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Märchens Bücherwelt
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Wolfenbüttel

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Insgesamt 231 Bewertungen
Bewertung vom 02.05.2024
The Vienna Writers - Sie schrieben um ihr Leben
Maetis, J.C.

The Vienna Writers - Sie schrieben um ihr Leben


sehr gut

Nach dem Anschluss Österreichs 1938 werden die Übergriffe der Nazis auf nicht arische Menschen immer schlimmer und gefährlicher. Auch die jüdischen Cousins Mathias Kramer und Johannes Namal samt ihrer Familien spüren die gefährlichen Auswirkungen. Beide als Schriftsteller bekannt und zum besonderen, aber gesuchten Kreis, bestehend aus Wissenschaftlern, Philosophen, Schriftstellern, Psychiatern und Mathematikern, des als aufrührerisch bezeichneten Sigmund Freud gehörend, müssen sie um ihre Sicherheit bangen.

Durch ein gigantisches, raffiniertes Netz entscheiden sie sich für einen Identitätswechsel samt körperlicher Veränderungen, direkt vor den Augen der Feinde lebend, da es keine Alternativen gibt. Wäre da nicht der sadistische, machthungrige Scharführer Heinrich Schnabel, der immer einen Schritt voraus ist und sich zum Ziel gesetzt hat, diesen Kreis auffliegen zu lassen.

Ich habe jetzt schon einige Bücher über den Holocaust und die politischen Geschehnisse gelesen und bin mal wieder überrascht, eine völlig andere Seite kennengelernt zu haben. Dieser Roman des Thrillerautors John Matthews, der dieses Buch unter dem jüdischen Familiennamen seines Vaters und zum Gedenken zahlreicher Familienmitglieder, die dem Holocaust zum Opfer fielen, schrieb, zeigt eine neue Sichtweise auf die dunkle Epoche. Der Druck, die Herkunft verbergen zu müssen, weil die Sanktionen so einschneidend, demütigend und in den meisten Fällen mit dem Tod endeten, haben auch viele Familien zerrüttet und auseinandergerissen. Auch die Möglichkeit der Identitätsveränderung, um diesem Schicksal zu entgehen war für mich völlig neu.
Man konnte die Angst der beiden Familienväter spüren, sowohl um die Familie als auch die eigene Sicherheit. Die Darstellung der Einschränkungen und die erniedrigende, widerwärtige Vorgehensweise hat mich innerlich viele Male zerrissen.

Was hab ich mitgefiebert, mitgelitten und trotz der Unterstützung des hilfsbereiten Kommissars Josef Weber war es ein Katz und Maus Spiel. Abwechselnd wird aus der Sicht von Mathias und Johannes erzählt, zwischendurch auch aus der Beobachterperspektive über die Abläufe der SS, im Konzentrationslager Sobibór und dem Netz aus Helfern, die sich unter Lebensgefahr auf verschiedenste Weise für die Opfer eingesetzt haben. Jedes Kapitel wird mit einem Zitat Sigmund Freuds oder einem neuen gesetzlichen Erlass gegen andere Rassen eingeleitet.

Die Geschichte beginnt langsam, gibt nach und nach Einblicke in die jeweiligen Familien, deren Verbindungen, die drohende Gefahr und nimmt immer mehr Fahrt auf. Mit etlichen unerwarteten Wendungen, Dramatik pur und Nervenkitzel schafft es der Autor, die Anspannung im weiteren Verlauf zu steigern, einen bis an die Grenzen zu katapultieren, wie eine nicht endende Achterbahnfahrt.

Dabei werden Fragen nach der eigenen Courage aufgegriffen, was ist man bereit für seine Familie und das eigene Leben zu riskieren, wie bestechlich ist man und zeigt in verschiedenen sehr nahe gehenden Szenen die Menschlichkeit aber auch dem gegenüber die krasse Unmenschlichkeit auf. Man beginnt sogar, sich selbst dabei zu hinterfragen, wie man in bestimmten Situationen und der ganzen Ausweglosigkeit reagiert hätte.
Das Buch muss man wirken lassen, es ist toll recherchiert und bietet eine weitere für mich neue Sichtweise auf dieses menschenunwürdige Geschehen unserer Geschichte. Ich habe vor Wut und Entsetzen aufgrund der ganzen Ungerechtigkeit und Vorgehensweise einige Male mit den Tränen gekämpft.

