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Benutzername: 
LadyNinily
Wohnort: 
Nürnberg

Bewertungen

Insgesamt 76 Bewertungen
Bewertung vom 13.09.2019
Der letzte Lilienreiter
Hohmann, Peter

Der letzte Lilienreiter


ausgezeichnet

„Der letzte Lilienreiter“ ist ein Fantasyroman, der sich vollkommen zu Recht zur Sparte der High Fantasy zählen darf.
Einer der Gründe dafür - und wie ich finde, ein sehr besonderes Merkmal dieses Buches -, ist der ausgesprochen gehobene Schreibstil. Mich persönlich erinnert er stark an Fantastik und Horror Autoren des 20 Jahrhunderts, weil er es im gleichen Maße wie ebendiese schafft, den Leser gekonnt mittels Sprache in eine bestimmte Ära oder Stimmung zu versetzen.
In diesem Fall ist es eine Phase der finsteren Nachkriegszeit, in welcher das gegenwärtige gesellschaftliche Gefüge noch sehr zerbrechlich, der neue König derzeitig nur durch Blut, statt durch Krone gekrönt und die Erinnerung an alte Schrecken fast gänzlich aus den Köpfen der Menschen verschwunden ist.

In ebendieser Zeit begleitet man die Geschichte von vier Charakteren, die manchmal unterschiedlicher nicht sein könnten.
Einer davon ist Alvena. Eine junge Frau, in der eine ungeheure Kraft schlummert, die fähig wäre, ganze Königreiche zum Fall zu bringen. Und obwohl sie selbst von ihrer Dorfgemeinschaft eher gemieden wird und ein recht einsames Leben lebt, schlägt zum Glück ein gutes Herz in ihrer Brust.
Alvenas einziger Freund ist Meklas, ein freundlicher alter Mann, der wie sie selbst am Rande des Dorfes lebt und dessen Existenz die Dorfbewohner am liebsten aus unerklärlichen Gründen vergessen würden.
Der dritte im Bunde ist Padeus. Einer der gefürchtetsten Ritter des verstorbenen Königs, dem man Furcht genauso wenig nachsagt wie Barmherzigkeit.
So ist er auch für den durchtriebenen Magier Larkus bei weitem kein Unbekannter – aber sehr wohl ein unerträglicher Dorn im Auge.

Auch wenn man im Laufe der Geschichte noch sehr viel mehr Personen als diese vier kennenlernt, fällt es einem erstaunlich leicht, sich all diese zu merken. Kein Charakter in diesem Buch ist nur gut oder nur böse. Sie alle sind in ihrem Wesen einzigartig facettenreich und jeder von ihnen fällt Entscheidungen, von denen man als Leser manche gutheißt, während man über andere nur den Kopf schütteln kann.
Aber es sind auch gerade diese - manchmal vielleicht etwas zweifelhaften - Entscheidungen, denen die Erzählung ihr hohes Tempo verdankt. Es gibt schon früh im Buch einige Kämpfe und Schlüsselszenen, sodass die Geschichte nicht erst langsam vor sich hin tröpfelt, sondern den Leser konstant gebannt halten kann.

Fazit
Ein rundum gelungener High Fantasy Roman, der auch für erfahrene Leser des Genres noch ein paar Überraschungsmomente bereithält. Für Fans von gekonnt geschriebenen Kampfszenen, sarkastisch-sympathischen Bösewichten und Welten voll dunkler Magie.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.09.2019
Von Sternen gekrönt / One True Queen Bd.1
Benkau, Jennifer

Von Sternen gekrönt / One True Queen Bd.1


sehr gut

„One True Queen“ ist eine klassische YA-Romantasy, die sich allerdings durch ihre starke Weltenbildung deutlich vom Durchschnitt distanzieren kann, wenn auch die Charaktere nicht allzu außergewöhnlich sind.

