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Buchstabengeflüster

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Insgesamt 188 Bewertungen
Bewertung vom 30.11.2023
Songs of Emerald Hills / Irland-Reihe Bd.1
Stehl, Anabelle

Songs of Emerald Hills / Irland-Reihe Bd.1


gut

Wunderschönes Setting in Irland

Carolines Freundin ist vor einem Jahr gestorben und sie fühlt sich immer noch dumpf und ohne jegliches Gefühl, wo doch alle zu erwarten scheinen, dass sie ihr Leben wieder in die Hand nimmt. Vor allem auch ihre Unentschlossenheit bezüglich ihrer beruflichen Zukunft gibt ihr keinen Halt. Als Caroline bei der Werbung für eine Reise plötzlich wieder ein aufgeregtes Herzklopfen verspürt, reist sie kurzerhand nach Irland. Dort trifft sie auf Conor, der für den Erhalt seiner gälischen Sprachschule kämpft, und dessen Beziehungen zum Zwillingsbruder und Freunden immer mehr zerbrechen.

Jeder der beiden Protagonisten erhält anfangs im Prolog ein eigenes Kapitel: Caroline befindet sich auf der Beerdigung ihrer besten Freundin und Conor erwischt seine Freundin bei seinem Zwillingsbruder im Bett. Ein einschneidendes Erlebnis für beide und ich konnte ihren Schmerzen aus den Zeilen heraus so gut nachempfinden. Der Prolog ist der berührendste Teil der Geschichte und hat mich direkt gecatcht. Und dann treffen Caroline und Conor an ihrem ersten Tag in Baile na Mara aufeinander und es funkt auf beiden Seiten gewaltig. Das war mir viel zu schnell. Ich mag keine Liebesgeschichten auf den ersten Blick und auch hier haben mich die Gefühle der beiden nicht erreicht. Ihre späteren Aufeinandertreffen fand ich oft auch romantisch und haben mir gut gefallen (z. B. Schafe streicheln), aber in mir leider nicht mehr den Funken geweckt. Die individuellen Probleme und damit verbundenen Emotionen der Protagonisten haben mich aber erreicht und ich finde beide sympathisch (Conor mag ich ein bisschen mehr, obwohl ein Charakterzug anfangs nicht wirklich zu dem traditionsbewussten Iren passt).

Anabelle Stehls Schreibstil ist angenehm und schön, besonders der Prolog ist herzzerreißend geschrieben und hat mich direkt in die Geschichte gezogen. Auch ein Gespräch zum Ende des Buches hin ist so passend zu den Charakteren geschrieben. Ich finde, dass Anabelles Schreibstil sich seit der „Away“-Reihe positiv entwickelt hat. Allerdings finde ich einige Dinge repetitiv, was mich zunehmend genervt hat. Die Formulierungen, dass Caro endlich wieder etwas fühlt oder Conor sie vermissen wird, sobald sie Irland wieder verlässt, sind oft die gleichen gewesen, was es noch verstärkt hat.

Das Dorf Bail ne Mara an der Küste Irlands ist ein wunderschönes Setting! Die weite Landschaft mit dem aufwühlenden Meer und dem Leuchtturm gehört genauso zur Rahmenhandlung wie die Dorfgemeinschaft im Pub oder die aufgeweckte Liv, die dort eine neue Heimat gefunden hat. Man merkt richtig, dass Anabelle während ihres Studiums länger in Irland gelebt hat und auch die Unterschiede zwischen Deutschland und Irland aufzeigt. Zusätzlich wird in Bayle na Mara nur Gälisch gesprochen, was öfter in den Gesprächen der Charaktere eingebaut wurde. Deshalb gibt es am Anfang des Buches Übersetzungen, sowie eine Liste mit gälischen Namen und ihrer Aussprache.


Fazit:
„Songs of emerald Hills“ ist ein New Adult Roman mit wunderschönem Setting inmitten eines charmanten Dorfes an Irlands Küste. Genauso gut konnte mich die Liebesgeschichte leider nicht begeistern, weil die Gefühle von Caro und Conor aus dem Nichts da waren und mich auch nicht überzeugen konnten. Die Liebe muss mich in Liebesromanen erreichen und berühren, deshalb bin ich traurig, dass mich das Buch nicht gänzlich überzeugen konnte.

