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YukBook
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München

Bewertungen

Insgesamt 278 Bewertungen
Bewertung vom 18.07.2023
So weit der Fluss uns trägt
Read, Shelley

So weit der Fluss uns trägt


ausgezeichnet

Der Roman beginnt mit einer zarten Liebesgeschichte zwischen der Ich-Erzählerin Victoria Nash und Wilson Moon. Seit dem Tod ihrer Mutter wächst Victoria in einem Männerhaushalt auf, der ihr viel abverlangt. Dass Menschen sich auch um ihr Wohl sorgen und liebevoll sein können wie Wilson, ist für die 17-Jährige neu. Doch seine indianische Herkunft wird ihrer Beziehung zum Verhängnis.

Ich habe die Heldin auf ihrem Weg von einem ängstlichen, abhängigen Mädchen zu einer auf sich selbst gestellten, widerstandsfähigen Frau, die auch vor schweren Entscheidungen nicht zurückschreckt, mal empathisch, mal fassungslos begleitet. Ihre enge Verbundenheit zur Natur, aus der sie Kraft schöpft, und den Kreislauf von Geben und Nehmen beschreibt die Autorin in stimmungsvollen Bildern und erweckt die Pfirsichplantagen und Berge Colorados entlang dem Gunnison River zum Leben. Die unterschiedlichen Frauenfiguren, die Victoria zur Seite stehen, fand ich allesamt interessant, während mir die Männer etwas stereotyp vorkamen, besonders die Figur des bösen Bruders, die sich wiederholt.

Ich bin froh, dass ich mich für das Hörbuch entschieden habe. Die Sprecherin Melika Foroutan liest sanft, unaufdringlich und kitschfrei in einem langsamen Tempo, das mir genügend Raum gab, um die Dramatik und Tragik einzelner Ereignisse auf mich wirken zu lassen.

Bewertung vom 13.07.2023
Die spürst du nicht
Glattauer, Daniel

Die spürst du nicht


ausgezeichnet

Am Anfang des Romans wähnte ich mich in einer Gesellschaftssatire über zwei wohlsituierte Familien aus Wien, die in der Toskana gemeinsam Urlaub machen. Ich amüsierte mich über die herrlich pointierten Dialoge, die die markanten Figuren bestens charakterisieren. Doch dann geschieht ein Unglück, das die Geschichte in eine völlig andere Richtung lenkt als erwartet.

Neben der Haupthandlung rund um die Folgen des Unglücks geht es um Ehekonflikte, Erziehungsfragen und Teenagersorgen, um Vorurteile, Egoismus und moralisches Handeln. Anhand von eingestreuten Pressemeldungen und Postings in Internetforen führt uns der Autor mit viel Ironie und Sprachwitz vor Augen, wie eine Tragödie medial ausgeschlachtet und im Netz breitgetreten wird – noch dazu wenn eine Politikerin im Spiel ist – und jeder meint, seinen Senf dazugeben zu müssen.

Ich finde es großartig, wie er das Sittenbild einer privilegierten Gesellschaft mit einem tragischen Flüchtlingsschicksal verknüpft hat. Die einen kämpfen um die Rettung ihres Rufs und ihrer Karriere, die anderen ums nackte Überleben. Auf mich trifft der Romantitel nicht zu, denn die Geschichte ging mir unter die Haut!

Bewertung vom 28.06.2023
Wie wir brennen
Hall, Sarah

Wie wir brennen


gut

Dieser Roman weckt schmerzhafte Erinnerungen an den Corona-Lockdown. Bei der Ich-Erzählerin Edith ist es ein gefährliches Norovirus, das sie und ihren Geliebten Halit in die Isolation zwingt, doch die verheerenden Folgen für den Alltag und das gesellschaftliche Leben sind vergleichbar.

Edith beschreibt sehr intensiv, was sie durchmacht, als die Krankheit bei Halit immer weiter fortschreitet. Die beiden versuchen, der Hilflosigkeit mit ihrer Liebe füreinander zu trotzen. Sätze wie „Wir hatten nur die Liebe; als Währung war sie nutzlos, aber beim Verdrängen eine Macht“ prägen sich ein. Rückblicke auf ihre Laufbahn als Bildhauerin, an ein Austauschprogramm in Japan, wo sie die Technik der Holzverbrennung erlernte, ihr toxisches Verhältnis zu ihrem früheren Freund Alit und ihrer schwerbehinderten Mutter Naomi wechseln sich ab mit philosophischen Gedanken über Menschlichkeit und emotionale Grausamkeit.

