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Benutzername: 
takabayashi
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Berlin
Über mich: 
Vielleser

Bewertungen

Insgesamt 144 Bewertungen
Bewertung vom 22.11.2022
Frau mit Messer
Byeong-mo, Gu

Frau mit Messer


sehr gut

Von takabayashi
Ein Krimi ist das eigentlich nicht!

Von koreanischen Filmen bin ich schon lange begeistert, deshalb freue ich mich, wenn ich hin und wieder auch mal ein koreanisches Buch in die Hände bekomme. Dieser Roman erschien mir sehr vielversprechend. Was für eine Idee: eine Auftragsmörderin, die das Rentenalter erreicht hat und ihr unauffälliges Aussehen nutzt, um z.B. in der U-Bahn dicht an ihr Opfer heranzukommen. Sie leidet unter der Altersdiskriminierung einiger jüngerer Kollegen in der Agentur, will aber noch nicht aufhören, obwohl der Chef von ihr zu erwarten scheint, dass sie von sich aus kündigt ...

Hornclaw (so ihr Deckname) hat ihr ganzes Leben lang schon als sogenannte "Schädlingsbekämpferin" gearbeitet. Im Laufe des Romans erfahren wir, wie es dazu kam. Sie hält sich immer noch fit, trainiert regelmäßig und ist definitiv erheblich besser in Form als die meisten ihrer Altersgenossen. Aber dennoch muss sie sich eingestehen, dass sie allmählich etwas nachlässt, sowohl körperlich als auch geistig, insofern, dass sie eine gewisse Altersmilde an sich feststellt, dass Gefühle, die sie früher immer verdrängt und unterdrückt hat, an die Oberfläche drängen und ihr in die Quere kommen, ja sogar dazu führen, dass sie Fehler macht. Eigentlich geht es mehr um ihre Lebensgeschichte, um ihre Erfahrungen des Alterns, um gesellschaftliche Probleme in Korea - für mich passt dieses Buch nicht ins Krimi-Genre, die Bezeichnung ist eher irreführend. Es kommt zwar gegen Ende zu einer Art Show-down, aber ein wirklicher Krimi-Plot ist für mich nicht erkennbar.

Der Schreib- und Erzählstil ist ungewöhnlich, teilweise getränkt von schwarzem Humor, allerdings ist alles etwas vage und es bleiben viele Fragen offen. Ich fand fie Geschichte durchaus interessant, konnte aber keine wirkliche Verbindung zu den handelnden Personen aufbauen, was ich schade finde. Folglich entwickelte sich auch kein Sog beim Lesen und ich kam ziemlich langsam voran. Das Buch hat mir stellenweise sehr gut gefallen, konnte mich aber insgesamt doch nicht so recht überzeugen, obwohl ich es mögen wollte. Daher aufgerundete dreieinhalb Sterne!

Bewertung vom 05.10.2022
Monsieur le Comte und die Kunst des Tötens / Monsieur le Comte Bd.1
Martin, Pierre

