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Benutzername: 
Hornita
Wohnort: 
Augsburg

Bewertungen

Insgesamt 628 Bewertungen
Bewertung vom 19.07.2022
Die Schuhe meines Vaters
Schäfer, Andreas

Die Schuhe meines Vaters


ausgezeichnet

Ehrlich und nachdenklich;
Man kann das Buch in zwei Teile trennen: Zum einen wie es zu der Situation kam, in der der Autor über das Abstellen der lebenserhaltenden Geräte entscheiden musste und zum anderen die Nacherzählung des Lebens des Vaters. Das Buch liest sich sehr angenehm und hat die anspruchsvolle Sprache eines gebildeten Menschens. Mich hat es sehr berührt, da es dem Autor gelingt, kleine Details, Erinnerungen und auch Peinlichkeiten zu schildern, an denen sich die Trauer festmachen lässt. Dabei wurden auch meine eigenen Erfahrungen mit Trauer getroffen, deshalb fand ich die Beschreibungen sehr glaubhaft und ehrlich. Gerade auch diese unplanbaren Situationen (wie plötzlich die Schuhe des Vaters in den Händen zu halten), bleiben massiv in der Erinnerung und machen die Trauer greifbar. Das Buch macht nachdenklich und regt dazu an, seine Angelegenheiten zu regeln, solange man kann, vor allem auch um den Angehörigen in Extremsituationen einige Entscheidungen abzunehmen.

Bewertung vom 19.07.2022
Als ich im Krieg erwachte
Solska, Julia

Als ich im Krieg erwachte


ausgezeichnet

Authentisches Fluchttagebuch;
Dieses "Fluchttagebuch" ist sehr gut geschrieben. Ich hatte keine richtige Vorstellung davon, wie es sich lesen würde, aber die Mischung aus banalem Alltag und der Realität des Krieges wird sehr treffend dargestellt. Schockstarre parallel zu normalen Dingen, Unwissen und Unentschlossenheit, das alles wird sehr intensiv beschrieben. Das Geschehen wird greifbar und auch die Tatsache, dass jeder für sich entscheiden muss, was er tun soll, weil jeder Mensch anders ist und in die Lebenslagen unterschiedlich sind. Fragen und Entscheidungen, über die man sich bisher keinen Kopf gemacht hat (bei Alarm in der Wohnung bleiben? Oder in den Keller? In den Bunker? Raus aus der Stadt, raus aus dem Land?), werden urplötzlich Realität. Das Trauma, sich entscheiden zu müssen, aber eigentlich nicht genug Informationen für eine Entscheidung zu haben, wird sehr treffend beschrieben und durch die gekonnte Wortwahl wird die Situation sehr greifbar. Absolut lesenswert!

Bewertung vom 11.07.2022
Beifang
Simons, Martin

Beifang


sehr gut

Interessante Lektüre über familiäre Spurensuche;
Der Erzählende Frank macht sich auf die Suche nach seinen Wurzeln, in dem er versucht, mehr über das Leben seines verstorbenen Großvaters herauszufinden. In einer Familie, die das Schweigen zur Norm gemacht hat, sucht er das Gespräch mit einigen der zwölf Kinder, also seinem Vater und den Tanten und Onkeln. Die Personen werden sehr glaubhaft dargestellt und es ist faszinierend, wie sich verschiedene Versionen der Geschichte wiederfinden, weil kaum darüber gesprochen wurde und sich die einzelnen Personen ihr unterschiedliches Wissen irgendwie zusammengereimt haben. Das Leben zu dieser Zeit unter prekären Umständen wird glaubhaft beschrieben und hat mich aufgrund der Armut, Erziehungslosigkeit und Anarchie sehr betroffen gemacht. Der Schreibstil ist angenehm und lässt sich gut lesen. Mir hätte ein Stammbaum etwas geholfen, da man schnell den Überblick über die vielen Personen verliert. Ich hätte auch etwas mehr Struktur besser gefunden und die Geschichte um Marie nicht gebraucht. Insgesamt hat mir das Buch gefallen, es ist eine sehr interessante Lektüre.

