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Claire

Bewertungen

Insgesamt 96 Bewertungen
Bewertung vom 18.09.2021
SCHWEIG!
Merchant, Judith

SCHWEIG!


gut

Esther und Sue sind Schwestern, die nicht viel gemeinsam haben. Eine wohnt alleine und abgeschottet im Wald, die andere mit Ehemann und Kindern im Trubel der Stadt. Was passiert wohl, wenn diese beiden Welten aufeinanderprallen?

Seine Familie kann man sich nicht aussuchen. Auch Esther und Sue sind eher wie Hund und Katze. Und obwohl Weihnachten vergangenes Jahr schon im Desaster endete, möchte Esther auch dieses Jahr nicht, dass Sue alleine ist. Und genau da liegt das Problem. Keine der beiden hat Verständnis für die Lebensweise der jeweils anderen. Jede hält ihre Art zu leben für die einzig richtige und versteht nicht, dass jeder sein eigenes Glück finden muss und das für jeden Menschen Glück etwas anderes bedeutet.

Besonders Esther ist da sehr nervig und das ist es auch, was das Lesen für mich hier so anstrengend machte. Die Charaktere hatten alle eine starke Ausstrahlung, Esther allerdings fand ich furchtbar penetrant, sie hat mich regelrecht aggressiv gemacht mit ihrer Art. Das war teilweise schon fast unangenehm zu lesen, weil sie so eine Wirkung auf mich hatte. Liegt vielleicht auch daran, dass ich solche Menschen kennengelernt habe und nichts mit ihnen zu tun haben möchte. Esther bin ich aber nicht so schnell los geworden, denn dafür hätte ich das Buch zur Seite legen müssen und das wollte ich auch nicht.

Die Autorin hat einen sehr eindringlichen Schreibstil, der dem Leser die toxische Beziehung der Schwestern direkt vor Augen führt. Das ganze Buch über herrscht eine geradezu beklemmende Atmosphäre. Die typische Thrillerspannung fehlt hier zwar, dennoch möchte man unbedingt weiterlesen und wissen, wie die Geschichte zu Ende geht. Neugierig gemacht wird man also allemal, auch wenn man relativ schnell erahnen kann, wie das Ganze enden wird.

Man fliegt beim Lesen nur so durch die Seiten. Kurze Kapitel, die jeweils aus der Sicht einer anderen Person geschrieben sind, machen alles sehr abwechslungsreich und kurzweilig. Auch die Zeitsprünge in die Kindheit der Schwestern sind interessant und bleiben durch die Überschriften immer übersichtlich.

Da ich für Charaktere mit starker Ausstrahlung sehr empfänglich bin und sich dieses Buch genau darüber definiert, habe ich das Lesen oft als nervig empfunden. Richtig genießen konnte ich die Story also nicht. Ich glaube aber, dass es vielen Menschen da anders gehen wird. Denn die Atmosphäre ist beklemmend gut beschrieben. Eshter konnte ich aber einfach kaum ertragen, so anstrengend und penetrant wie sie war. Vermutlich hat die Autorin genau das beabsichtigt, bei mir hat sie ihr Ziel also absolut erreicht. Deshalb vergebe ich hier jetzt auch nur 3 Sterne, das war mir einfach zuviel.

Tatsächlich überbringt das Buch in meinen Augen aber auch eine wichtige Botschaft. Jeder sollte so leben dürfen, wie er persönlich es für richtig hält und möchte, und jeder sollte versuchen, andere Menschen so zu akzeptieren wie sie sind, auch wenn man sie vielleicht nicht immer ganz versteht. Denn was passiert wenn man das nicht tut, hat Frau Merchant hier sehr eindrucksvoll beschrieben.

Ob man das Buch nun mag oder nicht, einen bleibenden Eindruck wird es mit Sicherheit hinterlassen.

Bewertung vom 05.09.2021
Eskalation (eBook, ePUB)
Benrath, Nora

Eskalation (eBook, ePUB)


gut

Als Dina nach einem Mädelsabend auf dem Heimweg ist, bekommt sie einen Anruf aus dem Wagen hinter ihr. Der Anrufer bedroht sie und sie sieht sich gezwungen zu tun, was er von ihr verlangt. Als sie in eine Polizeikontrolle gerät, wähnt sie sich in Sicherheit. Doch wird das tatsächlich ihre Rettung sein?

