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sommerlese
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Zu meinen Hobbies gehört Lesen einfach dazu. Meine Rezensionen erscheinen auch auf meinem Blog. Schaut doch bei Interesse mal rein! https://sommerlese.blogspot.com/
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Insgesamt 2533 Bewertungen
Bewertung vom 08.08.2022
Frida
Gottschalk, Maren

Frida


sehr gut

Ein lesenswerter Einblick in Frida Kahlos Leben

Im Jahr 1938 reist Frida Kahlo nach New York, sie lässt die Enttäuschungen ihrer Ehe mit Diego Rivera hinter sich und möchte ihre Kunst in der Metropole vorstellen. Sie scheint ihre privaten Probleme zu vergessen und präsentiert selbstbewusst ihre Werke als eigenständige Künstlerin. Ihren Erfolg feiert sie und genießt das Leben in der Großstadt, trifft viele Menschen und hat Affären, wie auch mit dem Fotografen Nickolas Muray. Frida reist weiter nach Paris und in ihre Heimat Mexiko, ihr Leben ist erfüllt von ihrer Kunst und der Liebe.


Maren Gottschalk verknüpft in dieser Romanbiografie reale Inhalte mit fiktiven Darstellungen und bringt uns Frida Kahlos Gedanken- und Gefühlswelt in der Zeit zwischen 1938 und 1939 näher. Die ständigen Streitereien mit Diego Rivera und sein Fremdgehen bringen Frida Kahlo an einen Punkt, an dem sie ihren Lebenssinn, die Kunst, in den Mittelpunkt ihres Daseins rückt. Ihre Reise nach New York wird für sie zu einem Befreiungsschlag, sie steht endlich allein als Künstlerin im Rampenlicht und hat eigenen Erfolg und Anhänger. Sie trifft viele bedeutende Künstler:innen wie Peggy Guggenheim, Picasso, Duchamp, Miro und Kandinsky, die ihre Vernissage besuchen und ihr Anerkennung und Respekt für ihre Kunst bezeugen. Frida hat endlich den gewünschten Erfolg, sie feiert sich und das Leben.

In diesem Roman erlebt man die Inspiration, die Leidenschaft für ihre Kunst, aber auch ihre verletzte Seele und die dauerhaften Schmerzen und Einschränkungen, die das Leben von Frida Kahlo bestimmten. Frida wird hier lebendig gezeigt und das sehr glaubhaft. Wir erleben wie Frida ihr Leben in New York und Paris feiert, ihre Partys, ihren Alkoholkonsum und ihre Liebschaft zu Nickolas Muray. Wobei ihre wahre Liebe immer noch Diego gehört. Aber seine Affären haben zu vielen Narben auf ihrer Seele geführt, endlich befreit sie sich von seinem Einfluß und erlebt mit Nick die gemeinsame Leidenschaft zur Fotografie und sicherlich noch mehr. Doch auch Nick ist ein Mann mit eigenständigen Ansichten, sie sie letztendlich zu Diego zurückführen.

Eindrucksvoll werden die Einzelheiten der Vernissagen beschrieben, man wird zum stillen Betrachter und Beobachter von Kunst und Besuchenden, wobei ich mir gewünscht hätte, das hier der Fokus noch intensiver auf die Werke gelegt worden wäre. Die Beschreibung von Fridas Äußerem in Sachen Frisuren und Kleidung habe ich genossen und speziell ihre mexikanischen Röcke sind so voller Details und sprühen vor Farben, dass man sie vor dem geistigen Auge vor sich sieht. Frida war eine Erscheinung, die damals wie heute für Aufsehen sorgt.

Das ausschweifende, schwierige und künstlerische Leben von Frida Kahlo wird hier auf interessante Weise mit Leben gefüllt. Wir feiern ihre künstlerische Anerkennung in der Kunstwelt und erleben, wie diese Frau von ihren Gefühlen beherrscht wird, ständig ihre Liebe neu definiert und ein Leben voller Gegensätze führt. Und uns dieses Seelenleben und die damit verbundene Pein in ihren Werken hinterlassen hat.


Ein eindringlich erzählter Roman, der Frida Kahlos schmerzhafte Leiden, ihre Inspiration in der Kunst und ihre Affären vorstellt und zeigt, wie sie versuchte, das Leben und den Augenblick zu genießen.

Bewertung vom 06.08.2022
Was nun, Huhn?!
Hamburger Strich;Klugmann, Norbert

Was nun, Huhn?!


ausgezeichnet

Echt zum Gackern, dieses Huhnoptikum!
Im KJM Verlag erscheint das Buch "Was nun,Huhn?!" von Hamburger Strich und Norbert Klugmann, in dem laut Untertitel Tiere, Menschen und Sensationen versprochen werden.

