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Benutzername: 
Igelmanu
Wohnort: 
Mülheim

Bewertungen

Insgesamt 997 Bewertungen
Bewertung vom 10.08.2018
Der Ripper
Laymon, Richard

Der Ripper


weniger gut

»Ich war fünfzehn Jahre alt, bis auf die Haut durchnäßt, mir war kalt und ich hatte Angst, und als ich Jack the Ripper durch die dunklen Morgenstunden folgte, war ich fest davon überzeugt, daß ich das erste Licht des neuen Tages nicht mehr erleben würde. Aber ich verfolgte ihn trotzdem.«

Whitechapel, November 1888. Äußerst unfreiwillig wird der fünfzehnjährige Trevor Bentley Zeuge, wie Mary Kelly bestialisch ermordet wird. Trevor ist natürlich traumatisiert, aber auch zutiefst überzeugt, dass er mithelfen muss, dieses Monster zur Strecke zu bringen. Er heftet er sich an seine Fersen, doch der Ripper hat ein neues Jagdrevier angepeilt: Den Wilden Westen von Amerika…

Dieses Buch war eine interessante Erfahrung. Im Klappentext wird es unter anderem mit den Worten »Tom Sawyers Abenteuer als Horrorroman« beschrieben, das trifft es schon fast.
Der junge Trevor steht ganz klar im Mittelpunkt der Handlung, seine Geschichte nimmt auch den überwiegenden Teil des Buchs ein. Der Ripper ist im Grunde nur eine Nebenfigur, die am Anfang und am Ende auftaucht und dazwischen von mir sehr vermisst wurde. Sicher habe nicht nur ich das Buch mit der Erwartung aufgeschlagen, erheblich mehr über einen der berühmtesten Serienmörder der Geschichte zu lesen!

Stattdessen geht es um Trevor, von vorne bis hinten. Trevors Probleme mit einem Freund seiner Mutter, Trevors erste Erfahrungen mit der Sexualität (sehr harmlos), Trevors erste Liebe, Trevors Pflichtgefühl, Trevors Erlebnisse im Wilden Westen, Trevors nächste Liebe, Trevors Mut, Trevors Talent, Trevors Schuldgefühle usw. usw.
Das alles ist passabel geschrieben und wenn ich einen Abenteuerroman rund um einen Heranwachsenden erwartet hätte, wäre sicher ein Stern mehr drin gewesen. Ich hatte aber einen Horrorroman rund um Jack the Ripper erwartet, in dem auch ein Jugendlicher mitspielt. Das ist ein Unterschied.

Die Szenen, in denen der Ripper auftaucht, sind meist gut gelungen und blutig. Nur – leider – gibt es davon nur wenige, der Horror wird zur Randerscheinung.
Außerdem, ich sagte oben: „Das trifft es schon fast.“ Zutreffend ist, dass wie bei Tom Sawyer ein Junge im Zentrum steht und der Leser ihn begleitet. Aber ansonsten finde ich den Vergleich mit Mark Twain nicht angebracht. Der Stil war der eines simpel gestrickten Westerns, streckenweise etwas langatmig. Und was mir nach einiger Zeit auf die Nerven ging, war diese übertriebene Darstellung der vielfältigen Begabungen und des enormen Mutes des Protagonisten. Es ist ein bekanntes Phänomen in der Jugendliteratur, dass der junge Mensch den Erwachsenen überlegen ist. Aber erstens kann man auch alles übertreiben und zweitens ist dies hier kein Jugendbuch, dafür sind die Randszenen definitiv nicht geeignet.

Fazit: Schade, dass nur so wenig Ripper im Buch war. Stil-Mix kann was sehr Schönes sein, hier ist er aber nicht gelungen.

Bewertung vom 10.08.2018
Küstenmorde / Kommissar John Benthien Bd.1
Ohlandt, Nina

Küstenmorde / Kommissar John Benthien Bd.1


gut

»Irgendjemand hatte den alten Mann kopfüber an die Plattform des kleinen Leuchtturms gehängt wie ein Wäschestück an die Leine. Das Gesicht steckte in einer Plastiktüte, die mit einer Schnur am Hals festgebunden war. Die scharfen Schnäbel der Möwen hatten Löcher in die Tüte gerissen, das größte über dem linken Auge.«

Wenn auf einer idyllischen Ferieninsel, deren Kriminalität sich normalerweise im Rahmen von Fahrraddiebstählen bewegt, ein altes Ehepaar grausam ermordet wird, sollte dies die Bevölkerung eigentlich erschüttern. Umso erstaunter stellen Hauptkommissar John Benthien von der Flensburger Kripo und seine Kollegen feste, dass nicht wenige Bewohner von Amrum nicht nur wenig erstaunt über den Mord sind, sondern ihn den Opfern sogar von Herzen gönnen. Was hat das Ehepaar Klabunde getan, um einen solchen Hass hervorzurufen?

