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Forti

Bewertungen

Insgesamt 204 Bewertungen
Bewertung vom 18.04.2022
Niemals satt
Monchi

Niemals satt


sehr gut

Monchi, der Frontmann von Feine Sahne Fischfilet, schreibt in seinem Buch "Niemals satt" über das Abnehmen und auch viel über sich selbst. Als Band-Pause und Pandemie zusammen kamen, hatte er auf einmal viel Zeit zur Selbstreflektion und hat diese nicht nur genutzt, um abzunehmen, sondern auch um mehr über sich selbst herauszufinden - und das dann im vorliegenden Buch zu verarbeiten.
Ich fand es sehr kurzweilig, interessant und vor allem knallhart ehrlich. Auch von Rückschlägen und Fehlern wird berichtet und wie schwer es ist, das erkämpfte neue Gewicht zu halten. Die Aspekte Körpergewicht und Essen ziehen sich als roter Faden durch das Buch, da beides zentrales Themen in Monchis bisherigem Leben waren/sind. Ausgehend hiervon erfährt man viel über den Menschen Monchi und seine Entwicklung.
Keine Ahnung, ob das Buch als Erfahrungsbericht oder Motivationshilfe für Abnehmwillige taugt - da ist wohl auch jede*r anders. Hierzu bleibt als Message bei mir vor allem hängen, dass es den wirklichen Willen zur Veränderung braucht, um das erfolgreich durchziehen zu können.
Geschrieben ist das Buch in einem lockeren, manchmal etwas flapsigen Ton, der sehr authentisch rüber kommt, wenn man Monchi schon mal hat sprechen hören. Das Buch ist dadurch flüssig und leicht zu lesen.

Bewertung vom 06.04.2022
Tick Tack
Lucadou, Julia von

Tick Tack


gut

Ich halte 'Tick Tack' für einen Roman und kein Jugendbuch - ich denke, das Buch richtet sich trotz der jugendlichen Hauptfigur an (junge) Erwachsene und nicht an Jugendliche.
Um etwas sinnvolles zum Buch schreiben zu können, muss ich mehr von der Handlung verraten als der Verlag das tut. Echte Spoiler gibt es bei mir aber nicht.

Mette und Jo, die sich erst im Laufe der Handlung kennenlernen, erzählen im Wechsel ihre Geschichte. Es ist die Geschichte einer 15-Jährigen und eines 25-Jährigen im Dschungel Erwachsenwerden im Social-Media-Zeitalter. Bei beiden spürt man viel Wut, die im Laufe der Erzählung und spätestens beim Aufkommen von Corona ins Extreme umschlägt. Ja, es ist eine Geschichte, die auch einen großen Einfluss aus Corona zieht (was die Ankündigung des Verlages verschweigt). Mette verliert nach und nach ihren anfänglichen scharfzüngigen Witz, während Jo immer unheimlicher wird. Es geht um Follower- und Like-Zahlen, Verschwörungstheorien, die Suche nach sich selbst, einer Position in dieser komplexen Welt und nach Bestätigung. Angesetzt in privilegierten Kreisen ist es insgesamt eine leicht bis stark überzeichnete Geschichte, was auch bei der Charakterisierung der Elternfiguren deutlich wird.

Sprachlich sind vor allem Jos Passagen speziell. Gelesen sehr eindringlich und deutlich von André Kaczmarczyk, der mit seinem Vortrag den Grusel-Faktor von Jo noch verstärkt. Aber die Sprache, in der der Text verfasst ist, machte es für mich schwer, alle Details zu verstehen. Vermutlich bin ich schon zu alt (und zudem nicht auf TikTok) um manche Ausdrücke, Namen, Abkürzungen zu verstehen. Es kommt aber im Endeffekt auch nicht darauf an, sämtliche Anspielungen zu verstehen - der Grundtenor des Textes wird auch so klar.

