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miss.mesmerized
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Deutschland
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Bewertungen

Insgesamt 1245 Bewertungen
Bewertung vom 22.05.2022
Amelia
Burns, Anna

Amelia


sehr gut

In Belfast aufzuwachsen und zu überleben erfordert eine gewisse Gelassenheit und Cleverness. Auch wenn man es nicht so nennt, es herrscht Krieg auf den Straßen und in den Häusern und Kinder wie Amelia Lovett lernen schon in jungen Jahren, wer Freund ist, wer Feind ist und wann ein Feind auch mal zu Freund werden kann, weil es einen anderen, gemeinsamen Feind gibt. Gewalt spielt sich tagtäglich vor ihren Augen ab, gehört zu Leben wie die Schule. Da muss man manchmal gedanklich einfach abschweifen, um all das zu vergessen, was sich um einen rum zuträgt, denn sonst schlägt sich das irgendwann nieder.

Ihr Roman „Milchmann“ wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter dem Man Booker Prize, dem National Book Critics Award und dem Orwell Prize, was die nordirische Autorin Anna Burns weit über ihre Heimat hinaus bekannt machte. „Amelia“ ist ihr Debüt aus dem Jahr 2001, welches ebenfalls von den Kritikern begeistert aufgenommen wurde und für zahlreiche Preise nominiert war. Beide Romane haben gemein, dass die Autorin mit einer ungeschönten, direkten Sprache das alltägliche Grauen, dem die Mädchen bzw. junge Frauen ausgesetzt sind, schildert und den Leser damit ins Mark trifft. Es ist manchmal nur schwer auszuhalten – verglichen jedoch mit der Realität, die sie einfängt, ist das Lesen ein Klacks, wenn man es sich realistischer Weise vor Augen führt.

Die Kinder leben während der Troubles eine Normalität, die man sich kaum vorstellen kann. Tote, Blut, Gewaltexzesse – nichts bringt sie mehr aus der Ruhe, weil es so normal ist, dass im Puppenwagen genauso gut eine Bombe wie eine Puppe liegen könnte oder dass der Vater oder Bruder morgen schon zu den Opfern gehören könnte. Die Frauen sind gleichermaßen abgestumpft und tragen ihre Streitigkeiten ebenso gewalttätig aus, wie die Männer. Es wirkt geradezu grotesk, wie Amelia die Tage zählt, bis ihr Elternhaus an der Reihe ist, niedergebrannt zu werden, nun ja, Troubles eben. Dass dies nicht ohne Spuren bleiben kann, gerade auch weil selbst innerhalb der Familie keine Loyalität zu erwarten ist, verwundert nicht. Die Spuren der Verwüstung ziehen sich zwar in anderer Art, aber nicht weniger heftig durch ihr Erwachsenenleben.

Die Geschichte Amelias überspannt mehrere Jahrzehnte, es sind kurze Kapitel, nur Episoden, die jedoch eindrücklich nachwirken. Sie erscheinen wie Flashbacks, böse Erinnerungen, die sich eingebrannt haben und die Amelia nicht mehr los wird. Narben, die sie zeichnen und eine von vielen Geschichten eines Landes im andauernden Ausnahmezustand erzählen.
#AnnaBurns #Amelia #Roman #Rezension

Bewertung vom 17.05.2022
Die Winde des Ararat
Zypkin, Leonid

Die Winde des Ararat


sehr gut

Der Berg Ararat, ein ruhender Vulkan im türkisch-armenisch-iranisch-aserbaidschanischen Grenzgebiet, ist das Ziel einer Auslandsreise von Boris Lwowitsch und seiner Frau Tanja. Aufgeregt sind sie ob der Eindrücke der Fremde, wo alles so anders verläuft als in der sowjetischen Hauptstadt, wo der Jurist und die Verwaltungsangestellte angesehene Leute sind. Aber was soll man auch erwarten, fernab des Machtzentrums, wo sich die Menschen verdächtig verhalten und sogar erdreisten Boris und Tanja kurzerhand aus dem Hotel zu werfen. Eine Reise mit Hindernissen, die jedoch auch zeigt, was möglich sein könnte, in einem anderen Land, in einem anderen Leben.