Zum Hamburger Strich gehören: Huse, Tetsche, Jan Rieckhoff, Katharina Greve, Bettina Bexte, Miriam Wurster, Tobias Schülert, Henning Christiansen, Piero Masztalerz, Til Mette, Wolfgang Sperzel, Teja Fischer, Maren Amini, Kai Flemming, Tim Oliver Feicke und Dorthe Landschulz. Sie zählen zur Crème de la Crème der deutschen CartoonistInnen-Szene.

Hühner liegen zur Zeit voll im Trend! Nicht nur Selbstversorger schaffen sich Hühner an, auch einige Promis wie Rakers, Schöneberger, Pooth oder auch Prinz Charles. Warum gerade Hühner? Dafür gibt es viele Gründe, Hühner warnen uns nicht nur vor Vulkanausbrüchen, sie sind Wappentiere und legen immer mal ein Ei. "Sonntags auch mal zwei" ist natürlich Nonsens.

"Manche Hähne glauben, dass die Sonne ihretwegen aufgeht." Zitat Theodor Fontane Seite 11


Norbert Klugmann schreibt in diesem Buch Geschichten aus der Hühnerperspektive und wir Menschen kommen auch darin vor - als sogenannte Federlose. Diese Sichtweise hat mir besonders gut gefallen und lässt uns die Hühner mal aus ganz anderen "Hühneraugen" sehen. Dazu ergänzen außerdem viele informative, nachdenkliche, erbauliche und liebenswerte Texte, Hühnerfotos und Cartoons über das beliebte Federvieh.

Was hier Wissenswertes über Zucht, Intelligenz und Sprache der Hühner zusammen getragen wurde, lässt mich staunen. Der Weltbestand an Hühnern beträgt schätzungsweise mehr als 33 Milliarden. Die Zahl der geschlachteten Haushühner liegt aber bei der doppelten Menge.
Diese und andere Infos über Hühner erweitern den Blick auf Fakten rund um das Huhn. Die Aufstellung über die Farbe der Eier zeigt genau, welche Hühnerrasse welcher Farbe zugeordnet werden kann. Rotbraun legt bspw. Empordanesa und Marans. Und wusstet Ihr, dass es eine Rasse namens "Ostfriesische Möwe" gibt? :-)

Es wird das Mythos Ei gelüftet und auch das Ei des Kolumbus erklärt. Wunderschöne ganzseitige Fotos zeigen Rassehühner aller Art von ganz nah. Auge in Auge, sozusagen.

Was macht das Huhn in den sozialen Medien? Welche Rassen gibt es und was zeichnet sie aus?
Mit Gedichten, Sprüchen und Besonderheiten wird das Hühner-Buch zu einer runden Sache - oder sollte ich besser sagen: zu einer Ei-runden Angelegenheit?

Wer sich noch mehr in das Hühnerthema vertiefen möchte, der bekommt eine Liste von Literatur an die Hand gegeben und ein Rezept für Hühnersuppe gibt es noch on top!


Dieses unterhaltsame Buch ist für alle Hühnerfans ein Muss! Neben informativen Inhalten sorgen einige Funfacts und Cartoons für Freude am bunten Hühnervolk. Echt zum Gackern!

Bewertung vom 05.08.2022
Wer zweimal stirbt, ist trotzdem tot / Walli Schimmel Bd.2
Angeli, Romina

Wer zweimal stirbt, ist trotzdem tot / Walli Schimmel Bd.2


sehr gut

Wieder eine Mords-Gaudi
Der Allgäu-Krimi "Wer zweimal stirbt, ist trotzdem tot" von Romina Angeli ist der zweite Fall für Walli aus dem Harper Collins Verlag.

Walburga Schimmel hat nach einem Sturz von der Leiter eine Gehirnerschütterung und nun muss sich ihr Sohn Wolfi, Polizeioberkommissar, um sie kümmern. Das passt ihm gar nicht, vor allem, als eine Leiche seinen beruflichen Einsatz erfordert. Jetzt muss er seine Mutter auch noch zum Tatort mitschleppen, das hat ihm gerade noch gefehlt! Der Jäger Georg Lerpscher aus Burglbach hängt tot unter seinem Hochsitz. Was ist da geschehen? Wallis Ermittlerinnen-Spürsinn springt sofort an, hier stimmt etwas nicht und sie macht sich auf die Suche nach dem Täter.

