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Miro76
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Österreich

Bewertungen

Insgesamt 142 Bewertungen
Bewertung vom 08.12.2023
A Breath of Winter / Rabenwinter Saga Bd.1
Schnell, Carina

A Breath of Winter / Rabenwinter Saga Bd.1


ausgezeichnet

Middangard im hohen Norden ist ein Land, das die Menschen mit Magischen und Kreaturen teilen. Tolle treiben in den Wäldern ihr Unwesen und Walküren beherrschen die Lüfte. Doch obwohl so gefährliche Kreaturen umgehen, sitzt die Angst vor Hexen tief in den Köpfen der Menschen. Hexen leben meist abgeschieden in den Wäldern oder der wilden Natur und üben ihre Knochenmagie zu ihrem Schutz aus oder um anderen zu helfen.

Nun geht ein weiteres Monster um, bekannt als der Hexenschlächter, denn er kennt keine Gnade und es scheint, als wolle er sie alle ausrotten. Smillas Hexenzirkel wurde ebenfalls grausam von ihm hingerichtet und so hat sie sich nur einem Ziel verschrieben: Rache. Eine Seherin hat ihr prophezeit, dass die Wilde Jagd sie zum Schlächter führen wird.

So kommt es, dass sich Smilla der gefürchtetsten Söldnertruppe Middangards anschließt, um unter der Führung von Gent, dem Fürst der Unterwelt, zu kämpfen und zu töten. Kein leichtes Unterfangen für Smilla, denn so einfach nimmt die Wilde Jagd nicht neue Mitglieder auf. Sie wird sich beweisen müssen.

Smilla und Gent verbergen beide ihre dunklen Geheimnisse und ihre Wunden doch die Anziehungskraft zwischen ihnen lässt sich ebenfalls nicht leugnen. Werden sie sich ihren Dämonen stellen können und ihre Herzen wieder öffnen können? Und welche Wahrheit wird dann ans Licht kommen?

Carina Schnell hat mit Middangard ein spannende Welt voller Mythen und Legenden, Götter und Magie entworfen. Das Worldbuiling geht ganz nebenbei und wir bekommen im Laufe der Lektüre einen guten Einblick in die Strukturen dieser Wirklichkeit. Die Autorin hält sich nicht lange auf mit Erläuterungen und steigt sofort in die Handlung ein. Somit ist das Buch von der ersten Seite weg fesselnd. Die Kapitel werden wechselweise aus Smillas und Gents Sicht erzählt, was die Spannung enorm erhöht und uns Einsichten erlaubt, die die Protagonisten nicht immer kennen.

Die Figuren entwickeln sich, müssen Mut und Kreativität beweisen und sich ihren schwärzesten Seiten stellen.

Zum Schluss überrascht uns die Autorin nochmal ordentlich und ich bin sehr gespannt, wie sie diese Dilogie zum Abschluss bringen wird. Jetzt heißt es geduldig warten bis September - dann erscheint der 2. Teil.

Bewertung vom 03.11.2023
ZAP. Für die einen ist es Vergnügen. Für ihn ein Albtraum. (eBook, ePUB)
Eschbach, Andreas

ZAP. Für die einen ist es Vergnügen. Für ihn ein Albtraum. (eBook, ePUB)


sehr gut

Finn musste mit seinen Eltern übersiedeln, weil der Vater einen neuen Job antreten durfte. Er ist noch nicht richtig heimisch, fühlt sich in der Schule nicht wohl und seinen besten Freund Navid vermisst er sehr. In seiner Freizeit flüchtet er sich in Bücher, was den Eltern gar nicht behagt, denn ihre Leben spielen sich in den sozialen Netzwerken und am Fernseher ab. Finn scheint hier etwas aus der Zeit gefallen zu sein.

Als er an einem Freitag aus der Schule kommt, erwartet ihn eine böse Überraschung. Er sperrt die Wohnung auf, die er am Morgen verlassen hatte und findet darin nichts wieder. Die Wände sind anders gestrichen, völlig andere Möbel und es leben andere Leute darin. Auch die Nachbarin scheint ihn nicht wiederzukennen.

Finn ist völlig verwirrt und lässt sich tatsächlich einreden, sich verlaufen zu haben, denn in dieser tristen Vorstadt sehen alle Straßen irgendwie gleich aus.

