistische Einstellung bewundern.

„Man kann ein gutes Leben führen oder es halb verschlafen. Man kann eine Sanddüne herunterrasen oder sein Leben vor dem Fernseher verbringen.“ (S. 299)

Erzählt wird die Geschichte von Axi in der Ich-Form. Die Sprache wirkt recht jugendlich und flott. So lässt sich das Buch auch aufgrund der relativ großen Schrift und der vielen Bilder in kürzester Zeit lesen.

Erwähnenswert ist noch die Aufmachung des Buches. Wie schon auf dem Schutzumschlag gibt es auch im Buchinneren jede Menge Fotos, die Axi und Robinson bei ihrem Roadtrip zeigen, innen sind sie allerdings schwarz-weiß. Diese Illustrationen finde ich wirklich sehr schön, sie zeigen gelungene Schnappschüsse der Reise.

Bewertung vom 08.04.2015
Unland
Wagner, Antje

Unland


ausgezeichnet

Spannendes Jugendbuch mit Mystery-Elementen

Inhalt:
Franka kann nicht mehr bei ihrer Pflegefamilie in Berlin bleiben. Das Jugendamt weist sie einer Erziehungsstelle in Waldburgen in Sachsen-Anhalt zu. In dem kleinen Dorf lebt Franka fortan mit sechs weiteren Kindern und Jugendlichen und den Erziehern Vera und Andreas Kämpf in Haus Eulenruh. Schon bald bemerkt Franka, dass etwas nicht stimmt. In regelmäßigen Abständen fällt der Strom im gesamten Dorf aus und immer wieder fühlt Franka sich beobachtet. Um eine nahe gelegene Ruinenlandschaft, „Unland“ genannt, ist ein Zaun gezogen. Betreten verboten! Als die Bewohner von Haus Eulenruh immer stärker von den Alteingesessenen angefeindet und beschuldigt werden, stellen die Jugendlichen auf eigene Faust Nachforschungen an und bringen sich damit in höchste Gefahr.

Meine Meinung:
Mir fiel es sehr leicht, in das Geschehen einzutauchen und mich auf die Protagonisten einzulassen, sind sie doch alle auf ihre Art Sympathieträger. Allen voran die 14-jährige Franka, die in der Ich-Form erzählt. Schon rein äußerlich passt sie in keine Norm, und auch im Inneren hebt sie sich von den meisten Jugendlichen ab. Gerade das hat mir gut an ihr gefallen. Sie hält nichts von Modetrends und Cliquengehabe, sie ist eher der geradlinige, unverstellte Typ, auch wenn sie damit bei anderen aneckt. Im Laufe der Erzählung lernt man sie ziemlich gut kennen und mögen. Aber auch die anderen Bewohner von Haus Eulenruh werden sehr plastisch dargestellt. Ich hatte keine Probleme, sie mir vorzustellen. Sie haben alle eine problematische Vergangenheit, die im Verlauf der Geschichte immer mehr zutage tritt, ohne sich allzu sehr in den Vordergrund zu spielen. Trotzdem machen ihre Schicksale betroffen.

Antje Wagner erzählt eher ruhig, atmosphärisch dicht und von Anfang an mit unterschwelliger Spannung, die sich immer mehr steigert. Mich hat das Buch absolut gefesselt, selbst am Anfang, wo noch gar nicht so wahnsinnig viel passiert. Als es dann mit den mysteriösen Vorkommnissen losgeht, konnte ich das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen, so war ich in der Geschichte gefangen.

Die Mystery-Elemente in der Geschichte tauchten für mich völlig überraschend auf. Ich hatte vorher keine Ahnung, dass die Handlung in diese Richtung laufen könnte, fand diese Wendung aber gut. Lediglich das offene Ende hat mich nicht ganz befriedigt, aber ich kann damit leben.

Fazit:
Ein wirklich spannendes, zum Nachdenken anregendes Jugendbuch ab ca. 12 Jahren, das auch Erwachsene fesseln kann. Absolut lesenswert!