Nach dem tollen ersten Band der Krimireihe wollte ich gern wieder mit Walli auf Mördersuche gehen. Also wer Walli noch nicht kennt, sie ist schon eine besonders exzentrische und schräge Type Frau, das muss man schon sagen. Sie denkt nicht groß über ihr Auftreten nach, trägt auch mit Ü-60 noch Leggins und pfeift drauf, was die Leute sagen. Sie ist mordsmutig, trägt das Herz auf der Zunge und tief in ihrem Inneren vermisst sie ihren verstorbenen Mann und träumt häufig von ihm. Ihr Sohn Wolfi ist als Ermittler eher wenig pfiffig, er wird sogar schon mal als"gehirnamputiert" bezeichnet, was Walli aber strikt für absolut übertrieben hält. Beide hängen sehr aneinander, was ihr barscher Umgang miteinander allerdings nicht immer erkennen lässt. Wallis beste Freundin Friedl ist auch wieder mit dabei, sie sorgt mit ihrem breiten Allgäuer Dialekt für herzhafte Dialoge, die das Flair der Gegend authentisch widerspiegeln.

Der Erzählstil ist leicht und locker und lässt sich wunderbar lesen. Eingebaute Dialoge in Mundart und reichlich Schimpfwörter bringen ländliche Authenzität der Allgäuer Bevölkerung mit und man fühlt sich beim Lesen mittendrin in Burglbach und Umgebung.

Die Handlung ist reichlich überspitzt und führt von einer lustigen Szene zur nächsten. Mal landet Walli in der Pathologie auf dem Seziertisch und dann randaliert sie auf der Polizeiwache, sodass die GSG9 anrücken muss. Es gibt hier immer etwas zu lachen und ganz nebenbei werden die Puzzleteilchen der Ermittlung zusammen getragen. Die Spannung verläuft eher unterschwellig und lässt der Gaudi den Vortritt. Dennoch kann man wunderbar miträtseln und amüsiert sich herrlich über Wallis unkonventionelle Ermittlungsmethoden. Dabei ist der gepfählte Jäger alles andere als witzig.

Ein locker-leichter Schreibstil, kurze Kapitel mit prägnanten Überschriften und reichlich Humor sorgen für wunderbare Lesestunden mit Allgäu-Touch durch den eingebauten Dialekt.

Dieser Krimi ist einfach eine unterhaltsame Lektüre mit viel Gaudi und unblutiger Spannung. "Wer zweimal stirbt, ist trotzdem tot" empfehle ich allen, die humorvolle Regionalkrimis mögen.

Bewertung vom 04.08.2022
Tintoretto und seine Freunde
Rossmann, Dirk

Tintoretto und seine Freunde


gut

Unterhaltsam, aber nicht ganz überzeugend umgesetzt

Der kleine Tintenfisch Tintoretto entdeckt eine schöne Buch und trifft dort auf ein paar unterschiedliche Tiere, die schnell seine Freunde werden. Es sind die Krabbe Crabby, Mala Mandarinfisch, die singende Qualle Kurt und den Delfin Doppelklick. Gemeinsam erleben sie einige Abenteuer, die sich um Freundschaft, Streit und Versöhnung, aber auch um Umweltverschmutzung und Klimawandel drehen.

Das Buch enthält neun kurze Geschichten, die jeweils ein bestimmtes Thema betreffen und von Tintorettos Erlebnissen mit seinen Freunden im Meer erzählen. Die kleinen Freunde versuchen lustigerweise herauszufinden, ob Tintoretto ein Tiefsee-Känguru ist. Sie versuchen aber auch, die Abholzung des Regenwaldes zu verhindern oder sammeln Plastikmüll aus dem Meer, was vorher Crabby fast zum Verhängnis wurde. Doch vor allem geht es um die Freundschaft, sie spielen Verstecken oder Muschelmux, ein Unterwasser-Kartenspiel und haben gemeinsam viel Spaß, manchmal aber auch Streit, wie das unter Kindern auch üblich ist. Denn den Umgang mit fairem Verhalten und ohne zu Schummeln muss man lernen. Es gibt auch Geburtstagsfeiern und dazu reisen viele Meeresbewohner und Säugetiere an, die Kinder so spielend kennenlernen.

Als Vorlesebuch finde ich die kleinen Geschichten nicht zu lang, die Sprache ist sehr einfach und es gibt lustige Szenen mit albernen Wortschöpfungen, über die sich alle kringelig lachen können. Die wie von Kinderhand gemalten, entzückenden Bilder passen gut zu den Texten und begleiten die Vorgänge richtig gut.