Der russische Mediziner und Autor Leonid Borissowitsch Zypkin schrieb weitgehend für die Schublade, nachdem sein Sohn und dessen Frau aus der Sowjetunion ausgewandert waren und der Autor mit einem Veröffentlichungsverbot belegt wurde. Sein bekanntester Roman „Ein Sommer in Baden-Baden“ musste über Bekannte außer Landes geschmuggelt werden und wurde in New York veröffentlicht, nur eine Woche bevor Zypkin einem Herzanfall erlag. „Die Winde des Ararat“ entstand unter dem Titel „Norartakir“ bereits in den 1970ern, jetzt erstmals in deutscher Übersetzung.

Eines der Kapitel ist mit „Rache“ überschrieben, was symptomatisch für den Roman ist. Boris und Tanja gehören zu jenen, denen es im sowjetischen Moskau gut geht, die sich Auslandsreisen erlauben können. Doch sie können nicht schätzen, welches Glück sie haben und so rächt sich die fremde Welt an ihnen. Das System, das sie noch verteidigen, wendet sich gegen sie und trifft sie mit voller Härte, indem sie ihr Zimmer für eine Gruppe unbedeutender Menschen räumen müssen und zu Bittstellern werden.

Das Buch als Ganzes kann als Rache des Autors gegen das Land gelesen werden, das ihm das Veröffentlichen untersagte. Das Land war festgefahren wie Boris und Tanja, begrenzt im Blick, unfähig sich zu öffnen und zu entwickeln.

Literatur aus dem inneren Exil, da das äußere verwehrt blieb. Heute ein lesenswertes Zeitzeugnis.

Bewertung vom 17.05.2022
Betrug
Sigurðardóttir, Lilja

Betrug


ausgezeichnet

Nach zwei schwierigen Einsätzen in einem Ebolagebiet und Syrien kehrt Úrsúla zurück nach Island zu ihrem Mann und den beiden Kindern. Als man ihr interimsweise den Posten der Innenministerin anbietet, kann sie nicht ablehnen und wird schon am ersten Tag mit einem Vertuschungsfall bei der Polizei konfrontiert. Sie will ihre Arbeit besser machen als die Vorgänger, doch die Politik ist ein Haifischbecken und man hat nur auf neues Futter gewartet. Es dauert nicht lange, bis sie Drohungen an ihrem Auto findet, bis plötzlich der Mörder ihres Vaters auftaucht und bis ihr fragiles Privatleben gänzlich aus dem Runder zu laufen droht. Kommt die toughe Frau, die glaubte, schon alles gesehen zu haben, jetzt in ihrer beschaulichen Heimat an den Rand ihrer Grenzen?

Nach der Reykjavík Trilogie nun ein Standalone-Thriller der mit Theaterstücken bekannt gewordenen Autorin Lilja Sigurðardóttir. In „Betrug“ führt sie ihre Protagonistin in die schmutzige Welt der Politik ein, die von Korruption und Frauenfeindlichkeit geprägt ist – auch einem Land, das international eher wie alle nordischen Länder für egalitär gehalten wird. Aus ganz unterschiedlichen Richtungen scheinen die Angriffe zu kommen, wie diese zusammenhängen und wem man glauben und vertrauen kann, bleibt lange im Dunkeln. Ein spannender Fall für eine starke Frau, die auch Schwächen zeigen darf.

Úrsúla ist von Idealismus geprägt, sie zieht es in die Gebiete, wo die Lage am prekärsten ist und hat keine Angst, sich selbst auch großer Gefahr auszusetzen. Was soll dann auf Island Großes drohen? Sie übernimmt den Posten als Ministerin in der Überzeugung, etwas besser machen zu können, muss aber schnell erkennen, dass ihr Handlungsspielraum begrenzt ist. Und erleben, dass sie besonders als Frau Anfeindungen ausgesetzt ist. Es sind viele kleine Nadelstiche, die sie aushalten muss, während sie ihre Erlebnisse aus Afrika und Syrien noch nicht verarbeitet hat. Auch der brutale Tod ihres Vaters in ihrer Kindheit verfolgt sie nach wie vor.