Es mag vielleicht etwas nüchtern wirken und man muss sich etwas an die verschiedenen und neuen Namen gewöhnen, doch die Charakterzeichnung war eindrucksvoll, zeigt Schwächen, die schiere Verzweiflung, ebenso wie die Hoffnung auf den kleinsten Hauch des Überlebens und dem Drahtseilakt zwischen Vertrauen und Vorsicht. Ein ganz starkes Buch, gegen das Vergessen, für die Menschlichkeit und Nächstenliebe.

Bewertung vom 25.04.2024
Herzklopfen im kleinen Bonbonladen am Meer
Rogasch, Julia

Herzklopfen im kleinen Bonbonladen am Meer


sehr gut

Egal ob Sommer oder Winter – jeder Syltroman von Julia ist ein Lesegenuss und es macht unglaublich viel Spaß mit ihr auf Reisen zu gehen.

Dieses Mal begleiten wir Marla auf die malerische und so eindrucksvolle, spezielle Insel Sylt. Alle Pläne für einen Neuanfang auf der Insel, die sie mit ihrem Freund hatte, sind zerplatzt, die Anreise ist eine Katastrophe und wäre da nicht ihre treue beste Freundin Insa, sähe die Welt auf Sylt deutlich düsterer aus. Ein Zwischenfall auf dem Autozug mit Peer und seiner Tochter Levke stellen die Weichen für einen alles verändernden Kontakt zu Oma Alva und ihrem Zuckerhüs. Dieser Bonbonladen kommt für ein gebrochenes Herz gerade richtig und mit ihrer so verständnisvollen, mitreißenden Art motiviert sie Marla, nicht aufzugeben, sich Ziele zu setzen und dafür zu kämpfen. Auch ihre Enkelin Levke erobert ihr Herz ebenso wie das ihres Vaters.

Allerdings steht es um das Zuckerhüs nicht so gut, Alvas Alter, Verpflichtungen in Hamburg und familiäre Probleme drücken die Stimmung und es müssen viele Entscheidungen getroffen werden.

Oma Alva hat mich so sehr an Oma Änne aus einem anderen Roman der Autorin erinnert, einer meiner Lieblingsromane. Beide haben sich durch ihre besondere Art in mein Herz geschlichen. Diese selbstlose, hilfsbereite und immer positive Art, die auch auf andere wirkt und ebenso in das Zuckerhüs einlädt, wie die Süßigkeiten selber. Doch auch die kleine Maus Levke mit ihrer erfrischenden, kindlich aufgeweckten Art ist einfach zu süß, meine kleine Favoritin.

Die Schicksale aller haben mich sehr berührt, eine Verflechtung, die umfangreicher ist als angenommen, aber ein Überraschungsfinale ergibt, mit dem ich so nicht gerechnet habe. Und gleichzeitig erlebt man dieses unglaubliche Inselflair, das ich bislang auf noch keiner anderen Insel so grundverschieden und beeindruckend erlebt habe.
Nicht nur was die Menschen betrifft, sondern die vielfältige Natur mit all seinen Nuancen, ob raue See oder Wattenmeer, gemütlich mit Reetdach und hyggeligem Gefühl oder Prestige und Reichtum. Eine Insel voller Widersprüche, dessen Zauber man aber nicht entkommt.

Ich hab es geliebt, all die Eindrücke wirken zu lassen und nebenbei eine gefühlvolle, emotionale Geschichte zu genießen, die Einblicke in die Herstellung von Süßigkeiten gibt, Geschmack und Gerüche transportiert, als wäre man direkt vor Ort. Die Charaktere sind authentisch und auch wenn es mit einigem Herzschmerz verbunden ist, sind es genau diese Personen, die sich gegenseitig helfen, unterstützen und versuchen füreinander da zu sein.

Alleine das Cover und dessen Haptik laden schon ein – das Zuckerhüs ist genauso wie in der Geschichte beschrieben und streicht man darüber, spürt man das Reetdach, die Steine, die speziell gearbeitet sind. Und dann beginnt man zu lesen und ist mittendrin, fühlt mit, erlebt große Gefühle, Ängste, Sorgen, gescheiterte Pläne, neue Ziele, Verlustängste, Abschiede, Neuanfänge und den Wert von Freundschaft und Zusammenhalt. Und ganz nebenbei darf man in Gedanken viele Seelenstreicher an Süßigkeiten im Geiste probieren.