Das Thema Umweltschutz wird eher am Rande gestreift, aber es wird das Verständnis und Bewusstsein dafür geweckt und das ist für Kleinkinder schon einmal ein guter Anfang. Die unterschiedlichen Meeresbewohner ziehen bei Problemen alle an einem Strang und werden trotz ihrer Unterschiede zu guten Freunden und diese Botschaft finde ich richtig toll.

Allerdings stört es mich, dass Kinder hier den Eindruck bekommen, Delfine, Mandarin- und Doktorfische würden auch im Nordpolarmeer beim Eisbären leben können. Dabei leben sie nur in warmen Meeren und könnten bei Kälte gar nicht überleben.
Am Ende des Buches hätte ich mir gewünscht, wenn kindgerechtes erstes Wissen über Müll und Umweltverschmutzung vermittelt worden wäre.

Diese fantasievollen Geschichten zeigen, dass man mit Freunden nicht nur Spaß haben, sondern auch einiges schaffen kann und ganz nebenbei erfährt man etwas über die Verschmutzung der Weltmeere und über den Klimawandel. Etwas mehr Wissen über Müllverschmutzung hätte ich mir schon gewünscht.

Bewertung vom 03.08.2022
Niu
Werner, Kathrin

Niu


gut

Feinfühlig erzählter Debüt-Roman, der mit einer mysteriösen Figur Rätsel aufgibt

Im Atlantik Verlag erscheint mit "Niu" das Debüt von Kathrin Werner.

Carmen und Thomas haben sich auseinander gelebt, sie wagen einen Neustart und ziehen nach New York. Ihre Beziehung soll sich dort neu entfalten und wieder einen tieferen Sinn bekommen. Wie zufällig lernen beide Niu kennen, die ihnen immer wieder über den Weg läuft und beide verfallen ihrem Einfluß. Ihr gemeinsames Leben als Paar wird immer mehr zur Nebenkulisse, denn ihre Gedanken kreisen ständig um Niu.

Nach ihrem Neuanfang in New York leben Carmen und Thomas nach altem Schema weiter, sie reden nicht miteinander, sie machen ihre Sehnsüchte und Probleme mit sich selbst ab und distanzieren sich immer mehr voneinander. Als Niu in ihr Leben tritt, drehen sich ihre jeweiligen Gedanken nur noch um sie und beide verlieben sich und wissen nicht, dass ihr Partner Niu ebenfalls kennt. Damit gewinnt die Geschichte für mich an Spannung und Brisanz, denn ich wollte wissen, wieso Niu ihnen in einer riesigen Metropole wie New York ständig begegnet.

Kathrin Werner erzählt feinfühlig und sehr nah an den Personen von ihrer Beziehung. Der Erzählstil ist bildhaft und flüssig und führt mit situationsbeschreibenden Szenen durch die gesamte Handlung. Die Autorin führt uns das Leben New Yorks vor, wir erleben U-Bahn, Coffee Shops und die Brooklyn Bridge und tauchen in das typische schnelllebige Flair der Großstadt New Yorks ein.

Kathrin Werner zeigt die Gefühlswelt des Paares auf, wir erfahren ihre Sorgen, Hoffnungen und ihre Wünsche und merken, wie sich das Paar immer weiter voneinander entfernt. Als sie Niu kennenlernen, scheinen beide neue Wege einschlagen zu wollen, es bleibt aber undurchsichtig, was Nius Rolle oder Absicht ist und ob ihr Einfluß gut oder schlecht ist. Sie wirkt auf mich recht blass und es umgibt sie eine rätselhafte Aura, ihre Person wird erst im Laufe der Handlung etwas mehr definiert, aber sie bleibt für mich ein großes Fragezeichen, das leider auch nach Beendung des Buches nicht vollständig aufgelöst wird. Diese Art von mysteriösen Figuren mag ich leider gar nicht, ich wünsche mir Realität und Klarheit und keine Geisterwelt, die hier auch nicht zum Rest der lebensnahen Geschichte passt.


Ich habe mich dem Paar nach und nach angenähert, habe ihre sprachlose Art des täglichen Umgangs miteinander gefühlt und erlebt und hätte ihnen diese Isolation voneinander gerne ausgeredet. Sympathisch wurden sie mir nicht, aber die Darstellung der Beziehungskrise wirkt sehr authentisch und man erfährt die Nöte der einzelnen Partner, körperlich wie psychisch, die in jedem nachwirkt.

Niu scheint die Rolle der lenkenden Figur einzunehmen und ich war sehr gespannt, wann beide Partner von dem Doppelleben des Anderen erfahren und wie sie reagieren. Doch dann gibt es in der Geschichte einen Cut, als die Mutter von Thomas nach New York kommt, auch sie hat Beziehungsprobleme. Von diesem Moment an war ein Bruch zu spüren, die Handlung lief nur noch ab und der Spannungsfaktor fiel ab. Dabei sollte der große Knall der Story erst noch geschehen. Leider konnte das Ende nicht mit dem starken Anfang der Geschichte mithalten.


