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Fee04
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Bayern

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Insgesamt 147 Bewertungen
Bewertung vom 23.10.2023
Das achte Haus
Segtnan, Linda

Das achte Haus


gut

„Das Achte Haus“ von Linda Segtnan entstand durch Nachforschungen zu einem Stadtrundgang, bei welchem die Autorin auf einen alten, ungelösten Mordfall stieß.
Im Mai 1948 verschwindet die neunjährige Birgitta Sivander. Zuletzt wurde das Mädchen in der Nähe des Sportplatzes gesehen. Am nächsten Morgen wird sie tot in einem Graben im Wald gefunden.
Siebzig Jahre später recherchiert die Autorin akribisch zu Birgittas Schicksal. In dem Buch wird die aufwendige Recherche dargelegt, verwoben mit ihrem Privatleben. Der Cold Case fesselt Linda und während ihre Schwangerschaft immer weiter fortschreitet, dringt der Fall immer mehr in ihr Leben.
Linda bringt ein Mädchen zur Welt, vernachlässigt ihren erstgeborenen Sohn Sam und dringt immer tiefer in die Akten der damaligen Ermittlungen ein. Zwischen ihren eigenen Gedanken, Gefühlen und Ängsten, lässt sie ihre spirituellen Erfahrungen in das Buch einfließen.
Der Debütroman wird in zwei Zeitsprüngen und drei Teilen untergliedert.
Es werden neue Erkenntnisse aufgedeckt, die Autorin zeigt auf, dass bei den früheren Ermittlungen nicht allen Unklarheiten nachgegangen wurde. Auch sind jugendliche Straftäter nicht befragt worden und die Nachlässigkeit der damals ermittelnden Beamten wird offensichtlich.
Ein 14jähriger Junge war der Hauptverdächtige, seine Schuld konnte jedoch nicht bewiesen werden und es wurde wohl nicht detailliert ermittelt.
Die Autorin ist besessen von dem Fall, sie vernachlässigt ihre Kinder und schreibt sich selbst in die Geschichte. Sie spürt Geister und hat mittlerweile auch eine Geister-App installiert.
Für die Recherche und Darlegung der Fakten zu dem ungelösten Mordfall ist die Ausarbeitung ihres Privatlebens zu intensiv und nicht notwendig.
Sehr interessant wurde das Leben des Mädchens, der Ablauf vor dem Tathergang und die einzelnen Erinnerungen der weiteren Nebenprotagonisten ausgearbeitet.
Der Ort des Geschehens wurde bildlich dargestellt, als Leser konnte ich mich mit den Beschreibungen sehr gut zurechtfinden.
Ein wundervolles Andenken an das ermordete Mädchen.

Bewertung vom 18.10.2023
Yoga Town
Speck, Daniel

Yoga Town


ausgezeichnet

„Yoga Town“ von Daniel Speck ist eine ergreifende Liebesgeschichte
und eine spirituelle Reise.

Der Roadtrip nach Indien wird abwechselnd aus den Jahren 1968 und 2019 erzählt.

Lucy, Yogalehrerin in Berlin und ihr liebevoller Vater Lou machen sich gemeinsam auf die Suche nach ihrer Mutter Corinna, die plötzlich verschwunden ist. Der strukturierten, depressiven, stilvollen und charismatischen Corinna sieht es jedoch gar nicht ähnlich einfach zu verschwinden.
Nur eine Postkarte weist den beiden den Weg nach Indien.

Ein Roadtrip für Lou in eine wilde und ungestüme Vergangenheit mit Geschichten, die nicht erzählt werden wollen. Tochter Lucy steckt gerade selbst in einer Lebenskrise und ist sich nicht sicher, was diese Reise in die Vergangenheit bringt.

Und doch machen sich Lou und Lucy auf den Weg.

Lou, sein Bruder Marc und seine Freundin Marie brechen spontan nach Indien auf; es ist 1968, der Weg zur Freiheit, zur Erleuchtung, einem gewaltlosen Leben, Meditation und der Antwort, warum der Buddha lächelt.

