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Brombeere

Bewertungen

Insgesamt 208 Bewertungen
Bewertung vom 22.06.2024
Eine kurze Geschichte queerer Frauen
Loehr, Kirsty

Eine kurze Geschichte queerer Frauen


gut

Worum geht es?
Um viele queere Frauen in der Geschichte, die unsichtbar gemacht werden oder deren Queerness unter den Tisch fällt.

Worum geht es wirklich?
Sichtbarkeit, Vielfältigkeit und Patriarchat

Lesenswert?
Jein. Ich finde das Thema des Buches großartig und sehr wichtig, daher hat mich der Titel direkt angesprochen.
Das Buch ist anekdotenhaft aufgebaut, man lernt sehr viele Namen und Persönlichkeiten kennen. Viele Namen sind einem vielleicht ein Begriff, aber man kennt die sexuelle Vielfalt dahinter nicht.
Da generell schon Frauen in der Geschichte weniger sichtbar sind, gilt dies für queere Frauen noch viel mehr. Umso schöner, wenn man in der heutigen Zeit weiß, dass es diese Frauen natürlich schon vor hunderten von Jahren gab - auch wenn sie dort anders bezeichnet wurden oder es kein Wort für sie gab.
Positiv ist mir die Vielfalt aufgefallen, dass es auch um trans Frauen und Frauen of Color geht. Historische Begebenheiten werden immer wieder angeschnitten und zum Verständnis hinzugefügt.
Die Aufmachung des ganzen Buches wirkt recht seriös und klassisch. Sprachlich erwartet einen dann aber sehr viel Umgangssprache, lustig gemeinte Floskeln und Sprüche, die wie Comedy wirken. Das hat mich tatsächlich eher verwirrt als erheitert und negativ überrascht.
Eventuell könnte die Zielgruppe des ganzen aber auch junge Erwachsene sein und vielleicht ist der Schreibstil dann passender.
Natürlich kann man das Thema aufgelockert betrachten, aber es war eben nicht das, was ich erwartet habe. Bemühter Humor ist stets ein wenig anstrengend und nicht einfach zu ertragen. Die eher derben Begriffe und sexuelle Schwerpunktsetzung machen das ganze nicht unbedingt ernsthafter.
Alles in allem inhaltlich lohnenswert und interessant, sprachlich aber nicht für jede Person ein guter Treffer. Ich würde daher eine Leseprobe vor dem Kauf empfehlen.

Bewertung vom 22.06.2024
Wie wir uns Rassismus beibringen
Sahebi, Gilda

Wie wir uns Rassismus beibringen


ausgezeichnet

Worum geht es?
Um den erlernten Rassismus in den Köpfen der Menschen, um unsere Sozialisation und die Folgen von rassistischem Denken.

Worum geht es wirklich?
Gesellschaft, Politik und Eigenverantwortung

Lesenswert?
Ja, sehr bereichernd. Keine leichte Lektüre, aber ich denke den Anspruch darf man bei einem solchen Thema auch nicht haben.
Umfassen und ausführlich recherchiert (mit Quellenangaben im Anhang) zeigt die Autorin auf, wie Rassismus in unserer Gesellschaft verankert ist, welche Abwehrhaltung es bereits gegen diese Benennung gibt und wie er dennoch den Umgang mit unseren Mitmenschen bestimmt. Es geht dabei nicht nur um unsere aktuelle Situation in Deutschland, sondern auch unsere Geschichte und den Umgang mit geflüchteten Menschen vor mehreren Jahrzehnten. Schnell zeigt sich, dass wir wiederkehrende Debatten führen und die Politik oftmals keinen neuen Input liefert und sich Dinge immer wieder wiederholen. Hier war vieles für mich neu und ich fand dieses ganze Wissen sehr bereichernd und lehrreich.
Zeitgleich geht es auch um die Benennung von rassistischen Aussagen und unsere Weigerung, Rassismus als solchen auch zu benennen und anzuerkennen. Sahebi führt viele Beispiele aus den Medien an und verdeutlicht den unterschiedlichen Umgang einzelner Medien und Journalist*innen mit der identischen Situation. Auch das war sehr eindrücklich und hat nochmal gezeigt, warum es für jede einzelne Person eine entscheidende Rolle spielt, welche Medien man konsumiert.
Immer wieder gibt es auch Erläuterungen zur politischen Situation und Zitate einzelner Politiker*innen, die eingeordnet werden und an Hand derer man auch sieht, wie sich Themen im Laufe der Zeit verändert haben oder immer noch gleich bleibend sind.
Das Buch ist einerseits wirklich gut verständlich und andererseits sehr lehrreich (ohne belehrend zu sein). Man kann viel für seine eignen Handlungen mitnehmen, obwohl es natürlich eher um das gesellschaftliche Problem geht.
Dennoch wird aufgezeigt, warum klare Werte und Menschenwürde, Widerspruch gegen Hass und Hetze, eine große Rolle spielen können und gerade eine schweigende Mehrheit auch ein Problem darstellt. Es kann uns passieren, dass wir rassistisch handeln und denken. Das kann man auch benennen und ansprechen. Man kann Fehler machen und daraus lernen.
Trotzdem kann jeder von uns entscheiden, ob wir gerne in einer Gesellschaft leben wollen, die die Menschenwürde respektiert und Menschen inkludiert statt ausgrenzt.