Mailin ist dabei aber trotzdem eine recht unkonventionelle Protagonistin für eine romantische YA-Fantasy Geschichte.
Als Kampfsportlerin ist sie weit davon entfernt, eine Jungfrau in Nöten zu sein und kann sich auch in der ihr fremden Welt Lyaskye sehr gut behaupten. Auch wenn sie die Gesellschaft ihres Begleiters schätzt und diese sich auch durchaus als nützlich erweist, glaube ich, würde sich Mailin in dieser Welt auch allein ganz gut schlagen. Sie ist außerdem sehr schön misstrauisch und skeptisch und behält diese Eigenschaft auch über den gesamten Verlauf der Geschichte hinweg bei. Dass sie dabei nicht immer die klügsten oder nachvollziehbarsten Entscheidungen trifft, macht sie für mich noch einmal ein ganzes Stück authentischer.

Es gab allerdings nach der Hälfte des Buches einen Punkt, an dem ich mich fragte, wie diese Geschichte nun weitergeführt werden soll? Es fühlte sich etwas an, als würde diese nun in einer Sackgasse stagnieren. Nur, um prompt mit einer vollkommen unerwarteten Wendung überrascht zu werden. Natürlich, gerade zu Beginn der Geschichte gibt es sehr vorhersehbare Entwicklungen und Ereignisse, die man dann aber im weiteren Verlauf vergeblich sucht. Das war für mich auch eine der Stärken dieser Geschichte, da auch ich - als "erfahrene YA Leserin" - gut hinters Licht geführt wurde und einige Wendungen überhaupt nicht kommen sah.

Ich bin mir allerdings nicht sicher, wie ich zur Liebesgeschichte in diesem Buch stehe.
Zu Beginn ist sie ganz süß und das liebevolle Necken verleiht der Geschichte sehr viele humorvolle Stellen. Allerdings schwankt sie gerade gegen Ende sehr stark in eher obsessive "ich kann ohne dich nicht leben und du bist meine einzige Motivation" Gefilde ab. Ich hoffe sehr, dass der nächste Band nicht nur aus einer kitschigen Liebesgeschichte besteht und dem Leser abgesehen davon auch noch einiges bieten kann.

Fazit
Eine gute, klassische YA-Fantasy Geschichte, die vieles richtig macht, aber auch ihre kleinen Schwächen hat. Nichts für Leser, die allergisch auf die große Liebe zwischen zwei jungen Menschen reagieren, sondern für die, die gerne stundenlang mit der Protagonistin mitbangen, -fühlen und vor allem schmachten und lieben.

Bewertung vom 01.09.2019
Das Luna-Projekt (eBook, ePUB)
Richel, Stephanie

Das Luna-Projekt (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

"Das Luna Projekt" entführt den Leser in das winterlich-verschneite Neuengland und in eine Welt voller Gestaltwandler, Machtspielchen und der sogenannten Liga Foundation.
Diese sieht sich in der Verantwortung, sowohl das Leben der Menschen vor diesen mythologischen Kreaturen zu schützen, als auch die Sagengestalten selbst vor diesen zu beschützen und das Geheimnis um deren Existenz zu wahren.

Dabei erlebt man die Geschichte aus vier wechselnden Perspektiven.
Der Hauptprotagonist ist Michael. Ein ehemaliger Polizist, der frisch und überaus pflichtbewusst aus der Ausbildung für die Foundation kommt und nun das Mutterhaus in Boston bei ihren Ermittlungen unterstützen soll.
Die Buchhändlerin Elizabeth. Eine ehemalige Teilnehmerin des Luna-Projekts, die sich durch die Einnahme von speziellen Seren ein Leben ohne Wandlung erhofft hatte und nun ungewollt mit den tödlichen Konsequenzen des Projekts konfrontiert wird.
Der Alphawolf und Clanführer Jackman Amis. Ein starker und gutherziger Anführer, der sich verzweifelt bemüht, die Leben der restlichen Projektteilnehmer zu retten und dafür keine Kosten und Mühen scheut.
Der letzte - und der unsympathischste - der vier: Sjörgen. Ein Liga-, Rat- und Zirkelmitglied, das weder das Treueversprechen seiner Ehe, noch die des Rates und der Liga so genau nimmt, gerne der oberste Befehlshaber wäre und dabei doch nichts weiter als eine Marionette zu sein scheint.