Ich schwankte zwischen erschrockener Faszination für eine mir relativ unbekannte Welt (obwohl ich mich als internetaffin bezeichnen würde), dem Drang Jos Anspielungen zu googlen, Verständnis und Unverständnis für die Figuren und ihre Entwicklungen. Manches blieb für mich am Ende unerklärt. Ein Buch, das mich nicht zu 100% überzeugt hat, das mich aber beschäftigt hat - was ja auch etwas ist.

Bewertung vom 29.03.2022
Der große Fehler
Lee, Jonathan

Der große Fehler


gut

Dieses Buch hat mich glaube ich nicht auf dem richtigen Fuß erwischt. Es hat nicht so richtig gepackt, obwohl ich durchaus das Besondere an ihm erkannt habe und mir vieles gefallen hat.
Jonathan Lee hat seinen Roman auf eine ganz eigene Art und Weise geschrieben. Eine Einordnung in ein Genre ist unmöglich, da "Der große Fehler" Elemente aus ganz verschiedenen Genres hat: biografischer Roman, Krimi, historischer Roman, Liebesgeschichte. Die Beschreibung New Yorks Ende des 19. Jahrhunderts und die Geschichte des Stadtveränderers Andrew H. Green fand ich sehr interessant, da ich vorher über ersteres wenig und über zweiteren gar nichts wusste und die Beschreibung vom Autoren gut umgesetzt war.
Dazu kamen diverse Nebenschauplätze wie z.B. die Geschichte des Elefanten Topsy. Ich würde nicht sagen, dass das zu viel war, aber es fiel mir dadurch dennoch schwer, mich auf die Geschichte zu konzentrieren. Zudem viele kleine Beobachtungen und Bemerkungen - manchmal witzig, eigentlich immer geistreich. Wie gesagt: vermutlich alles sehr schön und gut umgesetzt, aber mir fehlte dafür in diesen Zeiten die Muße, sodass ich den Roman wohl nicht richtig würdigen konnte.
Insgesamt ein wie ich denke lohnender aber auch fordernder Roman, wenn man sich darauf einlässt. Dafür sollte man den Kopf aber wahrscheinlich freier haben, als es bei mir leider der Fall war.

Bewertung vom 17.03.2022
Die Feuer
Thomas, Claire

Die Feuer


sehr gut

In 'Die Feuer' sitzen drei Frauen im Publikum der gleichen Theateraufführung. Zunächst scheinen sie gänzlich unterschiedlich in Alter, Herkunft und Lebensumständen zu sein. Alle drei sinnieren während des Stücks (gegeben wird Samuel Becketts 'Glückliche Tage') über ihr Leben und so erfährt man nach und nach mehr über die einzelnen Frauen und dann auch darüber, was sie verbindet.
Interessant fand ich den sehr verdichteten, engen, leicht elitären Handlungsort Theater in Kombination mit den alles überlagernden und ganz realen australischen Buschfeuern vor der Tür. Hier entwickelt die Autorin Claire Thomas eine unterschwellige Spannung, sodass man das Buch kaum aus der Hand legen mag.
Das Ende dann seltsam offen, aber vielleicht auch genau so erwartbar: nach dem Theater geht man nach Hause und zurück in seinen Alltag.

Bewertung vom 14.01.2022
Hundepark
Oksanen, Sofi

Hundepark


sehr gut

In ihrem neusten Buch thematisiert die finnische Autorin Sofi Oksanen das umstrittene Geschäft mit Eizellen in der Ukraine. Für ungewünscht Kinderlose kann Eizellspende eine Chance sein – die Spenderinnen wiederum können hier zwar verhältnismäßig viel Geld verdienen, müssen dafür aber oft mit den physischen und psychischen Folgen kämpfen. Für mich war das ein neues Thema – zuvor hatte ich in diesem Dunstkreis (und auch u.a. in der Ukraine angesiedelt) nur von dem Geschäft Leihmutterschaft gelesen, das hier aber keine Rolle spielt. Beides interessante, kontroverse Themen, die es wert sind, besprochen zu werden.
Es bleibt in "Hundepark" aber nicht nur beim Thema Eizellspende. Bei den dubiosen Geschäften und Gaunereien, die so gut wie alle Protagonist*innen betreiben, habe ich manchmal den Überblick verloren und nicht immer alles verstanden. Das war etwas schade – verständlich war das Buch im großen und ganzen aber dennoch.

