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Benutzername: 
Tasha
Wohnort: 
Braunschweig

Bewertungen

Insgesamt 47 Bewertungen
Bewertung vom 19.10.2021
Der leere Platz
Karausche, Marion

Der leere Platz


sehr gut

Marlen geht es gut. Sie führt in Marokko, wohin sie ihrem Mann gefolgt ist, ein sorgenloses Leben und geht ganz in der Erziehung der zwei Wunschkinder auf. Doch dann entscheidet Sohn Kai sich, nach seinem Abschluss nicht an einer Uni zu studieren, sondern verschwindet. Manchmal meldet er sich mit kryptischen mails aus Peru oder anderen Ländern, spricht von Ritualen und davon, ins Kloster zu gehen. Die Eltern glauben an eine Phase, doch dann zündet Kai ein Auto an und wird in eine Psychatrie eingewiesen. Die Diagnose heißt Schizophrenie.
Und hier beginnt nicht nur sein, sondern auch Marlens Martirium. Kai nimmt seine Medikamente nicht die ihn abstumpfen lassen, ist außerstande, Entscheidungen zu treffen und verliert den Lebensmut. Und Marlen gibt ihr eigenes Leben auf, richtet es vollkommen auf den Sohn aus, absorbiert jedes Quantum an Zuneigung. Ihre Ehe, ihre Tochter, Hobbies und Freundschaften treten in den Hintergrund und sie sieht nur noch Kais Leid. Das wiederum setzt Kai unter Druck, der sich für Marlens Leiden verantwortlich fühlt und nicht der Sohn sein kann, den sie haben möchte.
Für mich ging es in diesem Buch weniger um Schizophrenie als um die Mutter Sohn Beziehung. Ich sehe ganz klar einen Appell der Autorin, auch als Mutter ein selbstbestimmtes Leben zu führen und nicht die eigenen Erwartungen auf die Kinder zu übertragen. Dadurch, dass Marlen nicht nur mitfühlt, sondern Kais Leid mitlebt, nimmt sie auch ihm Möglichkeiten freier über seine Situation zu entscheiden. Immer mehr witd deutlich, welche Traumata Marlen in ihrer Vergangenheit erlebt hat, und wie dringend sie selbst Hilfe bräuchte. Auf ihren Mann Martin, der sie meiner Meinung nach im Stich lässt und es sich zu leicht macht, war ich ziemlich wütend Auch wie wenig es Martin und Marlen gelingt, Kais neue Situation anzunehmen, wie sie immer wieder hoffen, dass er doch noch der Sohn wird, den sie in ihm gesehen haben, hat mich erschüttert.
Sehr anschaulich zeigt sich hier, wie wichtig eine Reflexion der eigenen Vergangenheit als auch der eigenen Erwartungshaltungen ist. Nicht nur für Eltern.
Dies ist das Debut von Marion Karausche und ich würde gern noch mehr von ihr lesen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.10.2021
Der Tod des Vivek Oji
Emezi, Akwaeke