„Awake, sleep no more!“
Yogananda
(Pos. 781, 7.Kapitel)

Der Traum der damaligen Generation „Love, Peace and Freedom“ mit welchem sie die Gesellschaft verändern wollten, war eine riesige Welle, die alle Hippies Richtung Indien spülte.

Die drei Suchenden treffen auf dem Trail Corinna und verbringen gemeinsam eine unglaublich intensive Zeit in Rishikes. In dem Ashram bei dem Pop-Guru Maharishi und den Beatles verbringen die jungen Menschen ihre Zeit, leben mit der Musik und sind im Einklang mit Körper und Geist; entweder durch Meditation oder Drogen. Jeder erlebt auf seine Art diese unfassbare Zeit.
Bis etwas schreckliches passiert und alle Stillschweigen bewahren.

2019: Lou und Corinna wollten nie mehr nach Indien, die beiden waren mit dem Land und der Kultur unglaublich vertraut und doch blieb Indien eine „Büchse der Pandora“ welche man fest verschlossen halten sollte.
Warum gerade jetzt Indien? Und warum erzählt Lou immer nur Bruchstücke aus der Vergangenheit? Für Lucy ein Puzzle, das es zu lösen galt.
Vielleicht ist dies der Schlüssel auf ihrem Weg. Und vor allem, wo ist Corinna?

Lucy ist geübt in Verdrängung und der Annahme, dass sich die meisten Probleme nicht lösen lassen. Sie verdrängt auch den Bruch zu ihrem Mann Adnan und den Kindern.

Ein Moment, in dem Lucy die Erfahrung von „Bewusstsein“ erlebt hat, bringt ihr geordnetes Leben komplett durcheinander. Nichts ist, wie es zuvor war.
Und Lucy verzehrt sich nach diesem Gefühl, dieser Erfahrung.
Und das schlimmste, sie konnte sich nach dieser Erfahrung nicht mehr mit sich und ihrem Leben identifizieren.

Zwei Generationen, der Weg zum Bewusstsein und zum „Peace of mind“ werden hier unglaublich bildlich,intensiv und farbig gezeichnet. Höhen und Tiefen wechseln sich ab, genau wie die Zeitsprünge von 1968 zu 2019 und zurück. Der Autor hat den Hippie Trail mit seinen leichten und schwierigen Wegen unglaublich lebendig und leicht gezeichnet. Und doch ist nicht immer alles Gold was strahlt, die inneren Leiden sind schwer, die Hoffnung schwängert jeden Luftzug auf dem Weg nach Indien auf ein anders, freies Leben. Die Musik der 60er Jahre klingt durch die Seiten. Als Leser ist man direkt in Indien, die Gerüche, die Komposition und das Gras benebelt die Sinne.

„Gandhis Worte: Es gibt keinen Weg zum Frieden, Frieden ist der Weg.“
begleitet uns durch den bewegenden Roman.

Daniel Speck hat mit seinen Protagonisten großartige Charaktere gezeichnet. Der Roman zeichnet sich durch die verschiedenen Formen von Liebe aus. Einer Reise nach Innen, in die Vergangenheit und zur Zukunft.
Was eine Familie ausmacht und wofür es sich lohnt zu leben.

„ Und dafür, niemand mehr zu werden, weil man schon alles war.“
(Pos. 3028, 23.Kapitel)

Ein unglaubliches Meisterwerk von einem begnadeten Erzähler.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.10.2023
Der Hund ohne Namen
Krauser, Uwe

Der Hund ohne Namen


ausgezeichnet

„Der Hund ohne Namen“ von Uwe Krauser wurde wunderschön von Franziska Frey illustriert.

Ein berührendes Kinderbuch über einen ganz besonderen Hund.

Neun kleine Hundebabys werden in einer Scheune geboren. Acht schneeweiße, weiche, flauschige Welpen und ein grauer Welpe mit stumpfen Fell und nur drei Beinchen.