Bewertung vom 22.06.2024
Der Profi
Isaka, Kotaro

Der Profi


gut

Worum geht es?
Ein Profikiller gerät zunehmend in Schwierigkeiten, seinen geheimen Job, seinen richtigen Job und sein Familienleben mit Frau und Sohn unter einen Hut zu bekommen. Aber ein Ausstieg scheint nicht möglich zu sein.

Worum geht es wirklich?
Flucht, Verrat und Familie

Lesenswert?
Ja, war unterhaltsam. Aber ganz anders als erwartet. Das Buch stammt von dem identischen Autor wie das Werk „Bullet Train“, welches auch verfilmt wurde. Ab und an findet man in dem aktuellen Buch verweise auf das andere Buch, aber man muss es definitiv nicht vorher gelesen haben.
Sprachlich ganz angenehm, aber distanziert und sachlich, sodass man immer eine außenstehende Person bleibt und den Figuren nicht näher kommen kann. Daher kann man den Protagonisten auch oft nicht einordnen. Gerade seine Beziehung zu seiner Frau fand ich höchst anstrengend und die Ehefrau sehr klischeehaft überzeichnet als meckernde Frau. Diese Szenen waren teilweise eher störend, weil beide Figuren sehr unsympathisch dabei waren und überspitzt dargestellt wurden.
Ich habe allgemein wesentlich mehr Spannung erwartet und einen Thriller, stattdessen ist die Handlung humorvoll und oft auch unrealistisch, Dinge werden öfters wiederholt und wirken dadurch lustig. Die unrealistischen Szenen kann man trotzdem ganz gut akzeptieren und sie stören die Handlung nicht.
Der Handlungsaufbau ist eher ungewöhnlich, zumindest im Vergleich mit europäischen Werken, und an einigen Stellen mit überraschendem Cliffhanger. Generell wusste ich auch während des Lesens gar nicht, was mich erwartet und wurde mehrfach überrascht und auch auf falsche Fährten geführt.
Das Buch könnte gut geeignet sein, wenn man ein bisschen Spannung ohne den klassischen Thriller-Aspekt haben möchte oder auch, wenn man sich auf andere Erzählformen einlassen möchte. Auf jeden Fall eine her ungewöhnliche Leseerfahrung, die ich jedoch empfehlen kann.

Bewertung vom 03.06.2024
Die neue Schule der Demokratie
Weisband, Marina

Die neue Schule der Demokratie


gut

Worum geht es?
Sehr viel um das Projekt AULA, das Weisband auf die Beine gestellt hat. Darüber hinaus um Demokratie und junge Menschen.