Bewertung vom 06.04.2015
Der Untergang Barcelonas
Sánchez Piñol, Albert

Der Untergang Barcelonas


gut

Kriegsbericht mit einigem Witz, aber vielen Längen

Albert Sánchez Piñols neues Buch wird in Spanien als Meisterwerk gehandelt. Vielleicht muss man Spanier sein oder aber zumindest Historiker, um dies nachvollziehen zu können. Ich kann es nicht.

Die Leseprobe - die ersten 59 Seiten des Romans - fand ich einfach genial. Sie sprühen vor Witz und lebendigen Szenen. Daher wollte ich dieses Buch gerne lesen. Doch die Enttäuschung kam schon bald.

Der Protagonist Martí Zuviría, genannt Zuvi, diktiert im stolzen Alter von 98 Jahren einer gewissen Waltraud, seine Erinnerungen. Diese beginnen 1705, als Zuvi mit 14 Jahren die Schule des großen französischen Baumeisters Vauban antritt, um die Ingenieurskunst zu erlernen. Die Lehrmethoden sind äußerst seltsam, dafür für den Leser umso unterhaltsamer. Mit Ingenieurskunst ist vor allem die Kunst der Belagerungstechnik gemeint, also der Bau von Angriffsgräben, Mauern und Bastionen.

Schon bald befindet sich Zuvi mitten im Kriegsgeschehen, im spanischen Erbfolgekrieg. Und so begann mein Martyrium. Nicht nur die Soldaten kämpfen - nein, auch ich musste mich durch die Seiten kämpfen. Hier zeigte sich, dass es sich bei diesem Werk weniger um einen Roman als vielmehr um einen subjektiv angereicherten minutiösen Bericht über den spanischen Erbfolgekrieg handelt. Ich habe gefühlt jeden einzelnen Soldaten mit Namen kennengelernt, jede Bastion verteidigt und zig Angriffsgräben gegraben. Mir waren das einige detaillierte Beschreibungen zu viel! Das Lesen war ermüdend bis langweilig. Die Hintergründe des Krieges und die Erläuterungen zu den verschiedenen beteiligten Parteien fand ich allerdings schon interessant.

Auch Piñols Schreibstil, die Wortwahl, der Sarkasmus haben mir sehr gut gefallen. So wirkte der Bericht nicht ganz so trocken, die unzähligen Toten blieben keine Zahlen, sondern bekamen Gesichter. Trotzdem erinnerte das Buch über weite Strecken an ein ödes Geschichtslehrbuch und nicht an einen Unterhaltungsroman.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Hauptfigur Zuvi nicht unbedingt ein Sympathieträger ist, mit dem man sich gerne identifizieren würde. Er betitelt sich selbst als Taugenichts und liegt damit nicht ganz falsch. Zwar entwickelt er als Ingenieur einigen Ehrgeiz, doch sein Charakter ist nicht wirklich so, dass man ihm nacheifern möchte. Er ist ziemlich egoistisch und unbedacht. Erst recht spät beginnt er, Verantwortung zu übernehmen.

Lobend hervorheben möchte ich die von Zeit zu Zeit eingestreuten Illustrationen, ohne die ich bei manchen Beschreibungen aufgeschmissen gewesen wäre bzw. ohne die das Buch noch theoretischer geworden wäre. Denn so kann man die Anlage von Befestigungen oder Gräben mit einem Blick erfassen, wozu in Worten mehrere Seiten erforderlich wären.

Im Anhang findet man eine kurze Zeittafel mit Ereignissen des Krieges sowie ein Personenverzeichnis.

Piñol arbeitet wohl gerade an der Fortsetzung des Romans, die ich aber mit Sicherheit nicht lesen werde, zumal der erste Band mit der Niederlage Barcelonas an einem bedeutenden Abschnitt endet, man also nicht unbedingt weiterlesen muss.

Bewertung vom 28.03.2015
Sommer unter schwarzen Flügeln
Martin, Peer

Sommer unter schwarzen Flügeln


ausgezeichnet

Meine Meinung:

Martin hat sich etwas ganz Besonderes ausgedacht. Zum Einen sind jedem Kapitel zwei aussagekräftige Zitate vorangestellt, zum anderen wird der Leser am Ende jedes Kapitels angeregt, bestimmte Begriffe im Internet selbst zu suchen und dadurch das Gelesene noch zu vertiefen und zu erweitern. Das ist eine tolle Sache, die außerdem zeigt, wie hervorragend der Autor für das Buch recherchiert hat. Die eigene Internetsuche ist allerdings kein Muss, es geht auch ohne, wenn man das nicht mag.