Die Hundemutter ist sehr stolz auf alle Welpen und behandelt alle gleich. Der kleine graue Welpen kann nicht mit den Geschwistern herumtollen, er ist dafür zu langsam. Seine Traurigkeit darüber wird unglaublich berührend beschrieben. Als die Zeit des Abschieds von der Mutter naht, wünscht sich der kleine Hund einen Menschen, der ihm ein sicheres Zuhause gibt und ihn liebt.
Niemand jedoch möchte diesen „anderen“ Hund mitnehmen, bis Luca mit seinen Eltern die Scheune betritt.
Er bemerkt sofort, dass der kleine graue Welpe etwas besonderes ist und möchte ihn mitnehmen.

Das Kinderbuch bringt eine klare, leicht verständliche Botschaft zu den kleinen und großen Menschen. „Jeder ist gut, so wie er ist.“
Die herzerwärmende Geschichte berührt nicht nur Kinder. Die bezaubernden Illustrationen von Franziska Frey unterstreichen diese liebevolle Geschichte.

Es geht vor allem darum, dass Anderssein nichts schlechtes ist. Der Autor lehrt durch diese Geschichte über Freundschaft, Zuneigung und Liebe den Kindern, dass jeder auf seine Art besonders ist.

Bereits für Kinder ab 3-4 Jahren geeignet; die großen, eindrucksvollen Zeichnungen mit den abgestimmten Farben und die kurzen Texte sind auch sehr gut für Erstleser geeignet.

Eine klare Leseempfehlung für dieses unglaublich schöne Buch, auch bestens als Geschenk geeignet.

Bewertung vom 02.10.2023
Geschwister im Gegenlicht
Bode, Sabine

Geschwister im Gegenlicht


sehr gut

“Geschwister im Gegenlicht” von Sabine Bode handelt von einer Familiengeschichte, die mich als Leser nachdenklich zurücklässt.
Sonja Sänkel, SS-Sonja wurde sie während der Jugend genannt, und ihr älterer Bruder Rolf hatten jahrelang nur sehr wenig Kontakt. Erst als Sonja nach dem Tod ihres Mannes eine kleine Ferienwohnung an der Ostsee anmietet, wird der Kontakt intensiver.
Rolf kommt mit seiner schwierigen Tochter Nina auf Besuch und die beiden Geschwister beginnen sich anzunähern und gleichzeitig mit der Aufarbeitung ihrer Kindheit. Einer Kindheit während der Nachkriegszeit mit stolzen Nazis als Eltern.
Rolf war der Liebling ihrer narzisstischeren Mutter und Sonja, das Vorzeigekind nach Außen, wurde bereits als Kleinkind von der Mutter geschlagen. Rolfs Schläge durch den Vater wurden von der Mutter wohlwollend gesehen und jeder laute Schrei zauberte ein Lächeln auf ihr Gesicht.
Das Trauma ihrer Kindheit musste Sonja durch Therapien auflösen; deshalb hat sie bereits in jungen Jahren den Kontakt zur Mutter abgebrochen,
Rolf beginnt erst nach seiner gescheiterten Ehe und seinem Burnout mit der Aufarbeitung. Er kümmert sich immer noch um die narzisstische Mutter und versucht die Hintergründe der Eltern während der Kriegsjahre zu erforschen.
Viele Missverständnisse und Unausgesprochenes haben die Geschwister entzweit und jeder musste sein Leid durch die Eltern alleine verarbeiten.
Die Sprecherin Hemma Michel passt perfekt und durch ihre angenehme, ruhige Stimme gibt sie den Emotionen der Geschwister Raum.
Sabine Bode zeichnet die Protagonisten sehr verletzlich, empathisch und die bildliche Sprache vertiefen die Geschehnisse.
Das Thema der Nachkriegszeit wird beleuchtet, die Aufarbeitung der Familiengeschichte wird einfühlsam geschildert. Die Tatsache, dass beide Elternteile stolze Nazis waren, muss erst verdaut werden. Die Suche nach Antworten wird von vielen schlimmen Ereignissen während der Kindheit gezeichnet und erst jetzt wird vieles offenbart.
Die Nichte Nina gewinnt ihre Tante Sonja für sich, eine Verbindung wird aufgebaut und das Mädchen vertraut sich ihrer Tante an. Auch durch diese Bindung werden die zarten Familienbande gefestigt.
Die Gespräche und Erfahrungen von Rolf und Sonja bauen auf Vertrauen und die Vergangenheit kann gemeinsam besser angenommen werden.
Eine feinfühlige Erzählung und Aufarbeitung einer grausamen und schrecklichen Kindheit.
Ein empfehlenswertes Hörbuch,

