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bumblereader
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Hamburg

Bewertungen

Insgesamt 46 Bewertungen
Bewertung vom 24.09.2021
Das Buch der verschollenen Namen
Harmel, Kristin

Das Buch der verschollenen Namen


sehr gut

„Das Buch der verschollenen Namen“ ist ein historischer Roman von Kristin Harmel und erscheint im Oktober 2021 im KNAUR-Verlag.
1942. Die junge Eva Traube aus Frankreich muss miterleben wie ihr Vater, ein aus Polen stammender Jude, von den Nazis verhaftet wird und in ein Arbeitslager deportiert wird. Dabei wird klar, ihr Vater ist nicht der einzige, den die Polizei sucht und deportiert. So beginnt die Reise von Eva und ihrer Mutter unter falscher Identität in das kleine Örtchen Aurignon. Welche Schicksale und Aufgaben dort auf Eva warten erfährt man im Verlauf der Geschichte.
Der historische Roman ist eine Geschichte, die dem Leser die schweren Verbrechen an den Juden aufzeigt. Mir hat der Schreibstil der Autorin sehr gefallen. Die Geschichte ist dramatisch erzählt und lässt den Leser an vielen Stellen erschreckt auffahren, zu welchen grausamen Taten Menschen unter Führung fähig sind. Die Entwicklung von Eva während der Geschichte fand ich sehr mitreißend erzählt. Sie ist mir als Charakter sehr ans Herz gewachsen. Einige ihrer Entscheidung haben mich darüber nachdenken lassen, wie ich in solch einer Situation wohl reagiert hätte. Das Cover des Buches finde ich sehr passend zur Geschichte. Die Farben finde ich stimmig und vor allem gefällt mir der Buchrücken, der ebenfalls sehr zur Story passt.
Die Deportation ist mir an sich natürlich bekannt gewesen, nichts destotrotz finde ich es sehr spannend eine Geschichte zu lesen, die nicht in Deutschland, sondern im Frankreich des 20. Jahrhunderts spielt und sich mit dem Thema auseinandersetzt.
Das Buch ist für all diejenigen, die gerne über schlimme Ereignisse, ausgelöst durch den Krieg und die Besetzung durch Deutschland, lesen und sich näher mit der Thematik „Deportation“ auseinandersetzen möchten. Die Geschichte ist gut dazu geeignet, Lesern einen Blick über Deutschland hinaus zu ermöglichen, um sich umfassend mit dem Kriegsgeschehen auseinanderzusetzen.

Bewertung vom 31.08.2021
Das geheime Leben des Albert Entwistle
Cain, Matt

Das geheime Leben des Albert Entwistle


ausgezeichnet

„Das geheime Leben des Albert Entwistle“ ist ein Roman von Matt Cain und erscheint im September 2021 im ullstein-Verlag. Danke vielmals an den ullstein-Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!
Das Buch-Cover finde ich bezaubernd. Es unterstreicht auf eine dezente Art den Inhalt der Geschichte. Auch von Innen ist das Buch sehr schön gestaltet und hat dazu beigetragen, dass es auch äußerlich eines meiner liebsten Bücher 2021 wird.
Wir begleiten Albert Entwistle, einen Postbeamten aus Toddington, der mit seiner Katze ein ruhiges und abgeschiedenes Leben führt. Doch als seine Pensionierung immer näher rückt und zu allem Überfluss auch noch seine Katze stirbt, entschließt Albert sich zu einem Leben, das ganz anders ist als jenes, dass er 50 lange Jahre geführt hat.
Er entschließt sich zunächst Kontakt zu den Bewohnern Toddingtons aufzunehmen und lernt dabei viele nette und sehr unterschiedliche Menschen kennen, die ihm nach und nach helfen, zu sich selbst zu finden. Als er dann auch noch im Schlafzimmer seiner verstorbenen Mutter Erinnerungen an eine Zeit lange vor seinem abgeschieden Leben findet, entschließt sich Albert dazu seine Jugendliebe aufzuspüren.
Das Thema des Romans ist charmant, humorvoll und authentisch umgesetzte. Der Schreibstil ist sehr angenehm und die Geschichte lässt sich sehr flüssig und schnell lesen.
Der Roman „Das geheime Leben des Albert Entwistle“ ist eine Geschichte, die dem Leser zeigt, wie wichtig es ist gegen Vorurteile anzukämpfen und sich selbst zu lieben. Die Hommage der Geschichte, dass jeder, egal welches Geschlecht, welcher Herkunft oder zu wem man sich hingezogen fühlt, einzigartig und besonders ist, hat mich von Anfang an gepackt. Ein Buch, dass auf sehr charmante Art zeigt, dass LGBTQIA+ nichts Verwerfliches ist und als ganz normal wahrgenommen werden sollte. Der Autor schafft es, eigene Vorurteile erkennbar zu machen und über den eigenen Umgang mit der LGBTQIA+-Bewegung nachzudenken. Besonders gefällt mir dabei der Aspekt, dass sich das Buch nicht ausschließlich um eine Jugendbeziehung dreht, sondern zwei Hauptcharaktere verbindet, die Ü50 sind. Dabei geht er auch auf die Entwicklung der LGBTQIA+-Bewegung ein, was die Geschichte sehr authentisch und angenehm macht.