Monsieur le Comte und die Kunst des Tötens / Monsieur le Comte Bd.1


ausgezeichnet

Auftragsmord statt Dolce Vita

Als langjähriger Fan von Madame le Commissaire (die in diesem Buch zur Freude ihrer Fans einen augenzwinkernden klitzekleinen Gastauftritt hat) war ich sehr gespannt auf Monsieur le Comte. Dieser junge Mann hat bisher sein entspanntes Leben als Wirt eines kleinen aber feinen Bistros genossen, doch all das ändert sich durch den plötzlichen Tod seines Vaters. Die Familie derer von Chacarasse betreibt nämlich seit vielen Generationen die Kunst des Tötens, d.h. sie sind Auftragsmörder für die höchsten Kreise von den Medici bis zu den Bourbonen. Auch Lucien de Chacarasse ist während seiner ganzen Kindheit und Jugend für diese Tätigkeit ausgebildet und trainiert worden. Das Problem ist: er ist grundsätzlich nicht gewillt, jemanden zu töten. Das ging auch eine Weile gut, denn sein älterer Bruder sollte und wollte in die Fußstapfen des Vaters treten. Doch dann hatte er enen tödlichen Motorradunfall und als dann auch sein Vater in Ausführung eines Auftrags tödlich verletzt wird, weiß Lucien, dass nun seine Stunde gekommen ist, zumal ihm der Vater auf dem Sterbebett das Versprechen abgerungen hat, die Tradition der Familie weiterzuführen ... Wie Lucien seine friedliebende Einstellung mit der neuen Situation zu vereinbaren schafft, darum geht es in diesem Buch.
Das wird sehr witzig und auch spannend geschildert, unterhaltsam wie immer bei dem Autor: mit viel Lokalkolorit und südfranzösischem Flair, gutem Essen (na klar, Lucien hat schließlich ein Restaurant mit einer sehr guten Küchenmannschaft), anschaulichen Ortsbeschreibungen und vielen sympathischen Figuren in Luciens Umfeld. Lucien vermeidet das aktive Töten immer wieder auf andere Weise und klärt in der spannenden Klimax des Romans die genaueren Umstände auf, unter denen sein Vater zu Tode kam. Ich habe das Buch mit großem Vergnügen ziemlich schnell durchgelesen, das ist immer ein gutes Zeichen dafür, dass ein Buch mich ganz in seinen Bann zieht. Es ist wohl der erste Band einer neuen Reihe. Ich kann mir allerdings noch nicht so recht vorstellen, ob diese Prämisse "Auftragsmörder weigert sich zu töten" eine ganze Reihe von Büchern tragen kann, denn wie viele Varianten dieser Situation kann es geben? Aber ich bin sicher, dass der Autor dafür ein Konzept hat, bin gespannt, wie es weitergeht und werde die Reihe weiter verfolgen. Der erste Band liefert jedenfalls eine sehr amüsante und originelle Lektüre!

Bewertung vom 21.09.2022
Das neunte Gemälde / Lennard Lomberg Bd.1
Storm, Andreas

Das neunte Gemälde / Lennard Lomberg Bd.1


sehr gut

Kunstgeschichte, Beutekunst und Familiendrama

Dieser (kunst)historische Krimi beschäftigt sich mit der von den Nazis durchgeführten Kunstverbrennung in Paris, mit speziell einem Bild (dem titelgebenden neunten Gemälde) im Zusammenhang mit dem Kubismus und den Malern Picasso, Braque und Derain, die oft zusammen arbeiteten.
Der Autor verbindet Fakten mit Fiktion und erzählt unter anderem die Geschichte eines SS-Mannes, der rechtzeitig vor Ende der Nazizeit abtaucht und vorher noch durch einen raffiniert geplanten Betrug sein Schäfchen ins Trockene bringt, in der Bundesrepublik als Lichtgestalt wieder auftaucht und eine steile Karriere hinlegt - wie so viele ehemalige Nazis. Eng verbunden ist seine Geschichte u.a. mit dem Vater des Protagonisten Lennard Lomberg. Dieser ist ein renommierter Kunsthistoriker, der häufig als Gutachter tätig ist. Ein ihm unbekannter Franzose bittet ihn telefonisch um die Begutachtung eines Gemäldes, das von einer ominösen Stiftung einem Museum übergeben werden soll. Bevor es jedoch zu einem Treffen zwischen ihm und Lomberg kommt, wird er ermordet. Lomberg erkennt allmählich die Verbindung zwischen der Geschichte dieses Gemäldes und seinem Vater und beginnt zu ermitteln.
Dieser Roman bietet viel: interessante historische und kunsthistorische Informationen, Zeitgeschichte der frühen BRD, eine spannende Geschichte um ein geraubtes Bild und ein Familiendrama; denn Lomberg erfährt viel Neues über seinen Vater und seine Familie. Die Zeitbenen wechseln, die Hauptteile der Handlung spielen 1943, 1966 und 2016.
Ich fand den Schreibstil gut lesbar, die Hauptcharaktere gut beschrieben und die Geschichte sehr spannend, und werde ganz gewiss auch den nächsten Band um Lennard Lomberg lesen. Kein ganz typischer Whodunnit und gerade deshalb durch den Genremix eine sehr interessante und auch unterhaltsame Lektüre.