Bewertung vom 27.09.2023
Und wir tanzen, und wir fallen
Newman, Catherine

Und wir tanzen, und wir fallen


sehr gut

„Und wir tanzen und wir fallen“ von Catherine Newmann ist ein berührendes Buch über Sterbebegleitung, Liebe und das Leben.

Edi und Ash sind seit ihrer Kindheit beste Freundinnen und haben alle Gedanken, Geheimnisse und Lebensabschnitte miteinander geteilt. Ash steht gerne (un-)beabsichtigt im Mittelpunkt und doch versteht und liebt Edi sie von Herzen. Sie sieht über die chaotische Art das Leben zu leben hinweg und erblickt dafür die Liebe und das Warmherzige.

Edi liegt mit Krebs im Hospiz, kämpft die letzten Tage um ihr Leben und erhält jegliche Unterstützung von Ash. Sie ist sofort zur Stelle, versucht Wünsche zu erfüllen und versucht mit diesem Schmerz umzugehen. Tränen fließen, Erinnerungen werden geteilt, es wird gelacht und solange es möglich ist, das Leben genossen. Der Schmerz und das Versagen der Organe gehen jedoch kontinuierlich und ohne Umwege ihren Weg und Edi verlässt nach und nach ihren Körper.

Sehr emotional werden die Bedürfnisse der Sterbenden und auch von Ash als Sterbebegleitung beschrieben.
Ekel über Körperflüssigkeiten und Gestank stehen im Verhältnis zu der unendlichen Liebe. Das Hospiz wird zu einem Ausnahmezustand, einer Zwischenwelt; hier bleibt alles stehen und draußen dreht sich das Leben weiter.

Weinen, Schmerz, Trauer und Ekel überschneiden sich mit Mitgefühl, Musik, Lachen, Essen und Gesprächen im Hospiz.
Ash versucht sooft es geht bei Edi zu bleiben und als diese fragt:

„Also, könntest du es so machen, dass sich meine Trauerrede tatsächlich um mich dreht?“

denkt Ash:

„Nichts zu wissen, scheint alles zu sein, was ich gerade weiß.“ (S.139)


Ein Buch über das Sterben, den Weg und die Kraft der Sterbebegleitung, sowie die Liebe, Hoffnung und den Mut zum Leben. Die Autorin hat ergreifend, schlicht und eindrucksvoll diesen Weg beschrieben.

Die Schreibweise ist einfach, verständlich, klar und humorvoll. Die Gefühle der Protagonisten wurden sehr gut ausgearbeitet, bildlich wurde das Hospiz mit seinen Patienten beschrieben.
Humorvoll und intensiv, kräftezehrend und warmherzig wurde das Gehen und Begleiten beschrieben, aber auch der absolute Ausnahmezustand, die Aktionen und Reaktionen darauf und vor allem die unendliche Müdigkeit.
Nicht nur der Sterbenden sondern auch der Sterbebegleitungen.

Ein intensives Thema, welches hervorragend die letzten Schritte eines geliebten Menschen beschreiben.
Sehr bewegend geschrieben, jedoch wurde der Austausch betreffend die Erinnerungen der Freundinnen nur gering ausgearbeitet und Edi‘s Leben dem Leser nur ansatzweise wiedergegeben. Eine Leseempfehlung, leider nur mit 4 Sternen.