Bewertung vom 11.07.2022
Minna. Kopf hoch, Schultern zurück / Mütter-Trilogie Bd.1
Fuchs, Felicitas

Minna. Kopf hoch, Schultern zurück / Mütter-Trilogie Bd.1


ausgezeichnet

Ein ungewöhnliches Leben;
Das Leben Minnas (genannt Mia) ab den 1920er Jahren wird aus verschiedenen Perspektiven beschrieben. Mal wird ihre Sichtweise geschildert, mal die ihr nahestehender Personen und so entsteht ein „rundes“ Bild von ihr. Das Buch liest sich flüssig und hat mich angenehm überrascht, weil es sehr spannend ist. Die Lebensumstände der damaligen Zeiten werden jeweils sehr gut getroffen und geschickt in den Erzählstrang eingewoben. Mia ist eine starke Frau, die sich aktiv auf ihr Leben einlässt. Sie gestaltet ihre jeweiligen Lebensumstände mit und wird mit vielen Schicksalsschlägen fertig. Das Buch konzentriert sich auf ereignisreiche Passagen in ihrem Leben und macht kleine Zeitsprünge. Dadurch wird es nie langweilig und ist immer unterhaltsam. Ich empfinde dieses Buch nicht als einen Frauenroman, sondern eher als eine Art Biographie. Mir hat es sehr gut gefallen und ich werde die beiden Fortsetzungsromane, die noch geplant sind, sehr gerne lesen.

Bewertung vom 06.07.2022
Als das Böse kam
Menger, Ivar Leon

Als das Böse kam


sehr gut

Toller Plot, spannend umgesetzt;
Die Familie lebt einsam und zurückgezogen und dafür wird gleich zu Beginn ein glaubhafter Grund geliefert. Mit dem Eindringen anderen Personen in diese Einsamkeit zersetzt sich das Bild und eine neue Sichtweise entsteht. Beides sind super Ideen, die schön miteinander verwoben wurden – ein ausgefallener Plot! Das Buch ist von Anfang an spannend und lässt sich schnell und flüssig lesen. Da das Buch recht kurz ist und ich die Grundidee sehr gut finde, hätte dies gerade bei der „Wendung“ noch ausführlich beschrieben werden können, um die Glaubhaftigkeit zu unterstützen. Die Personen werden gut beschrieben und ihre Handlungen sind nachvollziehbar. Ein sehr spannendes Buch, das mit wenig Protagonisten auskommt und interessante Themen behandelt, die zu selten in Thrillern oder Krimis vorkommen. Ich vergebe vier Sterne mit Tendenz nach oben und finde das Buch lesenswert und interessant!

Bewertung vom 30.06.2022
Nur du und ich
van Rensburg, Laure

Nur du und ich


sehr gut

Spannender Psychothriller;
Durch den Klappentext und das erste Kapitel war klar, dass dieses Wochenende in einer einsamen Hütte tragisch enden würde. Die Geschichte wird aus den Blickwinkeln der beiden Protagonisten Ellie und Steven erzählt, sowie durch Rückblenden einer weiteren, nicht namentlich bekannten Person. Also „handwerklich“ ist das Buch gut gemacht und der Spannungsbogen wird langsam aufgebaut. Erst einmal lernt man die Personen kennen, bevor einem klar wird, dass es da noch etwas gibt, das bisher nicht zur Sprache kam und ein Motiv sein könnte. Dieser Teil hätte für meinen Geschmack etwas kürzer sein können oder schneller klar machen sollen, worum es eigentlich geht. Danach ist das Buch super spannend und entwickelt sich zu einem Kampf um Leben und Tod. Die Personen und ihre Handlungen fand ich glaubhaft dargestellt und ich wurde insgesamt gut unterhalten. An der Schreibweise gibt es nichts auszusetzen, der Thriller lässt sich gut und flüssig lesen.

Bewertung vom 30.06.2022
Poppy. Dein Kind verschwindet. Und die ganze Welt sieht zu. / Emer Murphy Bd.1
Getz, Kristine

