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duenefi
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Bünde

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Insgesamt 87 Bewertungen
Bewertung vom 28.10.2021
Reality Show
Freytag, Anne

Reality Show


sehr gut

Komplex, nachdenklich machend & mit Nervenkitzel!

"Reality Show" von Anne Freytag ist im Oktober 2021 als Taschenbuch mit 464 Seiten bei dtv erschienen.

Die Thematik ist ungeheuer spannend, eine großartige Idee!
Heiligabend: 10 einflussreiche Prominente sind in ihren eigenen Häusern gekidnappt worden und nehmen nun - unfreiwillig - an einer Reality-Show teil, die live im Fernsehen übertragen wird. Der Showmaster stellt die Kandidaten vor, ein jeder hat Dreck am Stecken, und das Publikum hat die Wahl der Bestrafung...
Wer steckt hinter diesem perfiden Spiel? Was ist es, was die Macher dieser abstrusen Show tun - Gerechtigkeit üben oder die Massen aufhetzen?

Anne Freytag ist definitiv eine Wortakrobatin und versteht es mit ihren Büchern großartig, mich jederzeit direkt in ihren Bann zu ziehen.
Bei "Reality Show" ist es ebenso, allerdings sind durch die Anzahl der Kandidaten die Handlungsstränge derart vielfältig, dass es mir etwas schwerfiek, in die Story hineinzukommen und auch später stets den Überblick zu behalten.
Man muss sich als Leser voll auf die Idee der Autorin einlassen und konzentriert dem Handlungsverlauf folgen, dann nimmt die Spannung ganz automatisch volle Fahrt auf und ich konnte atemlos mitfiebern, was passiert und wie es mit wem weitergeht.
Zusätzlich macht der Plot ziemlich nachdenklich, was die überwiegende Einstellung der heutigen Gesellschaft angeht und Werte wie Respekt, Macht, Moral und Gier rücken hier sehr in den Fokus.
Meiner Meinung nach eine Spitzenidee und eine fesselnde Story, jedoch gibt es wegen der Komplexität einen Stern Abzug von mir!

Bewertung vom 04.10.2021
Der schwarze Winter
Lindemann, Clara

Der schwarze Winter


ausgezeichnet

Der schwarze Winter Fesselnder Roman über zwei Schwestern in den harten Nachkriegsjahren in Hamburg

"Der schwarze Winter" von Clara Lindemann ist im September 2021 als Hardcover mit Schutzumschlag bei Harper Collins erschienen. Das Buch hat 384 Seiten und spielt größtenteils in Hamburg.

1946/47: Nachdem die Schwestern Silke und Rosemarie Bensdorf von dem Bauernhof fliehen mussten, auf dem sie lebten, halten sie sich nun in Hamburg mehr schlecht als recht über Wasser. Die Lage ist schwierig, die Versorgung furchtbar und als Frau hat man es noch schwerer. Also bleibt den Schwestern nichts anderes übrig, als in den Schwarzmarkthandel einzusteigen - das allerdings sehr erfolgreich, und schließlich eröffnet Silke sogar eine Bar für die britischen Besatzer. Aber die Neider lassen nicht lange auf sich warten...

Meine Meinung:
Clara Lindemann hat einen sehr spannenden Nachkriegsroman geschrieben, der bildhaft und detailliert die trüben, klirrend kalten Wintertage, die bittere Armut und die vielfach vorherrschende Hoffnungslosigkeit der Menschen beschreibt.
Die Atmosphäre kommt beklemmend deutlich beim Leser an, aber ebenso spürt man auch den Drang nach vorn, das Kämpfen für bessere Zeiten.
Der Schwarzmarkt boomt, und verhandelt wird stets mit harten Bandagen.

Silke und Rosemarie sind zwei ausgesprochen sympathische, wenngleich sehr unterschiedliche Charaktere.
Während Silke stets überlegt handelt, alles genau abwägt und sich bedächtig ihren Weg in der rauen Umgebung bahnt, ist Rosemarie impulsiv, will stets ihren Willen durchsetzen, ist dabei aber eine fröhliche und ehrliche Person.
Mir hat es wirklich viel Spaß gemacht, die Entwicklung der Schwestern und ihr Vorankommen in der Gesellschaft mitzuerleben.