Bewertung vom 17.09.2023
Die Butterbrotbriefe (MP3-Download)
Henn, Carsten

Die Butterbrotbriefe (MP3-Download)


ausgezeichnet

“Die Butterbrotbriefe” von Carsten Henn wurden wundervoll von Steffen Groth gelesen.
Der Sprecher hat die Protagonisten mit seiner Stimm- und Tonlage perfekt gezeichnet.
Carsten Henn ist ein begnadeter Autor, der mit seinen Worten tief berührt und mich als Leser:in
mit seiner poetischen und tiefgründigen Art ins Herz getroffen hat.

Kati Waldstein, geschieden, tief verletzt von der Gefühlskälte ihrer Mutter während ihres ganzen Lebens und im Stich gelassen als 8jähriges Kind von ihrem Vater möchte endlich ein selbstbestimmtes Leben beginnen und alles Alte hinter sich lassen.

Sie verfasst Abschiedsbriefe an alle Menschen, die wichtig in ihrem Leben waren und sie auf positive oder auch negative Weise geprägt haben. Ihr Vater hat Butterbrotpapier für Kati gesammelt und auf diesem Papier schreibt sie ihre Abschiedsworte. Nicht jeder möchte ihr “Lebewohl” hören und doch liest Kati die Briefe unbeirrt der betreffenden Person vor. Oftmals ist dies für alle sehr emotional, vor allem bei den Menschen, denen Kati viel verdankt und der Abschied schwer fällt. In dieser Zeit erfährt sie einiges über ihre Eltern, ihr eigenes Leben und warum sich vieles, in die falsche Richtung entwickelt hat.

Eines Tages trifft Kati den Obdachlosen Severin, der seine ganz eigene Geschichte mit auf die Reise genommen hatte. Die beiden empfinden eine Zuneigung zueinander, welche jedoch für Kati nicht tragbar ist. Sie verabschiedet sich gerade von ihrer Vergangenheit in ein neues, selbstbestimmtes Leben und Severin findet wieder in sein altes Leben zurück.

Ob die zwei unglücklichen Personen ein gemeinsames Glück finden können?

Kati muss jedoch erst ihren eigenen Weg finden, die Vergangenheit loslassen, um den Weg in die selbstbestimmte, liebevolle Zukunft zu finden. Wird ihr dies gelingen, nach alldem was sie durchgemacht hatte?

Der Autor hat einen flüssigen, berührenden Schreibstil, die Protagonisten werden authentisch beschrieben und die Charaktereigenschaften sehr intensiv herausgearbeitet. Emotional erzählt er eine Reise zu den tiefsten Gefühlen, erklärt das Loslassen und die verschiedenen Arten der Liebe.

Der Sprecher Steffen Groth hat mich als Hörer in diesen bezaubernden Roman gezogen, seine Stimme hat die Emotionen der Protagonisten sehr gefühlvoll wiedergegeben. Bildlich konnte man sich die verschiedenen Orte vorstellen und war an die Geschichte gefesselt.

Der Satz hat mich als Leser:in sehr bewegt und trifft genau den Kern der Geschichte:
“Das Schicksal bestimmt vielleicht wer in unser Leben kommt, aber das Herz, wer darin bleibt.”

Ein wundervoller Roman mit einer klaren Leseempfehlung.

Bewertung vom 15.09.2023
Das Mosaik meines Lebens
Wiebusch, Michaela

Das Mosaik meines Lebens


ausgezeichnet

Das Mosaik meines Lebens” von Michaela Wiebusch wurde wunderschön in verschiedenen Blautönen illustriert von Gisela Goopel.

Der Roman handelt von den 12 weiblichen Archetypen und den Weg der Selbstfindung.

Lisa entflieht dem Alltag, ihren Sorgen und ihrer Familie. Sie nimmt sich eine Auszeit in Griechenland, wo sie bereits als Kind oft ihre Urlaube verbracht hat. Dort trifft Lisa auf eine alte Bekannte und ein Mosaik mit zwölf weiblichen Archetypen oder auch zwölf Urbilder unseres Ichs, in welchem ein Geheimnis verborgen ist, welches seit Jahrhunderten gehütet wird. Lisa muss das Geheimnis selbst lüften, auch ihre alte Bekannte Judith wird ihr nicht helfen.