Bei diesem Krimi bin ich mal wieder hin- und hergerissen, es gibt einige Punkte, die mir gut gefielen, andere jedoch weniger bis gar nichts. Zu den positiven Aspekten gehören die sehr atmosphärische Beschreibung der Landschaft, wer die Nordseeküste liebt, dem geht da das Herz auf. Ferner präsentiert sich die Krimihandlung einfallsreich und verzwickt, die Morde werden in ihrer Grausamkeit deutlich beschrieben. Die Ermittlungsarbeit ist aufwändig, reicht weit in die Vergangenheit zurück und erzeugte bei mir Spannung und Neugierde auf die Auflösung.

Dazwischen gab es aber viele in meinen Augen äußerst langatmige Passagen, in denen die Autorin zu ziemlichen Abschweifungen neigt und einen Hang zu Nebensächlichkeiten hat. Ich will einfach nicht ständig lesen, was wer jetzt gerade wieder isst und trinkt, präzise bis zur Wahl der Joghurtsorte beschrieben. Und wenn sich das Team zur Besprechung trifft, kann ich auf die Information verzichten, wer die Spülmaschine ausräumt. Ob Ermittler, Tourist, Tatverdächtiger oder Zeuge - dem Privatleben jedes einzelnen Charakters wird reichlich Platz eingeräumt, das passt so mehr in einen Roman, aber für mich nicht in einen Krimi.

Ferner erschien mir speziell bei der Ermittlungsarbeit einiges unrealistisch. Das Team ist so groß, dass sich eine Großstadt über so viel Personalkapazität freuen würde. Alle Vorgesetzten sind pflegeleicht und verständnisvoll und genehmigen scheinbar problemlose jede Auslandsreise. Auch dass grausame Morde auf einer Ferieninsel üblicherweise nicht gern gesehen sind, besorgt hier niemanden. Und nicht zuletzt war für mich die Auflösung nicht ganz rund, vom Grundsatz her nachvollziehbar, aber es blieben ein paar Logiklücken.

Ich vergebe 2,5 Sterne, die ich auf 3 aufrunde, weil ich mich zwischendurch gut unterhalten fühlte. Ich denke aber, dass ich diese Reihe nicht weiterverfolgen werde.

Fazit: Streckenweise unrealistisch und viele Nebensächlichkeiten bei einer an sich guten Idee.

Bewertung vom 10.08.2018
Mein blühender Balkon
Papouschek, Elke

Mein blühender Balkon


sehr gut

Ich liebe ein grünes Umfeld, habe aber leider keinen Garten. Von diesem Buch versprach ich mir Tipps für die Bepflanzung meines Balkons.

Es gibt auch einiges Wissenswerte zu lesen. Der Aufbau des Buchs ist gut, es beginnt mit Grundlagen für die Bepflanzung und geht weiter über Praxistipps hin zu einem ausführlichen Teil, der einzelne Blumen vorstellt.

Schon bei den Grundlagen habe ich Interessantes erfahren. Dass die Ausrichtung eines Balkons bei der Auswahl der Pflanzen berücksichtigt werden sollte, erschließt sich leicht. Wie wichtig aber die Wahl des Topfes und die Qualität der Erde ist, war mir zumindest in diesem Umfang nicht bewusst.

Da mir auch der Natur- und Tierschutz am Herzen liegt, freute ich mich über die Hinweise zum Verzicht auf Torf und eine Auflistung bienenfreundlicher Balkonpflanzen. Leider war nicht alles so erklärt, dass ich es verstehen konnte. Fehlt mir da die Erfahrung oder habe ich das berühmte Brett vor dem Kopf? Was sind z.B. gefüllt bzw. ungefüllte Blüten? (Ich habe es natürlich gegoogelt, hätte es aber lieber auch so verstanden.)