Die Metapher des Brennens, die sich durch den gesamten Roman zieht, und die ausdrucksstarke lyrische Sprache gefielen mir gut. Vieles jedoch hätte für meinen Geschmack etwas weniger extrem und drastisch erzählt werden können. Für die eigene Vorstellungskraft bleibt da nur wenig Spielraum. So musste ich mich durch einige anstrengende Passagen durchkämpfen.

Bewertung vom 24.06.2023
Die Modemacherin von Paris - Mit ihren Kleidern verzauberte Elsa Schiaparelli die Menschen. Für ihr Glück und ihr Kind musste sie kämpfen. ¿
König, Mina

Die Modemacherin von Paris - Mit ihren Kleidern verzauberte Elsa Schiaparelli die Menschen. Für ihr Glück und ihr Kind musste sie kämpfen. ¿


ausgezeichnet

In einem Fernsehbericht hatte ich das erste Mal von der italienischen Modeschöpferin Elsa Schiaparelli gehört und war beeindruckt von ihrem ausgefallenen Stil. Daher war ich sehr neugierig, in diesem Roman mehr über sie zu erfahren. In der Modebranche Fuß zu fassen, ist schwer genug. Elsa Schiaparelli jedoch hatte, als sie 1922 von New York nach Paris zog, darüber hinaus für ein krankes Kind zu sorgen. Die Autorin dringt tief in die Gefühle, Wünsche und Zweifel der Protagonistin ein. Der Zwiespalt zwischen Elsas beruflichem und künstlerischem Ehrgeiz einerseits und der Sorge um die Tochter, die dringend eine Therapie benötigt, um besser gehen zu können, ging mir sehr nahe.

Ich erinnere mich jetzt noch an viele Szenen, in denen Elsa mit ihrem Temperament, ihrer rebellischen Art und Schlagfertigkeit die konservative Gesellschaft aufmischte. Das Entsetzen über Elsas gewagte Kreationen konnte ich mir bildlich vorstellen. Mit ihren originellen Ideen, ihrem Tatendrang und Selbstbewusstsein ist sie mir immer mehr ans Herz gewachsen.

Mina König bereichert die Geschichte über Elsas hürdenreichen Weg von ihrer Anstellung im Kaufhaus Galeries Lafayette bis zu ihrem großen Durchbruch durch reale Zeitgenossen wie Francis Picabia, Man Ray und ihre Gegenspielerin Coco Chanel und versetzt uns in die damalige Kunst- und Modeszene, in der die Avantgardisten und die Verfechter des klassischen Stils aufeinanderprallten. Nach "Miss Hollywood" und "Mademoiselle Oppenheim" ist dies die dritte spannende Romanbiografie von ihr, die ich innerhalb weniger Tage verschlungen habe.

Bewertung vom 20.06.2023
Sehnsucht Skandinavien

Sehnsucht Skandinavien


ausgezeichnet

Bücher von Astrid Lindgren, ABBA-Songs, dänische TV-Serien und Städtetrips nach Kopenhagen und Stockholm haben mein Faible für die skandinavischen Länder stetig verstärkt. Von dem Titel dieses Hörbuchs fühlte ich mich daher sofort angesprochen und hoffte, meine Wissenslücken besonders in Richtung Norwegen, Finnland und Island ein wenig zu schließen.

Die akustische Reise beginnt auf zwei Rädern in Dänemark auf Fünen, wo wir erfahren, wie weit die Bedeutung des schon oft gehörten Ausdrucks „Hygge“ reicht. Hellhörig wurde ich bei dem Namen Arne Jacobsen, der unter anderem den berühmten Egg Chair und das Kopenhagener Hotel Royal entworfen hat. Mir gefiel, dass in vielen Beiträgen nicht nur die Orte vorgestellt, sondern auch die Menschen mit einbezogen werden und zu Wort kommen – wie zum Beispiel die Hotelmitarbeiter, die sich mit dem Gebäude und dem Design von Jacobsen emotional verbunden fühlen.

Vom Museum of Failure in Helsingör oder dem größten Supermarkt der Welt in Ullared hörte ich zum ersten Mal. Das Ambiente wird so authentisch vermittelt, dass ich das Gefühl hatte, selbst durch die Regalreihen zu schlendern. Ein Kapitel widmet sich ausführlich der finnischen Saunakultur, die in einem viel größeren Maß zelebriert wird als ich dachte. Ich habe auf dieser sehr abwechslungsreichen Reise viele Kunst-, Architektur- und Naturhighlights kennengelernt, die ich unbedingt live erleben möchte, und konnte dabei in das typisch skandinavische Lebensgefühl eintauchen.