Im Griechischen Museum für Kunst und Geschichte tritt Lisa mit den Archetypen in Kontakt. Jede einzelne stellt sich vor und wird von Lisa gesehen, von der Herrscherin (Selbstkritik, Kontrolle) bis zur Liebenden (Liebe/Selbstliebe) und Schöpferin (Achtsamkeit/Vertrauen) werden alle vorgestellt und sehr bildlich erklärt. Lisa erkennt ihre Schwächen, Ängste und Glaubenssätze die sie fesseln und macht sich bewusst, dass sie selbst ihr Leben und somit ihre Gefühle und Gedanken steuern kann. Ein wunderschöner Weg zur Selbstfindung und Selbstliebe wird in diesem Buch aufgezeigt.

Auszug:
Wie kann ich die Liebe rufen, wenn sich mein Herz verschließt?

“Atme goldenes Sonnenlicht ein und lenke es in dein Herz, halte zwei, drei Sekunden den Atem an, um dann alles, was dich belastet und beschwert, mit dem Ausatmen fortzuschicken.”

Das klingt so einfach meint Lisa.

“Alles wird einfach, denn die Liebe ist im Grunde ganz einfach. Vertraue auf deinen Atem.“

Lisa lernt, sich selbst anzunehmen und durch die Archetypen sich, ihre Ehe und ihre Beziehungen anders zu bewerten. Die Änderung beginnt bei ihr selbst, erst dann wird sich auch alles andere ändern. Die lähmende Angst gilt es zu erkennen und anzunehmen. Lisa nimmt ihre Archetypen an und dadurch ändert sich ihr ganzes Blickfeld.

S. 208 “Ich fühle mich wie eine Regisseurin, die ihr Ensemble betrachtet. Ich kenne jede Rolle und kann die Auftritte und Dialoge nach meinen Wünschen gestalten und so das Theaterstück meines Lebens inszenieren.”

Die Autorin hat einen Ratgeber mit einer berührenden Geschichte verwoben; die Protagonistin wird sehr authentisch beschrieben und die weiblichen Archetypen sind phantasievoll gezeichnet, ihre Eigenschaften wurden sehr gut ausgearbeitet und man kann sich als Leserin in den einzelnen Figuren wiederfinden.
Der Schreibstil ist flüssig , leicht und märchenhaft, die Erzählung ist sehr auf das Weibliche ausgerichtet.

Schön finde ich die Illustrationen im Buch und die Beschreibung der zwölf Archetypen im Anschluss an den Roman.

“Dankbarkeit in unserem Herzen ist wie ein Magnet für das Glück.”
S.224
Auch ich bin dankbar, dass ich dieses inspirierende Buch vorab lesen durfte. Eine Leseempfehlung von Herzen, vor allem für Menschen, die sich inspirieren lassen und neue Wege suchen.

Bewertung vom 11.09.2023
Muna oder Die Hälfte des Lebens
Mora, Terézia

Muna oder Die Hälfte des Lebens


ausgezeichnet

“Muna oder Die Hälfte des Lebens” von Terezia Mora.
Ein verstörendes, erschütterndes Highlight der Gegenwartsliteratur.

Muna wächst bei ihrer verwitweten, alkoholabhängigen Mutter, einer wunderschönen Theaterschauspielerin in der DDR auf.
Kurz vor ihrem Abitur lernt sie den älteren Französischlehrer, Fotografen und Bildredakteur Magnus kennen. Magnus ist verschlossen, schroff und für die junge Abiturientin Muna der schönste Mann. Sie bezirzt ihn und nach einer gemeinsamen Nacht verliebt sich das junge Mädchen in den barschen, undurchschaubaren Mann mit der Zornesfalte.
Zwei Tage danach verschwindet Magnus während einer Radtour in Rumänien oder Bulgarien kurz vor dem Mauerfall.
Muna kann ihn nicht vergessen und als sich ihr Leben nach sieben Jahren wieder kreuzt, ist sie nicht nur intelligent und sehr hübsch, sondern immer noch besessen von dem Lehrer.
Weder junge noch ältere Männer hatten eine Chance in all den Jahren, ihre Liebe gehörte ausschließlich Magnus. Sie schreibt Briefe an Magnus, welche ihn nie erreichen. Er kam nie wieder zurück in die alte Heimat.
Muna würde alles für Magnus geben und muss dies auch, als die beiden ein Paar werden. Sie stellt unglaublich viel in der ersten Hälfte ihres Lebens wegen ihm zurück, ihre Arbeit, ihre Dissertation, ihre Freunde und ihre Familie.

