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SBS

Bewertungen

Insgesamt 362 Bewertungen
Bewertung vom 08.01.2023
Wehrlos
Benrath, Nora

Wehrlos


ausgezeichnet

Ein Kind wird vom Spielplatz entführt, obwohl die Mutter dabei ist. Da sie sich mit dem Handy und ihrer Freundin beschäftigte, bemerkt Mieke viel zu spät, dass ihre Tochter verschleppt wird – ausgerechnet von einem anderen Kind. Der Alptraum aller Eltern und ein Wettlauf gegen die Zeit beginnen!

Das Buch startet direkt und schonungslos mit der Entführung der 4-jährigen Nele. Die Situation ist dramatisch und man ist mitten im Geschehen. Was würde man wohl selbst tun? Könnte das mit dem eigenen Kind passieren? Wer hat ein Interesse das Kind zu entführen und wozu? Fragen über Fragen. Man rätselt direkt mit und die Ermittlungen stehen noch ganz am Anfang. Mitleid mit der Kleinen, aber auch der Mutter sind sofort vorhanden, aber auch eine andere Person habe ich sehr bedauert: Das Kind, welches die kleine Nele verschleppen musste, denn sowas tut wohl kein Kind freiwillig. Schnell wird auch klar, dass eine Organisation hinter allem steckt – und dennoch bleibt es super spannend.
Was mir besonders gut gefiel: Der fesselnde Schreibstil und die wechselnden Perspektiven. Manchmal sind die Kapitel sehr kurz, manchmal wirkte es dann vielleicht auch mal bisschen chaotisch, aber man hat als Leser wirklich alles im Blick, bei den Entführern, bei der Mutter, der Nachbarschaft, im Wald, bei den Ermittlern uvm. Entsprechend bekommt man auch Einblicke in die Gefühlswelt der Beteiligten.

Zudem hat das Buch eine wichtige Botschaft, die aktuell zwar häufiger verarbeitet wird, aber man kann es wohl nicht oft genug sagen: Passt auf, was ihr von euch und vor allem eure Kindern ins Netz stellt. Kinderfotos und/oder Ankündigungen, wo man sich wann aufhält, sollte man nicht mit aller Welt teilen. Punkt! Tut man es doch, so kann das fatale Folgen haben, ob in der Großstadt oder in der Provinz. Welche, das zeigt das Buch auf. Und das ist erschreckend authentisch und realistisch, von Beginn bis zum Ende. Gefallen haben mir auch die kleinen Infos der Kriminalstatistik, die immer wieder geschickt eingewoben werden.
Es war für mich das zweite Buch der Autorin und hat mich auch noch mehr als ihr Debüt überzeugt. Ich hoffe nun auf weitere Bücher aus ihrer Feder und empfehle derweil gerne dieses Buch – mit der Einschränkung, dass Kinder hier Opfer sind und das für Zartbesaitete vielleicht zu heftig ist.

Bewertung vom 26.12.2022
Der Strand - Vermisst / Engelhardt & Krieger ermitteln Bd.1
Sander, Karen

Der Strand - Vermisst / Engelhardt & Krieger ermitteln Bd.1


weniger gut

Die gehörlose Lilli verschwindet spurlos. Nur ihr Rad wird im Rahmen einer fieberhaften Suche gefunden, ihre Freundin Fabienne ist völlig aufgelöst, scheint aber auch was zu verheimlichen. Lillis Großvater, der ehemalige Bürgermeister möchte dem Kommissar am liebsten vorschreiben, wie er zu ermitteln hat. Und Lillis männlichen Freunde sind auch irgendwie fragwürdig…

Das Buch klang vielversprechend, die Geschichte startete auch richtig gut und eine ganze Weile war ich sehr angetan. Das Örtchen und seine Bewohner haben ihre Besonderheiten, die mich unterhielten. Das Ermittlerduo ist vielversprechend und mir gefällt weitgehend ihre Zusammenarbeit und der Fall als solcher hat auf jeden Fall Potential. Die wechselnden Perspektiven und kurzen Kapitel entfalteten eine Sogwirkung auf mich.

