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Benutzername: 
Hilou
Wohnort: 
Bielefeld

Bewertungen

Insgesamt 170 Bewertungen
Bewertung vom 03.05.2023
Gallant
Schwab, V. E.

Gallant


sehr gut

Olivia ist ein stummes Mädchen, dass in einem Waisenhaus lebt und Geister sehen kann. Das Einzige, was ihr von ihrer Familie geblieben ist, ist ein altes Tagebuch ihrer Mutter. Doch die Einträge sind eher verwirrend und rätselhaft. Eines Tages erhält sie einen Brief von einem Onkel, der sie zu sich zum Familiensitz einlädt. In der Hoffnung mehr über ihre Eltern in Erfahrung bringen zu können, macht sie sich auf den Weg. Doch der Ort, der sich endlich wie ein Zuhause anfühlen sollte, birgt ein großes düsteres Geheimnis...

Meine Leseerfahrung:
Ich habe V.E.Schwab mit "Das unsichtbare Leben der Addie LaRue" kennengelernt und habe mir daraufhin all ihre Bücher auf die Wunschliste gesetzt. Auf "Gallant" war ich schon sehr gespannt und hatte eine ähnlich gelagerte Geschichte erwartet. Doch dieses Buch ist gänzlich anders. Das Einzige, was es mit dem Vorgänger gemein hat, ist die wundervolle Erzählweise der Autorin, die einen völlig verzaubert und in eine andere Welt eintauchen lässt. So beginnt "Gallant" zwar sehr ruhig, aber dennoch schleichenderweise spannend. Und so denkt man sich: Wie kann dieses Buch bereits nach weniger als 300 Seiten enden? Denn die Story hat absolutes Potenzial und verdient eine tiefergehende Ausführung, als wie sie uns geboten wird.

Olivia als stumme Protagonistin ist eine geniale Idee, die sicherlich schwierig umzusetzen war. Trotz Kommunikationschwierigkeiten kann sie sich aber dennoch mitteilen und ist eine durchaus beeindruckende und interessante Persönlichkeit. Auf ihr Handicap war ich definitiv nicht vorbereitet. Ich habe mich aber sehr schnell damit arrangiert, weil sie eben eine richtig gutgezeichnete Figur darstellt, die viel Raum einnimmt und sich durch verschiedene Situationen behaupten kann. Hingegen fand ich die übrigen Charaktere viel zu oberflächlich, eben zu untypisch oberflächlich für die Autorin, die sich normalerweise viel Mühe mit den Protagonisten gibt. Hier hat man eher das Gefühl, dass der Roman möglichst schnell beendet werden musste, und dies leider auf Kosten der Figuren und auch der Geschichte selbst gegangen ist.

Dieses Buch hätte meines Erachtens viel umfangreicher sein müssen. Ich hätte mir sogar ein viel befriedigenderes Ende vorgestellt und ausgemalt, aber dennoch kann ich es nicht allzu schlecht bewerten, da die Geschichte um Olivia und Gallant grandios erzählt ist, weswegen ich wohl immer zu V.E.Schwabs Büchern greifen werde. Allerdings kommt das Buch nicht an Addie LaRue heran und gehört wohl eher zu den schwächeren Werken der Autorin.

Fazit:
Nach einem eher ruhigen Anfang steigert sich das Tempo der düsteren Geschichte um eine außergewöhnliche Protagonistin und ein geheimnisvolles Anwesen. Trotz inhaltlicher Schwächen sehr atmosphärisch erzählt und mit kunstvoll gestalteten Illustrationen und entsprechendem Buchcover, ist "Gallant" sicherlich ein kleiner Schatz im Bücherregal.

Bewertung vom 23.04.2023
Oscars - Glamour auf dem roten Teppich
Mulhearn, Dijanna

Oscars - Glamour auf dem roten Teppich


ausgezeichnet

Zum Inhalt:
Seit der Gründung wurden bei den Oscar-Verleihungen die edelsten und beeindruckendsten Modetrends der jeweiligen Zeit zur Schau gestellt. Dijanna Mulhearn fasst in diesem Buch "Oscars - Glamour auf dem roten Teppich" über neunzig Jahre Modegeschichte zusammen und zeigt, wie sich die Stile und Werte stetig weiterverändert haben. Neben einer chronologischen Aufzählung der Oscar-Gewinner und Lesenswertes über den gesellschaftlichen bzw. politischen Wandel der Zeit kann man hier dank erlesener Fotos einen umfangreichen Einblick in die Modewelt gewinnen.

