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LindaRabbit
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Freiburg
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Leseratte erster Klasse!

Bewertungen

Insgesamt 248 Bewertungen
Bewertung vom 09.08.2023
Vita und der Garten der Liebe / Die Liebenden von Bloomsbury Bd.3
Martin, Stefanie H.

Vita und der Garten der Liebe / Die Liebenden von Bloomsbury Bd.3


ausgezeichnet

Die schönste Verbindung, die sich eine Schriftstellerin wünschen kann…

Die bereits bekannte Schriftstellerin Virginia Woolf wird Vita Sackville – West, ebenfalls Schriftstellerin, vorgestellt. Die schöne anmutige Virginia merkt, dass sie sich verlieben kann. Sie sucht den intensiven Kontakt zu Vita. Deren Anmut, ihre aristokratische Haltung und Schönheit haben es ihr angetan. Und vielleicht auch ein wenig der Reichtum der Sackville – West, der sich besonders in ihrem Schloss Knole manifestiert.

Und so ergreift Virginia die Initiative, um Vita näher kennenzulernen, um sich mit ihr zu befreunden. Ihr Umfeld, die ‚Bloomsberries‘ machen sich über Vita lustig.

Obwohl Virginia Woolf Intellektualität wichtig ist und sie ihre Probleme hat sich mit Vita intensiv zu unterhalten, so wie sie dies von ihrer Schwester Vanessa, ihrem Ehemann Leonhard Woolf und den anderen ‚Bloomsberries‘ gewohnt ist, etwas zieht sie zu Vita. Auch die Schreibe und Werke der Schriftstellerin Vita trifft nicht auf Virginias Geschmack. Zu oberflächlich, eher hingeschmiert, für die breiten Massen geschrieben, die dankbar Vitas Werke kaufen. Virginia, die sich unglaubliche Mühen gibt und mit körperlichem Einsatz ihre Bücher, Essays und Zeitungsartikel schreibt, spürt Eifersucht in sich. Warum leidet sie körperlich dermaßen unter ihrer Schreibe, während die andere, Vita, dieses Gazellenwesen, so gemächlich dahinplätschert in ihrem Leben. Ihr fliegt alles zu, selbst ein Literatur - Preis.

Erst nach Vitas abenteuerlichen Persienreise (zu ihrem Ehemann, der inzwischen in Persien stationiert ist) nimmt Virginia deren Schreibe ernster. Und doch rät sie immerzu ihrer Freundin, wie sich diese in ihrem Schreibstil verbessern kann. Doch Virigina erlebt mit Vita zum ersten Mal die Schönheit und Intensität einer erotischen Annäherung. Das macht sie abhängig von Vita, doch eine Abhängigkeit und Liebe, die sie akzeptieren kann. Die sie beflügelt, trotz des unsteten Wesens von Vita, trotz deren Eskapaden und dass sich die lebenslustige und dynamische weitaus jüngere Frau auch andere Liebhaberinnen sucht.

Nachdem Virigina Woolf mit viel Anstrengung das Werk ‚Die Fahrt zum Leuchturm‘ über ihre Familie fertigstellt, wirft sie sich auf ein neues Buch. Eine Blitzidee, die sie rasant umsetzt, inspiriert durch Vita und deren unsteten Leben: Orlando. Orlando ist Vita, Vita ist Orlando.

Orlando wird Virginia Woolfs bestes Buch. Und sie schafft dieses Werk auch ohne körperliche Strapazen innerhalb von kurzer Zeit fertigzustellen. Virginia Woolf, gefeierte Schriftstellerin und in den 70ern wiederentdeckte Autorin des Feminismus, unterhält bis zu ihrem selbst gewählten Tode eine enge freundschaftliche Verbindung mit Vita Sackville – West.

‚Die Liebenden von Bloomsbury – VITA und der Garten der Liebe‘, Stefanie H. Martin hat mit diesem Buch ihre Trilogie zu den ‚Die Liebenden von Bloomsbury (der ungemein kreativen Gruppierung, die im Londoner Stadtteil Bloomsbury logierte, werkelte und liebte, und sich selbst den Titel ‚Die Bloomsberries‘ gab) abgeschlossen.