Das Buch selbst hat einen eher ruhigen Spannungsverlauf, der dennoch auch die ein oder andere Spitze erreicht. Man muss sich als Leser nicht vor Anspannung die Nägel bis aufs Nagelbett herunterkauen und blättert dennoch permanent gebannt von Kapitel zu Kapitel.
Darum und wegen des gehobeneren Schreibstils und des Settings im verschneiten Boston, würde ich das Buch auch als Mischung aus "Cozy Mystery" und "anspruchsvoller Urban Fantasy" bezeichnen. Während man Blutbäder und Gewaltexzesse hier vergeblich sucht, finden sich doch einige explizite Sexszenen. Diese kann man als erfahrener Leser aber getrost in die Kategorie geschmackvoll einordnen.

Fazit
Ich würde das Buch sowohl als Cozy Mystery, als auch als gehobene Urban Fantasy einstufen. In Punkto Weltenbildung und Charakterzeichnung kann diese Geschichte definitiv mit der Tiefe und dem Niveau einer Kim Harrison mithalten.
Außerdem ist das Buch für eine Geschichte über Werwölfe überraschend unblutig. "Das Luna-Projekt" ist zwar ein eher ruhiges Buch, aber definitiv ein erfrischender Wind zwischen all den klischeehaften Urban Fantasy Büchern über Gestaltwandler und andere mythologische Kreaturen.

Bewertung vom 27.08.2019
Die Stille des Todes / Inspector Ayala ermittelt Bd.1
Garcia Saenz, Eva

Die Stille des Todes / Inspector Ayala ermittelt Bd.1


sehr gut

Mir gefällt die tiefergehende Beziehung der beiden Ermittler in dieser Geschichte am besten. Sie kennen alle Schwächen und Probleme des anderen, sprechen ganz offen über ihre Zweifel und Ängste. Diese Vertrautheit wirkt sehr glaubhaft und ist eine schöne Abwechslung zu den typischen Einzelkämpfern. Außerdem wird sehr deutlich, dass es sich hierbei um eine sehr tiefgehende Freundschaft handelt, der jegliche unterschwellige Romantik und sexuelle Spannung fehlt (die aber in anderen Belangen durchaus vorhanden ist, wem das wichtig ist).
Plus, beide Ermittler wirken dadurch von Anfang an sehr greifbar und geben sich auch nicht so unnahbar und unbesiegbar.
Aber die beiden sind nicht die einzigen besonderen Personen in diesem Buch. Natürlich, man findet auch hier wieder Eigenschaften und Ereignisse, die man aus anderen Büchern kennt. Aber die Gesamtkomposition der Charaktere und ihre Beziehungen finde ich außergewöhnlich, gelungen und sehr, sehr wunderbar.

Das Setting der Geschichte erinnert mich allerdings etwas an die Verfilmung von „die purpurnen Flüsse“. Nicht ganz so trist und düster, aber die ganze Atmosphäre des Buches ist genauso getränkt in Historik, Schwermut und Hoffnungslosigkeit. Ich kann mir dieses mittelalterliche Städtchen, die abgelegenen Dörfer und dunklen, wilden Wälder unfassbar gut vorstellen. Die Geschichte erzeugt eine ganz besondere, fast schon beklemmende Atmosphäre. Die ist aber keinesfalls deprimierend und wird oft genug durch die humorvoll-sarkastischen Protagonisten aufgelockert.