Meine Leseerfahrung:
Viele Jahre hatte mich die Oscar-Verleihung nicht besonders interessiert, bis ich einen gesellschaftskritischen Artikel über den Einfluss der Oscar-Geschichte auf die Allgemeinheit hat. Ich fand es sehr beeindruckend, dass einige Schauspieler ihrer Zeit weit voraus waren und im Rahmen der Veranstaltung starke Statements gesetzt haben.

Klar, ist dieses Buch stark auf Modetrends der jeweiligen Jahre fokussiert. Man erhält zu den hochwertigen Fotos auch jede Menge Hintergrundwissen. Allerdings kann Fashion nunmal auch am Effektivsten etwaige Umbrüche der Zeit widerspiegeln. Sehr faszinierend und absolut glamourös fand ich die 60er Jahre, insbesondere als Sidney Poitier als erster afroamerikanischer Schauspieler 1964 mit dem Oscar ausgezeichnet wurde. Äußerst interessant zu lesen war auch die Oscar-Verleihung 1974, als Marlon Brando den Oscar aus Protest gegen die Behandlung und Darstellung der "amerikanischen Indianer" ablehnte. Hieran kann man deutlich erkennen, dass die Oscars eben nicht nur eine reine Modeveranstaltung waren, sondern mit der Zeit auch politische und humanitäre Themen barg, wie zB Anfang der 90er als viele Stars rote Schleifen als Protest gegen die Stigmatisierung von HIV-Infizierten trugen.

All diese prägenden Momente der Zeitgeschichte sind wichtig, um zu verstehen, wie man eine Veränderung von gesellschaftlichen Werten hervorrufen kann. Stars sind nicht nur Künstler, mit ihren Handlungen und Engagements sind sie Vorbilder für viele Menschen auf der Welt. Mit diesem Buch kann man sich wunderbar in die Geschichte der Oscars vertiefen und sicher auch viele Erinnerungen hervorrufen. Ein großes Lob geht zuletzt auch an die sehr hochwertige Hardcovergestaltung des Prestel Verlages.

Fazit:
Dijanna Mulhearn hat mit ihrer Fashiongeschichte der Academy-Awards eine gelunge Chronik der Oscar-Verleihungen von 1929 bis 2022 zusammengestellt. Nicht nur die interessanten Anekdoten hinter den Auszeichnungen sind äußerst lesenswert, auch die Fotos von hoher Qualität machen dieses Buch zu einem besonderen Erlebnis.

Bewertung vom 07.04.2023
Der Teufel von Dundee / Frey & McGray Bd.7
Muriel, Oscar de

Der Teufel von Dundee / Frey & McGray Bd.7


ausgezeichnet

Zum Inhalt:
Eigentlich hatte sich Ian Frey von Schottland und auch vom Polizeidienst verabschiedet. Doch als er erfährt, dass sein ehemaliger Kollege Adolphus McGray und dessen Schwester Pansy in Schwierigkeiten stecken, muss er nun doch zurück nach Edinburgh. Pansy, die seit Jahren in einer Nervenanstalt lebt, wird des Mordes beschuldigt, als dort ein Insasse umgebracht wird. Mit dem Blut des Toten wurde das Zeichen des Teufels an die Wand gezeichnet. Dasselbe Zeichen tauchte bereits kurze Zeit vorher auf, als McGray eine Grabräuberbande in die Flucht schlug. Die ausgegrabene Leiche trug dasselbe Teufelsmal im Gesicht. Für Frey und McGray beginnt ein Wettlauf mit der Zeit, um Pansys Unschuld zu beweisen und gleichzeitig das Mysterium um das Teufelszeichen aufzuklären.

Meine Leseerfahrung:
Ich verfolge diese Reihe jetzt schon so lange und bin sehr traurig, dass sie nun ein Ende findet. Jedes Buch war ein ganz besonderes Highlight. Lobenswert ist insbesondere, dass Oscar de Muriel seinem rasanten Erzählstil und den atmosphärischen Settings stets treu geblieben ist und seine Leser/innen nie enttäuscht hat. Auch mit dem letzten Band steigen wir flott in der Geschichte ein. Langatmige Abschnitte sind hier Fehlanzeige, es bleibt konstant spannend.