Die Geschichte beginnt direkt mit der dramatischen Autoszene, wodurch man gleich Lust bekommt weiterzulesen, weil der Anfang schon so spannend ist. Die Spannung kann dann zwar nicht das gesamte Buch über gehalten werden, bleibt aber trotzdem auf einem guten Niveau. Ein angenehm flüssiger Schreibstil trägt zum Lesespaß noch bei und auch auf die erste Leiche muss der Leser nicht lange warten. Von mir aus hätte die Autoszene gerne noch länger gehen dürfen, sie war ausgereift und gut.

Weniger ausgereift waren die Protagonisten, sie waren leider recht oberflächlich gehalten. Hin und wieder versucht die Autorin mit kleinen Details, den Figuren etwas Leben einzuhauchen. Das ist ihr aber leider nicht gelungen, zumal diese Details für die Story völlig irrelevant waren und auch nur kurz erwähnt, aber nicht weiter ausgeführt wurden. Viele Verhaltensweisen der Protas konnte ich nicht wirklich nachvollziehen, vielleicht gerade weil ich sie nicht näher kennenlernen konnte. Das Buch besticht durch viele Perspektivwechsel. Leider kommen die Figuren dadurch oftmals zu kurz. So wurde z.B. Dinas Mann im Laufe der Geschichte fast schon zu einer Randfigur, was ich sehr schade fand. Andererseits machten gerade die häufigen Wechsel das Ganze abwechslungsreich und gut zu lesen.

Die Spannung blieb natürlich nicht beständig auf dem Anfangsniveau, flachte aber auch nie ganz ab, so dass die Geschichte eigentlich durchgehend spannend blieb und man das Buch schnell durchlesen konnte und auch wollte.
Im Laufe der Perspektivwechsel wird auch immer wieder aus der Sicht des Mörders erzählt, das finde ich grundsätzlich immer spannend. Aber schon hier hatte ich Probleme, den Gedankengängen zu folgen, weil sich mir die Logik oft nicht erschloss und ich die Denkweise teils schon fast als widersprüchlich empfand. So konnte mich dann auch leider das Ende nicht überzeugen. Der Leser wurde immer wieder auf falsche Fährten gelockt, was ja bei einem Thriller auch so sein sollte. Und es ist ja toll, mitraten zu können. Meiner Meinung nach hätte man aber nicht auf das Ende kommen können, was ich irgendwie etwas enttäuschend fand. Dazu ist die Motivation des Täters für mich wieder nicht ganz schlüssig, wirkt stark gewollt, klischeehaft und leider auch etwas ideenlos und konstruiert. Schön ist aber, dass das Ende dann keine Fragen offen lässt und den Leser, zumindest was die Auflösung als solches angeht, befriedigt zurücklässt.

Das Buch kann mit einer starken Grundidee punkten, die Umsetzung fällt dann etwas schwächer aus und wirkt wie ein Autorendebüt. Ich weiß nicht, ob es sich hier tatsächlich um ein Debüt handelt, für mich hat es sich aber wie eines „angefühlt“. Ich sehe in der Autorin aber großes Potential und würde definitiv ein weiteres Buch von ihr lesen wollen!
Würde es sich hier um einen Film handeln, würde ich sagen, dass es wohl nicht für die große Kinoleinwand reicht, aber durchaus das Zeug zu einem soliden TV-Thriller hat.

Bewertung vom 08.08.2021
Die Verlorenen / Jonah Colley Bd.1
Beckett, Simon

Die Verlorenen / Jonah Colley Bd.1


ausgezeichnet

Jonah und Gavin - einst beste Freunde, haben sie seit Jahren den Kontakt zueinander abgebrochen. Als Gavin mitten in der Nacht bei Jonah anruft und ihn um ein Treffen in einem verlassenen Lagerhaus bittet, muss dieser sich entscheiden, ob er zu dem Treffen gehen soll oder nicht. Er tut es - nur um Gavins Leiche und die von drei weiteren Menschen zu finden. Was ist passiert? Und was hat das alles mit Jonahs vor Jahren verschwundenem Sohn Theo zu tun?

Simon Beckett ist ein Garant für spannende Bücher, natürlich war ich sofort Feuer und Flamme, als ich von dieser neuen Thriller-Reihe erfuhr. Trotzdem habe ich nach dem Lesen lange mit mir gehadert, ob ich 4 oder 5 Sterne vergeben soll. Doch dazu später mehr.