Bewertung vom 16.11.2023
Insel der wandernden Flüche - Skys Gabe
Blase, Tina

Insel der wandernden Flüche - Skys Gabe


ausgezeichnet

Mystisch und spannend

Die 14-jährige Sky ist schon viel auf der Welt herumgekommen, da ihre Mutter Hotelmanagerin ist und immer wieder neue Projekte startet. Doch Sky will endlich ein längerfristiges Zuhause und Freunde, die sie nicht bald wieder verlassen muss. Deshalb zieht sie zu ihrem Großvater auf die schottische Insel Sidh. Doch hier gibt es viele seltsame Vorkommnisse und Verhalten der Bewohner. Durch einige findet Sky heraus, dass es mehrere Flüche auf der Insel gibt und ihre Vorfahren in eine Familienfehde verwickelt sind. Deshalb behandelt der gleichaltrige Rory MacLeod aus ebenjener Familie Sky zunächst herablassend. Als ein neuer Fluch auftritt, beschließen die beiden mehr darüber herauszufinden und freunden sich mit der Zeit an. Auch mit der abweisenden Jamie findet Sky ein gemeinsames Hobby und würde gerne auf der Insel bleiben – wenn nur nicht die Flüche Sky in Probleme verwickeln würden…

Die Geschichte ist sehr spannend. Zunächst werden die Flüche vor Sky geheim gehalten und später forscht sie selbst mit Rory nach, was es mit den neuen Flüchen auf sich hat. Das ergibt eine sehr faszinierende Erzählung. Somit erfährt man immer mehr über die Insel und deren Vergangenheit, denn die Flüche sind vor vielen, vielen Jahren entstanden. Außerdem reist man mit Sky an viele verschiedene Orte auf der Insel, die einerseits sehr idyllisch, andererseits aber auch mystisch beschrieben wird, was die geheimnisvolle Atmosphäre verstärkt. Die Charakterbeziehungen sind ebenfalls sehr spannend, denn Rory begegnet Sky zunächst herablassend und feindselig, obwohl sie sich eigentlich recht gut zu verstehen scheinen. Auch die abweisende Jugendliche Jamie und die alte Frau außerhalb des Dorfes bringen Schwung in die Geschichte. Durch all diese Komponenten spitzt sich die Erzählung immer weiter zu. Das Ende bringt eine für mich sehr überraschende Wendung und viel Spannung.


Fazit:
„Insel der wandernden Flüche – Skys Gabe“ ist ein verflucht guter Reihenauftakt. Ein spannender Schreibstil mit einer faszinierenden Idee, angespannte Charakterbeziehungen und überraschende Wendungen bilden diesen tollen Jugendroman, weshalb ich mich schon sehr auf den Folgeband freue!

Bewertung vom 01.11.2023
Selbst in dunkelster Nacht / Liora & Kieran Bd.1
Kassemyar, Ali

Selbst in dunkelster Nacht / Liora & Kieran Bd.1


ausgezeichnet

Besonderer Schreibstil

Kieran flüchtet nach einer traumatisierenden Begebenheit aus seiner Heimatstadt nach Northlake City. Dort trifft er auf Liora, seine neue Nachbarin und Kollegin im Blumenladen. Obwohl Kieran sich zurückzieht und in Schuldgefühlen versinkt, trifft er immer mehr auf die lebenslustige Liora, die aber auch einige Wunden mit sich herumträgt. Liora ist eine fröhliche Person, während Kieran sich oft in sein Schneckenhaus zurückzieht. Kann sie Kieran auf die Sonnenseite des Lebens ziehen?

Der Schreibstil des Autors ist unglaublich berührend! Schon auf den ersten Seiten umwoben mich Ali Kassemyars Worte. Ich kann gar nicht sagen, was am Schreibstil so besonders ist, aber er ist es und zieht sich durch das ganze Buch - durch die ganze emotionale, liebevolle und herzbrechende Geschichte. Außerdem liebe ich das Setting im Blumenladen. Wie das Schaufenster, die Blumen und die Leidenschaft von Liora beschrieben werden, ist einfach wunderschön und sehr gemütlich. Ich würde zu gerne mal dort stöbern!