Ich selbst bin damals beim 3. Teil eingestiegen, Vorwissen war nicht unbedingt nötig. Für die letzten Bücher ist es aber sinnvoller, die Vorgänger gelesen zu haben, um die Zusammenhänge besser verstehen zu können. Ansonsten könnten etwaige Verwirrungen den Lesefluss enorm stören, und damit auch die hochklassige Unterhaltung, die diese Story zu bieten hat.
All die Puzzleteile, die der Autor in jedem Buch gestreut hat, setzen sich nun endlich zu einem Gesamtbild zusammen und lüften das langgehütete Geheimnis um den Mord an McGrays Eltern und Pansys "Teufel".

Es ist beeindruckend, wie konsequent der Autor den Plot vom ersten Buch an aufgebaut und entwickelt hat. Dabei ging bisher weder der rote Faden verloren noch blieben Fragen offen. Einerseits bin ich betrübt, dass die Reihe beendet wurde, andererseits freue ich mich auf ein Re-Read, bei dem ich nun erneut auf die Jagd nach den gestreuten Hinweisen gehen kann.

Fazit:
Der letzte Band der viktorianischen Krimireihe von Oscar de Muriel verspricht ebenso wie die Vorgängerbände viel Action, Hochspannung und Gänsehaut. Eine großartige Reihe mit würdigem Abschluss, die es verdient, immer wieder gelesen zu werden.

Bewertung vom 26.03.2023
STONE BLIND - Der Blick der Medusa
Haynes, Natalie

STONE BLIND - Der Blick der Medusa


sehr gut

Zum Inhalt:
Medusa ist anders als ihre Schwestern: Wunderschön und sterblich. Ihre Schönheit zieht die Aufmerksamkeit des Meeresgottes Poseidon auf sich. Als dieser sie schließlich im Tempel der Athene vergewaltigt, möchte die Göttin der Weisheit sich rächen, weil sie meint, ihr Heiligtum sei entweiht worden. Sie verflucht Medusa, indem sie sie in ein Ungeheuer mit Schlangenhaaren und versteinernden Blick verwandelt. Während Medusa sich völlig abgeschieden von der Außenwelt in ihre Höhle zurückzieht, macht sich der Göttersohn Perseus auf, um dem König von Seriphos ein Gorgonenhaupt zu beschaffen.

Meine Leseerfahrung:
Die griechische Mythologie habe ich in meiner Schulzeit für mich entdeckt und damals habe ich fast alle Geschichten um die griechischen Götter und Helden gelesen, bis ich ihrer überdrüssig wurde. Schließlich gab es nichts Neues mehr zu entdecken, die Storys schienen sich zu wiederholen: Intrigante Götter, die in Schicksale eingreifen, und glorreiche Helden, die gegen Monster kämpfen. Auf Natalie Haynes' Medusa wurde ich aufmerksam auf Grund des Klappentextes. Die Geschichte der Gorgone sollte mal aus einem anderen Blickwinkel erzählt werden. Und das ist bisher meines Wissens in der bekannten Literatur noch nicht geschehen.

In Stone Blind lernen wir Medusa von der Geburt an kennen, als sie noch keinen Schlangenkopf besitzt und behütet bei ihren Schwestern aufwächst. Sie wird in sehr jungen Jahren ein Vergewaltigungsopfer und bevor sie noch das Geschehene verarbeiten kann, gerät sie zwischen die Fronten der Götter. Athene bestraft sie wegen der Entweihung ihres Tempels mit dem Schlangenkopf und dem versteinernden Blick, weswegen Medusa nicht einmal mehr ihre Schwestern ansehen kann. Fortan trägt sie eine Augenbinde und kauert isoliert in ihrer dunklen Höhle. Man empfindet Mitleid mit ihr und verachtet die Götter, die sich Frauen gegen ihren Willen aufdrängen, jedesmal wenn ihnen danach ist. Überhaupt sind die Kapitel über die Götter geprägt von Neid, Hass, Überheblichkeit und Gier. Auch Perseus, der ursprüngliche Held der Geschichte, kommt hier nicht gut weg. Er ist ein trotteliger Jammerlappen, der auf die Hilfe der Götter angewiesen ist und von ihnen wie eine Marionette benutzt wird.

Der neue Blickwinkel auf die Geschichte der Medusa ist Haynes absolut gelungen. Bis auf ein paar wenige Abschnitte, die den Erzählfluss unnötigerweise zum Stocken bringen und es etwas langatmig wird, bietet dieses Buch durchaus unterhaltsame Lesestunden und eine völlig erfrischende Erzählweise. Zur Auffrischung von Vorkenntnissen in der griechischen Mythologie ist Stone Blind ebenfalls sehr zu empfehlen, da sich die Geschichte nicht auf Medusa beschränkt, vielmehr hat Haynes auch beispielsweise die Geburt der Athene, das Schicksal von Kassiopeia und Andromeda sowie den Krieg gegen die Giganten in ihr Buch aufgenommen. Diese sind auch wichtig, um bestimmte Zusammenhänge zu verstehen.