Ein perfides Spiel beginnt, das Finn komplett um den Verstand bringen soll, während sich die Zuschauer im Fernsehstudio und vor den Glotzen zuhause köstlich amüsieren sollten.

Doch der Sender hat die Rechnung ohne Lea gemacht, die versehentlich von diesem Projekt erfahren hat und Finn unter erheblichem Aufwand zu Hilfe eilt. Gemeinsam versuchen sie den Spieß umzudrehen und die Verantwortlichen in eine Falle zu locken, denn dieses Spiel will Finn auf keinen Fall mitspielen.

Andreas Eschbach hat mir ZAP ein Gedankenexperiment erschaffen, dass diesen ganzen Irrsinn Reality-TV persifliert und treibt es auf die Spitze. Wir bekommen anfangs einen guten Einblick in die Gesellschaft, die den Nährboden für diesen Wahnsinn bietet. Mit der Absurdität, die der Fernsehsender hier veranstaltet, will uns der Autor vielleicht zeigen, wie weit die digitale Welt uns alle treiben kann.

Stilistisch ist es einfach gehalten. Rückblenden werden und mit "Rewind" angezeigt und genauso gibt es ein "Fast Vorward" . So lässt sich das Buch schnell weglesen, ist nicht all zu anspruchsvoll und unterhält hervorragend. Es ist rasant und spannend und ganz im Sinne von Jugendliteratur passiert nicht wirklich was Schreckliches und der Held findet seinen Weg.

Außerdem ist es irgendwie auch eine Ode an die analoge Welt!

Mir hat's gefallen!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.10.2023
Bis wir Wald werden
Mattausch, Birgit

Bis wir Wald werden


sehr gut

In Russland waren sie Deutsche, in Deutschland sind sie die Russen. So sitzen Babulya und Nanush und die ganze Hausgemeinschaft immer zwischen den Welten fest.

Birgit Mattausch lässt uns teilhaben am Leben im Hochhaus am Waldrand. Auch hier beginnen die Welten zu verschwimmen. Menschen werden zu Vögeln und erheben sich in die Lüfte, das Haus wird zur Araukarie und hebt seine Äste in den Himmel. Irgendwo zwischen Traum und Wirklichkeit spielt sich das Leben ab und in diesen Metaphern erfahren wir von der Zerrissenheit, der Wurzellosigkeit und der Verhaftung in einer verherrlichten Vergangenheit mit der die Menschen im Hochhaus ihren Alltag bewältigen.

In sehr poetischer Sprache, durchsetzt mit lyrischen Einschüben beschwört die Autorin eine Welt herauf, deren Zentrum Babulyas Küche ist und die ihre Geschichten an die nächste Generation weitergibt, bei Tee mit Marmelade.

Nun ist Babulya zu alt, um sich noch viel aus dem Bett zu bewegen und ihre Urenkelin Nanush hadert damit, dieses Erbe zu übernehmen. Sie kümmert sich hingebungsvoll um ihre Urgroßmutter, versucht aber gleichzeitig einen anderen Blick in die Zukunft. Kann dies gelingen, oder ist sie genauso verhaftet in Sibirien, wie der Rest ihrer Sippe?

Dieses kleine Buch steckt voller Bilder, die in Menschen zwischen den Welten wachsen und gedeihen. Wer mit lyrischer und metaphernreicher Sprache nichts anfangen kann, sollte davon lieber die Finger lassen. Wer sich darauf einlassen kann, findet eine bereichernde Geschichte, die den Geist beflügelt. Einziger Wermutstropfen ist, das es sehr fragmentarisch anmutet. Manchmal hätten ein paar Worte mehr der Geschichte gut getan.

Bewertung vom 08.10.2023
Wilde Jagd
Freund, René

Wilde Jagd


ausgezeichnet

Professer Quintus Erlach verbringt den Sommer in seinem Elternhaus in Stein am Gebirge. Nachdem seine Affäre offenbar wurde, hatte ihn seine Frau aus der gemeinsam Wohnung komplementiert, um bei einer Auszeit etwas Selbstfindung zu betreiben. Diese ertränkt der gute Professor leider in Wein und Bier, bis ihm die Pflegerin Evalina über den Weg läuft und ihn in eine haarsträubende Geschichte verwickelt.