"Manchmal wünschte ich, Menschen könnten das in sich sehen, was andere in ihnen sehen.", Kieran, S. 92

Ich hab die beiden Protagonisten so gerne verfolgt, wie sie sich immer näher kommen. Liora lässt nicht locker - ist anfangs fast schon aufdringlich - und zeigt Kieran die Stadt. Durch Gespräche und gemeinsamen Situationen lernen sie sich kennen und auch sehr schätzen. Romantik und ernsthafte Gespräche wechseln sich ab und verweben sich immer mehr miteinander. Nur zwischendurch war es mir manchmal zu viel, wenn die Wunden aus der Vergangenheit erneut zuschlagen. Für Liora hat sich die Situation teilweise geändert, aber Kieran gräbt sich immer tiefer in seine Schuldgefühle. Der Autor gibt schrittweise mehr von Kierans Vergangenheit preis, die ich teilweise schon erahnen konnte, mich aber dennoch berührt hat. Am Ende kommt das ganze Ausmaß zum tragen und auch etwas, was mich immer mal wieder im Verlauf der Geschichte gestört hat. Es dominiert nun in Kierans und Lioras Liebesgeschichte, weshalb ich befürchte, dass es mich im nächsten Buch der beiden stören könnte. Ich würde gerne mehr von dem Autor lesen, denn ich liebe seinen Schreibstil und diese berührende und romantische Geschichte, aber ich bin mir derzeit unsicher, ob ich zum Folgeband greifen soll.

Fazit:
„Selbst in dunkelster Nacht“ ist eine wunderschöne Liebesgeschichte, die ich so gerne gelesen habe. Besonders der Schreibstil von Ali Kassemyar hat es mir sehr angetan – ich weiß nicht wieso, aber er ist besonders und hat mich von Anfang an abgeholt – weshalb ich unbedingt mehr von dem Debut-Autoren lesen möchte!

Bewertung vom 31.10.2023
A Place to Shine
Lucas, Lilly

A Place to Shine


ausgezeichnet

Romantisch!

Bei der Heimfahrt nach einem schrecklichen Date entdeckt Poppy ein Auto im Straßengraben, worin sich niemand geringerer als Trace befindet – berühmter Country-Sänger und der Typ, auf den sie seit Jahren sauer ist. Durch (mehr oder minder) Missverständnisse denken Journalisten, dass Poppy Trace‘ Freundin ist. Und somit beginnt die Fake-Dating-Story, denn für Trace‘ Ruf und Karriere müssen sie für ein paar Wochen so tun, als wäre es wahr.

Die beiden Protagonisten haben eine Vorgeschichte, weil sie sich vor Jahren kennengelernt haben. Sie haben damals miteinander rumgeknutscht, aber bevor mehr daraus werden konnte, hat Trace diese Begegnung in einen Song verpackt und veröffentlicht, woraufhin Poppy sich in ihrer Privatsphäre verletzt fühlte. Dieser Abend und der weitere Verlauf ihrer Nicht-Liebesgeschichte bis heute werden immer mal wieder in Kapiteln geschildert. Das find ich einerseits richtig schön, weil man bei der gemeinsamen Geschichte der beiden von Anfang an dabei ist und sie so viel näher kennen lernt. Und zum anderen liegen diese Aufeinandertreffen zwischen Poppy und Trace so weit in der Vergangenheit in den anderen Teile dieser Buchreihe, wodurch man quasi nochmal in die Vergangenheit der vier Schwestern reist und, auch durch einige Erwähnungen, an die anderen Pärchen erinnert wird, was ich sehr genossen habe.

Wie immer ist diese Liebesgeschichte von Lilly Lucas einfach nur wunderschön! Der Schreibstil ist beschreibend und angenehm. Lob auch an Kathinka Engel für die absolut passenden und wunderschönen Liedtexte von Trace! Ich habe nicht nur die Songtexte von Trace in einem gewissen Rhythmus gelesen, sondern das gesamte Buch. Dadurch hat es die Geschichte noch viel lebendiger für mich gemacht. Außerdem ist die Chemie zwischen Poppy und Trace einfach perfekt! Ich habe bei ihren Dialogen immer geschmunzelt. Ich liebe es einfach, wenn der Humor passt und die Protagonisten viel Gebrauch davon machen. Und die Romantik rundet das Buch überaus charmant ab – mein Herz ist geschmolzen. Diese Szene, als Trace für Poppy singt, ist mein Lieblingsmoment des Buches, weil ich sie so berührend fand und Tränen in den Augen hatte.


Fazit:
„A Place to shine“ ist leider der Abschlussband der Cherry Hill Serie, aber wieder unglaublich schön und vor allem romantisch. Ich mochte die Chemie zwischen Poppy und Trace, ihre ehrlichen Gespräche, ihren Humor und… einfach alles! Mein Herz ist geschmolzen und ich freu mich riesig auf Lilly Lucas‘ angekündigte neue Reihe!