Obwohl ich über die häufigen Wows schmunzeln musste, kann ich diesen Roman wärmstens empfehlen, man kann die vielen wunderschönen Eindrücke gar nicht alle in Worte fassen, das muss man selber fühlen und diese Reise lohnt sich, auch wenn sie leider schon wieder zu Ende ist. Aber im Herbst geht es weiter und auf den Wintertee freue ich mich auch so unglaublich.

Bewertung vom 22.04.2024
Worte und Wunder
Kaiser, Ann-Sophie

Worte und Wunder


gut

Buchhandlung Klinger – ein stolzer Besitz, der speziell für die Tochter Ruth eine ganz besondere Bedeutung hatte. Doch dann kam der Krieg und mit ihm zahlreiche Opfer. Der Laden zerbombt, der Hoffnungsträger und Sohn Friedrich im Krieg verschollen und der Vater beim Bombenangriff getötet. So rafft sich die verbliebene Familie auf, um nach dem Krieg die Scherben zusammenzusammeln und die Buchhandlung zu neuem Leben zu erwecken, doch sowohl die Schwiegertochter Rosa als auch Ruth, deren Ehemann Willi auch als verschollen gilt, haben ganz unterschiedliche Ansichten. Dann taucht auch noch ein junge Frau namens Lore auf, verwaist und obdachlos und bringt neuen Schwung in den Laden…
Diese Geschichte steckt voller Geheimnisse und sämtliche Charaktere tragen sie verborgen, viel zu viel hat der Krieg genommen und sie in Ungewissheit gelassen. Fehler, die gemacht werden, Entscheidungen, die getroffen werden und es scheint sich wie eine Schlinge für alle immer weiter zuzuziehen.

Die Entwicklungen in Deutschland während des Wiederaufbaus, der Konflikt zwischen der Sowjetunion und den Allierten, der zur Teilung von Ost und West führte und für etliche Bewohner erneute Not nach sich zog, die Einführung der Deutschen Mark und auch die Veränderung in der Buchwelt, als nicht mehr alle Bücher unter Diktat standen und das Taschenbuch langsam Einzug hielt – all das wird hier in der Familiengeschichte geschickt mit eingebaut, während jedes Familienmitglied anders mit den neuen Geschehnissen umgeht.

Ruth mit ihrer kühlen, abweisenden Art macht es ihrer Schwägerin Rosa schwer, als Team zu arbeiten, gemeinsam Ideen zu sammeln und umzusetzen. Aber Rosa hat so eine einnehmende, lebendige Art und obwohl sie redet wie ein Wasserfall, hat sie das Herz am rechten Fleck und versucht die Familie zusammenzuhalten.
Besonders nachdem immer wieder Dinge passieren, die alles Bisherige auf den Kopf stellt. So manche Herausforderung, auch von der Konkurrenz, ist zu meistern und jeder muss seinen Platz finden und auf sein Herz hören.

Eine nette Geschichte für zwischendurch, nicht wirklich überraschend, auch ohne große dramatische Szenen, aber dennoch hat mir das Buch, das ich nebenbei auch als Hörbuch genossen habe, gut gefallen.

Die Stimme von Yara Blümel passte zu den Frauen, ihrer Stimmung, ihrem Charakter und hat auch die Stimmung gut rübergebracht. Es geht um Zusammenhalt, Aufrichtigkeit, Aufarbeitung von Erlebtem, Vergebung und die Bedeutung von Familie und das ist der Autorin wirklich gut gelungen.

Bewertung vom 20.04.2024
Wohin unsere Träume ziehen
Cantrell, Josephine

Wohin unsere Träume ziehen


sehr gut

Mit Josephines Büchern fängt man immer an zu träumen. Sie hat diese ganz besondere Art, den Leser auf Reisen in die Vergangenheit mitzunehmen und dabei historische Elemente mit einfließen zu lassen.

Die Psychologin Sheila Mooney gestaltet mit ihrer Freundin Cara einen erfolgreichen Podcast namens Tales of Crime, in dem es um wahre Verbrechen geht. Ihre neue Aufgabe bringt Sheila auf die Spuren der Vergangenheit – 100 Jahre zurück zur Zeit des irischen Unabhängigkeitskrieges.