Der Tod des Vivek Oji


ausgezeichnet

Dieses Buch beginnt mit dem Tod. Und welch großen Verlust dieser Tod bedeutet, wird im Laufe der Lesereise deutlich. Vivek/Nnemdi ist wie ein leuchtendes Feuer in einer Welt, die diese Art von Licht und Hitze kaum ertragen kann.
Vivek wird aus dem Leben gerissen und lässt eine Grupppe von Freundinnen zurück, die ihn geliebt und verstanden haben. Außerdem seine Mutter, die der Verlust bis ins Mark erschüttert. Sie muss nach Viveks Tod erkennen, dass sie ihr Kind nicht wirklich kannte, denn Vivek hatte bereits gemerkt, dass er nicht der junge Mann ist, für den ihn alle zunächst halten. Sie ist eine Frau, kleidet sich auch so und lässt ihre Haare lang wachsen. Es macht sie glücklich, wenn Menschen sie Nnemdi nennen, auch wenn sie die Pronomen er und sie für sich akzeptiert. Aber Vivek/ Nnemdi muss sich verstecken, vertraut sich nur seinen/ihren Freundinnen an. Und Osita, seinem Cousin, mit dem er als Kind befreundet war, bevor sie sich nach einem Vorfall überwarfen. Später nähern die beiden sich wieder an und zwischen ihnen entbrennt ein Feuer, das eigentlich nicht sein dürfte. Osita liebt Vivek, liebt Nnemdi. Aber er hat auch Angst. Vor den Reaktionen der anderen, davor, dass Vivek in Gefahr geraten könnte, dass Nnemdi entdeckt wird und vor den Konsequenzen. Im Nigeria der 90er Jahre, das geprägt ist von Unruhen und Aufständen, würde es für Vivek schlimme Konsequenzen haben, wenn er entdeckt würde.
Nnemdi hingegen wird mutiger, fühlt sich ihrer selbst sicherer. Mich hat es fasziniert und berührt zu sehen, wie die sehr unterschiedlichen Charaktere mit Viveks Tod umgegangen sind, wie sie davon geprägt wurden.
Ein tieftrauriges und zugleich wunderbares Buch, das zeigt, wie zerstörerisch Angst und Vorurteile sind. Wir als Gesellschaft berauben uns selbst unserer strahlendsten und tiefgründigsten Mitglieder, wenn wir nicht anfangen, Menschen zu akzeptieren wie sie sind, sie dabei zu unterstützen, das leben zu können, was sie fühlen und wissen.
Ezemis Sprache und ihre Fähigkeit, Emotionen zu beschreiben, hat mich zutiefst beeindruckt. Wenn ich mir etwas hätte wünschen dürfen, dann noch mehr und längere Kapitel aus Viveks Sicht, die im am spannendsten fand. Ein Buch, das ich immer im Herzen tragen werde.

Bewertung vom 11.10.2021
Wo auch immer ihr seid
Pham, Khuê

Wo auch immer ihr seid


gut

Mich lässt der Roman zwigespalten zurück, unter anderem weil ich das Gefühl hatte, zwei unterschiedliche Romane zu lesen. Die Geschichte der Ich- Erzählerin Kiều konnte mich nicht wirklich für sich einnehmen. Sie ist 30 Jahre alt, Journalistin und möchte mit ihren vietnamesischen Wurzeln am liebsten nichts zu tun haben. Dann nötigen ihre Eltern sie nach dem Tod der Großmutter mit ihnen in die USA zu ihrem Onkel und dessen Familie zu reisen. Zum ersten Mal erfährt Kiều etwas über die Geschichte ihrer Familie. Und diese fand ich in der Tat unheimlich fesselnd. Ihren Vater Minh, den ältesten Sohn der Familie, der zur Zeit des Vietnamkriegs nach Deutschland auswandert, um Medizin zu studieren, habe ich mit großer Spannung begleitet. Das fremde Land, die ungewohnten Sitten durch seine Augen zu sehen war mitreißend. Die Erlebnisse ihres Onkels Sơn, der zunächst das Kriegsende in Vietnam miterlebt, das für ihn und seine Familie eine Niederlage, bedeutet und später mehrfach versucht, in die USA zu fliehen, bevor es schließlich gelingt, waren schockierend und fesselnd.
Dagegen erschien mir Kiềus Geschichte eher klischeebeladen, und sie hat mir als Frauenfigur auch nicht wirklich gefallen. Sie wirkt aber oft fremdbestimmt und unsicher, auf eine Art, die ich anstrengend fand. Schwierigkeiten hatte ich auch mit dem positiven Blick auf die Trump Regierung durch Kiềus Familie, dem die Ich- Erzählerin wenig entgegensetzt. Die Darstellung des Frauenbildes der Familie mag realistisch sein, für mich war sie aber dennoch stellenweise anstrengend zu lesen. Gerade hier hätte ich mir eine stärkere Protagonistin gewünscht die dem mehr entgegen zu setzen hat. Auch stilistisch fand ich die Teile aus Kiềus Sicht leider weniger gelungen. Ihre Stimme wirkte auf mich zu jugendlich für eine erwachsene Frau. Dennoch war die Lektüre insgesamt eine Bereicherung und hat meinen Horizont im Hinblick auf das Land Vietnam erweitert. Natürlich darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass die Autorin auf eigene Erfahrungen zurückgreift und die Geschichren auf realen Interviews mit ihrer Verwandtschaft basieren. Insgesamt also ein Roman, dessen Lektüre sich absolut gelohnt hat.