Kathrin Werner lässt vor der authentisch gezeigten Kulisse New Yorks ein feinfühlig erzähltes Beziehungsdrama ablaufen, bei der die Selbstverwirklichung, die Liebe und die Familie im Mittelpunkt stehen. Leider konnte mich Nius Figur nicht ganz überzeugen, sie bleibt im Grunde ein rätselhafter Geist.

Bewertung vom 01.08.2022
Die karierten Mädchen / Heimkehr-Trilogie Bd.1
Hennig von Lange, Alexa

Die karierten Mädchen / Heimkehr-Trilogie Bd.1


gut

Statt wahrer Geschichte nur eine geschönte Fiktion!
Im Dumont Verlag erscheint mit dem Roman "Die karierten Mädchen" von Alexa Hennig von Lange der erste Band einer Trilogie.

Klara ist blind, bereits über neunzig, lebt allein und beginnt ihr Leben Revue passieren zu lassen. Sie erinnert sich an ein Geheimnis, dass sie vor ihrer Familie verborgen hat. Auf Kassetten nimmt sie diese Erinnerungen auf, sie beginnt 1929, als sie mit einundzwanzig Jahren Lehrerin in einem Erholungsheim für kranke Kinder wird. Dort wird die einjährige Tolla abgegeben, zu der sich Klara hingezogen fühlt. Als Klara das Heim bereits leitet, gibt es wirtschaftliche Schwierigkeiten und sie hofft auf Unterstützung durch die nationalsozialistischen Funktionäre. Damit soll das Heim unter der Hakenkreuzflagge eine Ausbildungsstätte für junge Frauen werden und damit erledigt sich das Vorhaben, dort eigenständige Menschen zu erziehen. Die Besuche der Nazi-Funktionäre gefährden auch Tolla, die jüdischer Herkunft ist und inzwischen von Klara als Kind angenommen wurde.

"Die karierten Mädchen" hat Alexa Hennig von Lange an die Geschichte ihrer eigenen Großmutter angelehnt, von ihr existieren Kassetten über ihre Zeit als Lehrerin.

In zwei Zeitebenen erfahren wir die Geschehnisse damals im Kinderheim und später als Klara eine alte Frau ist. Der Schreibstil der Autorin hat mich sofort in diese Vergangenheit versetzt und mit der politischen Brisanz der Zeit gepackt. Allerdings entwickelt sich die anfänglich noch sympathisch erscheinende Protagonistin Klara doch nicht in dem Maße, wie ich es erwartet hätte. Sie interessiert sich angeblich nicht für Politik, merkt aber schon, was das Erstarken der Nazis bewirkt. Sie schützt ein jüdisches Mädchen und ich hoffte darauf, dass sie mehr bewirken konnte. Doch im Grunde wurde Klara zu einer Mitläuferin, die im Nachhinein zwar die Erlebnisse festhält, aber wirkliche Gewissensbisse konnte ich nicht entdecken. Es gab keine Reflektion des Geschehenen, kein Wort von Klara über eigene Fehler oder mögliche andere Handlungsweisen, die damals für viele Menschen der rettende Anker gewesen wären.
Klara erscheint mir kühl und sehr distanziert, fast gefühlslos, sie kommt mir nicht nahe und ich habe keine enge Verbindung zu ihr aufbauen können. Sie wirkt oberflächlich, diszipliniert und in ihrer Art sehr widersprüchlich, denn obwohl sie ihre Schülerinnen zu eigenständig denkenden und selbstbewußten Frauen erziehen möchte, will sie selbst von Politik nichts wissen. Und sie ignoriert die Gefahr einer nationalsozialistischen Verwaltung des Heims. Das passt nicht so recht zusammen und macht sie für mich uninteressant und die Liebesgeschichte passte für mich auch nicht so recht ins Bild.

Der eindringliche Schreibstil ist für mich der positive Part des Buches, es war sehr sehr gut zu lesen und wenn der fiktive Teil die Großmutter nicht ganz so schönend ins positive Licht gestellt hätte, wäre ich sicher überzeugter von der Geschichte gewesen. Da die Autorin aber Tolla nur hinzugedichtet hat, hatte ich den Eindruck, hier sollte ein Akt der Nächstenliebe die wahre Klara überdecken. Das hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack.