Die Autorin hat sich nicht zu sehr auf die erschütternde Lage der Nachkriegsjahre konzentriert, sondern vor allem einen spannenden und authentischen Roman geschrieben, der zeigt, wie wichtig Zusammenhalt und Freundschaft, Respekt und Ehrlichkeit sind. Auch die schwierige Rolle der Frau in der damaligen Zeit wird bestens verdeutlicht.

Alles in Allem ein toller historischer Roman, der zwar sehr ernst ist und bisweilen erschütternd, aber nichtsdestotrotz fesselnd und unterhaltsam. Klare Leseempfehlung von mir!

Bewertung vom 29.09.2021
Die andere Tochter
Golch, Dinah Marte

Die andere Tochter


ausgezeichnet

Ein fesselndes Puzzle! Viel Thriller, etwas Familiendrama, ganz viele Überraschungen

"Die andere Tochter" von Dinah Marte Golch ist im August 2021 als Hardcover mit Schutzumschlag beim List Verlag erschienen und hat 448 Seiten.

Zum Inhalt: Antonia "Toni" Petzold führt ein ganz normales Leben, bis sie sich eines Tages bei der Arbeit die Augen verätzt und tragischerweise erblindet. Sie hat das Glück,eine Corneatransplantation zu bekommen und wieder sehen zu können.
Fortan hat sie allerdings merkwürdige Flashbacks und leidet unter Stimmungsschwankungen.
Um sich zu bedanken, schreibt sie über die Datenbank einen Brief an die Hinterbliebenen der Spenderin, und bald darauf nimmt deren Mutter Kontakt zu Toni auf.
Und schnell stellt sich heraus, dass diese zwar aus einem ganz anderen Umfeld wie Toni kam, aber sehr viele Ähnlichkeiten mit ihr aufweist.

Meine Meinung: Und spätestens von da an bin ich in dem Sog von Dinah Marte Golchs Plot komplett mitgerissen worden.
Die beiden sich aufeinander zu bewegenden Zeitstränge haben mir sehr gefallen, der Schreibstil ist insgesamt total spannend und ich konnte das Buch kaum wieder aus der Hand legen.
Im Verlauf der Handlung kommt es zu einigen überraschenden Wendungen, die Grundstimmung ist ziemlich düster und geheimnisvoll.
Nicht nur über die Familie Mertens kommen Geheimnisse ans Tageslicht, auch in Tonis eigener Familie liegt viel Ungeheuerliches im Argen.

Absolut faszinierend, wie es der Autorin gelungen ist, Zweifel an der eigenen Identität der Protagonistin aufgrund der Organtransplantation aufkeimen und wachsen zu lassen.
Und besonders krass kam mir hier die Erkenntnis, wie schnell sich das Leben durch eine einzige unbedachte Handlung in Sekundenschnelle verändern kann, wieder einmal zu Bewusstsein!

Sowohl wichtige Themen als auch die brisanten Erkenntnisse, die nach und nach wie einzelne Puzzleteilchen aufgedeckt werden, geben der Story Authenzität und Glaubhaftigkeit. Hierzu passt dann auch das Cover perfekt.

Alles in Allem ein fesselnder Roman mit Sogwirkung, der meiner Meinung nach auch gut ins Genre Thriller passt...

Bewertung vom 09.09.2021
Ritchie Girl
Pflüger, Andreas

Ritchie Girl


sehr gut

Realität und Fiktion ergeben ein wichtiges Ganzes gegen das Vergessen!

"Ritchie Girl" von Andreas Pflüger ist als Hardcover mit Schutzumschlag im September 2021 bei Suhrkamp erschienen und birgt sehr lesenswerte 464 Seiten zwischen seinen Buchdeckeln.
Der blutrote Seitenschnitt gefällt mir ausgesprochen gut.