Was mich besonders überzeugte, war, dass sie zwar zunächst noch versucht, über einen Schutzpanzer emotional nichts an sich heranzulassen, dann aber doch einsieht, dass ein Psychologe und ein offenes Gespräch ein Weg aus dem Teufelskreis sein kann. Eine starke Persönlichkeit besticht eher dadurch, dass sie durchdacht mit Problemen umgeht als dass sie als Einzelkämpfer versucht, nichts an ihrem Image kratzen zu lassen. Eine Facette, die man auch in Romanen bis dato eher selten findet.

Die politischen Verstrickungen sind clever inszeniert und lassen die Zusammenhänge nicht gleich erkennen. Die Spannung zieht sich so geschickt durch die Handlung und muss nicht unnötig durch actiongeladene Szenen aufrechterhalten werden.

Ein überzeugender Fall, der vor allem durch die Figuren und einen komplexen Fall besticht.

Bewertung vom 08.05.2022
Wild Fires (eBook, ePUB)
Jai, Sophie

Wild Fires (eBook, ePUB)


gut

It is the death of her cousin Chevy that brings Cassandra from London back to Toronto where her family is based after having left Trinidad. But she not only returns to the funeral but to a whole history of her family that suddenly pops up again. Stories she had forgotten but now remembers, things which have always been unsaid despite that fact that everybody knew them and secrets that now surface in the big house in Florence Street where the tension is growing day by day. The sisters and aunts find themselves in an exceptional emotional state that cracks open unhealed wounds which add to the ones that have come with the death of Chevy.

Sophie Jai was herself born in Trinidad just like her protagonist and grew up in Toronto, “Wild Fires” is her first novel and was published in 2021. It centres around a family in grief, but also a family between two countries and also between the past and the present and things that have never been addressed between the members. Having been away for some time allows Cassandra a role a bit of an outsider and she sees things of her family she has never understood.

The author wonderfully interweaves the present story of the family gathering at the Toronto home to mourn the loss and Cassandra’s childhood recollections and well-known family stories. Thus, we get to know the deceased and his role in the family web. Like Chevy’s story, also the aspects that link but also separate the generations of sisters are uncovered thus exposing long avoided conflicts.

The novel raises the questions if you can ever flee from the family bonds and how to deal with what happened in the past and has never openly be spoken out loud and discussed. Sophie Jai finds the perfect words to express the nuances in the atmosphere and paces the plot according to the characters’ increasingly conflicting mood.

I liked how the characters and their story unfolds, yet, I would have preferred a more accelerated pace and at the beginning, I struggled to understand the connection between them which was a bit confusing.

Bewertung vom 01.05.2022
Ein französischer Sommer
Reece, Francesca

Ein französischer Sommer


sehr gut

Warum er genau sie engagiert, weiß Leah nicht, aber neben den Aushilfsjobs als Englischlehrerin und Bedienung in einem Café ist die junge Engländerin froh, einen echten Job zu finden. Paris war eigentlich nur für ihr letztes Studienjahr gedacht, aber aus Angst vor der Arbeitswelt in London ist sie Frankreich geblieben und treibt seither ziellos durch die Stadt. Der Autor Michael Young stellt sie als Assistentin ein, die seine Tagebücher digitalisieren und seine Korrespondenz bearbeiten soll, damit er wieder die Zeit findet, sich dem Schreiben zu widmen. Gemeinsam mit seiner Familie lädt er Leah ein, den Sommer in der südfranzösischen Villa verbringen. Es klingt fast zu schön, um wahr zu sein, doch es dauert nicht allzu lange, bis am Sommerhimmel dunkle Wolken aufziehen.