Worum geht es wirklich?
Gesellschaft, Werte und Engagement

Lesenswert?
Ja, schon. Allerdings hat das Buch einen komplett anderen Schwerpunkt als ich es erwartet hatte.
Ca. 80-90% des Buches geht es um das o.g. Projekt und wie junge Menschen dadurch demokratische Werte ausprobieren und somit quasi erlernen können. Es werden verschiedene Stufen der Projekte und auch potentielle Probleme sowie den Umgang damit dargestellt.
Allerdings wirkt das Buch größtenteils dadurch wie eine Handreichung oder Werbeveranstaltung für das Projekt. An sich klingt es sehr spannend und nach einer super Lösung, die an viel mehr Schulen oder auch in Vereinen etc. benötigt wird. Den Gedanken kann man nur unterstützen.
Die „verschiedenen Projekte“, die im Klappentext erwähnt werden, finden alle mit AULA statt und somit lernt man auch nicht verschiedene Beispiele kennen, wie Menschen Demokratie näher gebracht werden kann, sondern größtenteils eine Option mit verschiedenen Beispielen.
Das Buch ist gut lesbar und es hat mir schon etwas gebracht, über dieses Projekt zu erfahren. Allerdings würde ich mir das auch im Klappentext klarer wünschen.
Spannend ist, dass man nebenbei noch einiges über die Autorin und ihre Werte erfährt und die beispielhaften Projekte durchaus inspirierend sein können.
In den letzten 10-20% des Buchs geht das ganze dann eher in die Richtung, die ich erwartet habe. Es folgen dort konkrete Vorschläge, wie man sich einbringen kann, warum Mitarbeit auf kommunaler Ebene sinnvoll ist und welchen Mehrgewinn das für die Einzelperson und die Gemeinschaft bringt.
Alles in allem eine gute Lektüre, wenn man denn vorher weiß, dass AULA im Mittelpunkt steht.
Dieses Projekt einmal näher kennenzulernen, kann ich dabei auf jeden Fall empfehlen.

Bewertung vom 03.06.2024
Was ihr wollt
Karig, Friedemann

Was ihr wollt


sehr gut

Worum geht es?
Um Proteste, wie sie funktionieren und bereits funktioniert haben. Worauf es ankommt und wann sie erfolgreich sein können.

Worum geht es wirklich?
Veränderung, Eigenverantwortung und Gesellschaft.

Lesenswert?
Ja, wenn auch nicht immer ganz einfach zu verstehen.
Karig erläutert in seinem Buch, wie viele Menschen an einem Protest beteiligt sein müssen, ab wann die Politik es nicht mehr ignorieren kann und in welchen Situationen dies schon geholfen hat.
Dabei beleuchtet er diese Situation sowohl in Demokratien als auch in Autokratien.
Man erfährt von historischen Protesten und Kipppunkten, die zu einer Veränderung geführt haben. Sowohl in anderen Ländern als auch in Deutschland.
Hierbei werden auch aktuelle Situationen besprochen und gegenüber gestellt. Beispielhaft die Bäuer*innenproteste 2024 und die Aktionen der Letzten Generation in den vergangenen Jahren. Auch die Organisation einzelner Gruppen wird ein Thema und bietet überraschende Infos.
Das Cover passt definitiv, wenn man die Interpretation dahinter kennt, dass leichte Schwankungen immer mehr anstoßen können bis es schließlich große Wellen gibt. Ich glaube aber nicht, dass das auf Anhieb jeder Person klar ist - und dann ist das Cover wieder zu unscheinbar.
Karigs thematischer Aufbau hat mir zwar gefallen, aber zeitgleich fiel mir auch die gehobene Sprache eines gebildeten Menschen auf, die möglicherweise nicht jede interessierte Person erreichen könnte.
Das Buch ist keine einfache Beschreibung von Tatsachen, sondern regt konkret dazu an, an Protesten teilzunehmen - und das nicht nur in Ausnahmefällen. Der Autor steht dem ganzen sehr positiv gegenüber und ermutigt dazu, aktiv zu werden. Denn prozentual benötigt es gar nicht so viele Protestierende, damit eine Reaktion gefordert werden kann. Karig kritisiert, dass Menschen lieber in ihrem gemütlichen Dasein verharren, als sich für essentielle Dinge einzusetzen. Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit. Wenn man sich zu lange in ihr ausruht und nur Rechte und keine Pflichten wahrnimmt, kann sie auch wieder verschwinden.
Ich habe aus diesem Buch viel Wissen und auch Input und Mut mitgenommen, warum es sich lohnt für Menschenrechte u.ä. laut zu werden.
Trotzdem glaube ich, dass dieses Buch nur für schon vorher interessierte geeignet ist. Aber vielleicht kann man dann besser im Bekanntenkreis argumentieren, warum es sich lohnt, wählen zu gehen oder zu protestieren.

Bewertung vom 22.05.2024
Mein Name ist Lilith
Marmery, Nikki

Mein Name ist Lilith


gut

mittelmäßig

Worum geht es?
Lilith, die erste Frau Adams, verlässt das Paradies und streift Jahrtausende über die Erde. Sie erlebt Götterwechsel und Unterdrückung, sowie viele biblische Ereignisse.

Worum geht es wirklich?
Gleichberechtigung, Anbetung und Gewalt.