Selbstverständlich fehlt auch ein Abschnitt zur Pflanzenpflege nicht. Gut gefielen mir hier erneut die umweltgerechten Tipps zur Bekämpfung von Schädlingen. Der Abschnitt „Balkonblumen im Porträt“ stellt schließlich insgesamt 21 Blumen vor, jeweils mit Foto und Infos zu Herkunft, Blüte und Blütezeit, Wuchshöhe und natürlich zur Wahl des Standorts und zur Pflege. Hier kann ich also genau nachlesen, welche Blumen sich auf meinem halbschattigen Balkon besonders wohlfühlen und wie ich sie am besten versorgen kann.

Schade fand ich, dass hier nur die Blühpflanzen der sonnigen Monate (Mai bis Oktober) vorgestellt wurden. Der Titel versprach „Blumen für jede Jahreszeit“ und tatsächlich gibt es einen kleinen Abschnitt (halbe Seite) mit Infos zur Herbst- und Winterbepflanzung. Ich hätte es aber schön gefunden, wenn auch diese Blumen im Porträt vorgestellt worden wären. Und Infos zu ersten Frühblühern fehlten leider komplett.

Fazit: Viele tolle Basistipps und Infos rund um die sommerliche Bepflanzung. Die anderen Jahreszeiten kamen leider ein wenig zu kurz.

Bewertung vom 04.08.2018
Das kleine Buch: 20 Wetterregeln, die man kennen muss
Jäger, Andreas

Das kleine Buch: 20 Wetterregeln, die man kennen muss


ausgezeichnet

»Die Prognosen der großen Wettercomputer versagen bei Gewittern regelmäßig. Das ist wie beim Kochtopf auf der Herdplatte. Das Wasser wird kochen und es werden Blasen aufsteigen – aber wo? Genauso wissen Wettercomputer: Gewittertürme werden am Nachmittag aufsteigen – aber wo? Draußen im Freien ist man auf sich allein gestellt und nur eins hilft: der Blick zum Himmel!«

Auf dieses Buch war ich sehr neugierig gewesen. Und ich wurde nicht enttäuscht!
Gerne verlässt man sich heute auf seine Wetter-App, ich schließe mich da nicht aus. Kürzlich wurde ich von einem plötzlichen Unwetter überrascht, völlig durchnässt sah ich auf mein Handy, das mir unbeirrt erklärte, dass um mich herum strahlender Sonnenschein sei.

Ein Bergführer würde sich nie nur auf die Wettervorhersage verlassen. Für ihn ist der eigene Blick zum Himmel durch nichts zu ersetzen. Davon, ob er die Wetterlage um ihn herum selbständig und sicher deuten kann, können im Extremfall Menschenleben abhängen. Früher war die Fähigkeit des Wetterlesens auch schon eine Überlebensfrage für Bauern. Niemand sonst hätte ihnen gesagt, wann sie das Heu einbringen müssen, bei Fehlentscheidungen drohten Hungersnöte.

Es ist also möglich, selber durch einen Blick an den Himmel eine Wettervorhersage zu treffen. Dieses Buch hilft dabei. Um es zu schreiben, haben sich ein Meteorologe und ein Bergführer zusammengetan. Den Leser erwartet daher eine Fülle von praktischen Anwendungstipps kombiniert mit dem meteorologischen Hintergrundwissen.

Gut verständlich werden die verschiedenen Wolkenarten erklärt und dargelegt, wie man sie deuten kann. Was für Auswirkungen hat es, wenn der Mond einen Hof hat oder die Sonne einen Halo? Und wie sieht das eigentlich aus? Haben so manche Bauernregeln, wie z.B. die zum Abendrot ihre Berechtigung? Und wie entstehen überhaupt Föhn oder eine Inversionswetterlage?

Zu jedem Thema gibt es Fotos und Bilder, die das Erklärte veranschaulichen. Ich übte mich während des Lesens gleich in der praktischen Anwendung und versuchte, die Wolken über mir zu deuten. Und die Kondensstreifen der Flugzeuge, denn die taugen ebenso zur Wettervorhersage wie der Rauch aus Fabrikschornsteinen. Auch dazu gibt es ausführliche Erklärungen.