Bewertung vom 14.09.2022
Die Passage nach Maskat
Rademacher, Cay

Die Passage nach Maskat


sehr gut

20er Jahre-Flair auf dem (Alb-)Traumschiff

Bis jetzt kannte ich nur die Südfrankreichkrimis von Cay Rademacher, die mir immer sehr gefallen haben. Nun also ein historischer Krimi vor der Kulisse einer abenteurlichen, romantischen Reise von Marseille nach Maskat auf einem Luxusliner. Ein Hauch von Agatha Christie, ein wenig Babylon Berlin, so wirkt die Atmosphäre.
Es ist das Jahr 1929 und auf dem Schiff ist ein elegantes internationales Publikum versammelt. Jedenfalls in der Ersten Klasse ... In der Dritten sieht das alles schon etwas anders aus, weit weniger romantisch.
An Bord ist als Hauptfigur der Kriegsveteran und Fotograf Theodor Jung. Er begleitet seine Frau Dora und deren Gewürzhändlerfamilie, die aus geschäftlichen Gründen nach Maskat wollen. Jung selbst konnte seinen Chefredakteur bei der Berliner Illustrierten dazu bringen, ihn mit einer Fotoreportage über diese Reise zu beauftragen.
Jungs Ehe läuft nicht so gut, sie wird u.a. durch seine Posttraumatische Belastungsstörung beeinträchtigt, die auf seine Erlebnisse als Mitglied einer U-Bootbesatzung im ersten Weltkrieg zurückgeht. Er hofft, dass diese Reise zu einer Annäherung zwischen ihm und seiner Frau führt. Doch dann verschwindet seine Frau plötzlich und alle anderen Passagiere - inklusive ihrer Familie - behaupten, sie sei nie an Bord gewesen. Jung zweifelt vorübergehend an seinem Verstand und beginnt sie zu suchen. Die Stewardess Fanny hilft ihm bei seiner Suche.
Der Autor versteht es, eine authentische Atmosphäre zu schaffen und beschreibt anschaulich diese Reise und ihre Schauplätze, z.B. die Fahrt durch den Suezkanal.
Bei der Beschreibung der anderen Passagiere geht es vielleicht etwas klischeehaft zu, aber dennoch stimmig. Rademacher baut auch ein paar reale Personen ein, wie z.B. die Burlesque -Tänzerin Anita Berber.
Zu Beginn lässt der Autor sich viel Zeit für die Vorgeschichte und die Skizzierung der handelnden Personen, erst relativ spät setzt die Spannung ein, die sich dann zum Ende hin immer mehr steigert.
Ich bin gerne in diese Welt eingetaucht, habe die Reisebeschreibungen genossen und kann diesen gelungenen Krimi sehr empfehlen.

Bewertung vom 06.09.2022
Falsche Zeugen / Strafverteidiger Pirlo Bd.2
Bott, Ingo

Falsche Zeugen / Strafverteidiger Pirlo Bd.2


sehr gut

Unterhaltsamer Justizkrimi aus dem Clan-Milieu

Der zweite Band der Reihe um die Anwälte Anton Pirlo und Sophie Mahler ist wieder sehr unterhaltsam und gegen Ende auch spannend. Der Anteil von Krimihandlung zu Privatleben der Protagonisten beträgt etwa fifty-fifty. Natürlich ist der Hintergrund der beiden Anwälte durchaus interessant und auch relevant, aber nimmt für meinen Geschmack vielleicht etwas zu viel Raum ein. Relevant für den Fall insofern, als ja auch Pirlo eigentlich Ramzes Khatib heißt und aus einer kleineren Clanfamilie stammt, von der er sich aber weitgehend losgesagt hat. Und der neue Mandant Faruk Maliki ist der Sohn einer albanischen Clan-Größe, ein Prinzling, verwöhnt und großspurig, der angeblich den Kopf einer Neonazi-Gang getötet haben soll. Die beiden Anwälte glauben an seine Unschuld ...