Magnus ist ein Mensch, der “eine Theateraufführung nicht verlässt, weil man das, was einen empört, zur Gänze kennenlernen muss, bevor man das Recht erworben hat, es abzulehnen.” Seine Emotionen sind wie eine Achterbahnfahrt, seine Gefühle nicht greifbar.

Muna will ihn nicht provozieren und doch macht sie genau dies…..!
Daraufhin kommt seine Zornesfalte hervor und Magnus wird ein anderer Mensch. Oder war er immer schon so?

Im Laufe der Jahre wird die lose Beziehung mit Magnus immer wieder von unkontrollierten Gewaltakten durchzogen. Seine unberechenbare Art macht Muna die Leichtigkeit unmöglich. Er erniedrig und zeigt ihr immer wieder seine Verachtung. Sie lernt, in der toxischen Beziehung zu manipulieren, zu bezirzen, ihre körperlichen Reize einzusetzen, sowie Rücksichtnahme auf seine Bedürfnisse und Stimmungen zu nehmen. Solidarität ihm gegenüber war ihr immer sehr wichtig.
Und natürlich immer Sex - danach ist es wieder eine zeitlang “normal” zwischen dem Paar.
Muno ist in einer Abhängigkeit, die will es nicht bemerken und erlebt einen Zusammenbruch, als Magnus sich von ihr trennt.
Und doch hat Muna statistisch gesehen noch eine Hälfte Leben vor sich.
Ist sie in der Lage, diese Hälfte ohne Magnus zu überstehen? Ihr Leben in den Griff zu bekommen? Ihre Dissertation fertigzustellen und eine vernünftige Arbeit anzunehmen?

Die Autorin hat einen unglaublich fesselnden Schreibstil, der mich als Leser:in in den Bann gezogen hat.
Die Geschichte einer klugen, attraktiven Frau, die alles zurücklässt nur um einem Mann zu gefallen, seine Liebe und sein Begehren zu spüren und extremes Leid an Geist und Körper zulässt.
Ein Buch voller Emotionen, die so intensiv und berührend sind, dass man den Roman nicht mehr zu Seite legen kann.
Die Unterhaltungskunst wird durch die wechselnden Orte und Protagonisten erhöht.
Die Charaktere wurden sehr gut ausgearbeitet und nicht nur die Protagonisten wurden authentisch beschrieben, auch die Nebendarsteller:innen wurden treffend gezeichnet.
Die Autorin hat einen fesselnden Roman der Gegenwartsliteratur geschrieben.
Eine klare Leseempfehlung.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.09.2023
Sieben Tage Mo
Scherz, Oliver