Die ersten beiden Bücher tragen den Titel ‚Virginia und die neue Zeit‘ und ‚Vanessa und die Kunst des Lebens‘. Höhepunkt jedoch dieser an nicht wenigen Höhepunkten und literarischen Freuden bescherenden Trilogie ist jedoch in der Tat das dritte Buch, was sich so intensiv mit Virginia und Vita auseinandersetzt.

Es ist diese intensive Recherche zu dem Leben der ‚Bloomsberries‘ und insbesondere der Frauen in dieser Gruppierung und natürlich zu Virginia Woolf, ihrer Schwester Vanessa und der Geliebten Vita. Das Eindringen in das Leben aller Beteiligten wird durch eine akribische, von Stefanie Martin durchgeführte, Recherche und Analyse aller zur Verfügung stehenden Dokumenten unterstützt. Die Werke der Frauen, Tagebücher und Bücher und Werke des Umfelds der Bloomsberries führten zu einem Roman, (beziehungsweise drei Romanen), die uns – den Lesenden – eine Einsicht in das Leben von Virginia Woolf, Vanessa und Vita bescheren.

Dank dieser Arbeit ist es möglich eine neue Sicht auf die grandiose und einmalige Schriftstellerin Virginia Woolf zu erhalten.

Immer schon ein Virginia Woolf – Fan habe ich durch diese Trilogie so viel Neues erfahren. Es ist ein fast schon unirdischer Lesegenuss, wie ich mich langsam und genießend Wort für Wort durch das berauschende Werk von Stefanie H. Martin gelesen habe.

Danke!

Bewertung vom 09.08.2023
Snehild - Die Seherin von Midgard
Vedsø Olesen, Anne-Marie

Snehild - Die Seherin von Midgard


ausgezeichnet

Snehild und das Runenamulett

Der Name allein: Snehild. Natürlich deutet das auf etwas Nordisches hin und alle, die nordische Sagen lieben, sind fasziniert. Ein 'muss' für Leserinnen, die das Nordische lieben.

Bereits mit dem Prolog beginnt das Geheimnisvolle - der Überfall auf das Dorf, die werdende Mutter, die davonläuft, und die Geburt in der Schneehütte. Die Riesin, die Nornen, die dabei Paten stehen...
Himlinge (ein Wickingerdorf) - Snehild wächst hier auf, nachdem ihre Mutter Asdis
flüchten musste. Der Alltag ist geprägt von Bosheit, Intrigen, Eifersucht, Gewalt, doch auch von liebevoller Freundschaft. Durch die Mutter und ihrem Wissen der Magie steht Snehild letztendlich auch den Göttern nahe. Sie sammeln heilige Pflanzen und heilen.
Doch - wer ist Freund, wer ist Feind?

Im Alter von 12 Jahren muss Snehild fliehen, weil die Hohenpriesterin Ragnfrid sie den Göttern opfern will. Nun beginnt der intensive Teil der germanischen Mythologie (Reise durch die neun Welten). Völva (die neue Snehild) kehrt in das Dorf ihrer Jugend zurück - als Seherin.

Das offene Ende weist auf den nächsten Band der Reihe hin...
Das Umschlagsbild - wild, nordisch. Fantasievoll. Toll geschrieben, zieht von Beginn an in die Geschichte hinein. Spannend und liest sich rasant: Ein Ereignis folgt dem anderen... Der Klappentext hat mich natürlich gleich als Fan von 'Game of Thrones' und der 'Edda' eingekauft.
Hilfreich wäre jedoch ein Glossar mit den wichtigsten nordischen Begriffen und eine Übersicht über die Helden und Heldinnen der nordischen Sagen.