Dennoch wird dies hier alles – nur kein Loblied, obwohl ich die Autorin normal schätze und ihren Schreibstil auch sehr mag. Warum es mir nicht gefiel? Zum einen wird das Buch nach dem starken Beginn deutlich flacher, weniger unterhaltsam und der Zufall ist einfach zu präsent. Auch die Ermittlungen sind schon in Teilen etwas lahm und unprofessionell, vielleicht haben die beiden Kommissare aber auch einfach zu viel mit ihrem Privatleben zu tun. Zudem gibt es dann noch eine Strang, der so gar nicht in das Geschehen zu passen scheint, dessen Spannung fast aber im Minusbereich angesiedelt ist – zumindest in der Retrospektive. Das wäre schon Grund genug nur mit drei Sternen zu bewerten, der Knaller kam dann aber. Ich bemerkte irgendwann, dass da einfach kaum mehr Buch übrig ist, aber das Ende sehr nah ist. Und plötzlich war das Buch zu Ende.

Mir missfällt extrem, dass das Buch so ein dermaßen offenes Ende hat. Es ist wirklich so gar nichts geklärt – wirklich nichts wird final aufgelöst. Das Buch wirft nur Fragen über Fragen auf und man ist gezwungen die beiden weiteren Bände zu kaufen, sobald sie mal draußen sind, nur um diesen Fall dann irgendwann auch mal abschließen zu können. Allein, das Spielchen möchte und werde ich nicht unterstützen. So gefesselt hat mich die Geschichte dann doch nicht und auch das Ermittlerduo hat mich nicht so „verzaubert“, dass ich das unterstützen werde. Irgendwo wird schon jemand alles spoilern :-) Ich frage mich echt, ob das eine reine Verkaufsmasche ist oder ob den Lesern wirklich nicht mehr zugetraut wird auch mal einen Krimi/Thriller mit 600 Seiten oder so zu lesen.

Wenn überhaupt, würde ich die Trilogie erst kaufen, wenn auch alle drei Bände draußen sind. Empfehlen würde ich aber um ehrlich zu sein auch das nicht, sondern stattdessen auf ihre älteren Stand-Alones verweisen.

Bewertung vom 05.12.2022
Labyrinth der Freiheit / Wege der Zeit Bd.3
Izquierdo, Andreas

Labyrinth der Freiheit / Wege der Zeit Bd.3


sehr gut

Weiter geht die Geschichte um Isi, Carl und Artur und natürlich musste ich das Buch haben, denn hier endet die Trilogie und ich war sehr gespannt, wie es den drei Freunden mitten in der Weimarer Republik, dem Aufstieg der Rechten und der immensen Inflation im turbulenten Berlin ergehen würde.
1922, Berlin. Die drei Freunde, die charakterlich kaum unterschiedlicher sein könnten bekommen es mit einem dramatischen Überfall zu tun. Isi ist das Hauptziel der Attacke und wird – auch wenn sie mit dem Leben davonkommt – so hart getroffen, dass es dem Leser auch wehtut. Das können und wollen die drei so nicht auf sich sitzen lassen und dann kommt noch das eine oder andere Drama auf die drei zu. Nicht nur politisch und gesellschaftlich geht es für alle hoch her, auch Bekannte der drei Freunde sorgen für Momente die es in sich haben. Viel möchte ich dazu gar nicht verraten, denn es lohnt sich selbst zu lesen, vom Zeitgeist, von den wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen, aber auch Weiterentwicklungen in Sachen Film – Stichwort: Tonfilm. Das Buch ist meist spannend und unterhaltsam, immer aber lehrreich. Die historischen Fakten werden sehr anschaulich und verständlich in die Geschichte gepackt, mit dem Zeitgeist verwoben und man fragt sich auch immer wieder: „Was würde ich tun?“. Interessant fand ich vor allem wie der Versailler Vertrag und das Erstarken konservativer Kräfte und damit der Nazis eingebaut wird. Auch die Fakten rund um das Schreckgespenst Inflation sind sehr spannend und haben durch die aktuellen Entwicklungen besonders zu fesselnd gewusst. Auch die Hyperinflation 1923 ist gut dargestellt und zeigt, dass es zwar extrem viele Verlierer gibt, aber auch ein paar Gewinner.
Und dann sind da noch die drei Freunde, die mir einfach ans Herz gewachsen sind und zwar alle drei, obwohl sie so unterschiedlich sind und gerade Artur alles andere als es nettes Kerlchen. Er steht aber bedingungslos zu seinen Freunden und alle drei wachsen mal wieder über sich hinaus.
Zwischendurch, und vor allem zum Ende hin, gab es dann aber doch die eine oder Sache die mich nicht so ganz überzeugte, manches fesselte mich auch nicht mehr, insgesamt war das Ende der Trilogie dann aber doch stimmig. Daher vergebe ich vier Sterne und empfehle ganz dringend die Vorgänger gelesen zu haben, da sonst das Lesevergnügen wahrscheinlich sehr dürftig ausfallen dürfte.