Das kleine Buch ist handlich, hat ein übersichtliches Inhaltsverzeichnis und ist daher ein praktischer Begleiter beim nächsten Ausflug. Die Wolken selber zu deuten macht Spaß und kann sehr hilfreich sein.

Fazit: Mit diesem Buch überrascht einen kein Unwetter mehr. Sehr informativ und gut verständlich.

»Der Himmel schickt seine Wetterzeichen voraus, man muss sie nur lesen können.«

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.07.2018
Ich schweige nicht
Knab, Jakob

Ich schweige nicht


ausgezeichnet

Wer Hans Scholl war, muss man niemandem erklären. Obwohl, oder gerade weil er nur 24 Jahre alt wurde. Biographien und Bücher über ihn mit unterschiedlichen Ansätzen gibt es auch schon, dieses hier fragt schwerpunktmäßig danach, was Scholl beeinflusste und prägte, welche Gedanken ihn bewegten und motivierten.

Hans Scholl wurde am 22. September 1918 geboren. Wie so viele andere Jungen machte er begeistert bei der HJ mit, war dort so erfolgreich und engagiert, dass er bald Fähnleinführer wurde und 1935 beim Reichsparteitag in Nürnberg Fahnenträger war. Was geschah dann? Was bewegte ihn zum Umdenken, zur Neuorientierung?

Es gibt kein einzelnes Erlebnis, was da heraussticht, vielmehr war es die Summe von Erlebnissen und Gelesenem, die letztlich einen extremen Standpunkt in einen gegensätzlichen wandelte. Schon der Junge versank in Büchern, doch waren es bei ihm keine Jugendliteratur, sondern Autoren wie Rilke oder Stefan Zweig, die ihn fesselten. In der Folge kamen zahlreiche Denker dazu, nicht wenige ihrer Werke waren schon schwer zu bekommen, da mittlerweile verboten. Scholl las Nietzsche und Platon, diverse Werke von Kirchenlehrern, er las französische Autoren – im Original, da er die Sprache liebte und lernte, bis er sie fließend sprach. Fasziniert las ich, welch umfangreiche private Bibliothek Scholl besaß und fragte mich mehr als einmal, wo er eigentlich die Zeit hernahm, all diese Werke zu lesen!

Wie sollten einem jungen Mann, der so viel las und über das Gelesene nachdachte, nicht arge Zweifel kommen an dem, was er täglich erlebte? Eine Anklage wegen homosexueller Handlungen und eine anschließende mehrmonatige Haft lösten eine erste Krise aus und gaben ihm noch mehr Zeit und Anlass zum Nachdenken.
Der Medizinstudent war natürlich auch Soldat und als Sanitäter an der Front. Großes Mitleid mit den zahllosen Opfern des Kriegs erfasste ihn. Scholl wendete sich zum Christentum, in Hitler erkannte er das Böse, das es zu bekämpfen galt.

Dieses Buch begleitet Scholl durch seinen Sinnfindungsprozess. Was gut ist und was böse, diese Frage hat er sich nicht leichtgemacht. Zudem hatte er wohl eine depressive Veranlagung, immer wieder war er von Niedergeschlagenheit geplagt, dann sprach er von „dunklen Schatten“, die ihn umgaben. Er hatte starke Stimmungsschwankungen, wenn er gut drauf war, war er ein charismatischer Anführer und ein Frauenschwarm. Die Liste seiner Frauenbeziehungen ist lang, erneut fragte ich mich, wo er die Zeit hernahm. Bücher, Diskussionen, Medizinstudium, Sanitätsdienst, Widerstand, Frauen – sein Tag muss mehr als 24 Stunden gehabt haben.
Tatsächlich gibt es Anzeichen für Medikamentenmissbrauch, es wäre auch leicht für ihn gewesen, sich Pervitin oder z.B. Ephedrin zu besorgen. Er wirkte wie ein Getriebener, als wenn er unterbewusst ahnte, dass ihm nicht viel Zeit blieb.

Die Widerstandstätigkeit mit der Weißen Rose wird natürlich ausführlich dargestellt. Die Weiße Rose, das waren bei weitem nicht nur Hans und Sophie Scholl, der Autor würdigt hier auch die übrigen Mitglieder. Entstehung der Flugblätter und Verteilung, Kontakte zu anderen Köpfen des Widerstands, Gefangennahme, Prozess, Hinrichtung – all das findet sich selbstverständlich im Buch.