Mit vermeintlich übersinnlichen Fähigkeiten überzeugt sie den Professor zur Mithilfe bei der Suche ihrer Vorgängerin, die vor einigen Monaten spurlos verschwand und zufällig die Schwester der Pflegerin war.

Und so stolpert der Professor in einen wilden Versuch ein Verbrechen aufzuklären und wird dabei selbst zum Gejagten. Gekonnt spielt der Autor mit versteckten Wahrheiten, vermeintlichen Zufällen und dubiosen Verdächtigen, so dass man als Leser*in schnell so verwirrt ist wie Erlach selbst.

Da sich die Ereignisse derart überschlagen, wird Quintus fast nebenbei seine Alkoholsucht los und beginnt sogar seinen Alltag zu strukturieren. Aus dem zerstreuten Lebemann wird ein verlässlicher Freund und nicht nur die Sympathien der Leser*innen fliegen ihm zu.

Mich konnte der Autor wieder einmal großartig unterhalten mit diesem Roman, der sich irgendwo zwischen Krimi und Unterhaltungsliteratur ansiedelt. Die Geschichte ist spannend von der ersten bis zur letzten Seite und macht dabei so manche Wendung durch, um in einer wirklich interessanten Auflösung mit Mehrwert zu reüssieren. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung, vor allem auch für die düsteren Herbstabende die demnächst auf uns zukommen werden.

Bewertung vom 08.10.2023
Als wir an Wunder glaubten
Bürster, Helga

Als wir an Wunder glaubten


ausgezeichnet

Anni und Edith waren immer Freundinnen und haben es mit gegenseitiger Unterstützung durch die schweren Winter in den Kriegsjahren geschafft. Nun ist der Krieg vorbei, doch ihre beiden Männer kehren nicht nach Hause zurück. Die Zeiten sind noch immer schlecht in Unnenmoor. Es fehlt an allen Ecken und Enden an Arbeit, Nahrung und Geld.

Diese düstere moorige Gegend im Norden Deutschlands bietet einen guten Nährboden für Aberglauben, Hexerei und Wunderheilerei.

Als nach Jahren Anni's Mann nach Hause kommt, beginnt es aber nicht bei ihr bergauf zu gehen. Otto hat seine Beine an der Front gelassen und ist generell schwer traumatisiert. Er findet sich nicht mehr ein im Alltag und beginnt zu trinken. In ihrer Verzweiflung sucht Anni nach einem Sündenbock und die rothaarige Edith wird zur Hexe und für alles Unglück verantwortlich gemacht. Der Spökenfritz weiß diese Situation für sich zu nutzen. Mit seinen Beschwörungen und Zaubereien treibt er die Familie endgültig in die Armut und als das Wunder immer noch ausbleibt, spitzt sich die Situation immer mehr zu.

Helga Bürstner hat sich mit diesem Roman einem spannenden Thema zugewandt. Viele Kriegsheimkehrer fühlten sich unverstanden mit ihrem posttraumatischen Stresssyndromen. Das Leben zuhause war auch nicht einfach und für Zimperlichkeit einfach kein Platz. Ein guter Nährboden für jene, die die Not der Gutgläubigen ausnutzen, denn ein Wunder hätten damals viele gut brauche können.

Das Thema ist spannend aufbereitet. Ich habe das Buch von der ersten Seite an gerne gelesen, aber ab der Mitte baut die Autorin enorm Spannung auf. Meine Sorge um Edith ließ mich fast hastig weiterlesen, denn das Gefühl, dass diese Geschichte nicht gut ausgehen kann hat sich ebenfalls immer mehr zugespitzt.

Leider besitzt diese Geschichte noch immer Brisanz, denn mit der Hoffnung auf ein Wunder lässt sich auch heute noch gut Geld verdienen.

Bewertung vom 19.08.2023
Vertrauensübung
Choi, Susan

Vertrauensübung


gut

Die CAPA ist eine beliebte Talentschmiede und nur die begabtesten Jugendlichen ergattern einen Platz in der berüchtigten Highschool. Vor allem der Unterricht bei Mr. Kingsley fordert die Kids und alle wollen dem Lehrer gefallen. Besonders Sarah will unbedingt zum Inner Circle gehören und erkennt schnell, dass ihre Tränen bei ihm Interesse auslösen.