Diese Geschichte hat mich gefesselt und auch der Erzählstil ist mitreißend. Jedoch verlief die Geschichte ohne spürbaren Gewissenkonflikt Klaras, den sie im Alter doch hätte verspüren sollen. Und das hinzugedichtete jüdische Mädchen Tolla vermittelte ein geschöntes Bild der Großmutter, das es nie gegeben hat. Die ganze Story verliert damit für mich an Glaubhaftigkeit und es bleibt ein fader Beigeschmack.

Eine Geschichte, die persönliche Wahrheit verspricht, bei der sich aber bei näherer Betrachtung doch der fade Beigeschmack der Entlastung der Großmutter als Mitläuferin am Ende durchgesetzt hat. Immerhin noch drei Sterne, weil die Zeitgeschichte gut dargestellt wird.

Bewertung vom 31.07.2022
111 royale Momente für die Ewigkeit
Begasse, Michael

111 royale Momente für die Ewigkeit


sehr gut

Eine kurzweilige, interessante Reise zu den Royals dieser Welt
Unter dem Titel "111 royale Momente für die Ewigkeit" aus dem Emons Verlag zeigt Michael Begasse berührende, pikante, traurige und lustige Momente aus dem Leben von Menschen aus dem Adelsbereich.

Wir kennen sie alle, die Klatschblätter beim Friseur sind voll von Skandalen, besonderen Fotos, Hochzeiten und Informationen über royale Personen, ob gekrönte Häupter oder nur verarmter Adel, ausgestorbene Dynastien oder langlebiges Monarchentum. Es ist eine gewisse Faszination, die von ihnen ausgeht. Man bewundert blinkende Juwelen und Kronen, bezaubernde Kleider und erfährt die neuesten Begegnungen und unerhörten Skandale. Die Geschichten der Blaublüter der Welt gehören für Adelsexperte und Journalist Michael Begasse seit drei Jahrzehnten zu seinem Job und aus der Nähe zu diesen Menschen stellt er unterschiedliche Informationen, Klatsch, aber auch Fakten zusammen.

Die 111 Themen drehen sich um die Royals dieser Welt. Wir beginnen bei der prunkvollen Hochzeit 2011 in Monaco, wo ein modernes Märchen zwischen dem Playboy-Prinzen und der Olympia-Schwimmerin wahr wurde. Weiter geht es ins Zarenhaus Russlands, worüber sich inzwischen schon der Staub der Jahrhunderte gelegt hat. Die royale Reise streift das niederländische, schwedische und norwegische Königshaus, reist nach Spanien und immer wieder werden die Britischen Royals als beständige Monarchie, aber auch skandalumgebene Gruppe erwähnt. Es gibt traurige Dinge zu erfahren und es wird sogar in die Vergangenheit geblickt und so kommen auch Napoleon, Isabella von Kastilien, Kaiser Karl V. und andere frühere Monarchen ins Buch.

Zu allen Royals gibt es eine Doppelseite unter einer knackigen Überschrift, mit flott erzählten Text und ein entsprechendes Foto der Personen. Die Promifakten werden dank der kurzweiligen Erzählweise zu einer schönen Unterhaltung, die zeigt, hier ist auch nicht alles Gold was glänzt.

Begasse zeigt bekannte und ständig in der Klatschpresse vertretene Personen wie die Queen oder Diana, er erwähnt aber auch diejenigen, die sich diskret im Hintergrund halten oder über die man nicht viel weiß, wie Kaiser Friedrich III., Anna von Kleve, Mswati III. (ausbeutend herrschender Dikator des ehemaligen Swasiland) oder Jigme Khesar Namgyel Wangchuck, der König von Bhutan. Zu allen weiß Begasse besondere Details zu berichten, die er mit seinen persönlichen Erlebnissen aufbereitet. Die Leser:in erfährt bekannte und auch schreckliche Dinge, peinliche wie sensationelle Nachrichten, lustige wie erstaunliche und wird dadurch gut und kurzweilig unterhalten.

Michael Begasse gibt mit diesem Buch einen vielseitigen und kurzweiligen Einblick in die Königshäuser der Welt und bringt so viele Details ans Licht, die interessant zu lesen sind und uns die Royals als normale Menschen erscheinen lassen.

Bewertung vom 30.07.2022
Ein Bild von einer Frau
Bub, Natascha

Ein Bild von einer Frau


sehr gut

Interessante Story um eine aufstrebende Fotografin und Hemingway

1953 reist die junge Fotografin Insa Schönberg nach Kuba, um Ernest Hemingway zu fotografieren. Der berühmte Schriftsteller lässt Insa, die er "kleine Kraut" nennt, zwar bei sich wohnen und feiert mit ihr, will sich aber nicht von ihr fotografieren lassen. Allmählich beginnt Insa Hemingway zu verstehen, denn beide sind sich auf eine bestimmte Weise ähnlich. Hemingway quält die Vergangenheit, die wie ein dunkler Schatten auf seiner Seele lastet. Und das ist Insa sehr bekannt.