Sehr gut gefiel mir der Abschnitt zur Erinnerungskultur. Dabei wird erläutert, wie wertvoll diese ist, es werden verschiedene andere Biographien, Bücher und Filme vorgestellt und verglichen. Die vielen nach den Geschwistern Scholl benannten Schulen, Plätze, Orte finden ebenso Erwähnung wie die regelmäßig stattfindenden Gedächtnisvorlesungen. Aus einigen gibt es Auszüge zu lesen, sehr wertvolle Worte waren dabei! Im Anhang finden sich sämtliche Flugblätter, einschließlich des Entwurfs für Flugblatt Nummer VII, das nicht mehr fertiggestellt werden konnte.

Fazit: Wie fand ein intelligenter junger Mann die Kraft zur Auflehnung? Hochinteressant und auch heute von großem Wert. Nicht immer einfach zu lesen, da teils recht philosophisch, aber es lohnt sich.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.07.2018
Das kleine Buch: Der Laubbaum
Kospach, Julia

Das kleine Buch: Der Laubbaum


ausgezeichnet

»Die Blätter einer großen, alten Buche stoßen pro Stunde ungefähr 1,7 Kilogramm Sauerstoff aus. Das entspricht genau jener Menge Sauerstoff, die fünfzig Menschen brauchen, um eine Stunde lang atmen zu können.«

Laubbäume finden sich überall in unserer Umgebung. Nicht selten höre ich, wie Mitmenschen auf den Baum vor der eigenen Tür schimpfen. Weil im Herbst Laub gefegt werden muss oder weil dort, wo der Baum steht, ein Auto weniger parken kann. Aber er spendet auch Schatten und Sauerstoff, wichtige Lebensenergie gerade für den Städter.
Dieses Büchlein kann helfen, dem Leser den Laubbaum näherzubringen. Eigentlich gibt es von alters her schon eine tiefe Verbundenheit zwischen Mensch und Baum. Das wird einleitend erläutert und anhand von vielen Sprichworten und Ausdrücken, die ihren Ursprung im Wald haben, gezeigt.

Im Hauptteil werden dann 22 heimische Laubbäume vorgestellt, jedem ist eine Doppelseite gewidmet. Auf der einen Seite befinden sich jeweils vier Fotos. Eins zeigt den Baum als Ganzes, man hat dabei auch einen Eindruck von der Umgebung, in der er steht. Als nächstes ist ein Blatt abgebildet, dann die Früchte und schließlich die Rinde.
Die zweite Seite enthält viele Infos über den Baum, geordnet in vier Rubriken: Botanisches, Geschichte & Geschichten, Volksglaube & Volksmedizin und Holz.
Unter „Botanisches“ erfährt man natürlich Dinge wie z.B. Größe, max. Alter, bevorzugte Lage. Der Abschnitt „Holz“ informiert über Aussehen und Härte des Holzes sowie über seine Verwendungsmöglichkeiten. In den beiden anderen Abschnitten wird es teilweise recht unterhaltsam, vieles von dem, was unter „Volksmedizin“ aufgeführt wird, ist aus der Naturapotheke bekannt.

Beim Lesen darf man sich zudem über viele tolle Bilder freuen, Bücher und Adressen sowie Tipps zum Nach- und Weiterlesen runden alles perfekt ab.
Durch das handliche Format ist dieses Büchlein gerne beim Ausflug in die Natur in der Tasche dabei, ein sehr schönes Bestimmungsbuch ist das also!

Fazit: Informatives und Unterhaltsames rund um den grünen Freund vor unserer Tür.

Bewertung vom 28.07.2018
Das kleine Buch: Wildblumen auf Wiesen und Almen
Wiegele, Miriam

Das kleine Buch: Wildblumen auf Wiesen und Almen


ausgezeichnet

Ich liebe Wildblumen! Und ich träume immer noch vom Lottogewinn. Danach sähe mein Plan so aus: Ich erwerbe ein Häuschen mit Garten und in diesem Garten lege ich mir eine wunderschöne, große Wildblumenwiese an. Herrlich!

Wildblumen sind aber nicht nur wunderschön, sie sind auch wichtiger Lebensraum für sehr viele Tiere. Zudem begleiten sie den Menschen durch seine ganze Geschichte, wurden/werden für medizinische Zwecke genutzt oder standen im Mittelpunkt von Volks- und Aberglauben.