Paula Bloom, aufgewachsen in Berlin als Tochter eines amerikanischen Geschäftsmannes, war nach Amerika gegangen und dort in Camp Ritchie zur Besatzungsoffizierin ausgebildet worden.
Nun kehrt sie nach neun Jahren in das besiegte, zerstörte Deutschland zurück, um einen Auftrag zu erfüllen.
Doch sie ist nicht nur beruflich in Frankfurt, denn zugleich hat sie vor sich selbst Fragen nach Schuld, Wahrheit und Moral zu beantworten und sich der Vergangenheit zu stellen...

Andreas Pflüger hat in seinem Roman wichtige Themen aus der Zeit unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg auf eine außergewöhnliche und besondere Weise aufgearbeitet.
Er verknüpft Fakten gekonnt mit Fiktion, schreibt facettenreich, bringt dem Leser starke und erschütternde Bilder herüber und immer wieder kommt die Frage nach Moral, Schuld und Gewissen auf. Denn hinter der hübschen Fassade der Gesellschaft ist einiges fragwürdig und ganz anders, als es scheint.

Paula Bloom entwickelt sich im Verlauf der Handlung ausgesprochen positiv, so dass ich ihr immer mehr Sympathie entgegenbringen konnte.
Paulas Tätigkeit und ihr Werdegang sind wirklich spannend, allerdings hat der Autor bisweilen ein recht umfangreiches Wissen seiner Leser vorausgesetzt.
Bisweilen fehlten mir hier definitiv historische Fakten und ich konnte manche Zusammenhänge nur hinnehmen, aber nicht verstehen.
Da wäre zuweilen ein etwas ausschweifenderer Schreibstil wünschenswert gewesen. Es fehlt nicht an Informationen, aber oft werden nur Fragmente serviert und so wirkt die Erzählung teils nicht recht abgerundet.

Auch Johann Kupfer ist eine beeindruckende Figur, ein Charakter, den zu entdecken ich sehr beeindruckend fand.
Insgesamt wirken die Handlung sehr gut und umfassend recherchiert und die Protagonisten absolut authentisch.

Der Autor Andreas Pflüger hat in seinem Roman "Ritchie Girl" die Thematik der Nach-Nazizeit auf eine hochinteressante und zugleich bedrückende Weise aufgearbeitet und dem Leser vermittelt, dass es nach wie vor wichtig ist und bleibt, diese grausame Zeit nicht zu vergessen!

Bewertung vom 16.08.2021
Eskalation
Benrath, Nora

Eskalation


sehr gut

Nicht anhalten! Solider Thriller mit rasantem Start und etwas flachem Ende...

"Eskalation" von Nora Benrath ist im Juli 2021 als Taschenbuchausgabe mit 320 Seiten bei Harper Collins Germany erschienen.
Es handelt sich hier um das Pseudonym einer deutschen Journalistin, die mit "Eskalation" ihr Thrillerdebüt geschrieben hat.

Das Cover finde ich sehr gelungen, baut es doch bereits eine Atmosphäre auf, die eine leichte Gänsehaut erzeugt. Der Klappentext tut dann sein Übriges...

Das Buch startet rasant mit einem Anruf bei Dina, die gerade mit dem Auto frühmorgens in einer einsamen Gegend unterwegs ist. Ein anderer Wagen folgt ihr und fährt sehr dicht auf. Eine blecherne Stimme zwingt sie dazu, immer weiterzufahren, die Richtung gibt der Unbekannte aus dem sie bedrängenden Fahrzeug vor. Dina ist erschüttert und paralysiert, denn die Stimme droht ihr und so hält sie sich an seine Anweisungen.
Tatsächlich geraten die beiden Fahrzeuge dann in eine Polizeikontrolle und Dina hofft, hier und jetzt aus diesem Albtraum entkommen zu können, aber der Mann im hinteren Fahrzeug weiß sich skrupellos der Bedrohung zu entledigen...