Francesca Reeces Debütroman „Ein französischer Sommer“ spielt zwar im Jahr 2016, erinnert aber stark an das Bohème Leben einer längst vergangenen Zeit. Das kultivierte Nichtstun an der Mittelmeerküste, wo sich die Intellektuellen im Sommer in den Villen niederlassen, entstammt einem anderen Lebensgefühl, dazu passt auch der Schreibstil, der wundervoll fließt und sich stark von dem aktueller Romane abhebt. Auch die Figurenkonstellation ist geradezu typisch mit dem alternden, erfolgsverwöhnten Autor, seinen erwachsenen Kindern, die mit dem goldenen Löffelchen im Mund aufgewachsen sind, und der Außenseiterin, die sich zwar durch das Studium in den erlauchten Kreis der Intellektuellen vorgearbeitet hat, aber ihre Herkunft aus dem Arbeitermilieu und die fehlende Nonchalance im Umgang den Erfolgreichen und Schönen nicht verstecken kann.

Leah ist eine durchaus sympathische Protagonistin, die mit ihrem Verlorensein in der Welt und der Verweigerung eines Karriereplans einen gewissen Typ ihrer Generation repräsentiert. Sie ist in den Gedanken des Bohème-Daseins in Paris verliebt, wie sie es aus der Literatur kennengelernt hat. Die Rolle des Mauerblümchens, vom dem man ahnt, dass es unter die Räder der falschen Gesellschaft gerät, füllt sie hervorragend aus.

Als Kontrast der souveräne alternde Autor, dessen Motive zunächst unklar bleiben. Die Villa füllt sich nach und nach, Leah verliert die Distanz und fühlt sich fast schon in der Gesellschaft angekommen, zu der sie jedoch nicht gehört. Es folgen leider sehr vorhersehbare Versatzstücke – der Streit, der unerwartete Gast, der das Geheimnis lüftet, plötzlich auftauchende alte Fotos, die Fragen aufreißen – die dem Inhalt die Spannung und Originalität nehmen.

Wegen der überzeugenden Atmosphäre und der gelungenen sprachlichen Umsetzung doch noch wohlwollende Leseempfehlung, auch wenn die Geschichte leider nur eine Variante eines unzählige Male bereits erzählten Themas ist.

Bewertung vom 01.05.2022
Secret Lives of Church Ladies
Philyaw, Deesha

Secret Lives of Church Ladies


ausgezeichnet

Deesha Philyaw’s collection of nine short stories about Black women gives insight in a life behind closed doors, rules unknown to many of us, a secret double life nobody sees or wants to see. The book was a finalist for the 2020 National Book Award for Fiction and was awarded, among others, the PEN/Faulkner Award for Fiction and the Los Angeles Book prize. All stories centre around Black women and Christianity highlighting contradictions and hypocrisy and also a group of women who accept their place given to them by powerful men. They all endure the double discrimination of being Black and being a woman – until they don’t anymore.

What most women share is the fact that they lead a kind of double life they are forced into. For the outside word, they dress decently, lead a God abiding life, do not speak up and care for their children. Yet, at home, behind the closed door, among themselves, they speak freely, they know that even the clergymen have bodily needs they fulfil. They are not perfect, often far from, but they try to make the best of it and teach their daughters what they need to know about life and its double-standards.

The variety of women we get to know is large, from homosexual spinsters still searching for husbands, over half-sisters mourning their always unfaithful father, to a young girl who finally comes to understand that how easily you can be trapped in a situation where wen exert power over you and your body.

The author captures the decisive moment when desires and religious rules collide. They need to cope with contradictions, build their lives around it, always threatened by the verdict of the public and the parish. They are never free, not even those who try to flee from the south, who work and study hard for a better life - ultimately, it all comes back to them.

The tone is funny at times, desperate and harsh at others, always reflecting the characters’ moods on the one hand, which, on the other, will often not leave their house or even their body. The collection shows a life hidden, a life in the shadow of big and strong men, a life worth narrating.

Bewertung vom 27.04.2022
Das Flirren der Dinge
Romagnolo, Raffaella

Das Flirren der Dinge


ausgezeichnet

Antonio Casagrande wächst in einem Genueser Waisenhaus auf. Bald schon wird er zwölf, womit er das Heim wird verlassen müssen. Doch dann geschieht noch das unerwartete: der Fotograf Alessandro Pavia wählt ihn als seinen Assistenten aus und das, obwohl der Junge auf einem Auge nichts sehen kann. Es liegen Jahre des Lernens vor ihm und kaum erwachsen, muss er wieder auf eigenen Beinen stehen in einem Italien, dessen Zukunft Ende des 19. Jahrhunderts ungewiss ist. Doch Antonio weiß aus der Not eine Tugend zu machen und erkennt bald auch, dass sein Auge mit einer Gabe kam, die Segen und Fluch zugleich ist.