Die Geschichte beginnt ohne viel überflüssiges Vorgeplänkel und der Leser landet fast sofort in der actionreichen Lagerhausszene. Das macht sofort Lust umzublättern. Und das muss ich wirklich sagen, der Schreibstil von Simon Beckett ist wie immer super und man fliegt förmlich durch die Seiten.
Die Kapitel spielen abwechselnd in Vergangenheit und Gegenwart, so dass der Leser nach und nach alle Informationen bekommt, die er braucht, um die Figuren und deren Verhalten zu verstehen. Das hat es für mich sehr interessant gemacht, da ich nur nach und nach die ganze Geschichte erfuhr. So blieb es für mich immer spannend zu erfahren, was sich damals zugetragen hat und welche Folgen die Vorgeschichte für die Gegenwart hat. Die Handlungsstränge sind übersichtlich, fügen sich aber erst nach und nach zusammen. Ich hatte immer Lust, zum Buch zu greifen, sobald ich etwas Zeit hatte.

Die Figuren sind allesamt gut gelungen und authentisch. Jeder Charakter hat eine Persönlichkeit, deren Ausstrahlung einem förmlich aus dem Buch entgegenzuspringen scheint. Besonders gefällt mir der Hauptprotagonist Jonah. Endlich mal kein Superheld dem alles auf Anhieb gelingt, sondern ein verletzlicher Mann, der viele Tiefschläge in seinem Leben wegstecken musste und der trotzdem immer weiterkämpft. Besonders mochte ich, dass seine Knieverletzung nicht direkt nach der dritten Seite wieder verschwunden war, sondern er tatsächlich die komplette Geschichte über auf Krücken gehen musste, was ihn noch verletzlicher, aber auch sympathischer und natürlich authentischer gemacht hat. Endlich mal keine spontane Wunderheilung in einem Buch, sondern eher das echte Leben mit seinen Tücken, die halt auch mal länger andauern können.

Jonah gerät unbeabsichtigt ständig in Situationen, die ihn in einem schlechten Licht dastehen lassen. Ich hatte beim lesen richtig Mitleid mit ihm und war immer gespannt, wie er sich da wohl wieder hinausmanövriert.
Actionszenen gab es in dem Buch nicht so viele, langweilig wurde es mir aber nie. Es gab immer eine unterschwellige Spannung und das Ende habe ich so nicht kommen sehen und hat mich tatsächlich überraschen können.

Dass das Buch kein klassisches Happy End hat, fand ich genau passend und ich werde definitiv auch das nächste Buch aus der Reihe lesen, da ich unbedingt wissen möchte, wie es mit Jonah weitergeht.
Trotzdem muss ich auch sagen, dass es für mich kein klassisches Beckett-Buch war und meiner Meinung nach sein bisher Schwächstes (zumindest von denen, die ich gelesen habe). Deshalb habe ich tatsächlich überlegt, ob ich „nur“ 4 Sterne vergeben soll. Aber wenn man die Erwartungen, die man beim Namen „Simon Beckett“ unweigerlich hat, mal weglässt, hat das Buch einfach 5 Sterne verdient, denn es ist ein spannender Thriller, der mich gefesselt hat und bei dem ich das Ende kaum abwarten konnte (im positiven Sinne).
Also, um es kurz zu machen: für mich hat sich dieses Buch gelohnt und es hat eine kleine Leseflaute, in der ich feststeckte, schon nach den ersten Seiten beendet.

Bewertung vom 27.06.2021
Ausweglos
Faber, Henri

Ausweglos


sehr gut

Ein Überfall auf dem Trockenboden des Hauses und der Zeuge eines Mords, der aussagt, den Mörder in die Nachbarswohnung gelotst zu haben, in dem Glauben, diese sei zur Zeit unbewohnt.... Doch sagt er die ganze Wahrheit?

Dieser Thriller beginnt kurz nach dem Mord und der Leser wird sofort in die Handlung geworfen, was direkt zum weiterlesen animiert, da die Spannung angeheizt wird. Die Story wartet immer wieder mit Twists auf, die man so nicht hat kommen sehen und ich war bis zum Schluß nicht sicher, wer der Mörder ist oder ob es überhaupt einen Mörder gibt. Das hat mir richtig gut gefallen.