Der Beginn verspricht wirklich viel und der Spannungsbogen setzt sehr hoch an. Durch die kurzen Kapitel und die knappe Erzählweise wird das forciert, ebenso tragen die wechselnden Erzählperspektiven dazu bei, dass man atemlos gespannt weiterliest.
Der Thriller hätte ruhig etwas länger und ausführlicher sein können, denn die ansonsten mitwirkenden Charaktere blieben etwas farblos, so dass beim Lesen keine echte Verbindumg zu ihnen aufkam.
Die Autorin schreibt durchaus ausdrucksstark und unverblümt, so dass einige Details sicher für diejenigen mit den schwächeren Nerven etwas zu weit gehen...Mir hat gerade das allerdings gut gefallen.
Zum Ende hin verliert der Plot dann etwas an Fahrt und das Motiv des Täters wirkt insgesamt sehr konstruiert.

Alles in Allem ein solider, unterhaltsamer Thriller mit einer spannenden Idee, aus der Nora Benrath noch etwas mehr hätte herausholen können!

Bewertung vom 15.06.2021
Die Akte Adenauer / Philipp Gerber Bd.1
Langroth, Ralf

Die Akte Adenauer / Philipp Gerber Bd.1


sehr gut

Spannender Polit-Thriller zur Adenauer-Ära - Ein Fall für Philipp Gerber

"Die Akte Adenauer" von Ralf Langroth ist im Mai 2021 als Klappenbroschur mit 400 Seiten bei Rowohlt erschienen.

Es handelt sich um einen Polit-Thriller, der 1953 in Westdeutschland zur Zeit der Adenauer-Ära spielt.

Philipp Gerber, ein Deutscher, der zu Kriegszeiten mit seiner Familie in die USA geflüchtet war, wird nach einem Mordfall in eine Sondereinheit des neu gegründeten BKA berufen und ermittelt in Bonn und Umgebung.

Das Mordopfer ist Gerbers Vorgänger beim BKA, und während die Ermittlungen Fahrt aufnehmen, finden Gerber und die Journalistin Eva Herden heraus, dass dahinter scheinbar die "Wölfe" stecken, eine rechtsgerichtete Gruppierung . Als Nächstes wollen diese ein Attentat auf einen hochrangigen linken Politiker ausüben, und Gerber bekommt von Bundeskanzler Konrad Adenauer höchstpersönlich den Auftrag, dies zu verhindern.

Der Autor hat hier einen Plot erarbeitet, der auf historischen Fakten beruht, aber auch fiktive Elemente enthält. Das hat Ralf Langroth gekonnt zu einer spannenden Story verwoben, die sehr authentisch daherkommt und offensichtlich gründlich und kompetent recherchiert wurde.

Das Cover finde ich sehr gelungen, sowohl vom Bild her als auch vom metallischen Design, was das Buch zu etwas Besonderem macht.
Der Handlungsaufbau bzw. die Kapitelüberschriften sind wie ein Countdown gestaltet, was die Handlung direkt rasant macht.

Der Schreibstil ist sehr flüssig und voller interessanter Details, so dass mich das Buch von Beginn an packen konnte.

Philipp Gerber ist eigentlich Amerikaner, der gerade drauf und dran war, eine Professur in Harvard anzutreten und die Tochter seines Colonels zu heiraten - bis dieser Fall dazwischenkam, der ihn zum BKA brachte.

Da hier nicht "nur" der Mordfall und die Verhinderung eines Attentates Thema sind, sondern auch das Machtgefüge zwischen Deutschen und Amerikanern eine nicht unerhebliche Rolle spielt, ist Gerber in einem ziemlichen Zwiespalt - wessen Interessen soll er letztendlich vertreten??
Diese missliche Lage kommt sehr gut heraus und lässt den Protagonisten anfangs ein wenig mit der Situation hadern, aber Gerber ist ein Mann der Tat, und so tut er, was getan werden muss.

Insgesamt hat mir das Buch sehr gut gefallen, es gab hier und dort unvorhergesehene Wendungen und einige brisante Vorfälle sowie ein stimmiges und überzeugendes Ende.

Für mich persönlich gab es zwei etwas störende Elemente, und zwar das Verhältnis zwischen Gerber und Eva, das sich Knall auf Fall ergeben hat, sowie die bisweilen sehr amerikanisch anmutende Action an einigen Stellen, die mir etwas unpassend erschien - darum gibt es von mir 4 statt 5 Sterne.