Mit ihrem gigantischen Wolfshund Fintan begibt sie sich nach Tirnac in Donegal, denn hier scheint ihre Urgroßmutter Mabel ihre Wurzeln zu haben. Ein Geheimnis, dass sie mit ins Grab nahm und Sheila setzt zusammen mit den 90jährigen Zwillingsbrüdern Seamus und Toffy und dem jungen Autor Colin, der sich zurzeit auf dem Anwesen Bell House befindet, alle Hebel in Bewegung, um auf Spurensuche zu gehen. Was sie hier entdecken, ist ein Schicksal einer jungen Frau, das wirklich unter die Haut geht.

Dazu wird man öfter in die Zeit der jungen Mabel zurückversetzt und es erschüttert einen, was für Grausamkeiten während des irischen Unabhängigkeitskrieges passiert sind, was Menschen erdulden mussten und wie sie noch Jahrzehnte später darunter zu leiden hatten. Ein Schicksal mit ganz viel Gänsehautfeeling.

Die Aufmachung, der Einstieg und die Entwicklung der Geschichte haben mich wieder mal sehr begeistert. Es ist so leicht einzutauchen, sofort mitten im Geschehen zu sein und durch die landschaftlichen Schilderungen ebenso wie der Charaktere sich wie ein Teil der Geschichte zu fühlen, alles direkt vor Augen zu haben und sich wegträumen zu können.

Sowohl Sheila als auch Mabel haben ihre ganz eigenen Träume. Durch Umstände, Probleme und Entwicklungen, auf die sie nicht immer Einfluss hatten, die sie aber prägten und deshalb alles versucht haben, um tapfer zu sein, für das zu kämpfen, was ihnen am Herzen lag.

Auch die aufkeimenden Gefühle und dieses Knistern zwischen Colin und Sheila hat mir gut gefallen. Sanft, mit viel Humor und dennoch immer ein wenig geheimnisumwoben entwickelt sich eine Romanze, die weder überstürzt noch unauthentisch wirkte. Eben wegen der ganzen Aufs und Abs, unerwarteter Wendungen und einigen enttäuschenden Reaktionen war es mal ganz anders.

Ich hab es genossen, wie auch der Wolfshund ein wesentlicher Teil der Geschichte war, dieser Riese mit dem sanften Wesen und oft Vermittler zwischen den Akteuren der Story.

Wieder mal ein Roman, der zu Herzen geht, eine Mischung aus Fiktion und Realität, historischen Ereignissen, die für so viel Leid und Kummer gesorgt haben, aber in einer wunderschönen Geschichte wieder aufleben konnten. Egal in welcher Situation man ist, Träume helfen, ein wenig Licht am Horizont zu sehen, niemals aufzugeben und seinen Träumen zu folgen, egal wohin sie einen tragen.

Toller Generationenroman voller Geheimnisse, dramatischer Geschehnisse, authentischen Charakteren, Romantik, einer Suche nach dem persönlichen Atlantis, dem perfekt gerösteten Toast und einem Hund zum Verlieben.

Große Leseempfehlung!

Bewertung vom 15.04.2024
Just Another Missing Person - Findest du sie, wirst du alles verlieren
McAllister, Gillian

Just Another Missing Person - Findest du sie, wirst du alles verlieren


sehr gut

Die derzeitige Ermittlung nach einem vermissten Mädchen wird für die erfolgreiche Ermittlerin Julia Day zu einem Albtraum. Alle ihre Prinzipien und Grundsätze werden auf die Probe gestellt, denn wenn sie nicht eine falsche Fährte auslegt und damit einen Unschuldigen ausliefert, ist die Sicherheit ihrer Tochter gefährdet, denn der unbekannte Erpresser hat Kenntnis von einem dunklen Geheimnis.

Wie weit würde man gehen, um seine Liebsten zu schützen? Würde man es drauf ankommen lassen, mit allen Konsequenzen oder nach einem Schlupfloch suchen? Genau vor dieser Entscheidung steht Julia, nicht nur ihr Familienleben, sondern auch ihre Karriere hängt davon ab und erstere ist schon in Schieflage geraten.

Was die Spannung noch steigert, ist die Tatsache, dass die Geschichte von Julia, aus der Sicht des Vaters des gesuchten Mädchens und der Mutter des Beschuldigten erzählt wird. So erfährt man mehr über ihre Sichtweise, ihre Verzweiflung, ihre Ängste und Sorgen und was sie alles selbst bereit sind zu tun, um Licht ins Dunkel zu bringen. Dadurch entstehen so viele raffinierte Wendungen, Verdachtsmomente, die Beweislage scheint eindeutig und doch wieder nicht, weil es ständig Zweifel zwischen dem Offensichtlichen, der Verhaltensweise und neuen Kenntnissen gibt.