Autorin Anne-Marie Vedsø Olesen, Verlag Saga Edmont Fantasy, 450 Seiten (und mit 14 Euro recht günstig für den Umfang)

Bewertung vom 09.08.2023
Mattanza
Fabiano, Germana

Mattanza


ausgezeichnet

Nora, die Enkelin des Rais

"Ich bin hierfür geschaffen, und das Meer ist in mir, ist Tyrann und Komplize"
Thunfischfang um die kleine Insel Katria und die lokalen Traditionen: Der Rais ist die wichtigste Persönlichkeit auf der Insel. Im Jahr 1960: Der Ort harrt aufgeregt der Geburt eines Nachfolgers. Doch eine Tochter wird geboren, die dritte statt dem ersehnten Sohn. Der Rais entscheidet - die Nachfolgerin von ihm ist nun Nora, die Neugeborene, und sie wächst bei ihm auf, sie wird von ihm in ihre Pflichten eingewiesen. Die 'Mattanza', die Thunfischjagd, wird an Nora übertragen, zum ersten Mal an eine Frau.

Ihr Leben ist vom Rais vorbestimmt, keine Abweichungen möglich. Beindruckend beschreibt die Autorin, die von Nora zu meisternden Schwierigkeiten. Dieses aufregend gute Buch zeigt die Veränderungen der Insel Katria zwischen 1960 und 2012. Historisch geprägt ist das Leben der Insulaner vom Thunfischfang. Wandelt es sich während der Jahre jedoch, eine erste Welle von Touristen kommt an, was das traditionelle Leben auf der Insel verändert. Zunehmend werden viele Traditionen nicht mehr respektiert. Ökonomie ist wichtiger, Traditionen altmodisch.

Ozeanische Umweltverschmutzung, industrieller Fischfang, Migranten auf dem Weg nach Europa - diese bislang festgefügte Gemeinschaft mit sturen Strukturen bricht auseinander. Das Buch ist Zeugnis einer untergegangenen Welt. Bei manchen Beschreibungen zum Fischfang möchte man am Liebsten aufhören Fisch zu essen, so ist es eben!

Bei dem Titelgebenden Wort 'Mattanza' (italienisch für 'Abschlachten') handelt es sich um Fischfang traditioneller Art an den Küsten von Sizilien und Sardinien. Heutzutage ist die 'Mattanza' nur noch eine touristische Gaudi. Die internationale Hochseefischerei fängt bereits vorher die Thunfischschwärme ab.
Das Titelbild ziert die Fotografie einer ausgesprochen schönen italienischen Frau, die selbstbewusst, aber auch skeptisch, in die Kamera schaut. Eine unglaubliche starke Sprache, durchsetzt mit Begriffen aus der Tradition!

Dieses Buch war meine erste Wahl für ein Wunschbuch, weil mich allein die ersten paar Seiten des Romans bereits eingefangen haben: 'Mattanza', 192 Seiten, Verlag mare, geschrieben von der Autorin Germana Fabiano, in Palermo geboren (wohnhaft nun auf Sizilien und Tübingen, Dozentin für Menschenrechte Universität Tübingen)
Der Verlag mare in Hamburg ist spezialisiert auf Meere, Wasser und alles was damit zu tun... ein ausgesprochen kleiner und feiner Verlag

Bewertung vom 09.08.2023
Das Pferd im Brunnen
Tscheplanowa, Valery

Das Pferd im Brunnen


sehr gut

Russische Seele

‚Komm, Kleine, Süße, Zuckersüße...‘
Tanja mit ihrer Urenkelin, sie haben alle jung Kinder bekommen. Sie geht mit der Kleinen zu Nachbarinnen und das Kind tapst denen auf dem Rücken herum, gegen deren Schmerzen… Wie praktisch. Alles war praktisch organisiert in der UdSSR, dem Land des Mangels. Man pflanzte selbst an. Man half sich wie es ging. Man hielt Hühner und züchtete die auch selbst. Ob wirklich ein Pferd in den Brunnen gefallen war, ist nicht sicher. Genauso wenig ob es wirklich ein Brunnen ist, was da mit viel Holz verrammelt liegt...
Die Erzählung berichtet von der heimlichen Taufe, von der Todestruhe der Urgroßmutter (in der ihr Todeshemd, die Schuhe und ein Kissen ruhen, wo sie alle Haare von ihr sammelte…in dem sie dann später Nina tatsächlich beerdigte...)