Dieses Büchlein informiert zunächst grundlegend darüber, wo sich Wildblumen finden und was die spezifischen Eigenarten ihrer Wuchsflächen sind. Hier liest man zum Beispiel über die Gefährdung vieler Pflanzen durch Trockenlegung oder Umwandlung der Wuchsfläche in Ackerland. Oder darüber, dass manche Blumen als Unkraut bezeichnet und entsprechend bekämpft werden.

Im Hauptteil werden dann 26 Wildblumen vorgestellt, jeder wird eine Doppelseite gewidmet. Da finden sich zunächst ein Foto und die Merkmale der Blume (Wuchshöhe, Aussehen, Blütezeit u.a.). Außerdem der Punkt Namenskunde, bei dem ich die vielen existierenden Volksnamen sehr interessant und teils amüsant fand. (Akelei heißt da z.B. Schlotterhose ;-)
Weiter gibt es Angaben zur medizinischen Anwendung, der Punkt „Geschichte und Geschichten“ und vieles Informative mehr, was meist sehr unterhaltsam zu lesen ist. Da erfährt man zum Beispiel, dass die Frucht des Bockbarts als Modell für den ersten praktikablen Fallschirm verwendet wurde, dass das Klett-Labkraut Wissenschaftlern als Modell für den Klettverschluss diente, oder dass Römer und Kelten dem abendlichen Kinderbrei Mohnsaft beigemischt haben sollen, damit der Nachwuchs nachts schön Ruhe gab.
Auch alles, was man unter dem Punkt „Volksglauben“ zusammenfassen könnte, habe ich mit großem Interesse gelesen.

Das kleine handliche Format macht das Büchlein zu einem praktischen Begleiter für unterwegs, sehr gut also zum Bestimmen geeignet.

Fazit: Wildblumen sind nicht nur wunderschön, sondern auch nützlich. Und es ranken sich viele interessante Geschichten um sie. Mir sind die geliebten Blumen nun noch ein Stückchen nähergekommen.

»Hildegard von Bingen empfahl die Akelei gegen »schleimigen Husten«. In der Volksmedizin wurde sie nur gelegentlich bei Hautproblemen eingesetzt. Allerdings galt ein aus Akelei bereiteter Trank als wirksam gegen Impotenz, die durch Zauberei verursacht war. Aufgrund der Giftigkeit der Akelei sollte man von solchen Anwendungen in der heutigen Zeit freilich absehen.«

Bewertung vom 28.07.2018
Das große kleine Buch: Heilsalben aus Wald und Wiese
Nedoma, Gabriela

Das große kleine Buch: Heilsalben aus Wald und Wiese


sehr gut

»Wer durch Wald und Wiese geht, betritt eine große Naturapotheke. Überall wachsen heilsame Pflanzenarzneien, kraftvolle Wirkstoffe und grüne Naturmedizin. In der Natur ist für alles ein Kraut gewachsen.«

Solange es Menschen gibt, gibt es Krankheiten und körperliche Beschwerden. Und es gibt das menschliche Bestreben, etwas dagegen zu tun. Schon früh erkannte man das ungeheure Potential, das ring um uns wächst und man begann, es zu nutzen. Auch der moderne Mensch kann davon noch profitieren.

Zur Grundausstattung jeder Hausapotheke gehören Salben. Wer es gerne natürlich mag, hat dort zum Beispiel eine Ringelblumensalbe liegen. In diesem Büchlein wird über die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Heilsalben berichtet und es wird gezeigt, wie man sie selber herstellen kann.
Die Auswahl ist beeindruckend, kaum ein medizinischer Anwendungsbereich fehlt, unter den Rezepten finden sich sowohl alte, volksmedizinische als auch moderne.

Zunächst werden Grundlagen vermittelt. Dabei geht es zum Beispiel um die Beschaffung der notwendigen Pflanzen und die Regeln für ein umweltgerechtes Sammeln. Wie bereitet man dann die frischen Pflanzen für die weitere Verwendung vor? Welche Rohstoffe benötigt man ferner und welche Gerätschaften? Und welche Alternative gibt es für Veganer, die zum Beispiel kein Bienenwachs verwenden möchten?
Wichtig – und sehr gut, dass dies schon bei den Grundlagen steht – der Hinweis, dass auf das Gespräch mit dem Arzt nicht verzichtet werden kann!