Bewertung vom 31.05.2021
Berlin Heat
Groschupf, Johannes

Berlin Heat


weniger gut

Krimi aus dem Zockermilieu in Berlin - konnte mich leider gar nicht begeistern...

"Berlin Heat" von Johannes Groschupf ist im Mai 2021 als Taschenbuch mit 256 Seiten bei Suhrkamp erschienen.

Berlin, unmittelbar nach der Corona-Pandemie: Der Sommer ist heiß, die Stimmung ist es auch. Es sind ohne Ende Party People unterwegs, die mit allen Mitteln Spaß haben wollen.
Mittendrin ist Protagonist Tom Lohoff, der Ferienwohnungen vermietet und seinen Gästen nach Möglichkeit auch noch alle Wünsche erfüllt, seien sie nun legal oder illegal - Mädchen, Pillen, Pilze, Clubs usw.
Tom ist ein Zocker, ein ziemlicher Loser, und hat Schulden bei einem Kredithai. Sein Kumpel und WG-Mitbewohner, der sein Geld als Dealer verdient, will ihm nicht mehr helfen.
Da ihm die Geldeintreiber schon sehr nah auf die Pelle rücken, steht Tom das Wasser bis zum Hals, und so vermietet er eines seiner Domizile an ein seltsames Grüppchen - und steckt nun so richtig in der Scheiße...

Johannes Groschupf hat hier eine Randgruppe in einem üblen Milieu genau beleuchtet, dazu kommen dann politische Verwicklungen einer rechten Partei.

Das Cover erregt Aufmerksamkeit, der Klappentext verspricht Spannung, die Leseprobe ist vielversprechend.

Leider hat mich aber der Schreibstil auf Dauer so gar nicht überzeugen können, diese Mischung aus denglischem Slang und absoluter Fäkalsprache war mir irgendwann einfach massiv zu viel...und auch der Inhalt war für mich teilweise recht abstoßend, zumal er durch die bildhafte Sprache und die detaillierten Beschreibungen sehr deutlich vor meinem inneren Auge stand! Wahrscheinlich bin ich einfach zu alt für dieses Buch. Wobei, ich bin fast 10 Jahre jünger als der Autor, also können zur Zielgruppe nicht nur junge Erwachsene gehören.

Auch die versprochene Spannung kam bei mir nicht auf, da Lohoff irgendwie ständig bloß panlos in irgendwelche üblen Situationen stolpert - und da ich ihn nicht ernstnehmen konnte, gelang mir das leider auch nicht bei seinen Miseren, die für mich dann eher ein wenig komisch und surreal herüberkamen, aber definitiv nicht spannend.

Das Milieu und die damit einhergehenden rauhen Sitten und die Sprache der Strasse sind gut gelungen, aber es handelt sich hier in meinen Augen keineswegs um einen Thriller und ich hatte etwas ganz anderes erwartet...schade!

Bewertung vom 29.04.2021
Girl A
Dean, Abigail

Girl A


ausgezeichnet

Ein schockierendes Familienbild !!

"Girl A" von Abigail Dean ist als Hardcover mit 416 Seiten im April 2021 bei Harper Collins Germany erschienen.

Es handelt sich um den Debütroman der Autorin, den ich ausgesprochen gelungen finde.

Alexandra Gracie, genannt Lex, konnte mit 15 Jahren ihrem Elternhaus fliehen und wurde bekannt als "Girl A", das Mädchen, das entkam.
Lex´ Elternhaus, später von der Presse als Horrorhaus bezeichnet, war wirklich eine Kammer des Schreckens - fanatisch religiöse Eltern, die ihre 7 Kinder ans Bett anketteten, diese hungern und dursten ließen, quälten und physisch sowie emotional total verwahrlosen ließen.
20 Jahre später stirbt Lex´Mutter im Gefängnis und Lex muss sich nun um das Erbe kümmern, zumal sie das Haus bekommen soll.