Bewertung vom 29.10.2023
Happy Meat / Food Universe Bd.3
Graßhoff, Marie

Happy Meat / Food Universe Bd.3


ausgezeichnet

Unglaublich spannend und aufwühlend

Seit den letzten Seiten von “Spicy Noodles” war ich so gespannt auf Cava, ihre Fähigkeit und ihre Familie. Hier folgen wir Cava, als sie erfährt, dass einer ihrer Brüder mit DIET (FBI-Einheit für Göttererben) zusammengearbeitet hat. Sie ist enttäuscht von dem Toten und fragt sich, warum er die Familie so verraten hat und versucht dies nun herauszufinden. Bei einigen ihrer Einsätze für die Familie stößt Cava auf Colt, der nur indirekt Teil der Göttererben-Welt ist, und auf einige interessante Zusammenhänge. Also beschließt sie gemeinsam mit Colt nachzuforschen.

Ich war immer so gespannt, welche Fähigkeit in Cavas Familie liegt. Diese Frage steht in dem Buch auch lange im Raum und wird erst am Ende gelüftet. Unglaublicher Spannungsbogen! Ich hab so viel gerätselt, bin aber nicht ansatzweise drauf gekommen. Ebenfalls sehr fesselnd sind die anderen Geschehnisse, also die Einsätze Cavas und ihrer Brüder für die Familie und ihre Nachforschungen bezüglich ihres verstorbenen Bruders. Demnächst findet das Street Food Festival von Very Happy Meat statt, wobei hinter den Kulissen nicht nur Vorbereitungen in den Metzgereien dafür laufen, sondern sich auch noch anderes anbahnt. Die Geschichte ist durchweg spannend und ein echter Page-Turner. Nebenbei erfährt man viel über ihre Familie (der Stammbaum und Verzeichnis ihrer vielen Brüder am Anfang des Buches ist sehr hilfreich für mich gewesen), wie sie tickt und auch wie Cava aufgewachsen ist. Das Familiengefüge hat mich schockiert, ihre Eltern total wütend und Cavas nachvollziehbar geschilderte Situation einfach traurig gemacht.

"Die Welt fühlt sich manchmal zu schwer an. Als läge sie mit ihrem ganzen beschissenen Gewicht auf mir. [...] Aber [hier] kann ich das hin und wieder zumindest vergessen. Wenigstens für ein paar Sekunden." S. 142

Das Ende finde ich schlussendlich passend. Endlich wird in einer gewaltigen Szene Cavas Fähigkeit enthüllt, die mir gefällt. Einiges hat mich hier aber auch enttäuscht. Erstens, dass Colt und seine Hintergrundgeschichte einfach zu perfekt sind, ich hab immer mehr erwartet. Außerdem hätte ich mir gerne mehr Informationen zu Cavas Großmutter gewünscht. Es wird immer wieder etwas angedeutet, die Großmutter zum Schluss auch kurz erwähnt, da hätte ich mir zumindest ein Gespräch über ihre Vergangenheit gewünscht, damit dieser Erzählstrang rund um die Familie Very Happy Meats abgerundet ist. Das letzte störende Detail für mich ist die Überleitung zum nächsten Band im Food-Universe. Ich finde es nicht passend für Cavas Geschichte, wodurch die Einführung des Protagonisten für den nächsten Teil der Reihe ist für mich sehr plump gewesen ist.


Fazit:
„Happy Meat“ ist von Anfang an extrem spannend und mitreißend. Außerdem konnte mich Cavas Geschichte auch berühren und sehr oft aufregen (Triggerwarnung beachten). Zum Ende hin spitzt sich alles zu und wird fesselnd und glaubhaft abgeschlossen. Einige Aspekte haben mich jedoch gestört, weil sie meiner Meinung nach gefehlt oder nicht gepasst haben. Nichtsdestotrotz ist „Happy Meat“ eine unglaublich spannende Geschichte über eine mafiaähnliche Familie und für mich das beste Buch von Marie Graßhoff seit einiger Zeit.
4,5 Sterne

Bewertung vom 16.10.2023
Das Glück der Geschichtensammlerin
Page, Sally

Das Glück der Geschichtensammlerin


gut

Wo ist das Besondere?

Janice ist Putzfrau und deshalb für manche Menschen das unterste Glied in der Kette, für andere ein Kummerkasten oder sogar Freundin. Und so sammelt sie während all der vielen Jahre ihrer Tätigkeit die Geschichte der unterschiedlichsten Menschen. Das Buch setzt an, als sie beginnt für die 92-jährige Mrs B zu putzen. Herrisch und intelligent erzählt hingegen sie Janice eine Geschichte, die sich über das gesamte Buch erstreckt, bis Janices eigene Geschichte ans Licht kommt. Währenddessen lernt sie auch den Busfahrer Euan kennen, der ihr vier Geschichten seines Lebens erzählt.