Schon mit „Dieses ganze Leben“ konnte mich die italienische Autorin Raffaella Romagnolo begeistern. In „Das Flirren der Dinge“ macht sie wieder einen Außenseiter zum Helden ihrer Geschichte und lässt diesen trotz aller Widrigkeiten und Gegen jede Vorhersehung zu einem erfüllten Leben kommen. Daneben rückt sie die Fotokunst in den Fokus und beschreibt geradezu poetisch das, was Antonio durch die Linse sieht, wie er die Welt komprimiert und geschärft wahrnimmt und ihr so eine eigene Perspektive verleiht.

Es ist natürlich das ungewöhnliche Leben ihres Protagonisten, der clever und mit Blick für das Wesentliche sein Leben zu gestalten weiß, das den essenziellen Teil der Handlung ausmacht. Seine Geschichte jedoch wird überzeugend verwoben mit den politischen Entwicklungen Norditaliens der Zeit. Antonio wird Zeuge und dokumentiert die Ereignisse als Fotojournalist der ersten Stunde. Die Bilder und wie sie Welt festhalten sind entsprechend immer wieder auch Thema. Die Autorin beleuchtet nicht nur die Möglichkeiten, die Realität abzubilden, sondern bringt auch zum Ausdruck, welche Macht sie haben und welche Wirkung sie beim Betrachter auslösen.

Der historische Roman verfängt durch die bildhafte Sprache, die, gerade weil Bilder zentral für die Handlung sind, ganz hervorragend das transportiert, was die Figuren erleben und empfinden.

Bewertung vom 27.04.2022
Tiefes, dunkles Blau
Kobler, Seraina

Tiefes, dunkles Blau


sehr gut

Rosa Zambrano hatte die Kripo eigentlich für die Seepolizei in Zürich verlassen, doch nun muss sie die alten Kollegen im Falle des Mordes an Dr. Jansen unterstützen. Er ist just der Arzt, bei dem sie nur wenige Tage zuvor Eizellen hat einfrieren lassen. Neben seiner Praxis hat er Geld in ein Biotech Unternehmen investiert, das eine mögliche Spur in dem Mordfall darstellen könnte, die Chefin erscheint nicht nur abgebrüht, sondern durchaus auch mit Motiv. Aber auch im Privatleben des Opfers gibt es mehr als eine verärgerte Frau: die Noch-Gattin hat nicht vor ihn bei der Scheidung einfach davonkommen zu lassen, die zahlreichen Damen, zu denen er im überregional bekannten Bordell Kontakt unterhielt, verhalten sich ebenfalls verdächtig. Und dann ist da noch eine unbekannte Nummer, die er in den letzten Monaten immer wieder angerufen hat. Ein komplexes Geflecht, das auch immer wieder Rosas Privatleben streift.

Den ersten Fall für die Seepolizistin hat die Journalistin und Autorin Seraina Kobler in ihrer Wahlheimat Zürich angesiedelt und die Handlung stark auch mit den lokalen Örtlichkeiten verbunden. Auch wenn der Schauplatz in der größten Stadt der Schweiz angesiedelt ist, hat man in „Tiefes, dunkles Blau“ doch auch immer wieder das Gefühl eher im ländlich beschaulichen Raum zu sein, vor dem Mord und Totschlag bekanntermaßen auch nicht Halt machen. Und so sind es letztlich auch die bekannten Todsünden Habgier, Neid und Stolz, die maßgeblich die Handlung bedingen.

Vieles findet sich, was typischerweise in den cosy crime Romanen vorkommt: es wird immer wieder ausgiebig gegessen, auch die Landschaft rund um den Zürichsee wird ausführlich bedacht und ihr kommt durchaus auch eine entscheidende Rolle im Fall zu. Die Autorin verbindet dies jedoch mit der hochmodernen CRISPER Technologie und den aus der Erbgutmanipulation entstehenden ethischen Fragen. Dass es ist diesem Bereich nicht nur um wissenschaftliche Ehre, sondern vor allem um sehr viel Geld geht, bereitet den passenden Nährboden für einen unterhaltsamen und komplizierten Fall.