Fazit:
Natalie Haynes erzählt mit "Stone Blind" die Geschichte der Medusa aus einem gänzlich anderen Blickwinkel und stellt ihre Figur in ein neues Licht. Ein Buch, das zum Umdenken anregt und neue Facetten von Gut und Böse aufwirft.

Bewertung vom 13.03.2023
Wer die Hölle kennt / Alex Stern Bd.2
Bardugo, Leigh

Wer die Hölle kennt / Alex Stern Bd.2


ausgezeichnet

Zum Inhalt:
Die Geisterseherin Galaxy "Alex" Stern hat sich endlich an das Leben auf dem Yale-Campus gewöhnt. Doch ihr Mentor Darlington bleibt weiterhin verschollen. Alex ist sich sicher, dass er durch ein Portal in die Hölle gezogen wurde. Mit ihrer Freundin Dawes will sie nichts unversucht lassen, um Darlington zu befreien. Dafür müssen sie aber das streng gehütete Geheimnis von Yale aufdecken: Das Tor zur Hölle befindet sich nämlich verborgen auf dem Campus. Doch gerade hier geschehen zur Zeit mysteriöse Morde, bei denen Detective Turner Alex zur Rate zieht. Etwas Böses geht um, soviel ist klar. Während Alex bei der Aufklärung der Mordfälle mithilft und gleichzeitig einen Plan für den Abstieg in die Hölle schmiedet, taucht auch noch jemand aus ihrer Vergangenheit auf und bereitet ihr zusätzlich Probleme.

Meine Leseerfahrung:
Überaus glücklich, dass es endlich eine Fortsetzung zu "Das Neunte Haus" von Leigh Bardugo gibt, habe ich mich auf dieses Buch regelrecht gestürzt. Die ersten Seiten waren allerdings sehr verwirrend, muss ich anmerken. Denn die Unterbrechung zwischen beiden Büchern dauerte einfach viel zu lange, so dass ich sogar elementare Dinge der Geschichte völlig vergessen hatte. Ich habe noch einmal einen Blick in den Vorgänger werfen müssen. Doch dann hat mich die Story allmählich gepackt und nicht mehr losgelassen.

Alex ist weiterhin die Protagonistin, die sie auch im ersten Buch war: eigensinnig, furchtlos und absolut cool. Während sie sich ohne zu Überlegen für Darlington jeder Gefahr stellt und den Weg in die Hölle beschreitet, kämpft sie auf der anderen Seite unerschrocken gegen die Dämonen ihrer Vergangenheit. Im ersten Buch gab es jede Menge Rückblicke und Vieles musste noch erklärt werden, so dass ich den Anfang als etwas langatmig und mühselig empfand. So lernte man aber Alex näher kennen und wurde mit ihren Eigenarten vertraut. Der Nachfolger jetzt spart mit solchen Zeitsprüngen und liest sich daher viel flüssiger. Der Spannungsaufbau ist solide und fesselt bereits zu Beginn der Geschichte.

Besonders gut gefallen hat mir die Entwicklung der einzelnen Figuren, insbesondere von Alex und Darlington. Waren sie doch vorher Schülerin und Mentor, so sind sie nunmehr eher ebenbürtig. Außerdem hat sich ihre Beziehung zueinander stark verändert. Es lässt sich für den dritten Teil erahnen, dass die beiden als Team weiterkämpfen werden und darauf freue ich mich ganz besonders.

Fazit:
Leigh Bardugo hat mit "Wer die Hölle kennt" eine spannendere Fortsetzung um die Geisterseherin Alex Stern geliefert und ein absolutes Urban-Fantasy-Highlight geschaffen. Atmosphärisch, spannend und voller düsterer Magie!