In diesem Buch geht es viel um Geschichten, um Lebensgeschichten unterschiedlichster Menschen, die das Leben der Protagonistin nur gestreift haben, aber hier durch Erzählungen auftauchen. Viele sind herzlich oder gar berührend, aber mit der Zeit werden sie zu knapp hingeworfen, weil sie eben große Gefühle bewirken, dir wir Leser/innen gar nicht fühlen dürfen, weil die jeweilige Geschichte schon auserzählt ist. Insbesondere zum Ende hin nimmt das Buch eine tiefgründigere und trocknere Atmosphäre ein, wo kein Platz mehr für angedeutetes bleibt. Mrs B Geschichte ist nicht langweilig, aber ich habe mich mit jeder Seite gefragt, was an ihrer Geschichte, die nicht mal ihre eigene ist, so besonders sein soll. Auch wenn diese Erzählung etwas Geduld erfordert, wird der Grund am Ende deutlich.

Der Schreibstil ist angenehm trägt durch die Geschichte. Die Autorin bringt uns Janice und die anderen Protagonisten nahe, ist aber nie zu intensiv oder emotional, anfangs oft auch noch amüsant. Besonders der Hund Decius und seine Bemerkungen sind ein sehr schönes Detail des Buches.

Als Janice zum Schluss endlich ihre eigene Geschichte erzählt, war es eine Überraschung und hat ebenfalls Emotionen bei mir hervorgerufen. Denn sie hat früher noch so viel mehr erlebt, als uns das jetzige Abbild ihres Lebens verrät. Sie ist nicht nur Putzfrau und mit einem nervigen Mann verheiratet – sie ist mehr. Apropos nerviger Mann: Sein Verhalten bezüglich seines Berufs und ihrer Ehe wurde von Anfang an immer wieder aufgegriffen, was mich mit der Zeit sehr gestört hat, da es einfach unglaublich nervig und teilweise bedrückend ist, so nervig! Doch so einzigartig Janices Geschichte, so wie jede fiktive im Buch und jede einzelne von uns realen Menschen, auch ist, so wenig besonders empfand ich nach den vielen anderen Schicksalen das von Janice.


Fazit:
„Das Glück der Geschichtensammlerin“ erzählt so viele unterschiedliche, oft zu kurz angerissene Geschichten. Das Buch punktet definitiv mit den besonderen Charakteren auf die Janice trifft, insbesondere der Hund Decius ist eine lustige Konstante. Manchmal ist die Geschichte aber auch nervig (Janices Mann) oder düster (durch einzelne Lebensgeschichten). „Das Glück der Geschichtensammlerin“ ist eine berührende und tragische Geschichte über so viele Lebensgeschichten, die jemanden von uns gehören könnte.

Bewertung vom 10.10.2023
Der Totengräber und der Mord in der Krypta / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.3
Pötzsch, Oliver

Der Totengräber und der Mord in der Krypta / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.3


ausgezeichnet

Gelungene Fortsetzung für die gruselige Herbstzeit

Unter dem Wiener Stephansdom werden Führungen in die Krypta angeboten, wo sich noch viele alte Schädel und Skelette stapeln. Bei einer solchen Führung wird der Gruselfaktor noch erhöht, denn die Schaulustigen entdecken eine frische Leiche: Ein Arzt, der einige beliebten spiritistische Sitzungen hat auffliegen lassen. Als Julia, die Tatortfotografin, ihre Bilder entwickelt, entdeckt sie darauf ein Gespenst. Hat sich etwa ein Geist an dem Arzt gerächt? Während Leo sich auf die Suche nach einem lebenden Mörder macht, stoßen der Totengräber Augustin und seine Tochter Anna auf den Nachtkrapp, der Kinder aus dem Kinderheim stehlen soll. Sagengestalten und Geister – was steckt dahinter?

Wie immer schafft Oliver Pötzsch einen spannenden Krimi rund um den Inspektor Leopold und dem Totengräber Augustin. Fesselnd werden die zwei Fälle aufgewickelt und immer detailreicher und aufregender dargestellt. Indizien vermischen sich und die Spannung spitzt sich zu, bis Leo am Ende den oder die Täter überführt, was ich vorher kein bisschen habe kommen sehen. Zwischendurch fragt man sich, ob nicht wirklich ein Geist seine gestaltlosen Finger im Spiel haben könnte. Neben den Geisterfotografien dürfen wir Leser/innen einer Geisterbeschwörung beiwohnen und auch die alte Wissenschaft, dass man anhand der Schädelform Charaktereigenschaften, gar das Böse erkennen könnte, spielt eine Rolle und geben den kriminalistischen Fällen einen leicht unheimlichen Flair.