Fazit
Für mich ein Roman, dessen Stärke eindeutig seine Charaktere sind. Der Ermittlungsaspekt und „kriminelle“ Plot ist zwar interessant und gut ausgetüftelt, aber sicherlich nicht der Plot des Jahrhunderts, der einen vor Überraschung die Hände über dem Kopf zusammenschlagen lässt. Das Buch als Gesamtpaket ist sehr spannend und ich war durchgehend gut unterhalten. Allerdings sind es tatsächlich die Charaktere, die mich gespannt auf den nächsten Band warten lassen.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.08.2019
Licht und Schatten
Drvenkar, Zoran

Licht und Schatten


ausgezeichnet

Auch wenn die Protagonistin in diesem Buch ein Kind ist, ist das Buch nicht für allzu junge Leser geeignet.
Es ist zwar eine wunderbare Geschichte, die dem fantastischen Genre entstammt, aber eben auch eine, die sich nicht scheut, Tod und Verderben zu zeigen - und vor allem zu beschreiben.
Die Gewalt und das Blutvergießen in diesem Buch wirken dabei unglaublich eindringlich. Das liegt aber bei weitem nicht daran, dass jedes Knochenbrechen bis ins kleinste Detail beschrieben wird – wobei es durchaus auch Szenen gibt, die davon ein sehr deutliches Bild zeichnen -, sondern viel mehr daran, dass in diesem Buch so viel Gutes und Schönes präsent ist, dass das Schlechte umso kälter und grausamer wirkt.

Das Gute manifestiert sich in dieser Geschichte beispielsweise als unsere Protagonistin Vida.
Auch wenn sie so weise und scharfsinnig scheint, dass man meinen könnte, sie wandle schon seit Jahrhunderten auf dieser Welt, ist sie dennoch ein typisches Kind: Sie ist unfassbar neugierig, mutig und erfrischend ehrlich und direkt. Das, gepaart mit ihrem unbezwingbaren Willen, ihrem Dickkopf, ihrer Unsicherheit und ihrem unerschütterlichen Vertrauen in ihre Familie, macht sie zu einem Charakter, der einem rasend schnell ans Herz wächst.
Aber auch abgesehen von Vida gibt es so viele schöne Momente und Anekdoten in diesem Buch, die es für mich zu etwas ganz Besonderem gemacht haben. Einer meiner liebsten Sätze findet sich auf Seite 199: „Wenn wir nicht ein wenig Güte zeigen, verliert das Leben seinen Wert. Nicht alles, was wir tun, tun wir für uns, verstehst du das?“.

Aber auch die Weltenbildung in dieser Geschichte ist sehr gelungen. Es ist ein Universum, das unserem kaum ähnlicher sein könnte und dennoch ganz markante Eigenheiten besitzt, die es fremd erscheinen lassen. Diese werden aber sehr schnell - und vor allem verständlich und logisch – erläutert, sodass alle Geschehnisse, Gedanken und Entscheidungen der Charaktere auch für den Leser sinnvoll und nachvollziehbar sind.

Fazit
Ich kann gar nicht sagen, welchen Fans von Autor XY ich dieses Buch empfehlen würde, da ich bisher ganz einfach nichts Vergleichbares gelesen habe.
„Licht und Schatten“ ist eine Geschichte, die die Unschuld eines Kindes und seinen unerschütterlichen Glauben an das Gute auf eine magische und gefährliche Reise schickt. Dabei trifft man auf Gefahren und Gestalten, die keinesfalls einer Erzählung für Kinder entsprungen sind und auch erwachsene Leser mitfiebern und -leiden lassen.

Bewertung vom 07.08.2019
An Nachteule von Sternhai
Sloan, Holly Goldberg;Wolitzer, Meg

An Nachteule von Sternhai


ausgezeichnet

In „An Nachteule von Sternhai“ verfolgt man die Email Korrespondenz der beiden 12-Jährigen Mädchen Avery und Bett, die das Leben selbst nicht unterschiedlicher hätte zeichnen können.