Bewertung vom 24.02.2023
Der Pfad der Adlerkrieger / Adlerkrieger Bd.3
Yong, Jin

Der Pfad der Adlerkrieger / Adlerkrieger Bd.3


ausgezeichnet

Zum Inhalt:
Wieder einmal begibt sich der Kung-Fu-Kämpfer Guo Jing von einer Gefahr in die Nächste. Endlich hat er die Hand seiner Angebeteten Huang Rong gewonnen, indem er drei Prüfungen bestanden hat. Doch es gibt keine Ruhe für die Liebenden. Erst überstehen sie einen gefährlichen Hinterhalt auf hoher See. Dann lauern nach ihrer Rettung aufs Festland die nächsten Feinde auf sie. Der Jin-Prinz Wanyan Hoglie rückt mit seinen Truppen immer näher. Um die Mongolen zu besiegen, benötigt er ein bestimmtes Buch, das Neun-Yin-Handbuch. Guo Jing und Huang Rong müssen es unbedingt vor dem Jin-Prinzen finden. Doch ihr Weg ist mit jede Menge Lektionen und Kämpfen gepflastert...

Meine Leseerfahrung:
Auch "Der Pfad der Adlerkrieger" beginnt im rasanten Tempo wie auch die Vorgänger. Durchweg wird gekämpft und intrigiert. Die Protagonisten schleppen sich von Abenteuer zu Abenteuer, so dass konstante Spannung garantiert ist. Wie auch bei den ersten beiden Bänden war ich zunächst verwirrt und brauchte einige Seiten, um bei all den asiatischen Namen und Kampftechniken durchzublicken. Aber in jedem Buch gibt es ein Personenverzeichnis, das ich persönlich sehr dankbar angenommen habe. Bei den Kampftechniken allerdings habe ich es mittlerweile aufgegeben, sie mir zu merken, geschweige denn zu begreifen. Die einzelnen Ausführungen werden jedoch so spektakulär und bildgewaltig beschrieben, dass man sich einfach zurücklehnen und genießen sollte.

Der dritte Band dreht sich vermehrt um Guo Jing und seine Angebetete Huang Rong. Einige Charaktere aus den ersten Büchern habe ich tatsächlich vermisst. Auch fehlte mir eine tiefergehende Ausarbeitung der Hauptcharaktere, was vielleicht vom Autor so gewollt ist, um den Fokus auf den Kung-Fu zu legen. Davon hingegen mangelt es eindeutig nicht. Auch geizt der Autor nicht mit zahlreichen Gefahrensituationen und Feindbildern. Die Hauptfiguren entwickeln sich vielleicht nicht auf persönlicher Ebene, dafür verbessern sie aber zunehmende ihre Kampffertigkeiten, was sie in zahlreichen Kämpfen zur Schau stellen.

Trotz aller historischen Elemente bleibt die Reihe stark im Fantasy-Bereich, weswegen ich bereits seit dem ersten Buch so begeistert bin. Der Vergleich mit Tolkien hinkt ein wenig, da Jin Yongs Erzählstil mE viel flüssiger und leichter zu lesen ist. Vielleicht ist aber auch die hervorragende deutsche Übersetzung ein erheblicher Faktor hierbei. Auch wenn die Geschichte sich schnell lesen lässt, sollte man als Leser vielleicht in Erwägung ziehen, keine allzu langen Lesepausen zwischen den Bänden einzulegen und die Bücher bestenfalls in einem Rutsch zu lesen. Ich musste krankheitsbedingt leider eine große Lesepause einlegen und hatte deutlich Schwierigkeiten, wieder in die Story zu gelangen. Dennoch hat mich auch der dritte Teil wieder voll abgeholt. Da ich bisher nichts Vergleichliches gelesen habe, ist diese Reihe für mich einzigartig und faszinierend.

Fazit:
Die Saga um die Adlerkrieger von Jin Yong erhält auch mit dem dritten Teil eine gebührende Fortsetzung der Geschichte um die Kung-Fu-Helden. Der Klassiker der chinesischen Romane ist ohne Seinesgleichen und zählt verdient zu den großen Meisterwerken der Weltliteratur. Sehr zu empfehlen für diejenigen, die auf der Suche nach einer 'anderen' Art von Fantasy sind!

Bewertung vom 28.01.2023
Schattenbraut
Choo, Yangsze

Schattenbraut


sehr gut

Zum Inhalt:
Die junge Li Lan lebt mit ihrem Vater in Malaya des späten 19. Jahrhunderts. Ihre Mutter hat sie in sehr jungen Jahren verloren, ihr steht jedoch eine Amah, eine eingeborene Nanny, zur Seite. Da der Vater allmählich verarmt, soll Li Lan den verstorbenen Sohn der wohlhabenden Familie Lim ehelichen. Doch während sie noch mit dem Gedanken ringt und zögert, verliert sie ihr Herz an den Cousin des Verstorbenen. Weder kann sie mit diesem zusammen sein, noch kann sie sich auf ihren Geisterverlobten einlassen, der sie nachts in ihren Träumen heimsucht. Nach einem fatalen Fehler findet sich Li Lan plötzlich selbst in der Geisterwelt wieder. Doch das Schattenreich birgt viele Gefahren...