Eine große Empfehlung für…ALLE!

Bewertung vom 10.04.2021
Das Leben, ein ewiger Traum / Die Polizeiärztin Bd.1
Sommerfeld, Helene

Das Leben, ein ewiger Traum / Die Polizeiärztin Bd.1


ausgezeichnet

„Das Leben – ein ewiger Traum“ ist ein Roman von Helene Sommerfeld und ist 2021 im dtv Verlag erschienen. Wir begleiten Magda Fuchs, eine Frauenärztin aus Hildesheim, die es nach einem schweren Schicksalsschlag nach Berlin verschlägt. Dort bewirbt sie sich auf die Stelle als Polizeiärztin, um ihr altes Leben mit all der Trauer zurückzulassen. Doch aller Anfang ist schwer und Magda merkt schnell, dass sich das Stadtleben in Berlin doch sehr von der Hildesheimer Ruhe unterscheidet, die sie gewohnt ist. Sie macht sich auf, um eine Unterkunft zu finden und lernt so die junge Celia und ihre Mutter kennen. Der Vater, ein ehemaliger Arzt, kann nach einem Herzinfarkt seinen Beruf nicht mehr ausüben und so entscheidet Celias Mutter sich dafür, das große imposante Haus in Charlottenburg zu einer Pension für alleinstehende Frauen zu machen. Dort finden neben Magda auch noch weitere Damen Unterschlupf, die genau wie Magda ihrem trübsinnigen Leben entfliehen wollen und sich in Berlin Glanz und Glamour versprechen. Doch schnell wird deutlich: Nicht alles ist Gold, was glänzt. Die Frauen lernen neben all den schönen Seiten auch die Schattenseiten des Berlins der 1920er Jahre kennen. Der Roman „Das Leben – ein ewiger Traum“ entführt den Leser ganz unverblümt in die aufreibenden goldenen Zwanziger. Von den ersten Seiten an fesselt die Geschichte und lässt einen jeden eintauchen in eine Welt, die von Gegensätzen nur so strotzt. Helene Sommerfeld schafft es dem Leser die damaligen Gefühle von Hoffnung, Angst, Unterdrückung aber auch Aufbruch einer neuen Zeit zu vermitteln. Das Buch ist für all diejenigen, die sich von einem historischen Roman mehr erhoffen als eine leichte Lektüre. Jeder, der die „Goldenen Zwanziger“ in vollem Umfang nachempfinden möchte, sollte zu diesem Buch greifen.