Lesenswert?
Jein, ich bin mir nicht sicher. Den Beginn fand ich eher nicht so gut und einige sexuelle Szenen auch verstörend. Daher kann ich mir vorstellen, dass einige Menschen die Lektüre hier abbrechen. Später tritt das in dieser Form nicht mehr auf, sodass ich die Handlung dort auch ganz anders empfand. Zu Beginn sind die Dialoge umgangssprachlich und wirken unpassend zu den sonstigen Beschreibungen, die mich stellenweise an Bibeltexte erinnert haben.
Dies ist jedoch ebenfalls nur am Anfang der Fall, die Umgangssprache findet später nicht mehr in dem Maße statt und die Beschreibungen der Situationen rücken in den Vordergrund.
Interessant sind auch die erklärenden Kapitel am Ende des Buches, die die eigentliche Geschichte erläutern.
Das Cover finde ich super schön und das Thema spannend. Jedoch erschließt sich mir nicht so richtig, was das Ziel dieses Buches ist. Es geht sehr viel um die Unterdrückung der Frau auf Grundlage der Religion, viel um den Monotheismus und Gewalt für den Glauben.
Die Sprache geht viel auf Natur, Gegenstände und Tiere ein, erinnert auch dabei immer wieder an biblische Textstellen. Ich glaube ab und zu gibt es auch konkrete Anspielungen, die man ohne Vorkenntnisse aber nicht erkennen wird.
Da ich das Buch schon eher speziell finde, sowohl vom Thema als auch von der Sprache her, würde ich interessierten Menschen auf jeden Fall zu einer Leseprobe raten und auch nicht nur den Beginn des Buches, sondern eher eine Seite im weiteren Verlauf des Buches.

Bewertung vom 22.05.2024
Trial of the Sun Queen / Die Artefakte von Ouranos Bd.1
Tuli, Nisha J.

Trial of the Sun Queen / Die Artefakte von Ouranos Bd.1


weniger gut

Tribute von Panem trifft Trash-TV

Worum geht es?
Um einen Wettbewerb voller interessierter junger Frauen, die alle die nächste Sonnenkönigin werden möchten. Mit dabei auch Lor, eine gewöhnliche Sterbliche, die bis vor kurzem noch in einem Gefängnis fest saß und sich nun inmitten von Fae behaupten soll.

Worum geht es wirklich?
Macht, Anziehung und Familie.

Lesenswert?
Nein, es war zwar irgendwie unterhaltsam, aber nicht unbedingt auf eine gute Art und Weise. Vorab: Ich hätte dieses Buch als NA Romantasy eingeordnet, irgendwo wurde aber auch von Jugendbuch gesprochen. Und genau dazwischen bewegt es sich.
Die Protagonistin Lor habe ich als anstrengend und unsympathisch empfunden, weil sie ein hitziger Dickkopf ist, die aus ihren Fehlern nicht lernt. Ihre innere Stimme aber eigentlich weiß, dass sie so nicht handeln sollte.
Sie wird also von einem Tag auf den anderen in diesen Wettbewerb geworfen und macht optisch erst einmal nichts her. Das wird immer wieder unangenehm betont und die Rundungen der anderen Teilnehmerinnen gelobt. Ausgehungert durch das Gefängnis trifft sie auf Reichtum, Hülle und Fülle und muss sicher 5-10 Mal in dem Buch vor Genuss ob ihres Essens stöhnen. Das mag ja vereinzelt zutreffen. Aber hat sich denn niemand dieses Buch als ganzes durchgelesen? Wie kann das so oft auftauchen.
Auch sonst gibt es einige Klischees, zum Beispiel das gemeine Biest, dass sich die Haare immer über die Schulter wirft oder der Duft der Protagonisten voller Gischt, Zedernholz und Wohligkeit.
Dieses Buch wirft einfach so viele Aspekte anderer Bücher zusammen und hakt zeitgleich jegliche Klischees für Romantasy ab. Das war einfach zu viel.
Zeitgleich datet der Sonnenkönig die Frauen einzeln und verspricht ihnen da die Welt, kommt ihnen körperlich nahe und gibt ihnen kleine Tipps. Bachelor lässt grüßen? Was für eine unsympathische Veranstaltung. Zudem fand ich den Vibe zwischen den beiden gar nicht gut oder treffend. Stattdessen war da ja mehr Spannung und Gefühl zwischen zwei anderen Personen. Soll das so? Versehen?
Die Prüfungen hingegen sind knallhart und die Gewalt nicht gerade gering.
Das Cover gefällt mir, der Schreibstil an sich ist auch nicht schlecht. Das Buch ist aber einfach eine wilde Mischung an schon dagewesene Themen mit nervigen Protagonist*innen.
Die Andeutungen in der zweiten Hälfte werden nicht aufgelöst. Bitte lass das jetzt nicht alle vier Bände das geheimnisvolle Thema sein, das gefühlt mit dem Zaunpfahl angedeutet wird.
Uff! Ich glaube schon, dass das Buch Fans finden wird. Aber mir hat es echt nicht gefallen.