Bewertung vom 09.10.2021
Wie ein Atemzug
Özpetek, Ferzan

Wie ein Atemzug


gut

Sergio und Giovanna erwarten zwei befreundete Paare zum Essen und so passt Ihnen das Auftauchen von Elsa, einer betagten Dame, in ihrer Wohnung in Rom eigentlich nicht. Diese sucht nach ihrer Schwester Adele, die bis vor kurzem in dieser Wohnung gelebt hat und die sie seit 50 Jahren nicht gesehen hat. Elsa, aus Istanbul eingereist, wo sie ein bewegtes Leben verbrachte, ist charismatisch und interessant und so laden sie sie kurzerhand zum Essen ein. Auch ihre Freunde sind fasziniert von der Frau und möchten gerne erfahren, welche Geheimnisse sie mit sich herumträgt. Warum haben die Schwestern seit 50 Jahren nicht miteinander gesprochen? Was trieb Elsa dazu, Rom zu verlassen?
Doch kurz bevor Adele eintrifft, stirbt Elsa und so hören die sechs Freunde die Geschichte schließlich aus Adeles Mund. Sie erfahren, wie die toxische Beziehung zu einem narzisstischen Mann, dem beide Schwestern verfallen waren, fast ihre Leben zerstörte. Aber erzählt Adele ihnen wirklich alles? Mit wem haben die sechs es hier wirklich zu tun? Es hat eine Weile gedauert, bis mich die Geschichte für sich einnehmen konnte. Der Anfang zieht sich etwas und die von Elsa in Briefen verfassten Schilderungen Istanbuls, gefielen mir zwar, rissen mich jedoch immer wieder aus dem Geschehen. Erst gegen Ende konnte Adeles Geschichte mich wirklich fesseln. Interessiert haben mich auch die Verwicklungen zwischen den sechs Freunden, denn unbemerkt von den vier anderen, haben sich Sergio und Leonardo ineinander verliebt. Auch in der Gegenwart gibt es also wie in der Vergangenheit ein Versteckspiel von Liebenden. Diese Facette spielt sich allerdings nur in einer Nebenhandlung ab. Viele der erzählerischen Elemente haben mir gefallen und letztlich habe ich Elsas Werdegang in Istanbul zu einer Frau, die sich über alle Konventionen hinwegsetzt, mit Interesse verfolgt. Mir blieben am Ende allerdings zu viele Fragen offen, auf die ich gern eine Antwort gehabt hätte.