Man kann diesen Band sicher auch lesen, ohne den ersten zu kennen, aber besser wäre es schon, die Bände chronologisch zu lesen, denn es gibt doch immer mal wieder Verweise auf den ersten Band.

Pirlo hat Sophie bis jetzt immer noch nichts von seinem familiären Hintergrund erzählt, sie schöpft jedoch allmählich Verdacht. Sie wiederum ist ein Sprössling einer renommierten, alteingesessenen Anwaltsfamilie, aber etwas überkreuz mit ihrer Familie, weil sie sich nicht der väterlichen Kanzlei für Wirtschaftsrecht anschließen will und lieber Strafrecht praktiziert. Allerdings kommt sie nun manchmal ins Schwanken, da Pirlo - der auch noch ernsthaft frisch verliebt ist - sich im Laufe dieses Falls oft wenig kooperativ und unzuverlässig verhält, so dass sie tatsächlich mit dem verlockenden Job-Angebot ihres Vaters liebäugelt.

Gegen Ende kommt wieder alles zusammen und es wird auch klar, warum das Privatleben so eine relativ große Rolle gespielt hat. Die kurzen Kapitel sind zumeist wieder in einem ungangssprachlichen, eher schnoddrigen Stil geschrieben, der sich gut liest und erfrischend anders klingt als die meisten sonstigen Krimis. Gute Unterhaltung plus viel Informationen über das Procedere vor Gericht in gut verständlicher Form. Und ein originelles Ermittler-Duo. Einen Punkt Abzug gibt's von mir, weil ich den Autor als ziemlich eitel und selbstverliebt empfinde - man muss sich nur das Foto des Autors ansehen und es mit dem Titelbild vergleichen um zu sehen, dass er die Figur des Pirlo nach seinem eigenen Bild gestaltet hat und man immer zwischen den Zeilen spürt: Der Pirlo ist ein toller Hecht! Das war zwar schon im ersten Band so, hat mich aber erst jetzt beim zweiten Fall etwas gestört. Generell tut das aber dem Unterhaltungswert des Romans keinen Abbruch und ich freue mich schon auf Band 3!

Bewertung vom 23.08.2022
Eine Feder auf dem Atem Gottes
Nunez, Sigrid

Eine Feder auf dem Atem Gottes


ausgezeichnet

Tolle Wiederentdeckung!

Endlich mal wieder ein Buch, das ich quasi in einem Rutsch durchgelesen habe! Der autobiographische Roman von Sigrid Nunez hat mich von der ersten Seite an fasziniert. In vier unterschiedlichen Abschnitten berichtet sie über ihren Vater, ihre Mutter, ihre Ballettambitionen als Teenager und schließlich eine Affäre mit einem russischen Einwanderer. Speziell die beiden ersten Abschnitte haben mir besonders gut gefallen. im ersten Abschnitt trägt sie alles zusammen, was sie über ihren chinesisch-panamischen Vater weiß. Das ist nicht viel - ein zurückhaltender, verschlossener, rätselhafter Mann, der kaum Englisch sprach. Genau wie die Autorin selbst möchte man als Leser gern mehr über ihn erfahren! Dann seziert sie die deutsche Mutter - eine sehr widersprüchliche, mit ihrem Schicksal unzufriedene, sehr dominante und im Gegensatz zum Vater ununterbrochen redende Frau, die die Autorin sehr geprägt hat: in fast jeder Situation hat sie noch den Spruch im Ohr, den die Mutter an dieser Stelle gemacht hätte.
Dann geht es um die masochistische Quälerei einer angehenden Ballerina, bis sie merkt, dass sie zu spät mit dem Tanzen angefangen und nicht das Zeug für eine meistehafte Tänzerin in sich hat. Und im letzten Abschnitt ist die Protagonistin bereits berufstätig als Englischlehrerin und beginnt eine Affäre mit einem ihrer Schüler, einem verheirateten russischen Einwanderer, den sie nach und nach als den Macho, Drogensüchtigen, ehemaligen Zuhälter erkennt, der er ist.
Besonders die beiden ersten Abschnitte über ihre Eltern, die keine gemeinsame Sprache hatten und sich beide in den USA nie wirklich heimisch fühlten, fand ich sehr spannend und sehr beeindruckend und bewundere die Fähigkeit der Autorin, das alles so genau zu analysieren und die Anteilnahme des Lesers zu erwecken. Obwohl es um tendenziell traurige Sachverhalte geht, ist der Ton der Erzählung doch leicht und bringt einen hin und wieder zum Schmunzeln. Sigrid Nunez Art zu schreiben hat mich berührt und ich will noch mehr von ihr lesen.