Bewertung vom 22.05.2024
Männer, die die Welt verbrennen
Stöcker, Christian

Männer, die die Welt verbrennen


ausgezeichnet

Worum geht es?
Um die Faszination von Menschen, Dinge zu verbrennen und sich daran zu bereichern und um das Aufrechterhalten der Privilegien.

Worum geht es wirklich?
Macht, Geld und Gewissenlosigkeit.

Lesenswert?
Ja, eine lehrreiche und wütend machende Lektüre. Ich finde den Titel höchst ansprechend und das Buch behandelt genau dieses Thema. Warum sind es Männer und nicht generell Menschen? Weil eben die meiste zentrierte Macht weltweit noch immer bei Männern (und deren Unternehmen) liegt.
Die Menschen, um die es hier geht, sind reich und mächtig und wollen noch mehr oder zumindest den Ist-Zustand aufrecht halten. Dafür lügen, manipulieren und bestechen sie gewissenlos.
Stöckers Schreibstil ist angenehm und gut verständlich, man kann ihm auch ohne viel Vorwissen folgen. Die Kapitel sind thematisch geordnet, eine Lektüre nach der vorgegebenen Reihenfolge scheint die beste Wahl zu sein.
Ich würde generell eine gewisse Offenheit gegenüber Kritik an fossilen Brennstoffen empfehlen, wenn man dieses Buch lesen will. Ist man dem grundsätzlich absolut abgeneigt, werden einen die Worte und Erkenntnisse vermutlich nicht erreichen und eher verärgern. Für diejenigen, die aber mehr über die Zusammenhänge weltweit verstehen wollen, die sich für Hintergründe und Verstrickungen interessieren, für die könnte diese Lektüre genau das richtige sein. Sie ist auf jeden Fall sehr bereichernd und bringt viel Erkenntnis mit sich für Entscheidungen, die man sonst nie nachvollziehen konnte.
Es geht um Lobbyarbeit, Journalismus, verschiedene Parteien (mit Fokus auf Europa und USA) und dem großen Geldverdienen. Stöcker lässt hierbei keine Alternativen zu, sondern fordert kompromisslos ein Umdenken, wenn wir unsere Gesellschaft weiter aufrecht erhalten wollen.
Mich lässt sie Lektüre wütend, aber nicht hoffnungslos zurück. Stöcker schafft es, einen schönen erzählenden Bogen zu schlagen, zu einem Ausblick, der auch positive Aspekte beinhaltet und Mut macht. Die Feststellung, hinter wie vielen Entscheidungen einfach nur Geldgier steckt und welche Personen oder Unternehmen eng verbunden sind, macht bei der Lektüre jedoch fassungslos.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.05.2024
Und alle so still
Fallwickl, Mareike

Und alle so still


ausgezeichnet

schmerzhaft

Worum geht es?
Von jetzt auf gleich entscheiden sich Frauen, die Care-Arbeit ruhen zu lassen. Die Gesellschaft und das Land sind nicht gewappnet, was das für Auswirkungen haben wird.

Worum geht es wirklich?
Zusammenhalt, Befreiung und Mut.