"(Hemingways) fiktionale Charaktere zeigten Scham und Trauer, Unsicherheit, Verletzlichkeit. Er selbst aber gab in der öffentlichen Inszenierung seiner selbst immer nur ein Bild eindimensionaler absoluter Männlichkeit ab." Zitat Seite 210
In diesen Roman musste ich anfangs erst einmal hineinfinden, denn die Geschichte der Fotografin Insa setzt sich aus vielen kleinen Szenen zusammen, die von ihrem Fotoauftrag sowie ihren Lebenserlebnissen erzählen. Die fiktive Story lehnt sich an die wahre Geschichte von Inge Schönthal an, ihr Name wird im Roman als Insa umbenannt. Insa lebt für ihre Begeisterung für die Fotografie und war damit ihrer Zeit voraus. Dem Erzählstil lässt sich gut folgen, Natascha Bub fasst Momente und Stimmungen in gut gewählte Worte und lässt uns in das Leben auf Kuba der 50er Jahre eintauchen.


Der Aufhänger für diesen Roman war für Natascha Bub das weltberühmte Foto Hemingways mit der Fotografin und einem großen Marlin. Geschickt lässt sie die Erlebnisse aus Insas Kindheit und Ausbildungszeit einfließen und stellt auch Hemingway mit seiner Unberechenbarkeit, seinen Launen und Macken und seiner speziellen Art näher vor.

Insa lernte nach dem Ende des Kriegs das Fotohandwerk bei der Foto-Pionierin Rosemarie Pierer in Hamburg. Angespornt durch ihre Wette mit dem Verleger Ledig-Rowohlt reist sie nach Kuba, um dort Hemingway zu treffen. Doch ihr Charme prallt an diesem ungehobelten Klotz ab. Aber Insa fühlt, dass hinter der harten Fassade ein weicher Kern steckt und gibt nicht auf.

Dieser Roman lässt sich sehr schön lesen und ich finde es sehr interessant, Insa/Inge Schönthal dabei zu begleiten, wie ihre Zeit mit Hemingway abläuft und wie es ihr gelingt, mit sturer Beharrlichkeit, aber auch mit Einfühlungsvermögen, ihr Ziel zu erreichen.


Ein interessanter Roman, der die Figur der Fotografin und die von Ernest Hemingway klar umreißt und uns Einblick in ihr Leben gibt.

Bewertung vom 28.07.2022
Das Licht der frühen Jahre
Lyne, Charlotte

Das Licht der frühen Jahre


ausgezeichnet

Eine mitreißende Story über die 20er Jahre und die Welt des Films
Charlotte Lynes Buch "Das Licht der frühen Jahre" ist der Auftaktband zur "Adler-Saga" und erscheint bei Tinte & Feder.

Berlin 1919: Lilly Adler wird in der Friedrichstraße groß, dort besitzt ihr Vater sein bekanntes Fotoatelier Adler. Die finanziellen Schwierigkeiten machen den Menschen zu schaffen, nur noch wenige lassen Fotos von sich machen. Lilly träumt vom Film und möchte abseits ihrer Familie ihren Weg gehen. Sie wird vom trubeligen Nachtleben der Zwanzigerjahre gelockt und lernt den gutaussehenden Regisseur Theo Stiller kennen. Beide lieben die bewegten Bilder des Films und Lilly stellt ihre Begabung für die Regie fest. Doch ihr Glück hält nicht lange an, Lilly stösst auf ein altes Familiengeheimnis, dass ihr Leben vor andere Tatsachen stellt als bisher.

Es war mein erstes Buch von Charlotte Lyne und ich bin sofort ihrem wunderbaren Erzählstil verfallen. Dieser Auftaktband hat mich von Anfang an gefesselt und mir sehr gut gefallen. An Lillys Seite konnte ich die Filmwelt entdecken und bin sofort in die bildhafte Szenerie der Goldenen Zwanziger abgetaucht.