Bewertung vom 17.06.2023
Notizen aus dem Sommerhaus
Burton, Nina

Notizen aus dem Sommerhaus


ausgezeichnet

Mit Ameisen, Eichhörnchen, Amseln oder Bienen habe ich im Alltag nur flüchtige Begegnungen. Nachdem ich dieses Buch gelesen habe, werde ich künftig sicher genauer hinsehen, wenn ich auf unserer Terrasse eine Ameisenstraße oder beim Spaziergang ein Vogelnest entdecke.

Schauplatz des Memoirs von Nina Burton ist ein schwedisches Sommerhaus, das die Autorin renovieren lässt. Während sie die Arbeiten überwacht, nimmt sie ihre kleinen tierischen Mitbewohner innerhalb und außerhalb des Hauses unter die Lupe und erzählt uns allerlei Staunenswertes. Mit großem Respekt habe ich beispielsweise den Arbeitstag einer Hummel verfolgt. Die Navigationskünstler schaffen bis zu sieben Flügen am Tag und vierhundert Blüten bei jeder Runde! Fasziniert hat mich auch die Sprache der Bienen, die sich durch verschiedene Tanzarten auf den Waben über Richtung, Flugzeit und Qualität der Blüten informieren und sich auf die Weise eine umfassende Naturbeschreibung liefern.

Nina Burton stellt uns außerdem die Arbeiten bekannter Forscher wie Carl von Linné und Charles Darwin vor und erklärt naturwissenschaftliche Zusammenhänge sehr verständlich. Indem sie beschreibt, wie sich die Tiere bei ihr häuslich einrichten und Parallelen zwischen der menschlichen und tierischen Gemeinschaft zieht, gewinnt man einen leichten Zugang zu ihrem umfangreichen Wissen. Dabei rückt sie den Platz, den wir Menschen neben den vielfältigen Lebewesen, die um uns existieren, einnehmen in die richtige Perspektive. Der lehrreiche und von Poesie durchzogene literarische Ausflug lässt sich am besten im Garten oder auf einer Picknickdecke genießen!

Bewertung vom 05.06.2023
Feuer
Pourchet, Maria

Feuer


ausgezeichnet

Ein Roman, der unter anderem für den Prix Goncourt nominiert und in Frankreich ein Bestseller war, macht neugierig. Das Thema Ehebruch mag banal erscheinen, doch Maria Pourchet bringt eine ganz individuelle Note ein. Zum einen schreibt sie in der zweiten Person, so dass man sich direkt angesprochen fühlt und sofort in das unheilvolle Geschehen hineingezogen wird. Zum anderen schreibt sie schonungslos direkt, scharfzüngig, zuweilen sarkastisch.

Ich habe mir immer vorgestellt, dass in einer Amour Fou beide Seiten mit gleicher Intensität hineinschlittern, doch hier ist es anders. Erzählt wird abwechselnd aus der Perspektive von Laure, einer verheirateten Uni-Dozentin, und dem alleinstehenden Investmentbanker Clément, so dass das Ungleichgewicht immer deutlicher wird. Während sich Laure mit Haut und Haaren ihrer Begierde hingibt, zu allem bereit ist und ihre Familie und Kollegen belügt und betrügt, ist Clément der Zögernde, der Skrupel hat, Grenzen setzt, immer wieder einen Rückzieher macht und andere in sein Geheimnis einweiht.

So assoziiere ich den gut gewählten Titel vor allem mit der weiblichen Hauptfigur, die durch ihre Besessenheit und Fixierung auf Clément einen Flächenbrand auslöst. Zum Glück stürzt sich ja nicht jeder, der in einer Krise steckt, gleich in eine Liebesaffäre, doch die Leere, die sich in einem festgefahrenen Leben auftut, und der Wunsch, sich wieder lebendig zu fühlen, beschreibt Maria Pourchet so eindringlich und fesselnd, dass sie sich gut nachvollziehen lassen.

Bewertung vom 09.05.2023
Echos der Vergangenheit
Hamilton, Hugo

Echos der Vergangenheit


sehr gut

Nicht nur Romanfiguren, auch ein Buch kann spannende Abenteuer erleben wie Hugo Hamilton zeigt. Er macht eine Erstausgabe von „Die Rebellion“ von Joseph Roth zum Erzähler. Sie entkam 1933 nur knapp der Bücherverbrennung und wanderte seitdem durch viele Hände, die ihre Spuren hinterlassen haben. Eine handgezeichnete Karte auf der letzten Seite, auf deren Spur sich die aktuelle Besitzerin macht und nach Berlin reist, bildet den Spannungsbogen der Geschichte.