Ossip Mandelstam sagte, in Russland werde die Dichtung geachtet, weil die Literaten erschossen werden. So kann Valery Tscheplanowa froh sein, dass sie im Westen lebt. Und so kann sie von der schwermütigen russischen Seele erzählen… und eine jede, die auch Spuren dieser Seele in sich trägt, kann nachforschen, wie viel davon noch in ihr steckt…

Tanja, Nina, Lena (daneben noch so ein wenig Micha, Walja, Jura, Slawa der Einbeinige, die Kranken, die Nachbarinnen...). In kurzen Kapitel entrollt sich ein brutales Leben, geprägt von Kargheit, Schlangenstehen, Weggehen, Verlassen, Radieschensalat und diesem angeblichen Pferd in einem eventuellen Brunnen.
Man hilft sich gegenseitig, man hilft sich selbst. Das Leben ist kein Rosengarten, das Leben lässt nur die Starken überleben und Nina will stark sein. Ihr Kirschmündchen zieht sie an wie die Motten das Licht, doch dann wirft sie Nina wieder aus dem Haus. Sie ist brutal, aber sie überlebt...

Die russische Seele...(von der ich auch ein wenig in mir trage).

Das vor Freude, Farbe und Lebensgier strahlende Titelbild hat mich angezogen. Orange grün. Und auf den Titel war ich neugierig. Zum Glück nur 192 Seiten, sonst wäre ich depressiv geworden.

Die Autorin ist Schauspielerin, heißt es auf dem Klappentext. Die Sprache ist prosaisch, teilweise wie Gedichte.

Bewertung vom 09.08.2023
Zippel macht Zirkus / Zippel Bd.3
Rühle, Alex

Zippel macht Zirkus / Zippel Bd.3


sehr gut

Tür - Schlossgespenster

Was für eine tolle Idee - Geschichten um zwei klitzekleine Türschlossgespenster. Schlossgespenster existieren ja so viele, aber Türschlossgespenster?

Frau Wilhelm, ganz oben unterm Dach, hat Quokel bei sich in Türschlössern wohnen. Und da ist noch Zippel. Paul von unten, der beide Schlossspenster gut kennt, verhindert mit Oma Wilhelm, dass sie entdeckt werden. Bei Frau Wilhelm steht so ein alter Schrank mit nur Schlössern drin. Wie praktisch für Schlossgespenster. Der quicklebendige Morgengeist Zippel flitzte durch die Regenrinne, hat alle Teelöffel geklaut und erst die Dusche von Paul bringt ihm von seinem Morgenlärm weg.
Allein der Einstieg ist so mitreißend. Doch dann folgen die Abenteuer mit dem Zirkus in Italien. Die Türschlossgespenster besuchen mit Paul und seiner Nachbarin den Zirkus Giacometti. Der Zirkus muss vor dem Zauberer Burlesconi gerettet werden.

Die Illustrationen von Axel Scheffler ergänzen die Geschichte von Alex Rühle einfach auf eine tolle Art. Dazu ein kunterbuntes Titelbild, was die Fantasie anregt. Und dann natürlich ‚Awachsanaquatsch‘ und ‚Abajetztmachendlich‘ und ‚Kanne ohni‘ und ‚Kanne mit‘. Auch die italienischen und österreichischen Wortfetzen passen zu der gesamten Geschichte. Doch am Besten setzt man sich mit dem Kind zusammen und erklärt dann diese ihm eher unbekannte Worte. Daraus lassen sich dann wieder eigene Wortspiele bilden… auch Fantasieanregend! Einfach ein herzallerliebstes Kinderbuch (und schon, wie es heißt, das dritte seiner Art).