Allerdings hat mich ab und zu die Denk- und Verhaltensweise des Vaters etwas genervt, das war zeitweise etwas langatmig und verworren. Auch Julias Art, deren Arbeit oft wichtiger erscheint als die eigene Familie und dabei ziemlich uneinsichtig reagiert, fand ich etwas suspekt, kühl und gewöhnungsbedürftig.

Ein psychologisches Verwirrspiel, das die Autorin bis zum Schluss immer wieder dreht und durch Julias Entscheidungen und dem Spiel mit dem Feuer noch zusätzlichen Zündstoff mit reinbringt. Niemals hätte ich mit dieser Entwicklung gerechnet. Die Nerven bleiben bis zum Schluss gespannt und währenddessen überlegt man immer wieder, wie man wohl selbst reagiert und entschieden hätte.

Mit dem zusätzlichen Hörvergnügen der wirklich hervorragenden Erzähler wird das Buch noch intensiver präsentiert, die Stimmen passten perfekt zu den Charakteren und haben den Zuhörer damit noch mehr in die Handlung gezogen, Nervenkitzel ist vorprogrammiert.

Die Handlung baut sich langsam auf, aber irgendwann nimmt sie so viel Fahrt auf, dass man nicht mehr aufhören kann und völlig überrumpelt von den Twists ist. Du denkst, Du weißt was passiert- dann hast Du Dich täuschen lassen!

Bewertung vom 12.04.2024
Und Großvater atmete mit den Wellen
Teige, Trude

Und Großvater atmete mit den Wellen


sehr gut

Trude Teige erzählt in einer mitreißenden Geschichte von den Erlebnissen ihrer Familie zur Zeit des 2.Weltkriegs. Als ich diese Geschichte zu Ende gehört und dann das Nachwort gelesen habe, war ich fasziniert und gleichzeitig erschüttert, denn hier zeigt sich wieder einmal, wie sich Ereignisse der Vergangenheit bis in die späteren Generationen auswirken.

Die norwegischen Brüder Konrad und Sverre werden auf dem Weg ihres Handelsschiffs Richtung Australien von einem japanischen U-Boot torpediert und geraten in Gefangenschaft. Obwohl Konrad die Flucht in einem Rettungsboot gelingt, strandet er an der Küste Javas und wird verletzt auf die dortige Krankenstation gebracht, wo er die ebenfalls norwegische Krankenschwester Sigrid kennen- und lieben lernt. Doch die Zweisamkeit endet jäh, als die Japaner sie in getrennte Gefangenenlager bringen, eins für Frauen, eins für Männer. Eine schreckliche, unmenschliche Tortour beginnt, in der die Menschen schon bald den Grausamkeiten, Hitze, Krankheiten, Hunger, Folter und Willkür der Wächter ausgesetzt sind. Die Strafen für kleinste Vergehen verlaufen auf menschenunwürdigste Art und so manches Mal hab ich mit den Tränen gekämpft.

Oft musste ich an den Film Paradise Road denken, der mich damals auch extrem erschüttert hat. Nur der Willensstärke von Sigrid und auch einigen anderen tapferen Frauen ist es zu verdanken, dass sie sich trotz drohender Strafen und Erniedrigung einsetzten, um sich gegenseitig zu helfen, kreativ zu werden und für das Überleben der Gefangenen kämpften. Auch im Männerlager sah es nicht anders aus und so erlebt man abwechselnd aus der Sicht von Konrad und Sigrid, was in den Lagern passiert ist.

Auch wenn die Geschichte überwiegend über die Lagerzeit berichtet, gab es auch so manche schöne Begebenheit, die zeigt, was Zusammenhalt, Mut und Freundschaft ausmacht und wie man auch unter den schlimmsten Zuständen den Glauben und die Hoffnung bewahrt. Immer wieder fließt hier auch der Titel mit ein, was ich absolut passend fand.

Die Wendung am Ende hat mich auch nochmal an meine Grenzen gebracht, weil ich damit überhaupt nicht gerechnet habe, es aber trotz allem eine insgesamt zufriedenstellende Entwicklung nahm.