Meine Leseerfahrung:
Als ich "Nachttiger" von Yangsze Choo las, war ich total verzaubert. Das Buch gehört nun zu meinen Lieblingsbüchern und ich wollte sofort alle Bücher der Autorin lesen. Leider war "The Ghost Bride" noch nicht auf Deutsch erschienen und an die englische Ausgabe habe ich mich nicht herangetraut. Daher war ich umso glücklicher, als ich endlich "Schattenbraut" in den Händen hielt. Für ein Debüt ist die Story außergewöhnlich und absolut gelungen. Man merkt aber, dass die Autorin noch in den Anfängen ist, wobei ich dies nur deswegen zu beurteilen im Stande bin, weil ich vorher "Nachttiger" gelesen habe.

Was mich an "Nachttiger" so fasziniert hat, war die Verknüpfung mystisch-fantastischer Elemente mit historischen Gegebenheiten und die Einbettung der Story in eine Art Krimi. Genau dies hat Choo auch in diesem Debütroman versucht und hervorragend gemeistert. Wieder werden wir ins historische Malaya entführt, wobei wir noch weiter zurückgehen ins späte 19. Jahrhundert. Zu dieser Zeit scheinen Geisterehen, der Aufhänger dieser Story, nicht unüblich gewesen zu sein. Als die Protagonistin schließlich unglücklicherweise selbst in die Geisterwelt tritt, kommt mehr Tempo in die Geschichte. Die einzigen Schwächen sehe ich hier nur bei der Ausarbeitung einzelner Charaktere und bei den leider etwas langatmig ausgefallenen mittleren Abschnitten, die mich beinahe zum Weiterblättern bewegt hätten.

Wer hier Grusel oder Spannung erwartet, wird sicherlich enttäuscht sein. Es ist vielmehr eine ruhige Geistergeschichte mit kriminalen Elementen, die den Leser dennoch gut fesseln kann.

Fazit:
"Schattenbraut" gehört zu den meisterhaft geschrieben Debütromanen der letzten Jahrzehnte und versetzt den Leser gekonnt ins historische Malaysia des 19. Jahrhunderts mit all den facettenreichen Kulturen und Legenden. Choo verknüpft vorbildlich eine außergewöhnliche Geistergeschichte mit Kriminalelementen und jede Menge historischer Details. Das ist Fantasy der besonderen Art!

Bewertung vom 04.01.2023
Die Legende von Sleepy Hollow - Im Bann des kopflosen Reiters / Die Dunklen Chroniken Bd.7
Henry, Christina

Die Legende von Sleepy Hollow - Im Bann des kopflosen Reiters / Die Dunklen Chroniken Bd.7


sehr gut

Zum Inhalt:
30 Jahre seit den Geschehnissen von Sleepy Hollow leben die Menschen im Dorf immer noch mit ihren Aberglauben und Mythen. Der kopflose Reiter wurde jedoch seitdem nicht mehr gesehen. Dann taucht in den Wäldern plötzlich die Leiche eines Jungen auf, dem Kopf und Hände fehlen. Während alle glauben, dass der kopflose Reiter wieder zurück ist, weiß Ben Van Brunt, dass etwas viel Böseres in den Wäldern umher geht. Und dieses Monster hat es eindeutig auf Ben abgesehen...

Meine Leseerfahrung:
Christina Henry knüpft erfolgreich an die Originalgeschichte von Sleepy Hollow an und siedelt die Story bei Katrina und Brom an, die inzwischen Großeltern (von Ben) sind und unter den Dorfbewohnern als reiche und einflussreiche Familie hoch angesehen werden. Das Gruseln geht weiter, diesmal steht aber nicht der kopflose Reiter im Mittelpunkt, sondern ein schwer greifbares, mordendes Monster, das von Menschen Besitz ergreifen bzw. ihre Köpfe mit seiner Bösartigkeit vergiften kann.

Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich tatsächlich von der Geschichte erwartet hatte. Selbst die ursprünglich von Irving verfasste Geschichte hat mich nicht wirklich gegruselt. Auch Henry schafft es nicht wirklich. Die Story dreht sich hauptsächlich um das 14jährige Kind Ben, das einerseits mit dem Erwachsenwerden und seinem Platz in der Gesellschaft zu kämpfen hat, und andererseits das Geheimnis um das blutrünstige Monster zu lüften versucht. Mehr kann man über die Story nicht sagen, ohne zu spoilern.