"Zippel macht Zirkus", Alex Rühle / Autor, Axel Scheffler / Illustrator
dtv Verlag, 15 Kapitel, 136 Seiten

Bewertung vom 01.08.2023
Salz und Schokolade / Halloren-Saga Bd.2
Martin, Amelia

Salz und Schokolade / Halloren-Saga Bd.2


gut

'Schokolade ist Liebe, aber ohne Liebe ist Schokolade nichts'

Liebe und Schokolade, zwei der schönsten Dinge im Leben. Eine Saga um die älteste Schokoladenfabrik in Deutschland samt einzelnen Mitgliedern der Familie, real existierenden und fiktiven. Dazu das historische Ambiente um Halle an der Saale (mir völlig unbekannt, aber solche Romane machen Lust auf die Örtlichkeiten!).

In dem Roman, der im Heimatort der Hallorer Kugeln spielt, ein Ostkultprodukt, wird Realität und Fiktion geschickt miteinander verbunden.
Es geht – natürlich – um Schokolade, Herstellung, Rezepte, Verfeinerungen, um die Salzsieder, die Halloren und ihre Brüderschaft, um Unternehmungen, um Wünsche der Nachkommen, um Liebe und um Unmögliches. Ein Sittenbild der Zeit Anfang des Zwanzigsten Jahrhunderts. Und nicht zuletzt macht der Roman Lust auf Pralinen und Schokolade aus Halle...
Im Prolog liegen zwei Brüder, Julius und Friedrich, 1915 im Schlachtfeld an der Westfront, Erster Weltkrieg. Beide rechnen mit dem Schlimmsten, doch wenn es vorbei ist, was machen wir dann besser, was machen wir mit unserem Leben?
Das Buch beginnt mit dem Jahr 1905 und spielt in Halle an der Saale. Julius, der Chocolatier ist und großartige Pralinenkreationen erschafft, charmant, gutaussehend, doch gefangen im Netzwerk seiner Familie – es geht nur um die Schokoladenfabrik. Schokolade oder Liebe...

Der andere Teil der Schokoladenunternehmer, die Familie David, möchte die Töchter entsprechend gut verheiraten. Diese haben sich aber anderweitig bereits orientiert und kämpfen um ihren Willen. Wie wird es weiter gehen? Bekommen sie das, was sie wollen? Väter und Mütter wollen Töchter und Söhne gewinnbringend vermählen, entsprechend ihrem gesellschaftlichem Status. Doch Töchter und auch die Söhne der Familien haben andere Pläne. Dann kommt der Krieg und alles, aber auch wirklich alles ändert sich.
Doch der Einstieg in den Roman beginnt gleich mit dem entsetzlichen Klassenempfinden der Vorkriegszeit. Das Personal wird durch die Gegend gehetzt. Ein Klassengesellschaft mit einem ziemlichen Standesdenken.

Sehr gut lesbarer Text. Ich lernte sehr viel zur Schokoladenproduktion. Das regt den Appetit auf Pralinen und Schokolade enorm an.
Das nostalgisch gestaltete Umschlagsbild führt natürlich gleich in die richtige Richtung, die Zeit um den Beginn des 20. Jahrhunderts. Lediglich die junge Dame im historischen Kleid lässt darauf hinweisen, dass es in erster Linie um die Töchter, oder eine, Cici, geht. Das stimmt so nicht. Insofern ist das Titelbild etwas irreführend.

Bewertung vom 01.08.2023
Marschlande
Kubsova, Jarka

Marschlande


ausgezeichnet

Zwei Leben (16.Jhdt. / 21. Jhdt)

'Dies ist ein weiblicher Text, geschrieben im einundzwanzigsten Jahrhundert. Wie spät es ist. Wie viel sich verändert hat. Wie wenig.'
Ein Geist in der Kehle, Doireann Ni Ghriofa

Dieses voran gestellte Zitat drückt genau das aus, was auch meine Gedanken zu dem Roman Marschlande sind:

Zwei Stränge - die historischen Ereignisse um Abelke Bleken und um Britta 500 Jahre später.
Abelke, die Kämpferin, die so mies und hinterhältig bestohlen wurde. Und der letztendlich sogar das Leben gestohlen wurde. Ich danke den Frauen in der Hamburger Gegend, die an sie erinnern. (Obwohl ich Geschichte in HH studierte, hatte ich damals nie von ihr gehört).