Interessant und packend für mich vor allem das Bild der Ukraine, das die Autorin zeichnet. Eckpunkte der tragischen Geschichte des Landes im 20. und ganz aktuell ja auch im 21. Jahrhundert werden immer wieder aufgegriffen und mit der eigentlichen Geschichte verknüpft. Es bildet sich ein vielleicht etwas klischeehaftes, fast schon hoffnungsloses Bild. Das Schöne, das die Ukraine ja durchaus auch zu bieten hat, klingt nur ganz zaghaft an und hat gegen die Düsternis keine Chance. Das Buch hat mich nachdenklich zurück gelassen.

Bewertung vom 03.01.2022
Meter pro Sekunde
Pilgaard, Stine

Meter pro Sekunde


sehr gut

Die namenlose Protagonistin berichtet szenenhaft aus ihrem Leben. Bestimmt wird dieses durch ihren Schwierigkeiten mit dem Landleben (sie ist erst vor kurzem aus der Stadt hierher umgezogen), dem Elternsein und dem Erlangen des Führerscheins. Dies könnte entweder sehr langweilig sein oder aber sehr klamaukig. Aber die Autorin Stine Pilgaard schafft es, dass diese Beschreibungen unterhaltsam, manchmal auch witzig, seltener nachdenklich, durch die Kürze der Episoden aber auch recht abwechslungsreich sind.
Die zwei weiteren zentralen Elemente sind die Zuschriften an den Kummerkasten der Lokalzeitung, die von der Ich-Erzählerin mal einfühlsam, mal etwas launig (und gerne auch sehr ich-bezogen) beantwortet werden, und die Heimvolkshochschule (offenbar eine originär dänische Einrichtung - eine Art Internat auf Zeit für junge Erwachsene), in der sie mit ihrem Partner, der dort Lehrer ist, lebt. Beides birgt diverse, vielfältige kleinste Nebengeschichten.
Insgesamt entsteht eine Charakterisierung einer Mittdreißigerin unserer Zeit, die (erst) jetzt richtig in ihrem Leben ankommt.
Eine richtige Handlung oder gar einen spannenden Plot gibt es nicht, was mich hier aber nicht gestört hat. Ich fand es ein stimmiges, unterhaltsames Buch.
Sprachlich im Detail oft sehr bildhaft, auch witzig, nachdenklich. Aber dennoch flüssig lesbar.

Bewertung vom 12.12.2021
Der Storyteller
Grohl, Dave

Der Storyteller


sehr gut

Dave Grohl ist seit Nirvana irgendwie immer da - musikalisch durchaus hörbar und offenbar ein netter Typ. Trotzdem wusste ich wenig über ihn als Menschen und war deshalb neugierig auf dieses Buch.

Episodenhaft erzählt Dave Grohl aus seinem Leben. Seine Liebe zu Musik, den Beatles, Punk, Metal und natürlich Grunge. Seine vielen Bands, das Touren, Erfolge und Niederschläge. Seine Familie. So sprunghaft, wie es am Anfang wirkt, ist das Buch insgesamt aber nicht. Größtenteils wird zeitlich chronologisch erzählt.

Geschrieben ist das ganze sehr amerikanisch - recht bildhaft und mit vielen Andeutungen auf amerikanische Pop-Kultur. Dankenswerterweise in den meisten Fällen vom Übersetzer durch Fußnoten erklärt. Ansonsten flüssig, gut lesbar, manchmal auch witzig geschrieben.