Lesenswert?
Ja, für mich war die Lektüre sehr bewegend und auch bereichernd. Zwischendrin gab es Situationen, denen ich nicht so gut folgen konnte und meine Bewertung hat sehr geschwankt.
Schlussendlich hat mich das Buch aber auf so vielen Ebenen überzeugt und auch berührt.
Die drei sehr unterschiedlichen Protagonist*innen fand ich spannend und gut gewählt. Es war schön, dass hier verschieden Altersgruppen repräsentiert wurden - was übrigens für das gesamte Buch gilt. Die Autorin spricht echt viele Themen an: Es geht um Carearbeit, um Pflege, um unterdrückende Familienstrukturen, um toxische Männlichkeit und Gefühle empfinden dürfen. Über allem steht die Frage, was passiert, wenn Frauen ihre Arbeit niederlegen, wenn plötzlich die Arbeit in vielen prekären Berufsfeldern nicht mehr ausgeführt wird. Was passiert im Krankenhaus, was mit den Patient*innen? Die Autorin beschreibt hier in wenigen Szenen das dramatische Ausmaß. Spannend, dass also eine Gruppe eigentlich so viel Macht hat, diese aber real nicht umgesetzt oder genutzt wird. Beispielhaft wird mehrmals Island angesprochen, wo die Frauen tatsächlich für einen Tag ihre Arbeit niederlegten und einfach streikten. Selbstverständlich hat auch die Arbeit von Männern einen großen Wert in der Gesellschaft, dieser wird jedoch allgemein anerkannt und man ist sich dessen bewusst.
In diesem Buch spielen die Frauen und ihre Arbeit eine Rolle, bzw. auch die generelle Arbeitskraft in bestimmten Berufsgruppen. Eine der Hauptfiguren ist ein junger Mann, der mehrere Jobs annehmen muss um genug Geld zum überleben zu verdienen, dessen Arbeitskraft ausgebeutet wird und der ebenfalls versucht sich von der Last des Patriarchats zu befreien.
Sprachlich hat mir das Werk gut gefallen, die geschilderten Szenen sind so eindrücklich und teilweise erdrückend. Stellenweise sehr emotional und haben beim Lesen viel aufgewühlt.
Die Autorin erklärt dabei viele Dinge nicht, sondern lässt sie einfach am Rande einfließen. Aufbauend ist hierbei vor allem die Sicht auf Freundinnenschaft und Loyalität unter Frauen. Extrem bereichernd, dass sich die Autorin hier nicht gängiger Klischees bedient.
Ich finde das Buch sehr klug und voller wichtiger Themen. Kann man jedem Menschen empfehlen, da man viel dabei mitnehmen kann oder einfach nur leichte Denkanstöße bekommt.

Bewertung vom 04.05.2024
Sparks (eBook, ePUB)
Dawson, J. R.

Sparks (eBook, ePUB)


sehr gut

chosen family

Worum geht es?
Ein Zirkus voll Menschen mit magischen Fähigkeiten zu Beginn des 20. Jahrhunderts, immer auf der Flucht vor dem bösartigen Circus King.

Worum geht es wirklich?
Gemeinschaft, Liebe und Schicksal.

Lesenswert?
Ja, hat mir wirklich gut gefallen. Das Buch spielt in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Im Mittelpunkt steht eine Gruppe Artist*innen, die alle mit besonderen magischen Fähigkeiten ausgestattet sind und diese für ihre fantastischen Shows verwenden. Der Zirkus ist jedoch ständig unterwegs, weil sie sich auf der Flucht vor ihrem Gegner, dem dunklen Circus King, befinden. Nach und nach erfährt man die Hintergründe dieses Kampfes und auch immer mehr über die Talente der jeweiligen Mitglieder.
Ich war ob der Düsternis überrascht, da das Buch mit seinem historischen Setting auch während der Weltkriege spielt, bzw. Kämpfe und Traumata eine Rolle spielen. Trotzdem war die Brutalität nicht ausufernd oder voyeuristisch geprägt. Dieses Können hat mich sehr fasziniert.
Die Figuren sind teilweise queer, aber auch Queerfeindlichkeit spielt eine Rolle. Der innere Kern der Artist:innen geht wohlwollend miteinander um, die äußere Welt jedoch nicht immer.
Erwähnenswert empfinde ich die Art, wie Dawson gesellschaftliche Themen einarbeitet. Neben den historischen Gräueltaten findet individuell trotzdem ein aufgeschlossenes Miteinander statt. Dass Dawson den Fantasyaspekt dafür einsetzt und einfach aufzeigt, wie Menschen mitgedacht werden können, ist eine wundervolle Entscheidung.
Das Buch regt irgendwie zum Nachdenken an, es werden Emotionen sehr gut rübergebracht und soviel durch die Dialoge und Reaktionen gezeigt. Gerade in dem Zusammenspiel von Ruth und Edward war das richtig gut und auch richtig erschreckend. Wow!
Die Handlung an sich fand ich stellenweise zu gering, dafür wurde der Fokus eher auf andere wichtige Dinge gelegt.
Sprachlich ist die Übersetzung sehr gut gelungen.
Zusammenfassend hat das Buch wirklich viele tolle Aspekte und ich kann kaum glauben, dass das ein Debüt sein soll. Ich möchte auf jeden Fall weitere Bücher von Dawson lesen.