Poppy. Dein Kind verschwindet. Und die ganze Welt sieht zu. / Emer Murphy Bd.1


sehr gut

Realistisch;
Mir hat gut gefallen, wie das Leben eines Influencers im Rampenlicht beschreiben wird und welche Auswirkungen das auf seine gesamte Familie hat. Der Fall entwickelt sich spannend und kontinuierlich und das Buch lässt sich sehr gut lesen. Die Personen wurden ebenfalls gut dargestellt und man konnte ihre Handlungen nachvollziehen. Die Ermittler sind sympathisch, wenn auch außergewöhnlich. Die Lösung des Falls war dann nicht so mein Fall, da wurde für meinen Geschmack zu viel reingepackt (andere Motive und Themenbereiche, die ich nicht spoilern will), was für ein glaubhaftes Ende gar nicht nötig gewesen wäre. Deshalb habe ich einen Stern abgezogen. Das Buch hat seine Stärken in der ersten Hälfte und lässt dann etwas nach. Das Thema „Leben in der Öffentlichkeit“ ist an sich sehr gut getroffen und ich finde gut, dass es aus mehreren Blickwinkeln kritisch betrachtet wurde. Die weiteren Themen hätte es für mich nicht gebraucht.

Bewertung vom 27.06.2022
Die Hennakünstlerin / Jaipur Bd.1
Joshi, Alka

Die Hennakünstlerin / Jaipur Bd.1


ausgezeichnet

Umwerfend;
Ab der ersten Seite taucht man ein in das Leben der Hennakünstlerin im Indien der 1950er Jahre mit all seiner Sinnlichkeit und Farbenvielfalt. Aufgrund ihrer Tätigkeit und ihrer Familiengeschichte ist es ab der ersten Minute spannend und unterhaltsam. Man hat einen Blickwinkel auf das Leben in Indien, den man als Europäer nicht kennt und das erweitert ungemein den Horizont. Das Buch ist etwas ganz anderes und macht richtig Spaß. Der Schreibstil ist einwandfrei, man kann flüssig lesen und die Erzählung eines Jahres im Leben einer Frau, die sich immer wieder neu erfindet, hat einen überraschend guten Spannungsbogen. Ihr Kampf um den sozialen Aufstieg ist fragil und ein dauernder Spagat zwischen althergebrachten Vorstellungen, dem Kastensystem und der westlichen Moderne. Am Ende des Buches findet sich noch ein Glossar und einige Erläuterungen sowie (Henna)-Rezepte. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung. Absolut lesenswert!

Bewertung vom 27.06.2022
Was ich nie gesagt habe / Gretchen Bd.2
Abel, Susanne

Was ich nie gesagt habe / Gretchen Bd.2


ausgezeichnet

Ergreifende Familiengeschichte;
Das erste Buch aus der Gretchen-Reihe über die Vorgeschichte von Toms Mutter habe ich (noch) nicht gelesen. Das war überhaupt kein Problem, da es hier um die tragische Lebensgeschichte von Toms Vater Konrad ging und den Auswirkungen auf Toms Leben. Die Erzählperspektiven wechseln im Laufe des Buches, die Rückblenden werden hauptsächlich aus der Sicht Konrads erzählt. Die Geschichte ist herzzerreißend, tragisch, spannend wie ein Krimi und sehr glaubhaft, vor allem weil sich teilweise die Geschichte Einzelner und das Schweigen und sonstige Verhalten reproduziert. Das Buch lässt sich sehr gut lesen und wurde sehr gründlich recherchiert. Insgesamt ein wirklich tolles Buch, dass einige nicht so bekannte Teile der deutschen Geschichte näher beleuchtet. Mir hat es sehr gut gefallen und ich werde den ersten Band noch nachholen.

Bewertung vom 23.06.2022
Ambivalenz
Nothomb, Amélie

Ambivalenz


ausgezeichnet

Klein, aber fein!
Auf etwas mehr als 100 Seiten wird eine überraschende Familiengeschichte erzählt. Das gelingt erstaunlich gut, da die Autorin in einem trockenen, fast sachlichen Stil die Gefühle und Geschehnisse beschreibt, die zwei Menschen zusammenführen, um eine Familie zu gründen, und sich dabei auf das Wesentliche beschränkt. Es geht um Liebe, Rache, Hass, Verzweiflung, entwurzelt sein, erwachsen werden, sich verlieren, Selbstbewusstsein, Stalking, usw. Die Personen werden treffend und glaubhaft beschrieben und die Protagonistinnen waren mir allesamt sehr sympathisch, obwohl jede auf ihre eigene Art etwas eigen ist. An der Sprache habe ich nichts auszusetzen, das Buch liest sich leicht und flüssig. Auf 128 Seiten wird die Geschichte komplett erzählt und mir hat dieser kleine, feine, pointierte Roman sehr gut gefallen.