Ebenfalls wie gewohnt bilden Wien und die damalige Zeit eine faszinierende Rahmenhandlung für den Krimi, weil man den Charakteren auf der im Buch abgedruckten Straßenkarte Wiens folgen kann und sogar als Hochdeutsch sprechende/r Leser/innen ein Glossar mit einigen Begriffen des typischen Dialekts erhält. Außerdem sind auch wieder einige Auszüge aus Augustins neuem Buch enthalten, diesmal schreibt er über „Spuk und Geisterscheinungen“, von denen er als Totengräber womöglich mehr Erfahrung hat als die Geisterbeschwörer. Das Privatleben der Buchfiguren füllt die Geschichte auf, wodurch man ihnen sehr nahe kommt. Sogar Leos Mutter kommt ihn schließlich besuchen und auch ein Herr namens Arthur Conan Doyle verweilt während der Geisterscheinungen in Wien. Leos und Julias Beziehung hat mich zeitweise etwas genervt, weil ich immer mehr davon überzeugt bin, dass die beiden nicht zusammen passen und Julia auch manchmal gegensätzliches gedacht hat, als im zweiten Teil dieser wunderbaren Reihe. Aber am spannenden Ende war ich wieder mit Julia versöhnt und ihrer beider Beziehung zufrieden.


Fazit:
„Der Totengräber und der Mord in der Krypta“ ist wieder ein sehr spannender Krimi mit mehreren faszinierenden Fällen, die der Inspektor Leo und Totengräber Augustin auf der Spur sind. Gespickt mit Geisterscheinungen, Spiritismus und Séancen ist dem Autor wieder ein schöner cosy crimi gelungen, der perfekt in die spukvolle Herbstzeit passt. Ich freu mich nun riesig auf den nächsten Fall und kann es kaum erwarten gemeinsam mit dem Totengräber Augustin in neuen Fällen nach aufregenden Hinweisen zu graben.

Bewertung vom 10.10.2023
Der Porzellaner
Klug, Annick

Der Porzellaner


gut

Verliert an Spannung

Gleich zu Beginn des Buches begleiten wir 1719 den flüchtenden Samuel, was zugleich die Frage aufwirft, wie es dazu kommen konnte und somit direkt Spannung bringt. Denn danach folgen die Kapitel von 1706 an chronologisch, während der Bergmann Samuel nach Meißen in die Albrechtsburg kommt, um dort mit Kollegen bei der Herstellung von Gold helfen soll. Böttger hat dies dem Kurfüsten von Sachsen demonstriert, der ihn seitdem gefangen hält und auf das ersehnte Gold wartet, dass er so dringend für seinen teuren Krieg benötigt. Doch was bisher nur ein Trick war, ist nicht leicht zu entwickeln, weswegen Böttger nun zusammen mit Tschirnhaus zunächst hinter das Geheimnis der Porzellanherstellung kommt – das erste Mal außerhalb Asiens. Doch Tschirnhaus stirbt und Böttger leitet die Porzellanmanufaktur mit Nehmitz, der das Bindeglied zum Kurfürsten darstellt, die sich beide ständig uneins sind und streiten. Die erfolgreiche Produktion von vergleichbarem Porzellan aus China geht einen langen Weg.

"Und doch ist es zerbrechlich, das Porzellan, wie unser Glück, der Reichtum, unser Leben. Im Streit und ohne Frieden bleibt davon nicht mehr als ein paar Scherben.", S. 226

In diesen Roman wird auch die politische Lage von Sachsen und das Leben des Kurfürsten August aufgegriffen. Denn Augusts Gier auf das Gold und sein Umgang mit der Manufaktur sind genauso ausschlaggebend für das weiße Gold, wie die Erfindungen von Böttger und die Leitung von Nehmitz, sowie schlussendlich auch die Flucht und der Verrat von Samuel Stöltzel. Die politische Lage und Samuels Leben werden durch unterschiedliche Perspektiven dargestellt. Neben dem eigentlichen Protagonisten Samuel, kommt auch seine große Liebe Sophie in einigen Kapiteln zu Wort, genauso wie Constantia, die Mätresse des Kurfürsten Sachsens, und August selbst. Die unterschiedliche Sichtweise der Kapitel gefällt mir und gibt der Geschichte ein umfassendes Bild. Man erfährt die Motive und Wünsche der Charaktere, deren Beziehungen verwoben und anschaulich dargestellt sind, sodass alle Reibereien, Streit und Eifersucht nachvollziehbar werden. Constantia ist dabei eine der interessantesten Charaktere im Buch. Sie ist klug und wissenschaftlich interessiert, kein Wunder also, dass sie als die Mätresse Augusts sogar politisch auf ihn eingewirkt hat. Durch ihre Abhängigkeit und Augusts Eifersucht zeichnet die Autorin hier ein sehr gutes Bild über Constantias Leben.