Wirklich durchgehend gruselig war das Buch nicht. Es ist aber ein solider Mystery-Fantasyroman mit reichlich Spannung. Ich hatte nur einige Schwierigkeiten mit der Figur des Bösen, die neu eingeführt worden ist und angeblich seit den Anfängen von Sleepy Hollow dort lebt. Die Auflösung fand ich persönlich nicht sehr befriedigend und auch mit dem Enkelkind Ben konnte ich mich nicht wirklich anfreunden. Der Charakter hätte stärker gezeichnet werden können. Stattdessen wird der Leser ständig mit den Ängsten und Selbstzweifeln von Ben konfrontiert, obwohl das Kind in den entscheidenden Momenten Mut und innere Stärke beweist. Die sozialkritischen Abschnitte in Bezug auf die Dorfbewohner und Ben hätten deutlicher herausgearbeitet werden können. Stattdessen verfällt selbst Ben trotz Auflehnung und rebellischer Ader in die reaktionären Strukturen der Dorfgemeinschaft. Klischeehafte Unterscheidungen von Frau und Mann werden einfach unkritisiert übernommen, was mich hier und da etwas gestört hat, da ich auf Grund des Themas der Transsexualität eine aufgeschlossenere Sichtweise erwartet hatte. Insgesamt bietet das Buch aber gut unterhaltende Fantasy und ist insbesondere für junge Leser sicherlich sehr interessant.

Fazit:
Christina Henrys "Die Legende von Sleepy Hollow" ist keine klassische Gruselgeschichte, bietet dafür aber jede Menge Mystery mit sozialkritischen Tendenzen. Nichts Neues, aber dennoch unterhaltsam und spannend!

Bewertung vom 26.12.2022
Fairy Tale
King, Stephen

Fairy Tale


sehr gut

Zum Inhalt:
Mr. Bowditch ist ein mürrischer alter Mann, der ganz allein in einem unheimlichen Haus wohnt und die Menschen um sich meidet. Sein einziger Gefährte ist ein deutscher Schäferhund namens Radar. Als eines Abends der 17jährige Charlie an Bowditchs Hause vorbei radelt, hört er Radar hinter dem Haus jaulen. Der alte Mann ist von der Leiter gefallen und liegt mit gebrochenem Bein draußen auf der Veranda. Charlie holt Hilfe und kümmert sich um Hund und Haus, während Bowditch im Krankenhaus liegt. Zwischen den beiden entwickelt sich eine ungewöhnliche Freundschaft. Doch der alte Bowditch wahrt ein großes Geheimnis, das mit dem verschlossenen Schuppen hinten im Garten beginnt.

Meine Leseerfahrung:
Ich weiß kaum noch, wieviele Bücher ich bereits von Stephen King gelesen habe. Aber ich bin jedesmal beeindruckt, welche kreative Phantasiewelten Kings Gehirn entspringen. Während einige Stories tatsächlich pure Horrorromane sind, gibt es ab und zu auch willkommene Ausnahmen wie dieses Buch hier. 

"Fairy Tale" ist wirklich wortwörtlich ein Märchen, auch wenn dieses erst nach gut ein Drittel des Buches beginnt. Für viele mag der Vorspann zu langatmig und überflüssig erscheinen, ich persönlich fand ihn nötig, um die Person des Mr. Bowditch besser kennenzulernen und verstehen zu können. Zudem ist die Vorgeschichte auch insofern wichtig, dass wir Charlies Entwicklung von Anfang an miterleben. Denn er ist schließlich derjenige, der sich auf ein Abenteuer begibt und den wir auf seiner faszinierenden Reise begleiten. 

Wie so oft bei King, ist der Hauptprotagonist noch sehr jung und stellt sich dem Bösen jedoch mit viel Courage. Mich erinnerte der Plot an die phantastischen Filme aus den 80ern, insbesondere an die Verfilmung von "Die unendliche Geschichte" von Michael Ende. Ich habe daher Charlies abenteuerliche Reise in eine fremde Welt genauso genossen, wie damals die Filme meiner Jugend, und konnte das Buch kaum aus der Hand legen. 