Avery ist eindeutig die ulkigere der beiden, beim Lesen hat man immer eine kleine alte Tante vor Augen, mit einem ordentlichen Dutt und einer riesigen Brille. Sie ist eindeutig eine alte Seele im Körper einer 12-Jährigen, denn Avery weiß einfach ALLES. Nicht nur, was für Allergien es gibt und welche sie davon hat, nein, auch welche Lebensmittel ganz furchtbar schlecht sind, die biologischen Unterschiede zwischen Ratten und Mäusen und was eine Belastungsstörung ist, hat ihr Therapeut ihr auch schon verraten.
Bett ist dagegen ein wahrer Wildfang. Keine Klippe ist zu hoch, kein Berg zu steil und kein Wasser zu tief. Quasi Averys wahrgewordener Albtraum. Während Bett wie ein Wirbelwind um die besonnene Avery fegt, erklärt ihr diese gerne, warum sie Hunde nur mag, wenn diese niedlich sind.
Gerade diese Kombination macht die beiden als Duo unglaublich liebenswert.

Der Schreibstil könnte dabei kaum authentischer sein.
Er ist überzeugend jung, ohne aber übertrieben mit "coolem Jugend Slang" um sich zu schmeißen wie mit Konfetti. Dabei ist es zwar auch die Wortwahl, aber noch viel mehr Satzbau und Tempo des Ganzen. Beim Lesen habe ich immer ein aufgeregt auf und ab hüpfendes, endlos plapperndes Mädchen vor den Augen.
Das öfter mal passiv aggressive Bemerkungen fallen, finde ich beispielsweise super authentisch für (angehende) Pubertierende. Auch die Sprunghaftigkeit, mit der problemlos von Thema zu Thema gehüpft wird, ist doch auch irgendwie typisch jung.
Ich finde auch, dass es sehr geschickt ist, die Geschichte im Rahmen von Mails zu erzählen. Nicht nur, dass das Buch dadurch auch gut das jüngere Publikum anspricht, sondern auch, dass sich dadurch wirklich auf die Kernelemente konzentriert wird. Es gibt öfter mal größere Zeitsprünge, aber die reißen einen als Leser nicht wirklich aus dem Geschehen, weil es sozusagen keine "getaktete Zeit" gibt.
Die beiden unterschiedlichen Persönlichkeiten erblühen in diesen E-Mails erst so richtig und man kriegt sehr schnell ein Gefühl dafür, wer gerade schreibt, ohne den Kopf der Mails lesen zu müssen.

Fazit
Das Buch zeigt ganz einfach und spielerisch, dass Liebe sehr viel mehr sein kann, als eine romantische Beziehung zwischen zwei Menschen und dass in einer wahren Freundschaft auch sehr viel Liebe stecken kann.
Ich selbst bin Mitte zwanzig, Kinder gibt es am Horizont nur in der Form, dass ich bald Tante werde und eigentlich lese ich nur Thriller, Horror und Fantasy Geschichten – das Buch ist aber dieses Jahr klar einer meiner Favoriten.
Es ist einfach eine wunderbare Geschichte, die einen garantiert zum Lächeln bringt – egal ob alt, jung, schon selbst ein Elternteil oder kinderlos.

Bewertung vom 07.08.2019
Die Verschwundenen vom Mondscheinpalast / Die Spiegelreisende Bd.2
Dabos, Christelle

Die Verschwundenen vom Mondscheinpalast / Die Spiegelreisende Bd.2


ausgezeichnet

Obwohl Ophelia’s Welt auch in diesem Teil der Reihe noch immer recht skurril und chaotisch ist, findet sie sich doch immer und immer besser am Pol zurecht.
Man trifft auf liebgewonnene Freunde, alte Feinde und vermeintliche Verbündete. Auch wenn ein paar Charaktere aus dem ersten Band für meinen Geschmack ruhig etwas mehr Präsenz zeigen dürften.