Öfters bin ich über Auslassungen gestolpert - Informationen, manchmal auch Personen die fehlen. Aber das ist natürlich das gute Recht jedes Autobiographen, den Fokus so zu legen, wie er möchte, und bestimmte Aspekte seines Lebens auszusparen. Insgesamt ist es doch ein rundes Buch und ich habe mehr über einen umtriebigen Musiker und einen sympathischen Menschen erfahren.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.12.2021
Es ist immer so schön mit dir
Strunk, Heinz

Es ist immer so schön mit dir


sehr gut

Heinz Strunks neuer Roman handelt von einer toxischen Beziehung. Die beiden Protagonisten (Mann und Frau) sind offensichtlich nicht glücklich miteinander, schaffen es aber auch nicht, sich voneinander zu trennen. Das gibt es ja oft in langjährigen Beziehungen – hier ist es aber von Anfang an der Fall. Beide sind vorher schon nicht glücklich, eher kaputt, und die Beziehung macht es nicht besser.
Beschrieben ist das hart an der Schmerzgrenze. Mit dem abgeklärten Blick von außen möchte man die beiden schütteln und sie anschreien: 'Trennt Euch endlich! Ihr tut Euch nicht gut!'
Heinz Strunk bleibt dabei immer auf der Erzählebene. Erklärungen oder Antworten gibt es nicht – wie im echten Leben.
Das mag jetzt nach einer unglaubwürdigen Handlung klingen, aber die war es für mich nicht. Ich habe dem Autoren die beiden Figuren und ihre Beziehung abgenommen.

Bewertung vom 18.11.2021
Neue Dinge aus alten Stoffen

Neue Dinge aus alten Stoffen


sehr gut

In diesem erstaunlich kompakten Buch finden sich zahlreiche Idee, was man mit alten Stoffen machen kann. Diese Stoffe können beispielsweise von Kleidung, Bettwäsche oder Handtüchern stammen. Bei den einzelnen Projekten ist dann angegeben, welche Art von Stoff hierfür geeignet ist.

Es gibt auch ein paar Basics zum Nähen allgemein, die für Neulinge interessant und gut verständlich sind. Überhaupt sind die Erklärungen meist leicht verständlich – hierbei helfen auch oft Fotos, die einzelne Schritte illustrieren.

Mir gefällt auch, dass viele Projekte auch ohne Nähmaschine machbar sind.

Wie in so gut wie jedem DIY-Buch, das ich kenne, sind auch hier einige Ideen dabei, die mir eher abwegig vorkommen, aber Schwamm drüber – wie gesagt gibt es die ja fast überall.

Insgesamt ein schönes Buch voller Ideen sowohl für Anfänger und Fortgeschrittene.

Bewertung vom 18.11.2021
Heimatsterben
Höflich, Sarah

Heimatsterben


sehr gut

Das Debüt von Sarah Höflich ist intelligente Unterhaltungsliteratur. Es ist sprachlich so eingänglich geschrieben, dass man es gut und schnell lesen kann.

Thematisch ist es allerdings eher ernst und düster. Höflich zeichnet eine dystopische Zukunftsvision eines Deutschlands, in dem Nationalisten die Wahl gewinnen und den neuen Bundeskanzler stellen. Interessant hier das Spanungsfeld zwischen eher gemäßigt auftretendem Kanzler und radikalen Kräften in der Partei.
Die zerrissene deutsche Gesellschaft wird verdichtet im Mikrokosmos einer verzweigten Familie (keine Angst, einen Stammbaum zur Orientierung gibt es im Buch) dargestellt. Die gegensätzlichen Charaktere und der Umgang mit den dadurch entstehenden Konflikten sind interessant geschildert, wenn auch manchmal an der Grenze zur Überzeichnung. Trotzdem hat mir dieses Deutschland in a nutshell gut gefallen.

Klar eigentlich auch, dass es in der Romanform etwas vereinfacht zugeht. So konzentriert sich das Buch politisch auf die Bundesebene. Was passiert auf Ebene der Länder und der Gerichte, die ja auch durchaus eine Kontrollfunktion für die Bundespolitik haben? Aber das hätte wohl den Rahmen dieses Buches gesprengt. Und (nicht nur) deshalb habe ich die Hoffnung, dass es so in Wirklichkeit nicht kommt. Dennoch ist ein kleiner Weckruf hin und wieder nicht verkehrt.

Insgesamt ist "Heimatsterben" ein interessantes, sehr gut lesbares Gedankenexperiment. Wehret den Anfängen!