Mit den einzelnen Salben geht es dann weiter. Die Punkte Wirkung, Anwendung und Herstellung werden gut herausgearbeitet, die Beschreibungen sind leicht verständlich und erscheinen recht unkompliziert. Hinweise zur Haltbarkeit sind ebenso vorhanden wie im Einzelfall solche zur möglichen Giftigkeit der Pflanzen. Sehr nett (schon beim Lesen) fand ich die Bratapfel-Schutzsalbe, bei der der leckere Salbenrückstand verspeist werden kann.

Ein paar Dinge vermisste ich aber im Buch. Zunächst bei den Grundlagen, präzise beim Punkt „Beschaffung der Pflanzen“. Ich bin nun mal eine Großstädterin, daher frage ich mich, wo genau ich diese Pflanzen finden kann? Muss ich in den Wald, an einen Fluss oder wohin? Und wie erkenne ich sie? Die kleinen Abbildungen reichen mir für eine sichere Identifizierung nicht aus, ich würde zumindest noch eine Großaufnahme der Blüten benötigen. Kann man natürlich alles googeln, aber schöner wäre es, wenn es gleich im Buch stände. Und für ein weiteres Foto plus Angabe der entsprechenden Wuchsorte hätte sich bestimmt noch Platz gefunden.
Außerdem fehlt mir ein nach Beschwerden sortiertes Inhaltsverzeichnis, das mir hilft, die für mein spezielles Problem hilfreiche Salbe zu finden. Für ein einfaches Nachschlagen ist das Buch also nicht geeignet.

Fazit: Sehr interessant und hilfreich, was die Natur vermag. Prima Grundlagenvermittlung, ein paar Punkte könnten aber noch optimiert werden.

»Das Wissen aus diesem Buch soll allen Menschen helfen, Beschwerden mit natürlichen Mitteln zu lindern, ihre Gesundheit zu stärken und das Vertrauen in die grüne Kraft der Natur wieder zu entdecken.«

Bewertung vom 22.07.2018
Bombenstimmung
Kopetzki, Mathias

Bombenstimmung


ausgezeichnet

»Sie schalten ja ein bisschen langsam. Kann aber an Ihrer Nationalität liegen. Sie sind doch Perser, nicht wahr?«

Mathias Kopetzki ist eigentlich so deutsch, wie man nur sein kann. Geboren und aufgewachsen ist er in einem kleinen Ort in Niedersachsen. Seine Eltern heißen Maria und Helmut, seine Brüder Steffen und Axel. Er ist katholisch und war jahrelang Messdiener. Es könnte alles so einfach sein, wäre da nicht eine gewisse Sache, die sein Leben von klein auf beeinflusst, nämlich sein Aussehen. Mathias wurde als Baby adoptiert und man sieht ihm deutlich an, dass seine ursprüngliche Herkunft eben nicht deutsch ist. Und so muss er sein ganzes Leben lang erfahren, dass er in dem Land, das seine Heimat ist, eigentlich nicht dazugehört…

In diesem Buch lässt Mathias den Leser an seinen Erfahrungen teilhaben. Bereits als kleiner Junge fragt er sich, weshalb er auf Fotos so anders aussieht als der Rest seiner Familie. Aber schlimmer noch, beginnen auch andere ihn das zu fragen, und bis zur ersten offenen Diskriminierung dauert es nicht mehr lang. In der Folgezeit wird er das gesamte Spektrum an Rassismus erleben, das man sich vorstellen kann, von einfachen Vorurteilen angefangen über Beschimpfungen und Ausgrenzung bis hin zu offener körperlicher Gewalt.

»Woher können Sie eigentlich so gut deutsch?«

Wenn man das Buch liest, das an sich in einem sehr unterhaltsamen Stil geschrieben ist, durchlebt man ein Wechselbad der Gefühle. Manches ist einfach so skurril und absurd, dass man laut lachen könnte, wenn es nicht so traurig wäre. Andere Erlebnisse haben mich richtig wütend gemacht. Was für ein Glück hat man, wenn man mit der „passenden“ Herkunft geboren wurde! Während Mathias einer Gesellschaft voller besorgter Bürger den Spiegel vorhält, ist er gleichzeitig auf der Suche nach seiner Identität und versucht, trotz aller Widernisse seinen Weg zu gehen. In diesem Land, das seine Heimat ist.