Bewertung vom 05.12.2022
CATAN Bd.1
Teuber, Klaus

CATAN Bd.1


sehr gut

Catan, das Buch zum Spiel, aus der Feder des Spielerfinders. Das Spiel liegt hier schon seit Jahren, aber irgendwie haben andere Spiele immer wieder das Rennen gemacht. Und trotzdem wollte ich das Buch lesen, denn es versprach das Eintauchen in eine komplett fremde Welt, die der Nordmänner um 860. Das waren noch Zeiten – da wurde gebrandschatzt, gemeuchelt und geschändet, wie es gerade passte. Und dann macht sich eine Gruppe auf zu neuen Ufern. Wie wird es den Menschen auf der Insel ergehen? Warum haben sie sich überhaupt auf den Weg gemacht und werden sie neue Wege bestreiten oder wird auch in der neuen Heimat ein hartes Regiment geführt? Fragen über Fragen, zu denen der Auftakt dieser Familiensaga schon einige Antworten gibt.

Die Brüder Thorolf, Yngvi und Digur sowie die Schwestern Asla und Stina stehen im Zentrum des Geschehens. Asla soll verheiratet werden, liebt aber Thorolf – daher flüchtet sie aus dem elterlichen Haus und das bleibt nicht ohne Folgen. Einer dramatischen Flucht folgt eine harte Strafe für die drei Brüder, die für Jahre verbannt werden. Sie machen sich mit einer Gruppe auf zur Insel Catan. Vor den Neuanfang hat die Geschichte aber schon etliche Abenteuer gestellt, die nicht ohne Opfer bleiben. Das Geschehen ist teils brutal, ganz typisch wie man es erwartet und auch spannend. Die Überfahrt hat es richtig in sich und selbst nach der Ankunft auf der Insel bleibt es für manchen gefährlich. Dann kommt die Geschichte in ruhigere Fahrwasser, die Entwicklung der Siedler samt dem Handel wird sehr genau ausgearbeitet. Soziale, gesellschaftliche, politische, aber auch religiöse Aspekte werden unterhaltsam und anhand etlichen Personals (es gibt auch ein praktisches Personenregister) erläutert. Das war an sich auch wirklich interessant, an mancher Stelle hätte es aber auch ein wenig gestrafft werden können. Während die Verbindung der Brüder zu Beginn der Geschichte enorm war, verändert sich mit der Zeit das Gefüge, was zu weiteren spannenden Momenten führt. Der Schreibstil ist ansprechend und mehrheitlich wollte ich das Buch kaum mehr aus den Händen legen, weil es einfach interessant ist und mir die Protagonisten und deren Entwicklung viel Freude bereitete, auch wenn nicht jeder die Chancen auf Catan zu nutzen scheint.
Nun bin ich schon auf die Fortsetzung gespannt, denn das Ende des Auftakts ist schon vielversprechend… Nicht nur Fans des Spiels, sondern auch Freunden des historischen Romans empfehle ich dieses Buch daher sehr gerne.

Bewertung vom 25.11.2022
Der eiserne Herzog
Schiewe, Ulf

Der eiserne Herzog


ausgezeichnet

Herzog Guilhem lebt in der Normandie und musste schon seit seiner Kindheit immer wieder einen Überlebenskampf führen. Teile der Normannen rebellieren gegen ihn und er muss immer wieder eisernen Willen zeigen, um seine Region voranzubringen. Das gelingt, er heiratet und scheint zufrieden. Doch sein Onkel, der amtierende König von England ernennt ihn zum Thronfolger und ein Kampf, gegen die mächtige Familie Godwinson und allen voran Harold, der Guilhem die Krone abspenstig machen will steht bevor. Gipfeln wird dieser Kampf in der bekannten Schlacht um Hastings.