Peer Martin hat hier ein (leider immer noch) brandaktuelles Thema bearbeitet: den Krieg in Syrien, der schon so viele Opfer gefordert und so viele Leben und Städte zerstört hat. Doch Syrien ist weit weg von Deutschland.

„Da sah ich in den Himmel, an dem der Morgen sich rot und violett und gelb abzeichnete. Die Berge waren so hoch wie immer, und die Wolken zogen über Tall Achmar, als wäre nichts geschehen.
Was war schon ein kleines Dorf.“ (S. 484)

Wir sehen die schrecklichen Bilder in den Nachrichten und gehen anschließend wieder zu unserem eigenen Alltag über. Doch immer mehr Menschen bleibt gar nichts anderes übrig, als zu fliehen und darauf zu hoffen, in fremden Ländern unterzukommen. Auch Deutschland nimmt viele Flüchtlinge aus Syrien auf, und es werden noch mehr werden. Heißen wir sie willkommen, geben wir ihnen hier bei uns ein Stück Heimat!

Nuri ist eine faszinierende Person. Sie erkennt sofort, dass dieser Junge in dem Kapuzensweatshirt mit einer schwarzen Sonne auf dem Rücken und Springerstiefeln an den Füßen nicht nur schlecht ist. Wie schon in ihrer Heimat, wo sie ihre Familie mehrere Male durch ihre Vorahnung gerettet hat, hat sie auch bei Calvin den richtigen Riecher.

Und Calvin kann sich nicht gegen Nuris dunkle, große Augen wehren, gegen dieses unsagbar schöne Mädchen, das ihm Geschichten erzählt, Geschichten wie aus 1001 Nacht, von einem Land voller exotischer Gerüche, voller leuchtender Farben und fröhlicher Menschen. Doch die Geschichten, die Nuri erzählt - eigentlich ist es ja nur eine Geschichte, die immer wieder durch die Ereignisse in der Gegenwart unterbrochen wird -, nehmen immer düsterere Züge an. Wir erfahren immer mehr von Übergriffen, Folter und Krieg. Nuri nimmt Calvin und den Leser - denn auch als Leser kann man sich ihrer Erzählung nicht entziehen - mit in das zerbombte Syrien, lässt uns an ihrer Angst teilhaben, an den vielen Toten und Vermissten. Das ist teilweise wirklich harter Tobak, schwer zu ertragen. Aber das Schlimmste ist, dass es realistisch ist.

Nuri und Calvin werden ein Paar - doch wie soll das gehen? Calvin muss ganz langsam umdenken, sich von seinen Ausländer-raus-Parolen distanzieren, sich von seiner Clique abwenden. Aussteigen. Doch das ist alles andere als einfach - es ist gefährlich, lebensgefährlich. Wen die Rechten mal in ihren Fängen haben, den lassen sie nicht einfach wieder los. Doch die Liebe der beiden ist so fest und dabei doch so zart, einfach wunderbar beschrieben.

„„Wir haben uns eine Woche lang nicht geküsst, weißt du das?“
„Schande über uns“, sagte Calvin und fühlte die Schwere dieser Woche mit den Wolken davonziehen. „Wir sollten es nachholen.“
Sie hatten es nicht verlernt.“ (S. 336)

Die Charaktere erhalten im Laufe der Erzählung eine immense Tiefe, ihre Entwicklung geht langsam aber stetig voran und wirkt absolut glaubwürdig. Überhaupt macht die ganze Geschichte einen sehr realistischen Eindruck, was sicher auch dadurch hervorgerufen wird, dass immer wieder auf wahre Begebenheiten eingegangen wird.

Peer Martin hat eine unvergleichliche Art zu schreiben, voller Gefühle, voller Spannung. Seine Worte lassen das Gelesene wie einen Film im Kopf ablaufen. Man taucht ganz tief in die Handlung ein, wird ein Teil davon und kann vieles davon in die Realität mitnehmen.

Ob es für Nuri und Calvin ein Happy End geben kann, müsst ihr selbst lesen. Es lohnt sich!