So findet sie sich immer wieder in seinem Büro, nach den Taschentüchern greifend, denn zum Heulen hat sie genug. Sie hat eine stürmische Beziehung zu einem Mitschüler in den Ferien angefangen, die gleich zu Schulanfang in die Brüche geht, obwohl sich beide lieben. Die Menge an Missverständnissen sind typisch Teenagerkram.

Mr. Kingsley scheint sich darin zu weiden und ruft beide immer wieder zu seinen berüchtigten Vertrauensübungen, die die Schüler*innen ihr Innerstes nach außen stülpen lässt. Dieses ganze Gefühlschaos wurde mir streckenweise etwas zu langatmig, aber dann wechselt der Ton abrupt.

Zwanzig Jahre später erzählt uns eine andere Person die Geschichte der Highschoolclique aus einer anderen Perspektive. Meine Neugierde war plötzlich wieder geweckt, doch auch hier wurde es mir etwas zu viel. Die Autorin gibt manchen Dinge zu viel Gewicht und manche Protagonisten sind so stark in ihrer Vergangenheit verhaftet, dass mir hier die Entwicklung fehlte.

Außerdem hat sie ihre Geschichte ausgesprochen literarisch verfasst. Mir persönlich ist es fast ein bisschen zu intellektuell. Es fordert die Leser*innen stilistisch, aber nicht inhaltlich. Auch der Schluss konnte mich nicht wirklich überzeugen. Der wirkte irgendwie komplett losgelöst vom Rest der Geschichte. Deshalb habe ich misch schlußendlich für 3 Sterne entschieden, obwohl ich das Buch streckenweise sehr gerne gelesen habe.

Bewertung vom 18.08.2023
Die Einladung
Cline, Emma

Die Einladung


sehr gut

Alex verbringt den Sommer mit Simon in den Hamptons. Endlich hat sich es geschafft in die Welt der Schönen und Reichen. Fast glaubt sie schon, dass sie ihre Zügel etwas lockerer lassen kann und wirklich angekommen ist. Doch der Schein trügt und nach ein, zwei kleinen Fehltritten, wird sie prompt vor die Tür gesetzt.

Dabei hatte sie sich perfekt an Simons Rhythmus angepasst. Sie war sein anschmiegsames Kätzchen, dass ihn in Ruhe ließ, wenn er seine Ruhe haben wollte. Das ist wohl der Preis, wenn man sich derartig weit nach oben schlafen will. Denn Alex lebt davon, dass sie sich aushalten lässt und hat das zu ihrem Beruf gemacht.

Würde sie ausnahmslos Reich & Schön ausnehmen, wäre da ja noch gar nichts einzuwenden. Doch sie schreckt nicht davor zurück auch ihre Mitbewohner*innen, Hausangestellte oder einfache Jugendliche auszunutzen, wenn es ihr gerade zum Vorteil gereicht. Sie ist Meisterin der Manipulation und kann relativ gut in anderen Menschen lesen. Doch sie treibt es zu weit.

Als Leserin könnte ich fast Mitleid mit ihr haben, denn sie setzt sich in den Kopf Simon zurückzuerobern und deshalb muss sie eine Woche ausharren in den Hamptons - ohne Geld und ohne Unterkunft. Da sie aber so rücksichtslos mit ihren Mitmenschen umgeht, ist es schwierig Empathie für sie aufzubringen. Manchmal blitzt ein Funken Anstand bei ihr auf, nur um schnell wieder mit dem nächsten Diebstahl zunichte gemacht zu werden. Wie und warum sie zur Edelnutte oder professionellen Schnorrerin wurde, verrät uns die Autorin nicht.

Die fehlende Vorgeschichte lässt uns die Protagonistin nie wirklich greifbar erscheinen. Ihre Persönlichkeit versteckt sich hinter ihrem Zwang einen Weg in die Upper Class zu finden und dabei geht sie über Leichen. Sie scheint keine Moral zu kennen. Hat Sex wenn es nützlich ist, steht ständig unter Drogen und giert nach Macht und Geld. Sie scheint die Moral der Gesellschaftsschicht, in die sie so dringend möchte, so überspitzt verinnerlicht zu haben, dass ihre Persönlichkeit darin aufgegangen ist.