Ich könnte mir vorstellen, dass einigen Leuten der Schreibstil nicht ganz zusagt, da der Autor viel mit Synonymen arbeitet. Mich hat das aber nicht gestört. Es war zwar fast schon grenzwertig, hat aber noch nicht Überhand genommen.
Überhaupt hat mir der Schreibstil gut gefallen. Ich habe mich in jeder Szene wiedergefunden und konnte sie mir gut vorstellen, ohne dass der Autor zu sehr ins Detail gegangen ist, was die Geschichte vermutlich etwas langwierig gemacht hätte. Zwischendurch gab es kleine Abschnitte, die aus der Sicht des Mörder geschrieben waren. Seine Denkweise war gruselig und diese Abschnitte waren jedesmal ein kleines Highlight.
Die jeweiligen Kapitel sind aus Sicht der verschiedenen Protagonisten geschrieben, so konnte man sich in jeden gut einfühlen. Überschriften haben dabei einen steten Überblick gewährleistet.

Die Charaktere fand ich insgesamt ausgereift und authentisch. Menschen haben/machen Fehler und das wurde auch in diesem Buch dargestellt. Die Anzahl der Protas die sympathisch, bzw. unsympathisch waren, war gut ausgewogen. Aber selbst bei den mir sympathischen Figuren habe ich mich zwischendurch gefragt, ob ich da nicht einem Irrtum unterliege. Meine Meinung wurde beim Lesen immer wieder auf die Probe gestellt und erst nach und nach stellte sich heraus, dass die Geschichte nicht so geradlinig verläuft, wie es anfangs den Anschein hat. So wie es in der Realität halt auch oft ist.

Es gab einen klassischen Showdown, auf den ich in keinem Thriller verzichten möchte. Trotzdem kamen zum Ende noch weitere Wendungen, die mich überrascht und verblüfft zurückgelassen haben.
Insgesamt einfach ein sehr gelungener Thriller, der mir Vergnügen bereitet hat. Lediglich etwas mehr Action hätte es zwischendurch sein dürfen, weshalb ich einen Stern abziehe.
Ein gut zu lesendes Buch mit überraschender Handlung, weshalb ich bei meiner Rezension oberflächlich bleibe, um nichts zu spoilern. Das wäre schade, denn dieses Buch sollte man selbst genießen dürfen.

Bewertung vom 27.06.2021
Der Nachlass
Winner, Jonas

Der Nachlass


gut

Ein beträchtliches Vermögen, das nur einer der Erben bekommen soll. Wer das sein wird, wird durch ein Spiel entschieden. In 27 Runden soll ein Sieger ermittelt werden. Doch die Wettkämpfe werden mit jeder Runde extremer und immer gefährlicher...

Der Klappentext klang nach einem spannenden Thriller, den ich mir ein wenig wie Agatha Christies „Zehn kleine Negerlein“ vorstellte. Dazu kam, dass die Leseprobe zu „Der Nachlass“ die erste Leseprobe von Jonas Winner war, die mich überzeugen konnte ein Buch von ihm zu lesen. Es wird für mich wohl aber auch das letzte Buch von ihm gewesen sein. „Der Nachlass“ hat mich zu großen Teilen eher genervt als unterhalten.

Das fing schon mit dem Schreibstil an. Dieser war eher schlicht gehalten, was nicht unbedingt schlecht sein muss. Dadurch war das Buch flüssig zu lesen. Leider mangelte es aber auch an Tiefgang und ich habe mich zu keinem Zeitpunkt in der Geschichte wiedergefunden. Ich war nicht bei den Protagonisten dabei, sondern blieb immer nur außenstehender Zuschauer.
Ein weiteres Problem waren die vielen Zeitsprünge. Generell mag ich Bücher, die in verschiedenen Zeiten spielen. Dadurch kommt der Leser dem Hintergrund der Story Stück für Stück näher und lernt auch die Protas besser kennen. Hier fand ich die Umsetzung leider nicht gelungen. Der Autor macht in fast jedem Kapitel Zeitsprünge, die (trotz jeweiliger Betitelung) viel zu unübersichtlich sind, weil die Geschichte gleich zu mehreren Zeitpunkten spielt. Das wurde im Laufe des Buchs immer schlimmer statt besser und man konnte der Story schlecht folgen.
Mangelhafte Umsetzung auch die Aufgaben des Wettkampfs. An manchen Aufgaben durfte der Leser teilhaben, andere wurden mit nur 1-2 Sätzen abgehakt. Das passte für mich alles nicht so richtig zusammen. Mir hat sich auch nicht erschlossen, warum manche Runden besonders ausführlich beschrieben waren. Sie schienen mir nicht wichtiger zu sein als andere, die nur kurz erwähnt wurden, damit der Leser erfuhr, dass die Gruppe inzwischen schon bei Runde 12 ist etc.
Dazu kamen die Protagonisten. Die waren zwar alles in allem ganz ok und keine Übermenschen, leider fand ich sowohl Denk- als auch Handlungsweise der Figuren meist nicht nachvollziehbar und völlig unlogisch. Generell gab es einige Logikfehler in dem Buch. An einem Induktionsherd zum Beispiel, kann man sich nicht so ohne Weiteres die Hand verbrennen. Deshalb hat man ja Induktion.