Die ganze schockierende und grausame Geschichte wird aus der Sicht von Lex erzählt, in abwechselnden Episoden aus Gegenwart und Vergangenheit.
Dem Leser wird hier auf sehr erschütternde Weise vermittelt, wie die Geschwister jeweils ihr schlimmes Schicksal als Kinder erlebt und als Erwachsene verarbeitet haben und welche Schäden sie durch die unaussprechlichen Grausamkeiten zurückbehielten.

Die Autorin hat einen schnörkellosen, fast schon pragmatischen Schreibstil, der umso prägnanter ist, da dem Leser die schrecklichen Szenarien unverblümt um die Ohren gehauen weren.
Zwischendurch musste ich des Öfteren innehalten, um die furchtbaren Bilder wieder aus meinem Kopf zu bekommen...

Ein Buch, fesselnd und erschütternd, das mich noch lange beschäftigen wird, denn dass es solche Zustände wirklich gegeben hat und vermutlich immer noch gibt, ist ja leider Tatsache.

Achtung: Definitiv nichts für schwache Nerven und sicherlich voller Trigger für einige Personen, die eine schwierige Kindheit in "unnormalen" Familienverhältnissen durchleben mussten.

Bewertung vom 12.04.2021
Das Leben, ein ewiger Traum / Die Polizeiärztin Bd.1
Sommerfeld, Helene

Das Leben, ein ewiger Traum / Die Polizeiärztin Bd.1


sehr gut

Ein Roman über starke Frauen im Berlin der 1920er Jahre - sehr lesenswert!!

"Das Leben, ein ewiger Traum" von Helene Sommerfeld ist im März 2021 als Taschenbuch mit 544 Seiten bei dtv erschienen. Es handelt sich um den Auftakt einer Trilogie.

Helene Sommerfed ist das Pseudonym eines Berliner Autoren-Ehepaares, das bereits sehr erfolgreich z.B. mit der "Die Ärztin"-Serie war.

Schon die Aufmachung des Romans ist sehr gelungen und liebevoll gestaltet mit dem Stadtplan Berlins aus jener Zeit zu Beginn und des durchaus bisweilen hilfreichen Personenverzeichnisses am Schluß.

Magda Fuchs fängt nach dem schmerzhaften Verlust ihres Mannes ein ganz neues Leben an. Sie lässt ihre Heimat und alles Bisherige hinter sich und nimmt in Berlin den Posten einer Polizeiärztin an.
Magda findet ein Zimmer in einer kleinen Pension für alleinstehende, ehrbare Frauen und dort sowie bei ihrer Arbeit im Gefängnis kreuzen einige Frauen ihren Weg, die sich ebenfalls durchs Leben kämpfen müssen, dies aber mit Ehrgeiz und Stärke zu tun vermögen!

Mit Celia verbindet Magda bald eine Menge, und bei ihrer Arbeit engagiert sie sich enorm, da ihr die ärmlichen Verhältnisse und die Schicksale der Insassinnen sehr nahe gehen und am Herzen liegen.

Das Autorenduo hat einen detailliert recherchierten historischen Roman aus dem Nachkriegsberlin der 20er Jahre geschrieben, der wirklich abwechslungsreiche und tolle Lesestunden bereitet.

Die Erzählperspektive wechselt sich ab, die Hauptprotagonistinnen haben jede für sich eine schicksalhafte Geschichte und ihre ganz eigenen Probleme zu stemmen.
Dabei sind sie ganz unterschiedlich, was den Plot sehr unterhaltsam macht.

Die damaligen Zeiten, kurz nach dem Krieg, als auf der einen Seite Armut und Hunger dominierten, auf der anderen Seite aber Vergnügungen, Alkohol und ein leichtes Lotterleben nicht unüblich waren, wurden hier aussagekräftig dargestellt haben mich schon immer fasziniert.

Kombiniert mit viel Lokalkolorit und dem unverkennbaren Dialekt, der sich vor allem in den niederen Gesellschaftsshchichten widerspiegelt, hat das Ehepaar einen wirklich sehr lesenswerten historischen Roman geschrieben, den ich absolut empfehlen kann.
Ich freue mich schon auf den zweiten Band um Magda Fuchs!