Sieben Tage Mo


ausgezeichnet

Oliver Scherz hat mit seinem Roman „ Sieben Tage Mo“ ein berührendes Buch über Zwillinge geschrieben, die unterschiedlicher nicht sein können.
Der geistig behinderte Mo, unberechenbar und fordernd geht er durch sein Leben und Karl, sein Bruder der sich aufopfernd um ihn kümmert, mit ihm verrückte Sachen erlebt und Mo kompromisslos liebt.
Und doch ist es ihm oft zuviel, er möchte unbeschwert sein, mit seinen Freunden spielen und ein Mädchen treffen-ohne Mo.
Er möchte für seine Eltern wichtig sein, genau wie Mo.
Zwischen den Gefühlen hin- und hergerissen ist Karl, als er ein Date mit der wunderschönen Nida hat. Seine Mutter muss schon wieder arbeiten und er hat Mo an der Backe. Und es gibt keine Alternative.
Soll er das Date mit Nida einfach verstreichen lassen? Sicherlich nicht!
Mo kann kurz alleine zu Hause bleiben. Meint Karl - er wird sich auch beeilen.
Bis Karl einen Anruf bekommt und sein Herz in die Hose rutscht. Was ist passiert? Was hat Mo angestellt?
Es ist allein seine Schuld, was auch immer passiert ist. Mo ist geistig behindert und er hat nicht aufgepasst…., resümiert Karl.
Die Geschichte ist kurzweilig und doch sehr nachhaltig. Gerne für Jugendliche und Erwachsene geeignet. Der Autor hat einen unglaublich mitreißenden Schreibstil, man kann die Empfindungen von Karl sehr gut nachempfinden und versteht seine Gedankengänge.
Überforderung, Liebe und Mitgefühl spielen in dem Roman eine große Rolle und zeigen auch, trotz unfassbarer Liebe, wie Bedürfnisse und das eigene Ego in den Vordergrund drängen.
Die Eltern sind berufstätig und drücken dem pflichtbewussten Karl mit der Verantwortung für seinen behinderten Bruder eine zu große Bürde auf. Karl möchte auch gehört werden, frei sein und seine Interessen verfolgen.
Ein Balanceakt beginnt für Karl: Balancieren zwischen der Liebe zu seinem Bruder, der Erschöpfung und dem Verlust der eigenen Lebensfreude ist für einen 12jährigen ein Päckchen zu viel und Karl handelt nicht mehr vernünftig und erliegt seinen unterschiedlichen Gefühlen.
Die beiden Charaktere werden sehr authentisch und intensiv beschrieben, die Emotionen gleichen einer Achterbahnfahrt und obgleich der Roman kurz gehalten wird, ist er für den Leser mitreißend und nachhaltig.
Ein wahres Highlight für Jung und Alt.

Bewertung vom 20.08.2023
Das Glück der Geschichtensammlerin
Page, Sally

Das Glück der Geschichtensammlerin


sehr gut

“Das Glück der Geschichtensammlerin” von Sally Page hat mich auf eine schöne Reise in die Leben verschiedener - lieber, freundlicher, herzlicher, aber auch unpässlicher, eingebildeter, unsympathischer - Personen mitgenommen.
Das Hörbuch wurde sehr schön, flüssig und angenehm gesprochen von Sandra Voss.
Die Putzfrau Janice ist die Beste sagt man und wartet gerne auch lange auf einen Termin. Janice sammelt gerne Geschichten, auch die ihrer Auftraggeber:innen. Es fasziniert sie unglaublich und Janice kann gut zuhören. Die Menschen erzâhlen gerne und freuen sich, ihre Geschichte zu erzählen, jedoch fühlt es sich so an, als würde sich niemand für die Putzfrau interessieren. Nicht mal ihr Mann, der sie immer wieder daran erinnert, dass sie ja NUR eine Putzfrau ist. Als Janice die etwas seltsame Mrs.B als Auftraggeberin annimmt, erfährt ihr Leben eine Wende. Diese mürrische und doch liebenswerte Dame interessiert sich für Janice und auch deren Geschichte.
Die Story entwickelt sich sehr langsam, plätschert dahin. Janice ist eine sehr sympathische, angenehme Protagonistin. Ihr wird klar, dass ihr Leben eine Wende nehmen muss. Mrs.B.bleibt unbeirrt an Janice Geschichte und verhilft ihr somit ein Stück zum Glück.
Auch der kleine Terrier Decius trägt zum Glück bei, zwischen Janice und ihm herrscht eine wundervolle, innige Beziehung und der kleine Hund bringt immer wieder Überraschungen in die Story und die Leser:innen zum Schmunzeln.
Eine sehr schöne, unterhaltsame Geschichte.