Es macht mich sehr traurig, dass es damals so schlimm, so ekelhaft war. Es macht mich traurig, dass es heute noch immer so schlimm und ekelhaft ist wie Frauen behandelt werden. Frauen haben so viel Kraft, aber es sind immer noch zu wenig Frauen, die sich auflehnen. Wir sind 50 % der Bevölkerung eines jeden Landes!

Danke Jarka Kubsova für eine starke Erzählung. Der Titel passt exzellent - einfach nur ein regionales Wort; auch das Umschlagsbild - ein schlichtes Bild, was so viel sagt. So lange Autorinnen wie J. Kubsova schreiben, geht die Hoffnung auf Veränderung nicht verloren... Frau - Leben - Freiheit!

Bewertung vom 01.08.2023
Irgendwo wartet das Leben
Kelly, Erin Entrada

Irgendwo wartet das Leben


sehr gut

Fawn Creek Abenteuer

Dieses langweilige, kleine Nest, auch schon mal 'Yawn Creek' genannt, weil so absolut nichts passiert. Und jeder jeden kennt. Dinge, die einem kleinen Kind passierten, hängen selbst in der siebten Klasse noch an. Die beiden Unternehmerfamilien Crawford und Kingsley - samt ihrem Nachwuchs - beherrschen den Ort. (Restaurant, Angelerladen). Wer nicht dazu gehört - wird zum Außenseiter abgestempelt, auch oder gerade von den Jugendlichen.
Greyson hat kein Interesse an den typisch männlichen Dingen, er würde gerne nähen und Kleider entwerfen. Für sein Idol Kate Middleton, die Prinzessin von Wales. Selbst sein eigener (dämlicher) Bruder nennt ihn seine kleine Schwester.

Doch dann kommt eines Tages diese so ganz andere Orchid Manson in die Schule geschneit: In einem weißen Kleid, wirren roten Haaren und einer Blume im Haar.
Greyson findet sie toll, vom ersten Moment an. Und er überzeugt auch seine Freundin Dorothy - die Schüchterne, der sofort der 'rote Schreck' über den Hals kriecht, wenn sie mit Unvorhersehbarem konfrontiert wird. Die Drei werden eine Gruppe in einer Klasse (und sogar Schule), wo es nur Gruppen gibt. Greyson und Didi (Dorothy) waren bislang die Außenseiter.
Die Aufmerksamkeit der Klasse richtet sich sofort auf die Neue... Neugierde plagt viele, eigentlich alle. Eifersucht andere... Vor allem die Bullies, diejenigen die gerne andere dominieren und einschüchtern.

Dieses Jugendbuch ist ein großartiges 'Gemälde' einer Kleinstadt in Louisiana. Mit ihren Sonnen- und vor allem den Schattenseiten. Wer anders ist hat in so einem Gefüge kaum Entwicklungsmöglichkeiten (gelobt seien die Städte, wo doch mehr Freiheit möglich ist...). Es ist aber auch wieder ein tolles Mutmacherbuch. 'Irgendwo wartet das Leben'. Die Entwicklung von Greyson und Didi ist wunderbar, sie trauen sich. Doch das Dreierteam muss schlimme Entwicklungen ertragen.

Während des Lesens habe ich mit den Außenseitern gelitten und mich gefreut über jeden Schritt, der sie zu mehr Aufmüpfigkeit führte. Einfach großartig, dass nun solche Bücher geschrieben werden. Laßt Euch nicht unterkriegen!
Die Sprache ist wunderschön und poetisch. Ein wirklicher Lesegenuss, auch für Ältere.