Für das Ende hat sich der Autor eine komplexe Geschichte ausgedacht, die den Leser überraschen sollte. Das zumindest hat er geschafft, ich bin beim Lesen nicht auf den Mörder gekommen. Aber der Weg dahin war hölzern und konstruiert, zu gewollt außergewöhnlich, so dass mich auch die Auflösung wieder nicht überzeugen konnte.

Alles in allem komme ich zu dem Ergebnis, dass dieser Autor wohl einfach nichts für mich ist. Schade, die Idee zu dem Buch war super und hätte etwas Tolles werden können. So bleibt es für mich gerade noch Durchschnitt, obwohl es zwischenzeitlich durchaus mit Spannung aufwarten konnte.

Bewertung vom 13.06.2021
Ein ganzes Leben lang (eBook, ePUB)
Walsh, Rosie

Ein ganzes Leben lang (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Stell Dir vor, Du bist mit der Liebe Deines Lebens verheiratet. Ihr habt zusammen ein Kind. Ihr kennt euch gegenseitig in- und auswendig. Und dann stellst Du fest, dass alles nur eine Lüge ist... So ergeht es Leo, der nach Jahren der Ehe durch einen dummen Zufall feststellt, dass seine Frau ein Geheimnis vor ihm hütet. Er beginnt zu recherchieren und muss sich eingestehen, dass er seine Frau eigentlich gar nicht kennt.

Der Klappentext klang für mich wie ein relativ seichter Liebesroman über ein Paar, das ein paar Hürden bewältigen muss, da die Frau ein kleines (vermutlich relativ unwichtiges) Geheimnis vor ihrem Mann hütet.
Weit gefehlt! Was ich für einen kleinen Liebesroman hielt, entpuppte sich zu einem regelrechten Drama, das sogar mit einem leichten Thrillereinschlag aufwartet.
Eigentlich so gar nicht mein Genre, konnte ich dieses Buch nicht mehr aus der Hand legen. Ich habe es innerhalb von 3 Tagen verschlungen und das ist für mich wirklich schnell.

Das Geheimnis, das Emma vor Leo hütet, scheint anfangs tatsächlich nichtig zu sein. Doch je mehr Leo versucht, dahinterzukommen und je mehr er recherchiert, umso mehr Geheimnisse treten ans Tageslicht und umso größer werden sie. Ich konnte nicht aufhören zu lesen und wollte ständig wissen, wie es weitergeht. Natürlich hat man als Leser ein paar Theorien. Meine Theorien gingen auch in die richtige Richtung, aber längst nicht weit genug.
Die Geschichte wartet immer wieder mit unvorhergesehenen Twists auf, so dass es nie langweilig wird. Dabei wird alles abwechselnd aus der Sicht von Leo und von Emma erzählt. Die einzelnen Kapitel sind jeweils mit einer Überschrift versehen, so dass der Leser nie den Überblick verliert, aus wessen Sicht gerade erzählt wird. Und obwohl auch Emma oft zu Wort kommt, werden ihre Geheimnisse dem Leser erst ab ca. der Hälfte des Buchs nach und nach offenbart.