Bewertung vom 03.10.2021
Dornenritter
Evert, Kaja

Dornenritter


ausgezeichnet

„Dornenritter“ nimmt einen vollkommen gefangen. Schon nach den ersten Seiten wusste ich, dass ich mich dem dunklen Sog, den diese Geschichte ausübt, nicht würde entziehen können.
Es ist eine düstere Welt, in die das Buch Lesende entführt. Das Königreich, in dem Steyn Rabenstein lebt, versinkt in Dunkelheit. Schon seinen Vater hat diese befallen und ihn wahnsinnig werden lassen. Getrieben von dem Ziel, die Dunkelheit zurückzudrängen, will er sich den Rittern des Lichts anschließen. Doch beim Turnier, das darüber entscheidet, wer vom Orden aufgenommen wird, trifft er auf seine Nemesis. Gavin, genannt der Gerber, ist alles was Steyn verachtet: roh, ungehobelt und brutal. Ganz sicher nicht aus dem Holz, aus dem Ritter gemacht sind. Dennoch gelingt es ihm, Steyn beim Turnier zu besiegen und ihm damit sein Lebensziel zu nehmen.
Auch Gavin gewinnt das Turnier nicht, aber dennoch werden sie beide vom König gebeten, mit auf eine Mission in die Außenbezirke des Landes zu gehen, in dem die Dunkelheit immer weiter um sich greift und etwas mit den Menschen dort macht. Dort ist ein Drache gesichtet worden, der besiegt werden muss. Sowohl Steyn als auch Gavin wissen, dass sie vielleicht nicht zurückkehren werden.
Steyn, der glaubte, sich selbst zu kennen, blickt auf dieser Reise tief in die Abgründe seiner eigenen Ängste. Und nicht nur das. Er kann sich auch der Faszination nicht entziehen, die Gavin auf ihn ausübt. Lange kann er sich nicht erklären, was diese Mischung aus Abneigung und Anziehung bedeutet und erst als es fast zu spät ist begreift er, welche tiefen Gefühle er in der Lage ist, zu entwickeln.
„Dornenritter“ hat mich von der ersten bis zur letzten Seite fasziniert. Kaja Evert ist eine große Erzählerin, die einen mitnimmt auf einen Ritt, den man mit Sicherheit nicht so schnell vergessen wird. Selten habe ich es erlebt, dass jemand sowohl Dunkelheit als auch innige Gefühle so virtuos darstellen konnte. Steyn und Gavin werden mich wohl nicht so schnell loslassen. Ich habe bis zur letzten Seite mit ihnen mitgefiebert.
Wunderbar auch die Sprache, in der die Geschichte erzählt ist und die die Dunkelheit perfekt widerspiegelt. Unbedingt eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 30.09.2021
Wo der Wolf lauert
Gundar-Goshen, Ayelet

Wo der Wolf lauert


sehr gut

Was für eine Achterbahnfahrt. Der persönliche Alptraum von Lilach Schuster, die mit ihrer israelischen Familie im Silicon Valley lebt, beginnt mit einem Anschlag auf die Synagoge ihrer Gemeinde, bei der ein Mädchen getötet wird. Noch erschüttert von dieser Tat erhält sie einen Anruf von ihrem Sohn Adam, der von einer Party abgeholt werden möchte, auf der ein Junge an Drogen gestorben ist. Genau wie der Attentäter war er Schwarz. Lilach beginnt einen Zusammenhang zwischen dem Anschlag und dem Todesfall zu vermuten. Und den Verdacht, dass ihr Sohn etwas damit zu tun haben könnte, kann sie ebenfalls nicht verdrängen. Und dann taucht in der Schule ein antisemitisches Graffiti auf.
Kunstvoll zeigt Gundar-Goshen hier die Einsamkeit und Verlorenenheit auf, die selbst innerhalb einer engen Familienstruktur entstehen kann. Adam, der stark gemobbt wird, kann sich seinen Eltern nicht öffnen. Lilach findet keinen Zugang zu ihrem Sohn, kein Gehör bei ihrem beruflich erfolgreichen Mann.
Sie selbst scheint als Hausfrau und Mutter mit ehrenamtartigem Job unterfordert äußert dies auch mitunter. Ihrem Sohn gegenüber verhält sie sich oft erdrückend, drängt ihn noch mehr in den Rückzug und das Schweigen. Warum sie sich so an ihn klammert, wird später besser verständlich, zunächst fand ich es jedoch oft schwer erträglich. Adam findet Zuflucht bei einer Selbstverteidigungsgruppe und dem von ihm verehrten Trainer Uri, der den Jugendlichen Kraw Maga beibringt. Nur das? In Lilach wächst der Verdacht, er könne die Jugendlichen radikalisieren. Immer größer wird ihre Angst, Adam könnte etwas mit dem Tod von Jamal zu tun haben. Und diese Angst und Unsicherheit war es auch, die mich durch die story getrieben hat, denn man fühlt mit der Mutter, auch wenn ihre Handlungen für mich nicht immer nachvollziehbar waren. Die Geschichte entwickelt einen starken Sog, zeigt, welchen Strudel Gewalt und der Wunsch nach Rache entwickeln können, unter welchem Druck die Jugendlichen stehen. Mich hätte hier zum Beispiel auch Adams Perspektive sehr interessiert, den man nur durch die Augen seiner Mutter sieht. Interessant fand ich auch den Blick auf eine israelische Familie in den USA.
Ich fand den Roman spannender und aufreibender als viele Krimis. Eine Inhaltswarnung muss ich leider wieder für die Verwendung des N-Worts durch zwei Figuren geben, von denen eine wohl auch als Symathieträger fungieren soll, was ich recht schwierig finde.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.09.2021
Beschreibung einer Krabbenwanderung
Taha, Karosh