Bewertung vom 28.07.2023
Eine Lady hat die Wahl
Irwin, Sophie

Eine Lady hat die Wahl


sehr gut

Eliza

Etwas Leichteres für zwischendurch. Eine Romanze.
Die siebzehnjährige Eliza wird mit dem weitaus älteren Earl of Somerset (25 Jahre Differenz), dem neunten seiner Art, verheiratet, rein aus ökonomischen Gründen. Und für den Earl ist das junge Ding auch nur eine Zierpuppe. Witwe geworden, nach zehn Jahre Ehe, überrascht sie die Testamentseröffnung. Sie ist die Haupterbin. Aber nicht, weil ihr Mann sie so sehr liebte, sondern anderen Verwandten eines auswischen wollte. Gleichzeitig wird sie mit ihrer Jugendliebe konfrontiert, denn er erhält den Titel des Lords. Doch auf jeden Fall, nun darf das Leben beginnen…

Die junge Frau wird selbstbewusster, ‚with a little help of good friends‘, genießt das Leben und entzieht sich den Konventionen…Doch im Testament steht, dass ihr der sagenhafte Reichtum nur zusteht bei einem tadelloser Lebensführung. Was sie aber letztendlich nicht davon abhält eine Dreiecksbeziehung auszuleben...

Unterhaltsam, zum Abschalten, keiner hohen intellektuellen Erwartung muss genügt werden… Ambiente der Regency Zeit. Gleichzeitig ist es wirklich gute Unterhaltung, mit einem Schuss Humor und Augenzwinkern und einen deutlichen Hinweis darauf, wie eingeengt das Leben von Frauen im 19. Jahrhundert war.
Das Umschlagsbild deutet natürlich zu gut die Richtung an. Der Titel ebenfalls. Und doch werden auch Themen angesprochen, die selbst heute noch wichtig sind, nicht nur in gewissen Ländern, auch bei uns in Mitteleuropa.

Die Hauptpersonen: Natürlich alle aus aristokratischen Kreisen, England in der Regency-Epoche - Eliza Eunice Courtenay (27, verwitwet), Right Honourable Countess of Somerset. Margret, die Gesellschaftsdame, verwandt mit Eliza und enge Vertraute. Die männlichen Teile – der Schriftsteller Lord Max Melville, charmant aber sehr eigen, und Lord Oliver Somerset, der Neffe, Titelerbe (von Julius Edward Courtenays) und erste Liebe von Eliza. Gut beschrieben wird eine zunehmend selbstbewusste Eliza. Sie lässt ihre bisherigen Einschränkungen hinter sich und geht neue Wege, sucht Freiheit und Unabhängigkeit.

Tolle Dialoge, humorig und charmant. Wie bereits erwähnt, eine leichte Lektüre... gemäß dem Anspruch, leichte Unterhaltung, gute vier Sterne.

Bewertung vom 28.07.2023
Toto und der Mann im Mond Bd.1
Sasha;Röntgen, Julia

Toto und der Mann im Mond Bd.1


sehr gut

liebevolle Gute Nacht-Geschichten

Toto heißt Kind auf Swahili und so stehen Kinder im Mittelpunkt des schönen Bildbandes. Niedliche Zeichnungen auf den Seiten ergänzen die Gute - Nacht - Geschichten, die unterschiedliche Längen haben.

Toto träumt also vom 'Mann auf dem Mond' (der Mond war schon immer fantasieanregend). Dank des Verzeichnisses am Anfang lernen wir den 'Mann im Mond' kennen, natürlich auch alle weiteren Mitwirkenden: Toto, Mimi, Frau Belatrix, Glühwürmchen Glow, Kuscheltier Luna, und natürlich Mama und Papa. Nicht zu vergessen auch - das allsehende Fernrohr.

Vorgesehen ist das tolle Bilderbuch für Kinder ab vier Jahren und beinhaltet nette Texte für Kinder, zum Selberlesen oder Vorlesen lassen! Auf dem bunten Umschlagsbild sind die Helden und Heldinnen im Buch bereits dargestellt. Gutes Titelbild, schön gezeichnet mit einem großen Herz. Einfach liebevoll. Großes Kompliment an den Zeichner Matthias Derenbach.