Bei der Lektüre war ich selbst überrascht, wie gerne ich die Geschichte dieser überaus unsympathischen Person gelesen habe. Ich muss gestehen, dass ich ihr etwas Unglück gegönnt hatte und an ein Happy End hatte ich sowieso nie geglaubt. Doch das gewählte Ende hat mich auch ein bisschen unzufrieden zurückgelassen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich es richtig verstanden habe. Es lässt auf jeden Fall Interpretationsspielraum.

Da mich Emmy Cline mit ihrem Roman aber ausgezeichnet unterhalten hat, vergebe ich gerne 4 Sterne und empfehle es allen, die gerne einen kritischen Blick in die Welt der Superreichen werfen wollen.

Bewertung vom 14.08.2023
Die Unbändigen
Hart, Emilia

Die Unbändigen


sehr gut

Es scheint ein Fluch auf den Weyward-Frauen zu liegen, sodass sie immer wieder an Männer geraten, die ihnen nicht wohlgesonnen sind.

Da ist Altha im Jahre 1619, die in einer kleinen feuchten Zelle auf ihren Hexenprozess wartet. Ihre Mutter war bereits eine Heilerin und begann sich zu verstecken, vor der Wut eines Mannes, dessen Frau sie nicht heilen konnte, weil die Krankheit schon zu weit fortgeschritten war.

Jahre später (1942) lernen wir Violet kennen, die von ihrem Vater auf dem Gut festgehalten wird. Sie darf das Dorf nicht besuchen und hatte noch nie Kontakt zu gleichaltrigen, als die Familie Besuch vom unseligen Cousin Frederick bekommt. Dieser ist auf Fronturlaub und von der 16jährgen Violet ganz angetan.

Ihre Geschichte geht fast nahtlos über in Kate's Geschichte, die sich in einer erniedrigenden und gewaltsamen Beziehung befindet, der sie schließlich entfliehen kann, weil sie von Großtante Violet das Weyward-Cottage erbt. Erst dort beginnt sie aufzuatmen und ihre innere Stärke zu finden. Jahrelang wurde sie klein gehalten, jetzt besinnt sie sich auf ihr Erbe und beginnt Nachforschungen anzustellen.

Emilie Hart hat diesen Roman recht einfach strukturiert. In kurzen Kapiteln lesen wir in der immer gleichen Reihenfolge von Altha, Violet und Kate bis sich das ganze in eine lineare Geschichte fügt. Die kurzen Kapitel erhöhen den Lesefluss und halten die Leser*innen bei jedem Erzählstrang am Ball. Die Geschichte ist spannend, berührend und emotional. Ein bisschen magischer Realismus fließt mit ein, denn die Frauen haben alle eine besondere Gabe, der sie schlussendlich ihre Unabhängigkeit verdanken.

Ungerechtigkeit, Schuld und Selbstjustiz sind ebenfalls Themen, die diese Geschichte behandelt und diesbezüglich stimme ich nicht ganz mit der Autorin überein. Die Auflösung des Ganzen konnte mich nicht überzeugen, obwohl ich das Buch sehr gerne gelesen habe. Es hat mich gut unterhalten und ich empfehle es auch gerne weiter als spannenden Sommeroman ohne großen Mehrwert.

Da gute Unterhaltung in ansprechendem Stil geboten werden, vergebe ich gerne 4 Sterne!

Bewertung vom 23.07.2023
Hotel Silence
Ólafsdóttir, Auður Ava

Hotel Silence


sehr gut

Jonas hat entschieden, seinem Leben ein Ende zu setzen. Nur das Wann und Wie sind noch nicht geklärt. Im Mai soll es passieren und eine 5 sollte auch beim Tag vorkommen, der 5. oder 15. wären gut. Doch dann wird ihm klar, dass ihn wahrscheinlich seine Tochter findet, wenn er sich zuhause umbringt. Besser fremden Menschen seine Leiche zumuten!

Kurzerhand beschließt er eine Reise zu machen. Mit wenig Gepäck und seinem Werkzeugkoffer reist er in ein kriegsgebeuteltes Land. Die Kämpfe sind vorüber, aber das Land ist noch voller Minen und der Tod lauert abseits der gängigen Wege.