Die Charaktere sind unglaublich authentisch. Die Beziehung zwischen Emma und Leo wird zwar recht „reißerisch traumpaarmäßig“, aber dennoch realistisch dargestellt und die Figuren sind unglaublich sympathisch. Auch Emma, obwohl man als Leser schnell erfährt, dass sie etwas vor Leo verheimlicht. Man spürt aber gleichzeitig ihre Zerrissenheit und kann ihr einfach nicht böse sein. Bei der Figur von Leo schwingt natürlich die ganze Zeit Mitleid mit, da er so treuherzig ist und man ihm einfach nichts Böses wünscht.
Großer Fan bin ich von John Keats, dem Hund der beiden. Obwohl er nicht viel macht, stiehlt er den beiden so ein bisschen die Show ;-) Auch die restlichen Protagonisten des Buchs fand ich durch die Bank weg authentisch dargestellt und trugen dadurch zur Glaubwürdigkeit der Geschichte bei.

Der Autorin gelingt es geschickt, einen konstruierten Plot kein bisschen hölzern erscheinen zu lassen. Sogar ich hatte am Ende ein paar Tränchen in den Augen, weil mich die Geschichte so ergriffen und gefangen genommen hat.
Leider muss ich bei dieser Rezension recht oberflächlich bleiben, da ich absolut nichts von dem Inhalt spoilern möchte. Diesen Ritt müssen die Leser schon selbst erleben ;-) Ich wünsche soviel Spaß und Spannung dabei, wie ich hatte.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.05.2021
Die Stieftochter
Bach, Ildy

Die Stieftochter


sehr gut

Tess‘ Stiefmutter Rebecca wird für den Mord an ihrem Mann (und somit Tess‘ Vater) angeklagt und für schuldig befunden. Die Briefe, die sie ihrer Stieftochter schreibt, bleiben ungelesen. Bis sie aus dem Gefängnis entlassen und überfallen wird. Nun ist es an Tess herauszufinden, was damals in der Mordnacht wirklich geschah.

Bei „Die Stieftochter“ handelt es sich um einen spannenden Whodunit-Thriller.
Das komplette Buch hat mich überrascht. Im Prinzip handelt es sich um 2 Erzählstränge, die natürlich letztendlich zusammenhängen. Die eine Richtung war mir schnell klar und ich wusste, worauf das Ganze abzielt, obwohl es eigentlich nicht so offensichtlich war. Der andere Erzählstrang hat mich aber sehr überrascht, da er in eine völlig andere Richtung geht, als der Klappentext und auch der Anfang vom Buch vermuten lässt. War ich anfangs nicht ganz sicher ob mir der Richtungswechsel gefällt, bin ich dann doch die ganze Zeit dran geblieben und hab so oft gelesen, wie ich konnte.
Ildy Bach versteht es, selbst aus einer Familiengeschichte noch Spannung herauszuholen. Dabei ist ihr Schreibstil flüssig und angenehm zu lesen, man fliegt beim Lesen regelrecht durch die Seiten. Schnörkellos bringt sie die Worte auf den Punkt, ohne dabei an Spannung einzubüßen. Sogar ein wenig Gruselhausstimmung kam auf.

Die Darstellung der Protagonisten hat mir sehr gut gefallen. Ich habe Tess die ganze Zeit gerne durch ihr Abenteuer begleitet, da sie mir sympathisch war und vor allem auch ehrlich zu sich selbst. Nicht alle Figuren waren tiefgründig oder konnte man besser kennenlernen, aber flach blieben die Protas nur, wo es angemessen war. Die Personen kommen, genau wie die ganze Geschichte, ohne viel überflüssige Informationen aus. Das hätte hier auch nur zu unnötigem Wirrwarr geführt. Für mich hat die Autorin das Problem mit vielen Protagonisten und den unterschiedlichen Zeitabläufen und Schauplätzen sehr gut gelöst. Auch wenn ich mich auf den ersten paar Seiten erstmal etwas in das Buch hineinlesen musste.

Die Auflösung zum Schluss konnte mich überzeugen, obwohl sie doch sehr konstruiert wirkte. Das hat mich aber in diesem Fall gar nicht gestört. Mich hat es ein bisschen an alte Miss-Marple-Krimis erinnert, die sind auch immer konstruiert und trotzdem wirkt die Story dadurch nicht zerstört.
Alles in allem ein Buch das ich so nicht erwartet hatte, das mir aber trotzdem viel Spaß bereitet hat. Und das deutlich macht: man sollte öfter auch hinter die Fassade schauen.