»So gefährlich sehen Sie ja gar nicht aus!«

Mathias Kopetzki, geboren 1973 in Osnabrück, lebt heute in Berlin. Seit seinem Studium am Salzburger Mozarteum arbeitet er als Schauspieler für Theater, Film und Fernsehen sowie als Synchronsprecher, Regisseur, Autor und Dozent. Sein Buchdebüt „Teheran im Bauch“ habe ich gleich mal auf meine Leseliste genommen, ich möchte noch mehr über ihn erfahren.

Fazit: Dieses Buch sollte jeder lesen. Besonders wichtig wäre das für alle besorgten Bürger.

»Ich würde Sie ja gerne engagieren, aber wir sind hier kein Multikulti-Theater.«

Bewertung vom 22.07.2018
Nicht jeder kann ein Kätzchen sein
Ludwig, Mario

Nicht jeder kann ein Kätzchen sein


sehr gut

»Ihre unglaubliche Überlebensfähigkeit verdanken Bärtierchen einer genialen und im Tierreich einzigartigen Fähigkeit. Wenn sich ihre Umweltbedingungen verschlechtern, lassen sie sich einfach in den sogenannten Kryptobiosezustand fallen. Eine Art Extrem-Winterschlaf oder, wenn man so will, »Tod light«. … In diesem Zustand können Bärtierchen bis zu dreißig Jahre unbeschadet überdauern. Sobald sich die Umweltverhältnisse zum Besseren wenden, erwachen die skurrilen Tierchen innerhalb von fünf Minuten aus der Trockenstarre und sind … sofort wieder stoffwechsel- und sogar fortpflanzungsfähig und nehmen aktiv am Leben teil.«

Mario Ludwig, ein bekannter Autor von Natur- und Tierbüchern, stellt in diesem Buch die Tiere in den Fokus, die üblicherweise nicht als Lieblingstiere genannt werden, Tiere, die nicht flauschig und süß sind, sondern hässlich. Die nicht majestätisch oder beeindruckend wirken, sondern eher unscheinbar daherkommen. Und die trotzdem in sehr vielen Punkten eindeutig die Nase vorn haben.

Unterteilt nach Lebensräumen werden die unansehnlichen Vertreter der Tierwelt vorgestellt, samt ihrer besonderen Fähigkeiten. Ganz ehrlich: Ich bin aus dem Staunen nicht mehr rausgekommen. Ein paar Beispiele:
Wer sich wie ich schon häufig darüber geärgert hat, dass kalte Finger im Winter die Arbeit erschweren, wird das Fingertier beneiden, das in der Lage ist, seinen Mittelfinger um 6° Celsius aufzuheizen, um ihn beweglicher und sensibler zu machen.
Der Nacktmull ist wirklich kein hübsches Tier, aber völlig schmerzunempfindlich. Außerdem altert er kaum und kann niemals im Leben Krebs bekommen. Da könnte man doch schon mal seine Prioritäten überdenken, nicht wahr?
Und die Mähnenratte sichert ihre Existenz mit hochgiftigen Haaren und einem äußerst stabilen Schädel samt extrem dicker Haut. Sollte der König der Tiere unvorsichtigerweise einen Biss wagen, stört das die Mähnenratte überhaupt nicht, den Löwen aber dafür umso mehr.

Aber am Rande: Auch was hässlich ist, liegt im Auge des Betrachters. Ich käme jedenfalls bei vielen hier genannten Tieren nicht auf den Gedanken, sie hässlich zu nennen. Seekühe zum Beispiel, oder Erdferkel. Bei einigen Tieren gab es leider keine Abbildungen, was ich sehr bedauert habe. Jeder weiß, wie ein Krokodil aussieht, da hätte es nicht unbedingt ein Bild gebraucht. Einen Bombardierkäfer jedoch erkennen sicher nur wenige, hier fehlte das Bild sehr. Und ein Kapitel mit „Das hässlichste Tier der Welt“ zu überschreiben und dann kein Bild zu bringen, passt für mich nicht zusammen.

Fazit: Hässlich aber erfolgreich, dieses Buch lässt einen nur noch staunen! Sehr unterhaltsam und kurzweilig geschrieben, nur ein paar Bilder mehr noch wären schön gewesen.