Ich kann gar nicht sagen, wie sehr mir Ophelia als Protagonistin mittlerweile ans Herz gewachsen ist. Während sie in diesem Teil eine wirklich große Charakterentwicklung durchmacht, sitzt man als Leser wie ein stolzer Freund auf der Seite und feuert sie in Gedanken kräftig an, allen mal anständig in den Hintern zu treten. Denn die kleine, unscheinbare Ophelia traut sich endlich, den anderen Mal ordentlich die Stirn zu bieten.
In diesem 2. Band entwickeln sich aber nun so langsam doch auch tiefergehende Gefühle – sowohl bei Ophelia, die eigentlich nichts für romantische Gefühle übrig hat, als auch beim mitfiebernden Leser. Das sind aber nicht rein romantische Gefühle, sondern viel mehr Liebe in all ihren Facetten – sei es Freundschaft, Vertrauen oder einfach eine tiefe Verbundenheit.
Die Beziehung zu Thorn wird auf ein ganz neues Level gehoben, aber ganz ohne eine kitschige Liebesgeschichte mit rosarotem Hintergrund zu werden und alle vorangegangenen Ereignisse komplett außer Acht zu lassen. Alles bleibt sehr erwachsen, vernünftig und gleichzeitig wahnsinnig zerbrechlich.

Zugegeben, die Detektivgeschichte, mit der Ophelia konfrontiert wird, ist kein ermittlungstechnisches Meisterwerk und auch nicht allzu geheimnisvoll und unerklärlich. Aber man liest ja noch immer eine Fantasy Geschichte und keinen Kriminalroman und nachdem dieser Teil des Buches durchaus sehr spannend ist, kann man die Vorhersehbarkeit durchaus verzeihen.

Fazit
Wenn ich schon vom ersten Band vollkommen überzeugt war, bin ich nun vollends emotional in dieser Geschichte gefangen. Auch wenn es etwas liebevoller zugeht, muss man keine Angst haben, nun eine rosarote-kitsch Geschichte zu lesen. Ich persönlich finde, dass es der Geschichte noch einmal etwas ganz Besonderes verleiht, das so im ersten Band eigentlich nicht vorhanden war. Eine sehr würdige Fortsetzung, nach der man am liebsten sofort den dritten Band in den Händen halten würde!

Bewertung vom 07.08.2019
Im Wald der Wölfe / Jan Römer Bd.4
Geschke, Linus

Im Wald der Wölfe / Jan Römer Bd.4


gut

„Im Wald der Wölfe“ ist mein erster Teil der Bücher rund um den Journalisten Jan Römer, chronologisch gesehen aber schon der 4. Band der Reihe.

Als „Erstleser“ fiel mir der Einstieg in die Reihe erstaunlich einfach.
Betrachtet man allein die Geschehnisse, schien es mir nie so, dass mir irgendwo eine wichtige Information aus den vorherigen Bänden fehlt. Dadurch waren auch die Protagonisten von Anfang an sehr greifbar, da es sich wirklich wie ein „Erstkontakt“ angefühlt hat. Nur mit Mütze hatte ich zu Beginn so meine Schwierigkeiten, da ich das Gefühl hatte, erst einmal mit ihrer nicht so wunderbaren Seite konfrontiert zu werden. Aber auch sie ist mir im Laufe der Geschichte doch recht schnell sehr sympathisch geworden.
Sogar die Beziehungen zwischen den einzelnen Charakteren war von den ersten Seiten an sehr klar und auch für mich nachvollziehbar.