Schonungslos wird das Vorgehen der Japaner mit den Gefangenen erzählt, die in nichts dem Verhalten der Nazis nachstanden, die ohne Skrupel und völlig gefühlskalt und brutal gegen Feinde vorgingen, ungeachtet, ob Menschen um Gnade gefleht haben, kleine Kinder, Ältere oder Geschwächte waren.
Dennoch finde ich es wichtig, sich auch mit diesem Teil der dunklen Ära des 2.Weltkrieges zu beschäftigen, unter dem die gesamte Bevölkerung in den verschiedensten Formen leiden mussten. Geschichten gegen das Vergessen und um daraus zu lernen.

Obwohl es der 2.Teil ist, kann man ihn unabhängig vom 1.Teil lesen, wo es um den Großvater Konrad und seine Lebensgeschichte geht.

Es ist ein emotionsgeladenes Buch auf Tatsachen beruhend und die Autorin hat mit ihrem angenehmen, fesselnden und beeindruckenden Schreibstil einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Bewertung vom 10.04.2024
Eine leise Ahnung von Glück
Lange, Kerstin

Eine leise Ahnung von Glück


gut

Die Handlung spielt in zwei Zeitebenen, die einen in die Zeit des zweiten Weltkriegs nach Frankreich, in der Nähe von Amiens versetzt, zur Zeit der deutschen Besatzer und dem Beginn der Widerstandsbewegung. Die junge Carole muss mit anschauen, wie ihr Vater als Bürgermeister des Dorfes mit den Deutschen kollaboriert und der Offizier Manfred bei ihnen im Haus einquartiert wird. Während sie mit der Nachbarin und Freundin Madame Pirotte einige geheimnisvolle Aktionen durchführt und aufgrund schlimmer Erlebnisse einen Groll gegen die Besatzer hegt, keimen trotzdem Gefühle auf, weil Manfred sich ganz anders verhält als seine Kameraden.

Parallel dazu wird man in das Jahr 2023 nach Düsseldorf versetzt, wo Louisa verzweifelt eine Pflegekraft für ihren kranken Vater sucht, der aber bislang alle mit seiner Art vergrault hat. Das Auskommen mit ihm als Vater ist schwer, denn auch ihr gegenüber reagiert er mürrisch und abweisend. Egal welche Anstrengungen sie unternimmt, sie kann es ihm nie recht machen und als sie dann noch auf ein Familiengeheimnis stößt, versucht sie alles in Erfahrung zu bringen, um ihr Verhältnis zu ihm aufzubessern, denn sie hat ihrer verstorbenen Mutter ein Versprechen gegeben.

Der Einstieg in die Geschichte beginnt langsam, während man erstmal Einblicke in die Charaktere und die Handlung erhält. Caroles zerrissene Gefühle in diesen Kriegszeiten, der drohenden Gefahr der Besatzer und den Sanktionen, die als Demütigung dienen, kann man gut nachvollziehen. Dazu kommen noch die verbotenen Gefühle für einen Offizier, der ihr ganzes Leben auf den Kopf stellt und sie zwischen Herz und Verpflichtung entscheiden muss. Eine folgenschwere Entscheidung, denn der Krieg ist unberechenbar, ebenso wie Gefühle.

Mit Louisa hab ich mich etwas schwerer getan, denn ihre Beziehung zu ihrem Vater ist kühl, während er introvertiert ist und alles mit sich allein ausmacht und nach außen wie ein Griesgram wirkt, dem man nichts recht machen kann.
Sie fällt oft mit der Tür ins Haus, handelt unüberlegt, womit sie sich immer wieder Probleme einhandelt. Sie meint es gut, aber an der Umsetzung scheitert es, auch was ihr Privatleben betrifft. So empfand ich sie sehr oberflächlich und ichbezogen, was mich öfter ziemlich gestört hat, wäre da nicht die neue Betreuungskraft, die genau das richtige Händchen für beide hat.

Je mehr Einblicke und Hintergrundwissen man erhält, desto mehr versteht man die Reaktionen, erlebt, wie die Handlungsstränge zusammenlaufen und so manches, was dabei ans Licht kommt, geht einem sehr nahe. Hier erlebt man nochmal eine andere Seite des 2.Weltkriegs, bekommt einiges an historischen Ereignissen mit, verbunden mit dem Vichy-Regime, dem Wintervelodrom in Paris und der Résistance. So manche Überraschung wartet auf den Leser, besonders am Schluss, der aber auch so einige Fragen offengelassen hat.