Beschreibung einer Krabbenwanderung


ausgezeichnet

Noch immer träumt Sanaa von der roten Krabbe, die sie im Chabur in die Wade kniff. Damals hat ihr Vater sie mit einer Geschichte getröstet. Heute hat Sanaas Realität sich verändert. Ihre Familie ist nach Deutschland ausgewandert, lebt mit anderen kurdischen Familien in einem Hochhaus. Sanaa studiert, hat einen Freund und einen Geliebten. Sie ist klug und reflektiert und könnte ein selbstbestimmtes Leben führen, aber sie schafft es nicht, sich aus dem Mikrokosmos, den das Hochhaus darstellt, zu lösen. Da ist ihre Mutter, die wie versteinert wirkt, einsam in ihrer Depression, der sie helfen möchte. Ihr rastloser Vater, der sich mehr und mehr von der Familie abwendet und scheinbar keine Heimat mehr hat. Ihre dominante Tante Khalida, deren Kontrolle sie sich nicht entziehen kann und deren Freundin Baqqe, deren Rituale Macht über Sanaa haben, auch wenn sie nicht daran glaubt. Immer wieder wird sie zurückgerissen in die Realität des Hochhauses, in dem es keine persönlichen Grenzen zu geben scheint.
Tahas Sprache hat mich sehr beeindruckt. Sie verwendet Metaphern, in denen Sanaa ihre Familie mit Wassertieren vergleicht, schreibt in Träumen, die sich mit der Realität vermischen. Eine ganz eigene Weltsicht der Figur wird deutlich, die sich ihren beiden Welten zugehörig fühlt und dann doch wieder entfremdet.
"Früher, ganz früher, vor 200 Jahren vielleicht, da beteten wir gemeinsam den Mond an. Da lebten wir noch im Irak."
Die Entwurzelung der Eltern und ihre Reaktionen darauf leuchtet die Autorin beinahe schmerzhaft genau aus. Und auch Sanaas Hin- und Hergerissenheit wird deutlich. Sie liebt Adnan, kann sich aber nicht vorstellen eine Zukunft mit ihm zu haben, da sie ihre Familie nicht allein lassen will, nichtmal für eine Nacht. Zu groß ist die Angst um ihre psychisch labile Mutter. Das Buch lebt von den wenigen Orten, die es umso bildlicher beschreibt. Die Enge des Hochhauses, aber auch die Schönheit und Hitze des Irak, wie sie sich Sanaa in ihrer Kindheit präsentierte.
Unglaublich nah ist man der Protagonistin, fühlt ihre Angst um ihre Mutter, um ihre Familie. Man möchte sie anflehen, sich um ihr eigenes Leben zu kümmern, versteht aber auch, warum ihr dies unmöglich ist, und bewundert ihr großes Verantwortungsgefühl. Ein Roman, der einen für eine Weile in Sanaas Hochhaus leben lässt, der ihre kurdische Familie eindrucksvoll zum Leben erweckt und auch zeigt was es so schwer macht, sich aus Familienstrukturen zu lösen. Das Ende des Romans hat mich dann nochmal wirklich gepackt. Ein intensiver, wundervoller Roman, den ich nur empfehlen kann.