Im Hotel Silence bezieht er ein Zimmer und merkt schnell, dass hier vieles einer Reparatur bedarf. Nachdem er in seinem Zimmer Dusche und Schrank gerichtet hat, bittet ihn die Hotelbesitzerin gegen Kost und Logis für ihn zu arbeiten. Sie hat das Hotel von ihrer Tante übernommen und will es gemeinsam mit ihrem Bruder wieder auf Vordermann bringen.

So kommt es, dass Jonas alle möglichen handwerklichen Tätigkeiten übernimmt und sich ganz nebenbei das Vertrauen der Stadtbewohner erarbeitet. Er kommt den Menschen näher und beginnt sich mit den Wunden und Narben auseinanderzusetzen. In diesem Land voller Leid und Tod kommen ihm seine eigenen Sorgen plötzlich wesentlich weniger tragend vor. Er setzt sich mit persönlichen und kollektiven Narben auseinander und beginnt langsam wieder einen Sinn im Leben zu finden, um sich am Ende wieder für andere öffnen zu können.

Stilistisch ist das Buch sehr ansprechend. Vieles wird nur kurz angerissen in sehr aussagekräftigen kurzen Sätzen oder starken Bildern. Nur der erste Teil des Buches hat mir nicht so gut gefallen. Jonas dreht sich in seinen Gedanken mehrmals im Kreis und die Autorin bleibt sehr wage, was seine Selbstmordabsichten betrifft. Dadurch kann man als Leser*in kaum nachvollziehen, warum er zu diesem Schluss gekommen ist.

Jonas Reise wiederum hat mich vollends überzeugt. Von welchem Land hier die Rede ist, verrät die Autorin nicht. Dadurch bekommt die Geschichte einen Hauch von Allgemeingültigkeit. Alle Kriege sind schrecklich und alle Menschen leiden darunter, egal welche Hautfarbe sie haben oder welcher Religion sie angehören. Das persönliche Leid verschwindet nicht, angesichts des kollektiven Leids, aber die Gewichtung verschiebt sich. Das hat die Autorin wunderbar eingefangen und hätte es nicht so lange Anlaufzeit gebraucht, bis mich das Buch fesseln konnte, wäre es ein Highlight geworden. So muss ich leider einen Stern abziehen.

Bewertung vom 20.07.2023
Vom Ende der Nacht
Daverley, Claire

Vom Ende der Nacht


ausgezeichnet

Bei Will und Rosie funkt es eigentlich auf den ersten Blick. Am Lagerfeuer haben sie sich lange unterhalten und Will merkt zum ersten Mal, dass er vielleicht mehr von einem Mädchen möchte, als nur mit ihr ins Bett. Auch Rosie fühlt sich zu diesem Freund ihres Zwillingsbruders Josh hingezogen. Doch je näher sich die beiden kommen, umso mehr zieht sich Josh zurück und wird immer abweisender. So kommt es zur ersten Trennung von Will und Rosie, bevor alles richtig beginnt.

Die Zwei scheinen füreinander bestimmt, doch die Umstände wollen es nicht. Erst trennt sie ein kleines Unglück, dann ein ganz großes, das ihre weiteren Leben überschattet. Immer wieder treffen die beiden aufeinander, immer wieder stehen sie sich sofort sehr nahe und immer wieder steht ihnen etwas im Weg. Und immer sind diese Gründe nachvollziehbar.

Die Autorin spielt hier ein bisschen mit dem Schicksal und manchmal verhalten sich die beiden nicht unbedingt klug, doch sie sind anfangs Teenager, später Studenten und erst am Ende richtig erwachsen. Dazwischen liegt ein Weg voller Trauer, Aufarbeitung und Selbstfindung.

Die Figuren sind charakterstark gezeichnet und es ist schön, ihnen bei ihrer Entwicklung zu folgen. Auch in die Nebenfiguren hat die Autorin Herzblut gesteckt. Wir begegnen tollen Menschen, die die beiden immer wieder ein Stück weiter bringen. Beide haben ihre Päckchen zu tragen und müssen einen Weg finden, trotz ihrer Verlusten ein erfülltes Leben zu führen.

Ich habe diese Geschichte regelrecht verschlungen. Es ist eine ganz große Liebesgeschichte mit viel Drama, aber auch ein Entwicklungsroman mit tiefgründigen Gedanken und anspruchsvollen Themen. Und die Autorin kommt ganz ohne Kitsch aus!