Der Plot scheint sehr von der Pandemie beeinflusst zu sein und ist überaus düster und unheimlich; doch die gesamte Handlung wirkt durchaus auch sehr gesellschaftskritisch, wie man es von King eben gewohnt ist. Einziger Kritikpunkt meinerseits: Das ultimative Böse in dieser Story hat mich nicht wirklich umgehauen, ich fand seine Handlanger, die Nachtsoldaten, viel interessanter. Doch insgesamt ist es ein guter King geworden, der beweist, dass der Autor auch abseits seiner Horrorbücher fesseln kann. 

Fazit:
"Fairy Tale" ist ein neuartiges Märchen, das den Leser auf eine abenteuerliche Reise mitnimmt und ihn eine fremde Welt voll von Magie und seltsamen Kreaturen entführt. Es wurde allmählich Zeit für ein neues Märchen. Stephen King hat den Ruf gehört und abgeliefert. 

Bewertung vom 27.11.2022
Der Leuchtturm an der Schwelle der Zeit
Pulley, Natasha

Der Leuchtturm an der Schwelle der Zeit


sehr gut

Zum Inhalt:
Es ist 1898, als Joe Tournier am Bahnhof Gare du Roi in Londres (ein französisches London) zu sich kommt, und zwar ohne jegliche Erinnerungen, woher er kommt und wer er überhaupt ist. Er wird in eine Klinik eingewiesen, bis seine Angehörigen ihn dort auffinden. Doch er kann sich an niemanden von ihnen erinnern. Eines Tages erhält er eine Postkarte mit der Abbildung eines Leuchtturms auf der Insel Eilean Mor. Auf der Rückseite steht nur: "Liebster Joe, komm nach Hause, wenn du dich erinnerst. M."
Das Mysteriöse an der Sache: Die Karte wurde vor 90 Jahren abgeschickt. Joe macht sich auf die Reise zu dem besagten Leuchtturm, um das Geheimnis zu lüften, und macht dabei ein Tor in die Vergangenheit ausfindig. Doch jeder Schritt zurück in der Zeit hinterlässt Spuren in der Gegenwart...

Meine Leseerfahrung:
Bei diesem Buch hat mich der Klappentext neugierig gemacht. Ich hatte schon mal über einen realen ungeklärten Fall vor mehr als 100 Jahren gelesen, als auf einer schottischen Insel Leuchtturmwärter spurlos verschwunden waren. Natasha Pulley hat daraus eine Fantasy-Zeitreisengeschichte gezaubert und eine unerwartet romantische Wendung mit eingearbeitet. Die gesamte Story ist durchaus sehr anspruchsvoll und stellenweise etwas verwirrend, da es oft nicht chronologische und damit schwer verfolgbare Zeitsprünge gibt und man dabei schnell den Überblick verlieren kann. Denn innerhalb der Zeitsprünge gibt es zusätzlich Rückblicke. Der Lesefluss wurde dadurch erheblich gestört, so dass ich stellenweise nochmal zurückblättern musste.

Besonders gut gelungen fand ich dagegen die Beschreibung eines französischen Englands. Wenn die Schlacht von Trafalgar damals nicht mit einem britischen Sieg geendet hätte, dann hätte die Geschichte sicherlich einen anderen Verlauf nehmen können. Die entsprechenden Auswirkungen hat Natasha Pulley sehr eindrucksvoll zeichnen können. Überhaupt gefällt mir der stark bildhafte Erzählstil von Pulley, den ich bereits von "Der Uhrmacher in der Filigree Street" her kenne. Die beiden Bücher haben außerdem gemeinsam, dass sich eine unerwartete Liebesgeschichte anbahnt. Die hat mich diesmal allerdings nicht wirklich überzeugen können. Vielleicht hatte ich auch einfach nur Schwierigkeiten, mich mit den Figuren identifizieren zu können. Normalerweise lese ich absolut keine Liebesromane. Und wenn das Buch doch eine Romanze beinhaltet, dann bevorzuge ich klassische Konstellationen.

Nichtsdestotrotz ist es ein großartiger Fantasy-Roman, der nicht nur Zeitreisen-Fans begeistern dürfte. All die Zeitsprünge und Rückblicke führen schließlich zu einer stimmigen Auflösung. Daher lohnt es sich, die komplexen Handlungsstränge aufmerksam zu verfolgen.

Fazit:
Mit "Der Leuchtturm an der Schwelle der Zeit" entführt uns Natasha Pulley in ein historisch andersartiges England und präsentiert uns eine komplexe Zeitreisengeschichte mit einem Hauch Liebesromanze. Tiefgründig und durchaus anspruchsvoll, aber dennoch unterhaltsam!