Ich mochte den historischen Teil mehr, sowohl von den Personen als auch den Ereignissen. Die Gegenwart war ziemlich kühl und trocken, zwischenzeitlich auch mit kleineren Längen und Wiederholungen verbunden, da hätte ich mir etwas mehr Spannung und Gefühl gewünscht.

Insgesamt ein unterhaltsamer historischer Roman, der Schreibstil ist angenehm und interessant recherchiert und der Titel ist passend in die Erzählung eingearbeitet – es geht um Verständnis, Vergangenheitsbewältigung, Familienzusammenhalt und dem Wunsch nach Liebe und Glück.

Bewertung vom 09.04.2024
Ein Traum aus Nuss und Schokolade / Café Alba Bd.1
Lombardi, Emilia

Ein Traum aus Nuss und Schokolade / Café Alba Bd.1


sehr gut

Ein Traum von Schokolade, eine Geschäftsidee aus der Not geboren und ein Rezept, so lecker, dass man noch heute davon schwärmt…Da lockt nicht nur das einladende Cover, das sofort die Vorfreude auf den Inhalt der Geschichte steigert!

Als die 16jährige Francesca in Alba im Piemont ihre Arbeit als Hausmädchen anfängt, ahnt sie noch nicht, was in nur kurzer Zeit auf sie zukommen wird. Die Familie Milani führt das erfolgreiche Café Alba, bis es zu einem schweren Schicksalsschlag kommt, der die Familie fast in den Ruin treibt. Während Francesca dem Sohn der Familie, Matteo im Café zur Hand geht und sich zwischen beiden Gefühle entwickelt haben, scheint eine gemeinsame Zukunft als auch die Weiterführung des Cafés fast ausweglos zu sein. Wichtige Lebensmittel sowie Gelder fehlen und jemand hat es auf das Café abgesehen und setzt nun alle Mittel und Hebel in Bewegung, um sich die Übernahme zu sichern. Doch Francesca kämpft um das, was ihr wichtig ist und hat eine folgenreiche Idee…

Diese Geschichte hat wirklich alles, was einen an Italien, die Gemütlichkeit, die Süsse und diesen gewissen Charme erinnert. Francesca ist trotz ihrer jungen Jahre verantwortungsbewusst und zuverlässig, was der Familie Milani trotz des Widerstands der Mutter zugutekommt, die für ihren Sohn schon eine materiell lohnenswerte Partie im Auge hat und sich vehement dagegen sträubt, dass ihr Sohn sich in ein Hausmädchen verliebt. Aber Matteo erkennt in Francesca so viel mehr als nur eine Arbeitskraft, er sieht ihren Humor, ihre Aufrichtigkeit und Hilfsbereitschaft und das was sie trotz aller Rückschläge und Aussichtslosigkeit auf die Beine stellen, ist wirklich großartig.

Die Beschreibungen der Kreationen ziehen einen in die Handlung, man hat das Gefühl, als würde man den Duft einatmen, den Geschmack auf der Zunge spüren und diese gewisse Atmosphäre wahrnehmen.

Man spürt die ganze Zeit diesen Wechsel zwischen Leichtigkeit und Gelassenheit, dann wieder Drama und Melancholie und diesen speziellen Charme, alles irgendwie toll aufeinander abgestimmt. Das Ende hat mit mir gespielt, mich gepackt, mein Herz zerrissen, gleichzeitig aber ein unerwartetes Finale gezaubert, genauso wie das Leben oft spielt- unvorhersehbar, wechselbar aber nie ohne Hoffnungsschimmer.

Deshalb von mir eine klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 08.04.2024
Das Leuchten des Meeres / Der Milchhof Bd.3
Kölpin, Regine

Das Leuchten des Meeres / Der Milchhof Bd.3


gut

Der 3.Teil der Milchhof-Saga in der friesischen Wehde. Der zweite Weltkrieg ist zu Ende, aber die Schatten reichen noch lange und weit. Zerstörung, Wirtschaftskrise, Einschränkungen, Armut und mühseliger Wiederaufbau. Auch der Milchhof hat darunter zu leiden. Immer noch dürfen sie nicht zur alten Produktion zurück, das Prinzip des Reichnährstands ist nach wie vor aktuell. Mit etlichen Ideen versuchen sie, den Milchhof über Wasser zu halten, dessen Betrieb nun überwiegend Linas Tochter Alea übernommen hat. Das angespannte Verhältnis zu deren Tochter Enna, die sich von dem Gedankengut der Nazis hat prägen lassen, bringt zusätzliche Unruhe in den Betrieb.