P.S. Aber was hat sich der Verlag nur bei dem Titelbild gedacht? Das ist das häßlichste Cover, das ich seit langem gesehen habe - zum Glück habe ich mich dadurch nicht von der Lektüre abhalten lassen ...

Bewertung vom 21.08.2022
Die Arena
Djavadi, Négar

Die Arena


weniger gut

Eine brisante Thematik in einem Roman, mit dem ich nicht warm werden konnte

Der Klappentext zu diesem Buch hatte mich sehr angesprochen und neugierig gemacht. Die Geschichte um einige Menschen aus der Banlieue klang sehr vielversprechend und interessant: Der Europachef eines Streamingunternehmens à la Netflix, hat es geschafft, sein altes Viertel hinter sich zu lassen. Bei einem Besuch in der alten Gegend wird ihm sein Handy geklaut, er verfolgt den vermeintlichen Dieb, gerät in eine Rangelei mit dem Jungen und läuft schhließlich ohne sein Handy weg, auf dem sich Unmengen wichtige Daten befinden. Am nächsten Tag wird der Junge tot aufgefunden. Viele Personen sind mehr oder minder in diese Vorfälle verwickelt, z.B. die türkischstämmige junge Polizistin, die den Jungen findet und ihm einen Tritt versetzt, um ihn aufzuwecken. Dabei wird sie gefilmt von einer Jugendlichen, die daraus einen Film über Polizeigewalt zusammenbastelt. Und dabei immer das Gefühl, dass der Firnis, der die Gesellschaft noch zusammenhält, jederzeit aufplatzen kann.

Die Beschreibungen, wie es in Paris an allen Ecken und Enden brodelt, sind sehr eindrücklich und atmosphärisch, trotzdem konnte mich dieses Buch nicht wirklich fesseln, ich musste mich in kleinen Schritten durchkämpfen und habe ewig gebraucht, das Buch zu beenden. Zu viele Personen und vor allem zu viel hin und her, ständige Perspektivwechsel, Rückblenden etc. und zu wenig Zeit, um für die einzelnen Personen Empathie zu entwickeln, sich emotional auf jemanden einlassen zu können. Vielleicht liegt es daran, dass die Autorin wohl hauptsächlich Drehbücher schreibt …

Wenn es verfilmt werden sollte, werde ich mir den Film definitiv anschauen und vielleicht ergibt sich daraus dann ein Gesamtbild, das mir bei der Lektüre gefehlt hat.

Bewertung vom 07.08.2022
Mörderische Masche / Der Häkelclub ermittelt Bd.1
Letterman, Karla