Im Grunde hatte ich nur Probleme mit den zahlreichen Retroperspektiven, da diese mir irgendwann zu oft eingeschoben wurden und für meinen Geschmack vor allem zum Ende hin zu ausführlich waren. Ich habe grundsätzlich kein Problem mit Rückblenden in das Leben des Täters, allerdings sollten diese knapp und auf das Wesentliche konzentriert sein. Hier waren sie so ausgeschmückt, dass ich gerade auf den letzten Seiten nur noch quergelesen habe. Das ist aber ganz klar eine persönliche Präferenz.
Denn der Grundgedanke und der Aufbau der Geschichte sind wirklich interessant und sehr gut ausgeführt. Schon allein die Atmosphäre des Waldes verleiht dem Buch eine ganz besondere Spannung.

Fazit
Obwohl das Buch mich nicht so ganz überzeugen konnte, kann ich doch klar die Stärken dieser Geschichte erkennen. Alle Leser, die sich gerne sehr tief in die Psyche des Täters und dessen Beweggründe begeben, werden hier ein paar sehr spannende Lesestunden verbringen können. Leser wie mich allerdings, die ein hohes Tempo benötigen, könnten hier auf ein paar langatmigere Passagen stoßen.

Bewertung vom 07.08.2019
Kalte Wasser
Golding, Melanie

Kalte Wasser


ausgezeichnet

Man verfolgt in „Kalte Wasser“ nicht nur die Geschichte der jungen Mutter Lauren, sondern auch die der Polizistin Harper. Während Lauren durch die Geschehnisse im Krankenhaus eher verängstigt und verstört ist, ist Harper vor allem eines: neugierig. Darum kann sie Laurens Anruf auch nicht wie alle anderen als „psychische Belastungsstörung“ abhaken und geht dem Vorfall in eigener Regie nach.

Obwohl es etwas dauert, bis man als Leser mit Lauren warm wird, so waren mir doch beide Protagonistinnen sehr sympathisch, auch wenn Harper mein klarer Favorit ist. Darum führt auch der stete Wechsel zwischen diesen beiden Erzählperspektiven keineswegs zu Langeweile oder langatmigen Passagen. Sie beleuchten die Geschichte zwar aus zwei völlig unterschiedlichen Blickwinkeln, können aber jede für sich auch gerade durch die unterschiedlichen Standpunkte und dort enthaltenen Informationen die Spannung sehr gut halten.

Der Anfang des Buches ist zugegebenermaßen etwas, bei dem ich ganz schön schlucken musste. Mir wird sehr leicht übel, wenn es um die Beschreibung medizinischer Eingriffe geht und das geschieht gerade zu Anfang sehr ausführlich (zu lesen, wie der Arzt die Hand in Lauren versenkt, um ihren blutenden Uterus zusammenzudrücken – Gänsehaut). Zum Glück begrenzt sich das auch wirklich ausschließlich auf Laurens Krankenhausaufenthalt. Davon sollte man sich aber keinesfalls abschrecken lassen – einfach tapfer überblättern und den Rest der Geschichte genießen!

Es liegt auch ein kleiner Hauch Horror über dem ganzen Buch, der unblutig mit Elementen des Aberglaubens spielt. Im Großen und Ganzen würde ich die Geschichte als Thriller mit Horror Elementen bezeichnen und man sollte sich auf eine leicht übernatürliche Atmosphäre einstellen - und vor allem einlassen - können. Wer nur super realistische Bücher liest, wird hier nicht viel Spaß haben und wahrscheinlich öfter mit den Augen rollen, als er umblättern kann.

Man kann sich sicherlich auch darüber streiten, ob das Ende nun super überraschend oder vollkommen vorhersehbar ist - wirklich gut ist es allemal und lässt dem Leser doch auch etwas sehr interessanten Interpretationsspielraum.

Fazit
Ein super spannender Thriller, der mit Vergnügen auch ein bisschen Horror und Grusel beimischt.
Ich würde es ganz spezifisch Fans von S.L. Grey empfehlen und genau den Lesern davon abraten, die mit dem übernatürlichen Hauch in Greys‘ Büchern ihre Probleme hatten.
Für alle, die es aber gerne auch etwas übersinnlich und geheimnisvoll mögen – ein wahres Lesevergnügen!