Lilly Adler ist eine junge Frau, die von der Filmwelt fasziniert ist und nichts sehnlicher wünscht, als eigenständig Regie zu führen und Emotionen mit der Kamera einzufangen und so sichtbar zu machen. Deshalb widersetzt sie sich dem Wunsch ihres Vaters und verlässt sie ihre Familie, um in Babelsberg beim Film zu arbeiten. Die Zeiten sind für Frauen denkbar schlecht, denn die Männerdomäne ist wie überall auch im Filmgeschäft vorherrschend. Lilly erlebt einige persönliche Abenteuer, sowohl in der Liebe als auch beim Film. Es ist eine Traumfabrik, die noch in den Kinderschuhen steckt und auf wackligen Füßen steht. Häufig genug muss Lilly ihre Hoffnungen zusammenstreichen und ihre Träume rücken in weite Ferne.


In der Geschichte ist Lilly nicht die alleinige Hauptfigur, auch ihre gute Freundin Ariane und der Regisseur Theo Stiller stehen im Mittelpunkt und sorgen mit ihren lebendig gezeigten Erlebnissen und einigen Nebenfiguren für einen umfassenden Einblick in die damalige Gesellschaft und die vorherrschende Zeit. Ganz nebenbei lässt Chalotte Lyne die politischen Umbrüche einfließen, sodass man die Handlung auch vor diesem deutlich gezeigten Rahmen erleben kann und sich gedanklich in diese Zeit versetzt.

Neben den sympathischen und authentisch wirkenden Charakteren hat mich vor allem der eingängige und wunderbare Schreibstil der Autorin beeindruckt und mitgerissen. Sie lässt manche Szenen unglaublich bildhaft erscheinen, dass mein Kopfkino automatisch in Gang setzte.

Es sind diese berührenden Schicksale, die mich neben den informativen Beschreibungen der Filmwelt, der Kameras, der Kameraführung und der Regie so unglaublich gefesselt haben. Das aufgedeckte Geheimnis bringt Veränderung in Lillys Leben und lässt meine Neugier auf die Weiterführung des Romans noch wachsen.


Ein fesselnder Auftakt der Adler-Saga, der die Träume der Filmwelt aufzeigt und Lebenswege entscheidet.

Bewertung vom 27.07.2022
Olaf Hajeks fantastische Früchte
Roeder, Annette;Hajek, Olaf

Olaf Hajeks fantastische Früchte


ausgezeichnet

Ein tolles Kunstwerk, das Wissen vermittelt und Appetit anregt
"Olaf Hajeks fantastische Früchte" von Annette Roeder erscheint im Prestel Verlag und eignet sich für Kinder ab acht Jahren.

Olaf Hajek lässt mit unterschiedlichen Obstsorten farbenfrohe und kunstvolle Bilder entstehen, die man sich gerne ansieht und dabei so manches entdecken kann.

In den dazugehörigen Texten liefert Annette Roeder interessante und überraschende Fakten, die von der Herkunft, über die Vitamine und den Geschmack bis hin zu den biologischen Hintergründen reichen.

Ein außergewöhnliches Buch über Früchte: Von Ananas bis Zitrone.

Es ist ein Buch, dass vor wissenswerten Fakten nur so strotzt und trotzdem gut unterhält. Wir erfahren, dass ein Granatapfel eigentlich eine Beere ist. Oder dass die Ananas überall Ananas heißt. Aber habt ihr schon mal was von Zitrullengurke gehört oder von Muttergottesbeeren? Nein? Die Lösung könnt ihr im Buch finden und noch viele andere Namen, die rund um den Erdball für Früchte verwendet werden. Dazu erfährt man Zungenbrecher, Volksweisheiten und die jeweiligen Herkunftsländer der gesunden Obstsorten.

Was gehört in euren Obstsalat? Äpfel, Erdbeeren und Bananen kennt jedes Kind, aber es gibt noch soviel mehr, wie Physalis, Avocado, Passionsfrucht und Kaki. Was möchtet ihr unbedingt mal probieren? Blättert mal rein, es gibt viel zu entdecken.

Mich faszinieren Olaf Hajeks fantastische Bilder, sie sind eine Augenweide, fantasievoll und kunterbunt und treffen dennoch naturgetreu die Abbildung der jeweiligen Frucht. Annette Roeder hat die Texte sehr verständlich formuliert und sorgt durch die Fülle an Fakten für viel Wissen und unterhaltsame Lesemomente. Am Ende des Buches gibt es noch einen märchenhaften Exkurs in Sachen Obstsalat und Infos über Nachhaltigkeit und biologischen Anbau. Toll finde ich auch, dass dieses Buch klimaneutral produziert wird.

Ich bin mal wieder begeistert! Was für ein lehrreiches und wunderschön illustriertes Buch über heimische und exotische Obstsorten! Es eignet sich zum Stöbern, Entdecken und Kennenlernen der unterschiedlichen Früchte und macht damit richtig Appetit auf einen gesunden Obstsalat.