Bewertung vom 23.02.2021
Der Zirkus von Girifalco
Dara, Domenico

Der Zirkus von Girifalco


gut

In einem italienischen Dorf namens Girifalco leben die Menschen, wie wohl überall anders auch. Wir lernen im Verlauf der ersten Kapitel einige dieser Dorfbewohner kennen und erhalten dabei einen Einblick in ihr schicksalhaftes Leben. Alle Personen sind sehr verschieden und haben auf den ersten Blick nichts gemeinsam. So lernen wir einen Jungen mit Epilepsie kennen, eine junge Frau, die ein uneheliches Kind hat und deshalb von ihren Eltern verstoßen wird oder einen Stoiker, dessen Familie die Untätigkeit in Person darzustellen vermag. Dennoch haben sie etwas gemeinsam, denn an dem Tag, an dem sich ihr Leben auf einmal verändert nehmen sie einen Duft nach Rosmarin und Klee wahr, der von einem Zirkus herrührt. Eigentlich sollte der Zirkus gar nicht in Girifalco Halt machen, doch durch schicksalshafte Wendungen hält er im Ort Einzug und verändert somit das Leben der Bewohner schlagartig. Ein schönes Buch, für all jene, die sich mit dem Schicksal auseinandersetzen wollen und ein wenig mehr über das Zirkusleben erfahren möchten.

Bewertung vom 16.02.2021
Die Experten
Kröger, Merle

Die Experten


ausgezeichnet

„Die Experten“ ist ein Thriller von Merle Kröger und ist 2021 im Suhrkamp Verlag erschienen.
Die Handlung spielt in der Nachkriegszeit in Hamburg und Kairo. Rita Hellberg ist Tochter eines Ingenieurs, der als „Experte“ nach Kairo eingeladen wird, um dort Jagdbomber zu bauen. Ägypten will eine afrikanische Rüstungsindustrie aufbauen und so kommen neben den Hellbergs noch weitere „Expertenfamilien“ nach Kairo. Wir begleiten die junge Rita Hellberg auf ihrem Weg nach Kairo und die damit verbundenen unweigerlichen Veränderungen, die ihr Leben einschlägt. Während Rita schon bald erkennt, dass das Leben in Kairo nicht besser sein kann, beginnt ihre Mutter selbes zu hassen. Die neue Welt, die sich Rita erschließt, befindet sich im Umbruch und schon bald wird klar, dass sie sich in einem Konflikt befindet, in dem es um politische und regionale Interessen geht. Plötzlich findet sie sich in einem Leben wieder, in dem Menschen sterben, Briefbomben verschickt werden und auch Spione eine große Rolle spielen. Es beginnt ein Kampf, um die eigene Sicherheit und die Wahrheit, die scheinbar verschleiert werden soll.
Die Entwicklung der jungen Protagonistin zu einer gestandenen Frau wird durch die ungewohnte Sprache, die die Autorin verwendet bildhaft deutlich und passt perfekt zum Setting der 60er Jahre. Gleichzeitig lassen die Gedankensprünge in der Sprache die Gedankengänge und Gefühle der Protagonisten leicht verständlich nachvollziehen und gibt dem Leser/ der Leserin das Gefühl, diese im selben Moment zu empfinden. Der politische Schreibstil, der an ausgewählter Stelle zu Tage tritt, passt zur Umbruchszeit der 60er und vermittelt einen schlüssigen Gesamteindruck. Während der Geschichte wird auch die Liebe der Autorin zu Kairo deutlich. Die Wendung der Geschichte hin zu einem politischen Thriller war für mich der spannendste Moment im Buch und hat mich bis zum Ende miträtseln lassen. Das Thema des Thrillers (Sollte man Medien glauben? Wie stellt dich der Konflikt in verschiedenen Ländern dar?) hat mir sehr gefallen und war äußerst spannend.
Der Der Thriller „Die Experten“ zeigt sehr lebhaft den inneren und äußeren Konflikt eines jungen Menschen, der sich zwischen Angst und Hartnäckigkeit den Sinn des Lebens erschließt. Merle Kröger entführt den Leser/ die Leserin hervorragend in die Welt eines jungen Erwachsenen der 60er Jahre. Der Leser wird den inneren Kampf mitfühlen und die Freuden und Leiden teilen. Für Freunde eines spannungsreichen politischen Thrillers, den man durchdenkt und bei dem man mitfiebert, ist dieses Buch die perfekte Lektüre. Jedoch sollte angemerkt werden, dass es sich bei diesem Thriller nicht um einen normalen Thriller handelt, da das politische Setting deutlich im Vordergrund steht. Für mich ist das Buch einen Kauf wert. Das Buch verschafft nicht nur einen geschichtlichen Überblick über die Zeit der 60er Jahre, sondern gibt auch Einblick in das Leben eines Journalisten. Und das ist, was für mich ein gutes Buch ausmacht: es entführt mich in eine wunderschöne Welt.