Leider wird die Geschichte dann irgendwann ermüdend, denn die erfolgreiche Porzellanherstellung lässt auf sich warten. Viele Probleme, die dem im Weg standen, werden auch ausgeräumt, doch irgendwie kommt trotzdem nicht richtig Fahrt auf, irgendein Hindernis ist zur Stelle und verhindert eine funktionierende Manufaktur. Vielleicht empfand ich die Geschichte auch irgendwann als langwierig, weil das Potenzial der europäischen Porzellanherstellung zum Greifen nah war, aber doch nie genutzt wurde. Weil aus heutiger Sicht so ein Drama bei der Führung der Manufaktur und die große Gier nach Gold in Akkordherstellung einfach unvorstellbar sind. Auch politisches oder die einzelnen Charaktere nehmen immer mehr Raum ein, weshalb das Thema der Porzellanherstellung noch mehr in den Hintergrund rückt. Die Geschichte zieht sich also, bis am Ende doch wieder mehr Spannung aufkommt und man endlich erfährt, wie es zu Samuels Verlassen der Meißner Manufaktur kam. Andererseits hat mir das Ende nicht ganz gefallen und ich hätte mir zumindest einen Epilog zur Manufaktur gewünscht. Was ich mir auch sehr gewünscht hätte und eigentlich essentiell für einen Roman mit wahrem Hintergrund ist, ist ein Nachwort: Welche Charaktere sind real? Was ist genauso passiert, was wurde für die Spannung des Romans verändert? Nicht einmal die Dankesworte der Autorin lassen die Recherche erkennen, die sie doch gemacht haben muss. Nach dem Beenden des Buches habe ich direkt die Geschichte des Meißner Porzellans auf deren Website und in Wikipedia nachgelesen.


Fazit:
„Der Porzellaner“ ist die Geschichte über Samuel, der maßgeblich an der Erfindung und Entwicklung des europäischen Porzellans beteiligt war. Darüber hinaus wird auch die politische Seite zu Beginn des 18. Jahrhunderts durch den Kurfürsten August und seiner Maträsse Constantia erläutert, die auch in eigenen Kapiteln zu Wort kommen und den Aufbau der Porzellanmanufaktur beeinflusst haben. In diesem Buch geht es aber vielmehr über die erste Entdeck des Porzellans außerhalb Asiens, als um die Erfolgsgeschichte der Meißner Manufaktur. Mit der Zeit wird die Geschichte langwieriger und gipfelt in einem unzufrieden stellenden Ende. Das fehlende Nachwort und damit Informationen über tatsächliche Begebenheiten und Personen ist leider auch ein Defizit.

Bewertung vom 12.09.2023
Spiel auf Leben und Tod / Fräulein vom Amt Bd.3
Blum, Charlotte

Spiel auf Leben und Tod / Fräulein vom Amt Bd.3


ausgezeichnet

Bester Teil der Reihe!

Während sich ganz Baden-Baden durch das stattfindende Internationale Schach-Turnier im Schachfieber befindet, bittet eine Kollegin von Alma sie den Tod ihrer Cousine aufzuklären. Gertrude soll bewusst oder unabsichtlich durch eigene Hand in einer großen Waschtrommel gestorben sein, doch Almas Kollegin bezweifelt dies und Alma stimmt dem nach ersten Recherchen zu. Also begibt sie sich auf die Suche nach einem Motiv und funkt einer weiblichen Diebesbande dazwischen. Steht beides etwa in Zusammenhang?

Einiges was ich im zweiten Teil der Reihe bemängelt habe, ist hier aber gut gemacht, was mich wirklich gefreut hat. Der Fall zieht sich neben den privaten Begebenheiten von Alma und ihrer besten Freundin Emmi kontinuierlich durch die Geschichte. Obwohl Alma sich mehrmals in Gefahr begibt und sogar körperlich bedroht wird, zieht sie auch ihren Freund und Kriminalkommissar Ludwig mit ein. Alma ist gerissen und hat manches Mal wieder sprunghafte Ideen zur Lösung des Mordfalls, die ich jedoch immer nachvollziehen konnte.