Auch wenn mich selbst die Protagonistin jetzt nur bedingt ansprechen konnte, ist die Geschichte doch insgesamt rund und packend.

Bewertung vom 24.04.2022
Book Lovers
Henry, Emily

Book Lovers


ausgezeichnet

Nora Stephens, in the book industry also known as “shark”, is a successful New York agent whose life is dedicated to her job. Accordingly, relationships have not been that successful so far, but that’s ok for her. When her sister Libby asks her for a four-week stay in Sunshine Falls, North Carolina, the place where one of her best-selling books is located, Nora is reluctant, she cannot stay away from work so long; yet, Libby is pregnant and Nora does not want to refuse her sister’s greatest wish, she is the only family she has. Nora knows all the stories about New Yorkers coming to small towns and falling in love, she has read them all, even published some of them, therefore, she can only ironically comment the fact that on her first day, she runs into Charlie Lastra – her biggest nemesis.

Admittedly, I am not really a fan of rom-coms, no matter if they come in form of books or movies. However, I really enjoyed Emily Henry’s “Beach Read” and as there was so much talk about “Book Lovers”, I was looking forward to reading it. Of course, the bestselling author did not disappoint, quite the contrary, I thoroughly enjoyed how she does not take the genre too seriously but lets her characters comment on it mockingly again and again throughout the novel.

“We know how this ends.”
Libby squeezes my arm. “You don’t know. You can’t until you try.”
“This isn’t a movie, Libby,” I say.

You do not need to find the typical tropes, Nora will find them for you and Emily Henry does not leave out a single one: the big city girl who looks down in small town life, the sister who mysteriously vanishes during daytime and does not tell what is doing or where she is going, the incidental meeting with the one man she does not want to see far away from home, the charming bookshop, cringeworthy small town activities, another attractive man – who does not like the first, of course – you name it. Even though there are no big surprises, I totally enjoyed diving into the story and seeing all the clichés unfold.

As a book lover, it was easy to fall for this one, a lot of references and hints to the industry offer the perfect setting for the two protagonists to fight their feelings which, needless to say, they cannot admit at first. Another perfect summer read by Emily Henry.

Bewertung vom 23.04.2022
True Biz
Novic, Sara

True Biz


ausgezeichnet

Charlie has always been hearing impaired, her parents wanted her to be a normal girl and opted for an implant instead of catering for her special needs. As a result, the teenager is excluded from communication and learning as her implant never worked properly. It is only at the River Valley School for the Deaf that she discovers a world that she had been shut out from. She learns to sign and finds friends. Even though the school is a safe haven, this does not mean that people there are without problems and even golden boy Austin whose deaf family is something like a star in their community has to fight with mixed emotions when his baby sister is born hearing.

Sara Novic opens a world which is widely unknown. “True Biz” not only narrates the story of teenagers who - like any other - have their fights with their parents but also struggle with who they are and who they want to be. Being impaired does not make this easier. Along those lines the novel opens the discussion about how to live in a society with high superficial standards when it comes to being considered “normal” and the tricky question about what is best for a child.

Even though I was aware of some of the problems pupils face with limited hearing capacities in average schools, Charlie’s situation of being withhold proper means of communication is repelling. It would be easy to blame her parents, yet, their intentions were good, but good isn’t always the best. The same is true for the complicated case of Austin’s baby sister, decisions have to be made where there is not really a best way to go.

One scene sticks especially with my memory. When the baby is born and Austin asked if she is ok, his father answers that she is perfect. Not too strange a reply, yet, the girl is hearing whereas Austin is not. Does this distinction make him less perfect for his parents, underlining the widespread notion of only the physically not impaired are the ones to be happy about.

Characters that are loveable and sympathetic to follow make it easy to understand their reasoning and view of the world. A lot of information is integrated adding to the book’s enlightening for the reader. A great read in so many respects that I can only highly recommend it.