Bewertung vom 07.02.2021
Der Klang der Wälder
Miyashita, Natsu

Der Klang der Wälder


ausgezeichnet

„Der Klang der Wälder“ ist ein Roman von Natsu Miyashita und ist 2021 im Insel Verlag erschienen.
Die Handlung spielt in einem Instrumentenhandel in einer kleinen japanischen Stadt. Der 17-jährige Tomura entdeckt eines Tages die Leidenschaft zur Musik, ausgelöst durch einen Klavierstimmer. Er entscheidet sich fortan der Musik sein Leben zu widmen. Er lässt sich zum Klavierstimmer ausbilden und erhält eine Anstellung in einem kleinen Instrumentenhandel nahe seines Heimatdorfes. Trotz der Leidenschaft und Tomuras Hartnäckigkeit, wird seine Leistung von ständigen Versagensängsten kontrolliert. Die verschiedenen Gefühle beeinflussen Tomuras Wahrnehmung des „perfekten Klangs“ eines Klaviers. Als er die Schwestern Kazune und Yuni kennenlernt, merkt er, dass bloßes technisches Können nicht alles ist, was ein Klavierstimmer braucht. Nachdem er Kazune spielen hört, weiß er schließlich, dass Kazunes Spiel seine Bestimmung ist.
Die Entwicklung der Leidenschaft zur Musik, die der junge Tomura entdeckt und der er sein Leben widmet wird durch die bildhafte Sprache, die die Autorin verwendet. Gleichzeitig lässt die Bildhaftigkeit der Sprache die Gedankengänge und Gefühle des Protagonisten leicht verständlich nachvollziehen und gibt dem Leser/ der Leserin das Gefühl, diese im selben Moment zu empfinden. Der poetisch-philosophische Schreibstil passt zur Umgebung Japans und vermittelt einen schlüssigen Gesamteindruck. Während der Geschichte wird auch die Liebe der Autorin zum Klavier deutlich („Ein Klavier will gespielt werden. Es steht immer bereit. Für die Menschen, für die Musik. Bereit, uns die Schönheit der Welt zu eröffnen.“) Die Entwicklung Tomuras hin zu einem ambitionierten Klavierstimmer war für mich der schönste Moment der Geschichte und hat mich an der ein oder anderen Stelle über meine eigenen Gedanken reflektieren lassen. Das Thema des Romans (der Sinn des Lebens und die Liebe zur Musik) hat mir sehr gefallen.
Der Roman „Der Klang der Wälder“ zeigt sehr lebhaft den inneren Konflikt eines jungen Menschen, der sich zwischen Angst und Hartnäckigkeit den Sinn des Lebens erschließt. Miyashita entführt den Leser/ die Leserin hervorragend in die Innenwelt eines jungen Erwachsenen. Der Leser wird den inneren Kampf mitfühlen. Für Freunde eines spannungsreichen Romans, den man zwischendurch zur Hand nimmt, ist dieses Buch wahrscheinlich nichts. Vielmehr wird der Roman die ansprechen, die Gefallen am Mitfühlen und Einfühlen in seelische Konflikte lieben, sich reflektierend mit dem eigenen Leben auseinandersetzen wollen und nach dem Sinn des Lebens trachten. Für mich ist das Buch einen Kauf wert, da der Konflikt, den Tomura erlebt, zeitlos ist und sehr gut rüberkommt. Deshalb konnte ich mich gut in Tomura hineinversetzen – und das ist, was für mich ein gutes Buch ausmacht: es entführt mich in eine wunderschöne Welt.