Zwei mächtige Männer und der Kampf um Englands Krone – das klingt schon spannend und Autor Ulf Schiewe hat hier einmal mehr gezeigt, wie kurzweilig und unterhaltsam das Genre historischer Roman sein kann. Besonders lobenswert ist einmal mehr die Recherche des Autors, aber auch sein bildhafter, fesselnder Schreibstil. Vielen Lesern wird klar sein, wie die Geschichte ausgeht, aber spannend bleibt es dennoch. Zumindest ich habe zwischendurch so mitgefiebert, dass ich den tatsächlichen, historisch verbrieften Ausgang, vergessen habe und gerade beim Showdown war die Spannung quasi mit Händen zu greifen. Doch nicht nur zum Ende, auch vorher gibt es zahlreiche brenzlige, actionreiche Szenen, Verrat, Schwüre, Missgunst, aber auch innige Liebe, tiefe Freund- und Kameradschaft. Hat man sich einmal eingelesen, möchte man gar nicht mehr aufhören. Man fiebert mit, hofft, bangt und nicht selten muss man auch mal über die eine oder andere Unverfrorenheit und manchen Machtexzess den Kopf schütteln. Neben den Männern, die hier um die Krone kämpfen und jeder für sich mit einigen Stärken, aber auch Schwächen versehen ist, werden auch die Frauen schön ausgearbeitet und nicht nur als Beiwerk in Szene gesetzt – finde ich gut.

Zahllose historische Persönlichkeiten treten auf, Schiewe versetzt den Leser in deren Lebenswelt, die damaligen Sitten und Gebräuche werden gekonnt in die Geschichte eingebaut, Emotionen kommen nicht zu kurz, bleiben aber im Rahmen, sodass die Geschichte zwischen Fakt und Fiktion auf mich sehr ausgewogen erscheint. Fiktion ist immer dann von Nöten, wenn Gespräche oder Emotionen der Protagonisten zentral sind, denn die Ereignisse liegen ganz grob gesagt 1000 Jahre zurück.

Schon während des Lesens habe ich mich immer wieder gefragt, warum Geschichte in der Schule nicht in dieser spannenden und unterhaltsamen Art präsentiert wird, anstelle oft viel zu trockenen Schullektüre. Hier wird lebendig, bildgewaltig und einfach spannend erzählt, so spannend, dass man sich dem Buch kaum mehr entziehen kann – daher kann ich einfach nur 5 Sterne vergeben und empfehle das Buch gerne weiter. Auch Leser, die es sonst vielleicht nicht so mit mittelalterlichen Geschichten haben sollten zugreifen, denn wer spannende Unterhaltung sucht, wird hier auf jeden Fall fündig.

Bewertung vom 11.11.2022
Du kannst alles lassen, du musst es nur wollen
Sträter, Torsten

Du kannst alles lassen, du musst es nur wollen


sehr gut

Die besten Geschichte aus der vergangenen Zeit in einem Buch – genau das hat Sträter hier gemacht und ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage, dass er etliche Angriffe auf die Lachmuskeln beschert – wenn auch in meinem Fall nicht durchgängig.

Bisher hatte ich kein Buch von Sträter gelesen, ihn immer nur im TV gesehen und mich herrlich beömmelt – das tat ich auch beim Lesen, aber eben nicht immer. Der Großteil hat mich überzeugt, aber dieses Filmkapitel zum Ende hätte ich mal so gar nicht gebraucht. Auch die Spielzeuggeschichte fand ich nicht so prall und auch zwischendurch gab es mal den einen oder anderen Hänger, aber in Summe war es einfach nur gut. Besonders begeistert hat mich das Zwischenspiel, warum er kein Buch über seine Depressionen schreibt. Offen, ehrlich, knallhart und dennoch mit Witz, ohne sich über die Krankheit lächerlich zu machen.

Corona ist natürlich ein großes Thema, auch damit direkt verbunden ist die Politik-Satire – mir gefällt´s! Aber dem einen oder anderen hängt Corona so aus dem Hals raus, dass er nichts mehr lesen möchte, also Achtung, denn nicht unerhebliche Teiles des Buches behandeln genau das. Die „Pandemie-Papiere“ gefielen mir richtig gut, während die kleinen dicken Könige nicht so mein Fall waren. Die Themenvielfalt ist enorm, Sarkasmus, Ironie und Humor gibt es fast ohne Ende, aber bei manchem Text habe ich mich schon gefragt, warum das unbedingt sein muss. Und es würde auch ein bisschen wild, aber man kann dadurch auch immer wieder zwischen den Kapiteln hin und her springen.
Der Schreibstil – mit all seinen Abschweifungen – ist einfach klasse, die ganze Zeit hatte ich die Stimme des Autors im Ohr.