Doch etliche Ereignisse und schmerzvolle Verluste, Konflikte, Abschiede und Neuanfänge müssen passieren, um ein Umdenken zu veranlassen, auch wenn es viel Kraft, Nerven und Tränen kostet.

Die Autorin nimmt einen wieder mit nach Friesland, mit dem so typischen nordischen Dialekt, der die oft traurige Stimmung etwas auflockert. So manche Entwicklung geht einem sehr nahe, aber dank Oma Lina, die für alle ein hörendes Ohr hat und deren Herz an diesem Betrieb hängt, der mittlerweile schon zwei Weltkriege überstanden hat, werden so manche Probleme mit der richtigen Portion Frauenpower angepackt.

Das ein oder andere erfährt man auch wieder über die Produktion und Modernisierung, was dafür sorgt, dass man richtig Appetit bekommt oder sich in Gedanken die jeweiligen Produkte und deren Herstellung vorstellen kann.

Es hätte für meinen Geschmack ruhig etwas mehr Spannung vorhanden sein können. Etliches hat sich zu schnell und teilweise auch etwas vorhersehbar aufgelöst.

Es gibt einige Zeitsprünge, wodurch es ab und zu wie eine Aneinanderreihung von Ereignissen und Zeitraffer wirkte, dadurch fehlte es mir an manchen Stellen an Gefühl und es war nicht immer leicht, sich in die jeweiligen Charaktere hineinversetzen zu können.

Diesen Teil kann man zwar unabhängig von den anderen beiden Teilen lesen, weil auf vieles Bezug genommen wird, für das bessere Verständnis würde ich dennoch empfehlen, es zusammenhängend zu lesen.

Eine Geschichte über mehrere Generationen, in der es um Zusammenhalt in Zeiten der Not, Vergebung, Mut, Hoffnung, Abschiede, Neuanfänge und Vergangenheitsbewältigung geht. Ein interessanter, teilweise überraschender aber auch bewegender Abschluss.

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Bewertung vom 06.04.2024
Fritzi und Bille - Bloß nicht allein ins Bett
Klaßen, Stefanie

Fritzi und Bille - Bloß nicht allein ins Bett


sehr gut

Eine interaktive Gute Nachtgeschichte für alle verzweifelten Eltern und deren Kinder, die einfach nicht schlafen können und schon gar nicht im eigenen Bett.

Die kleine Fritzi und ihre Kuschelente Bille haben einfach keine Lust ins Bett zu gehen, warum auch, wenn man noch gar nicht müde ist, und stattdessen Kissenschlachten, Zwinkerspiele spielen oder Bücher angucken kann. Und warum nicht einfach mal probieren, bei Mama und Papa in dem so großen Bett zu schlafen, wo so viel Platz auch für das ganze Spielzeug ist. Doch auf einmal stehen Mama und Papa im Kinderzimmer und machen es sich ausgerechnet in ihrem Bett gemütlich. Also das geht ja wohl gar nicht…

Diese Geschichte ist wie eine Art Wimmelbuch, es lädt dazu ein, mit den Kleinen darüber zu sprechen, warum sie nicht im eigenen Bett schlafen wollen oder woran es liegt, dass sie nicht einschlafen können. Die lustigen Sprechblasen, die noch mehr zur Geschichte, dem Spielzeug und den Reaktionen von Bille und Fritzi erzählen, bietet einiges an Gesprächsstoff.

Die Illustrationen sind bunt und lustig gemacht, bieten eine Menge Abwechslung und wird für Kinder ab 4 Jahren empfohlen.

Die Idee ist toll, auch wenn mir das Ende etwas abrupt war, aber es wird mit Sicherheit sämtlichen Erwachsenen ein Schmunzeln entlocken, wenn sie an durchwachte Nächte und die Kinder zwischen sich erinnert werden oder vielleicht gerade mittendrin stecken. Eine tolle Lösungsmöglichkeit und ich hoffe, sie funktioniert bei vielen Familien.