Privat und im Setting der 1920er und Baden-Baden wird von dem Autorinnenpaar auch wieder einiges geschickt eingebaut. Durch Almas Vater wird unter anderem der technische Fortschritt eingebunden und auch die damaligen Film-Stars, Literatur und Musik findet in Gesprächen oder Tanzabenden Platz. Vor allem all die Kleinigkeiten der damaligen Zeit haben mir sehr gefallen, z. B. das Spiel Tipp-Kick (ähnlich wie Kicker), die Bildung einer Gartenstadt oder die Nutzung der Elektrizität. Auch politisch und gesellschaftlich wird der Zeitgeist aufgegriffen. Insbesondere Almas Zerrissenheit zwischen ihrer beruflichen Freiheit und den ernsten Gefühlen zu Ludwig ist sehr gut dargestellt und immer wieder Thema. Alma ist gefangen in den Zwängen und Erwartungen ihrer Zeit und auch Emmie findet in ihrem Liebesleben nicht mehr immer Erfüllung.


Fazit:
„Spiel auf Leben und Tod“ ist meiner Meinung nach der beste bisherige Teil der Reihe rund um das ermittelnde Fräulein vom Amt. Der Fall ist kontinuierlich und verständlich aufgebaut und auch der Lokalkolorit und die vielen großen und vor allem kleinen Dinge der damaligen Zeit werden immer wieder ins Geschehen eingebaut. Ein schöner und spannender historischer Krimi, der mir Spaß bereitet hat.
4,5 Sterne

Bewertung vom 28.08.2023
Das Lachen der Pinguine
Meran, Arabella

Das Lachen der Pinguine


sehr gut

Schöne & wahre Geschichte über eine unternehmungslustige Frau

Die Romanbiographie über Caroline Mikkelsen beginnt 1931 als sie ihren zukünftigen Mann Klarius begegnet und daraufhin heiratet. Die gebürtige Dänin zieht nach Sandefjord in Norwegen, wo sie aber oft gelangweilt und einsam ist, weshalb sie ihren Mann überredet, ihn bei seiner Arbeit als Kapitän begleiten zu dürfen. Da die Reederei von Klarius‘ Schiff in der Antarktis Walfang betreibt und dort auch das Land erforscht, bietet sich Caroline die Möglichkeit die Antarktis zu ergründen. Somit betritt Caroline am 20. Februar 1935 als erste Frau antarktischen Boden, wo die Besatzung einen Steinhaufen errichtet und Caroline die norwegische Flagge hisst. Die Schifffahrt über den halben Erdball, das Betreten der Antarktis und das Bewundern der Pinguine wird ebenso beschrieben, wie Carolines späteres Leben. Nebenbei enthält die Geschichte auch den Zeitstrang 1995, als die fiktive Journalistin Jesse von Caroline erfährt, nachforscht und einen Artikel über die erste Frau in der Antarktis schreiben will.

Das Buch hat mir Spaß gemacht zu lesen, weil es so angenehm war durch die Geschichte zu gleiten. Die Autorin hat einen sehr flüssigen Schreibstil und die Begebenheiten in Carolines Leben sehr ansprechend beschrieben. In ihren Kapiteln wurde mir nie langweilig, die von Jesse fand ich weniger angenehm, weil sie das für solche Romane manchmal typische Problem-Leben führt, das eigentlich gar nicht hätte sein müssen. Carolines Erzählperspektive wurde noch aufgelockert, indem sie besonders anfangs auch viele Briefe an ihre engste Schwester Elin beinhaltet. Auch wenn man der Protagonistin durch die personelle Erzählperspektive sehr gut folgen kann, sind die Kapitelanfänge mit den Briefen aus Carolines Sicht ein auflockernder Zusatz. Die Fotos und Erläuterung der Autorin zu Beginn der Geschichte sind ebenfalls eine tolles Extra und machen die Erzählung plastischer und realitätsnaher. Eine Andeutung am Ende über Caroline hat mich verwirrt, sodass ich es im Internet nachgelesen habe - hätte meiner Meinung nach also besser erläutert oder einfach weggelassen werden sollen.



Fazit:
„Das Lachen der Pinguine“ erzählt die wahre Geschichte über die erste Frau, die antarktischen Boden betreten hat, und das weitere Leben der unternehmungsfreudigen Caroline. Der zweite Erzählstrang über die Journalistin 60 Jahre später ist nicht ganz so interessant. Durch den sehr flüssigen und kurzweiligen Schreibstil der Autorin macht das Lesen der Geschichte sehr viel Spaß.