Und das wichtigste: Wenn man diesen Humor zu schätzen weiß, dann ist es einfach ein Kracher. Für mich einer mit nur wenigen Abstrichen, ergo vier Sterne.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.11.2022
Feldpost
Borrmann, Mechtild

Feldpost


ausgezeichnet

Juristin Cara sitzt in einem Café und hat eine Begegnung mit einer älteren Frau, die auf der Suche nach einer Adele ist, um ihr alte Briefe zu übergeben. Nur scheint diese Adele unauffindbar. Mit einem Trick vergibt die ältere Dame Cara die Briefe, die dann auch beginnt der Geschichte auf den Grund zu gehen. Und diese Geschichte hat es wirklich in sich…
Liebe, Familie, dunkle Geheimnisse, Schuld und eine sehr, sehr schwierige Zeit – das sind die wichtigsten Zutaten für diese spannende und unterhaltsame Geschichte. Zwar hatte ich schon recht früh eine konkrete Ahnung, wohin ein Teil der Geschichte gehen würde – aber es tat dem Buch überhaupt keinen Abbruch, denn in anderen Aspekten wurde ich wiederum sehr überrascht und das Buch ist insgesamt reich an überraschenden Wendungen.
Ich hatte bis dato noch kein Buch der Autorin gelesen und war hier direkt begeistert. Der Schreibstil ist sehr eingängig, richtig unterhaltsam und ich mochte das Buch kaum mehr aus den Händen legen. Das lag aber natürlich auch am Thema – ich möchte hier nicht spoilern, daher bleibe ich äußerst vage – dass es sicher schon immer gab, nur sprach man eben nicht darüber.
Die Geschichte spielt auf zwei zeitlichen Ebenen – einmal in den 30ern und 40ern, zum anderen in 2000 – Zentrum der Geschichte ist fast durchgängig Kassel. Damals waren die Familien Kuhn und Materns befreundet, doch der Nationalsozialismus treibt langsam aber stetig einen Keil zwischen die Familien. Nur die Söhne beider Familien bleiben verbunden, dazu Adele, die mich sehr beeindruckt hat. Diese junge Frau hat Schneid und Courage und das mitten in der Kriegszeit. Chapeau! Dazu die Eltern im Ausland, zwei Liebende durch den Krieg entzweit, Hunger, Verzweiflung und ein Verrat – ach, dieses Buch bietet so viel, auf relativ wenigen Seiten. Das hätte ich so nicht erwartet und ich bin sicher, dass ich mich noch lange an dieses Buch erinnern werde, denn auch der Schluss hat mich auf ganzer Linie überzeugt.
Um ehrlich zu sein, hat das Buch aus meiner Sicht nur den Fehler, denn aus dem ganzen Potenzial hätte sicher noch mehr rausgeholt werden können. Die Autorin hat manches in der Nachbetrachtung dann doch ein bisschen knapp abgehandelt und da wäre sicher noch mehr Emotion und Spannung drin gewesen.
Dennoch ist es ein richtig gutes Buch gegen das Vergessen. Ich empfehle es gerne weiter, 4,5 Sterne!

Bewertung vom 27.10.2022
Frau mit Messer
Byeong-mo, Gu

Frau mit Messer


gut

Die 65-jährige Hornclaw ist „Schädlingsbekämpferin“ – besser gesagt Auftragskillerin und so langsam, aber sicher macht sich das Alter bei ihr bemerkbar. Ihr Vorteil: Durch ihr Alter ist sie quasi unsichtbar, aber es gibt auch Nachteile…und nicht gerade wenige.