Die Idee ist sehr originell, anhand eines Buches den Verlauf historischer Ereignisse und menschlicher Schicksale auf verschiedenen Zeitebenen zu verknüpfen. Dabei kommt auch der Held des Romans Andreas Pum, ein Kriegsveteran und Drehorgelspieler, nicht zu kurz. Berührt hat mich die komplizierte Beziehung zwischen Joseph Roth und seiner Frau Friederike, die Hugo Hamilton ebenfalls einfließen lässt. Es ist schade, dass die Erzählstimme des Buches, das emotional und physisch einiges erleiden muss und sein bewegtes Schicksal mal packend, mal humorvoll mit uns teilt, über längere Strecken von der Bildfläche verschwindet.

Bewertung vom 03.05.2023
Die rebellische Pianistin. Das Leben von Johanna Kinkel
Maatman, Verena

Die rebellische Pianistin. Das Leben von Johanna Kinkel


ausgezeichnet

Bei der Suche nach interessanten Büchern landet man manchmal wahre Glückstreffer. So ein Fall war für mich dieser Roman. Kein Wunder, enthält er doch viele Zutaten, die mich begeistern: eine historische Frauenfigur, noch dazu mutig und rebellisch, Klaviermusik, Dichtung, Salonnières und geschichtliche Ereignisse.

Von Johanna Kinkel hatte ich bisher noch nie etwas gehört. Mit 11 stand für sie fest, Pianistin und Komponistin zu werden, doch natürlich hatten Frauen Anfang des 19. Jahrhunderts statt zu musizieren das Kochen und Nähen zu erlernen, um eine gute Partie zu finden. Dass sie in einem Kochkurs eine Melodie für ein Sauerbratenrezept erfand, um es sich besser zu merken, machte sie mir gleich sympathisch.

Ohne ihren Musiklehrer und Förderer Franz Anton Ries, der auch Beethoven unterrichtet hatte, hätte Johanna wohl kaum ihren Traum verwirklichen können. Atemlos verfolgte ich, wie sie die Leitung eines Gesangsvereins in Bonn übernahm, zum Studium nach Berlin zog, engen Kontakt mit Fanny und Felix Mendelssohn hielt und zu einer der begehrtesten Pianistinnen in den Berliner Salons wurde. Sie komponierte nicht nur Lieder, sondern schrieb auch Gedichte, Erzählungen und Essays, war mit Annette von Droste-Hülshoff und Bettina von Arnim befreundet und gründete mit ihrem Ehemann einen Dichterkreis.

Verena Maatman stellt in dieser spannend erzählten Romanbiografie neben Johannas außerordentlicher Begabung auch ihr Engagement für Frauenrechte heraus. Ich habe nicht nur eine in Vergessenheit geratene bewundernswerte Pianistin, Komponistin und Poetin kennengelernt, sondern auch Interessantes über die Demokratiebewegung vor 175 Jahren erfahren.

Bewertung vom 26.04.2023
Mademoiselle Eiffel und der Turm der Liebe (eBook, ePUB)
Villard, Sophie

Mademoiselle Eiffel und der Turm der Liebe (eBook, ePUB)


sehr gut

Paris ohne den Eiffelturm kann man sich nur schwer vorstellen - genauso wenig, dass viele Künstler wie Guy de Maupassant oder Charles Garnier massiv gegen den Bau protestierten. All das und viele weitere interessante Hintergründe erfährt man in diesem Roman. Im Mittelpunkt steht dabei nicht der berühmte Erbauer Gustave Eiffel, sondern seine titelgebende Tochter und Privatsekretärin Claire.

Die Autorin verschränkt familiäre Ereignisse bei den Eiffels mit der Entstehungsgeschichte des Turms, wobei mich Letzteres mehr interessierte. Es ist spannend, die einzelnen Bauphasen zu verfolgen, welche Ideen der Ingenieure dabei umgesetzt wurden, auf welche technischen Schwierigkeiten und personellen Widerstände die Familie stieß und welche finanziellen Risiken sie einging.

Wie es zur engen Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Otis kam und wie ein amerikanischer Journalist das Geschehen hautnah begleitete, waren für mich auch bereichernde Elemente in der Geschichte. Die Vorbereitungen für die Weltausstellung 1889 machen den damaligen Fortschrittsgeist förmlich spürbar. Claires Eifersucht auf Elisabeth Otis und ihr Bemühen, wieder Schwung in ihre Ehe zu bringen, fand ich allerdings übertrieben.

Ich muss zugeben, dass ich schon oft in Paris, aber noch nie auf dem Eiffelturm war, und möchte das nach der Lektüre unbedingt nachholen!