Ich weiß nicht so recht, was ich von dem Buch erwartet habe, aber der Plot klang irgendwie interessant und das Eintauchen in dieses Auftragsmörder-Milieu klang vielversprechend. So richtig begeistert hat mich das Buch einerseits nicht, andererseits hatte es schon seine Momente. Hornclaw und ihr Werdegang sind nach und nach in Scheibchen präsentiert worden, dazwischen springt die Handlung mal dorthin, mal dahin und man muss schon am Ball bleiben, damit man die zeitlichen Sprünge richtig mitbekommt. Zu Beginn war ich nicht so richtig überzeugt, aber mit der Zeit konnte ich mich in die Geschichte reinfinden. Immer mehr Mitgefühl konnte ich für die Auftragsmörderin aufbringen. Das mutet zwar etwas seltsam an, aber sie sorgt sich um Dritte, hat Mitgefühl – ein Wesenszug, der neu und überraschend für die Auftragsmörderin ist. Sie hatte nie Fehler gemacht, war brutal und hart, nun wird sie weicher und sanft. Dazu die Beschwerden, die das Alter mit sich bringt, Schmerz, der länger anhält, und einiges mehr. Am schlimmsten ist jedoch, dass Hornclaw selbst beobachtet wird und ins Fadenkreuz eines Gegners geraten ist. Ihr sind die Gründe nicht bekannt, aber
Der Schreibstil ist kurz und knackig, besonders gut gefiel mir der Hund, der mehr ist als ein Tier. Die Rückblenden hatten es in sich, genervt hatte mich irgendwann aber der/die er*sie – Sekretär*in – Gendern ist okay, aber hier hatte es mich wirklich irgendwann nur noch gestört.

Auch wenn zwischendurch mein Interesse immer wieder nachließ, so hatte das Buch seine Momente und der Showdown gefiel mir richtig gut. Auch die Anregungen sich mit dem Altern und den Älteren zu beschäftigen, gefiel mir. Es ist kein gewöhnliches Buch, aber wer man was andere sucht, findet hier vielleicht genau sein/ihr Buch.

Bewertung vom 13.10.2022
Tage des Lichts / Kinderklinik Weißensee Bd.3
Blum, Antonia

Tage des Lichts / Kinderklinik Weißensee Bd.3


ausgezeichnet

Berlin-Weißensee, 1929. Zum dritten Mal entführt und die Autorin in vergangene Zeiten und in die Kinderklinik, die Fans der Reihe gefühlt schon in und auswendig kennen, in der jedoch die Schicksale der kleinen und großen Menschen und der medizinische Fortschritt immer wieder für gute, ja schon spannende Unterhaltung sorgen.

Sowohl Emma als auch Marlene haben in diesem Band ihre Päckchen in beruflicher wie auch privater Hinsicht zu tragen. Marlene möchte Mutter werden und im Beruf erfolgreich sein, Emma hat nicht nur Schwierigkeiten mit ihrem Sohn Theo, der droht ins rechte Milieu abzurutschen…dazu läuft es auch in der Kinderklinik alles andere als rund. Durch eine neue Oberschwester weht ein anderer Wind – mit Folgen, nicht nur für den einen oder anderen kleinen Patienten.

Der Schreibstil ist gewohnt rund, leicht zu lesen, sowie bildhaft. Darum hatte ich das Buch wieder in Rekordzeit gelesen, einfach, weil ich es kaum zur Seite legen konnte. Die Schwestern haben mein Herz erreicht, die kranken Kinder erweichen es ein ums andere Mal und dieses Mal ist auch der Schicksal der Klinik als solcher ein großes Thema.

Zeitlich ist Wahl von der Autorin nicht nur nachvollziehbar, sondern auch sehr gut getroffen. Es tut sich so einiges, es sind unruhige Zeiten und das wird in diesem Buch auch deutlich. Wie die Jugend mitten in den nationalsozialistischen Sumpf gezogen wird, wie die Armut und Inflation wirken und vieles mehr. Auch interessant: Die medizinische Entwicklung um das Penicillin (okay, da erklärt die Autorin im Nachwort, wo und wie sie sich etwas weniger an den faktischen Ablauf gehalten hat und warum) oder auch die Entwicklung in Sachen Radio. Und trotz all dieser Themen kommen die Schwestern und die Kinderklinik nicht zu kurz. Mich hat es einfach begeistert, wenn es auch wieder einiges in Sachen Liebesdingen gibt, was ja an sich nicht so meins ist – es war aber nie so extrem ausgebaut, dass es mich genervt hätte bzw. waren die Liebesdinge gut in die laufende Geschichte eingebunden. Auch war das eine oder andere zum Ende hin vorhersehbar, aber hier habe ich es mir auch genauso gewünscht. Anderes hatte jedoch auch überrascht und wahrscheinlich hätte mir das weniger gefallen, als dieser Ausgang. Die Mischung hat für mich wieder gestimmt.
Bei diesen Büchern lese ich sogar das Nachwort und das war ebenfalls informativ und ich freue mich jetzt schon auf den nächsten Band der Reihe! Derweil empfehle ich alle drei Teile (bitte der Reihe nach lesen) gerne weiter.