Mörderische Masche / Der Häkelclub ermittelt Bd.1


gut

Mehr Cosy als Crime

Ganz nett zum Zwischendurchlesen, aber nicht wirklich ein Krimi: Der Witwer Henri, dessen Frau Maike auf seltsame Weise ums Leben gekommen ist - nämlich durch den Zusammenstoß mit einem wild gewordenen Bullen - zweifelt daran, dass ihr Tod ein Unfall war und vermutet, dass jemand das Tier absichtlich aufgestachelt hat. Aber warum?
Im norddeutschen Bökersbrück hatte Maike einen Handarbeitsladen, den Henri erst einmal weiterführt, aber langfristig abwickeln will. Er selbst ist als Feinmechaniker in einem Uhrmacherladen gerade rezessionsbedingt auf Kurzarbeit. Maikes Mitarbeiterin "Frollein Langner" ist hingegen sehr daran gelegen, dass Henri den Laden übernimmt. Henri lernt häkeln und stricken und nimmt auch an den Strick- und Häkelclubs teil, die sich im Laden treffen. Er gewinnt die Häkeldamen als Mitstreiterinnen bei seinen Nachforschungen. Die finden auch etwas heraus, aber das geht eher in eine andere Richtung, als die ursprünglich vermutete. Das Ende ist doch etwas unbefriedigend, antiklimaktisch könnte man sagen.
Die Beschreibungen der Protagonisten und skurrilen Nebenfiguren sind ganz unterhaltsam, wenn auch recht klischeehaft. Die Beschreibungen des Dorflebens und der Dorfbewohner lesen sich ganz nett, man schmunzelt hin und wieder, aber ein richtiger Krimi ist das nicht, dafür ist der Verlauf der Geschichte doch etwas zu betulich. Henris Alter wird mit 35 angegeben, aber er wird wie ein deutlich älterer Mann beschrieben. Der Humor wirkt teilweise etwas zu bemüht und teilweise sogar ausgesprochen unlustig. Die örtlichen Stammtischbrüder sprechen sich mit "Bro" an - da lachen ja die Hühner! Es ist nicht langweilig, aber auch nicht wirklich spannend, für den nächsten Band gibt es noch reichlich Luft nach oben ...

Bewertung vom 09.07.2022
Mord in Montagnola / Moira Rusconi ermittelt Bd.1
Vassena, Mascha

Mord in Montagnola / Moira Rusconi ermittelt Bd.1


sehr gut

Netter Cosy-Regionalkrimi aus dem idyllischen Tessin

Moira Rusconi kehrt in ihre Kindheitsheimat nach Montagnola im Tessin zurück, nachdem ihr Vater einen leichten Schlaganfall hatte. Sie lebt und arbeitet als Übersetzerin von technischen Gebrauchsanweisungen in Frankfurt und ist ganz froh über diese Möglichkeit eines Tapetenwechsels, denn ihr Mann hatte sich nach langjähriger Ehe von ihr getrennt und von diesem Schock hat sie sich noch nicht ganz erholt. Sie trifft ihre Jugendliebe Luca wieder, der inzwischen Gerichtsmediziner ist und sie gleich mit zum Kommissariat schleppt, als es den nächsten Mord gibt. Sie wird gebeten, sich als Dolmetscherin zu betätigen, da in diesem italienischsprachigen Teil der Schweiz auch viele Deutschschweizer unterwegs sind und es immer wieder Verständigungsschwierigkeiten gibt.
So gerät Moira direkt in die Mordermittlungen hinein und mutiert selbst zur Detektivin. Hier muss der Leser einiges an "Suspension of Disbelief" aufbringen, denn sehr realistisch dürfte diese Situation einer in die Mordermittlungen eingebundenen Außenstehenden wohl nicht gerade sein. Aber was soll's, mich hat es nicht weiter gestört, wenn's denn dem Fortgang der Geschichte dient ...
Der Schreibstil ist flüssig und gut lesbar, mit Ausnahme einiger weniger Stilblüten von unfreiwilliger Komik ("Moira hatte das Gefühl, ihre Augen würden gleich vor ihr ins Gras kullern.“ ).
Viele Dorfbewohner spielen eine Rolle, es gibt also ausreichend Verdächtige, die Ermittlungen gehen langsam voran und der örtliche Polizeichef ist immer wieder geneigt, jede erstbeste Lösung des Falles zu akzeptieren. Es ist immer wieder Moira, die Zweifel bezüglich des jeweils aktuellen Verdächtigen aufwirft. Die Ermittlungen verlaufen recht beschaulich in dieser beschaulichen Gegend, erst im letzten Drittel steigert sich das Tempo und es wird richtig spannend. Es gibt Ortsbeschreibungen und viel Lokalkolorit, gutes Essen, guten Wein, urige Typen, einen Hauch einer Liebesgeschichte und etwas Humor. Ich fühlte mich gut unterhalten von dieser Mischung. Wenn es weitere Fälle für Moira geben sollte, bin ich wieder dabei. Für Freundes des gepflegten Cosy-Krimis mit Lokalkolorit definitiv eine Empfehlung!

Bewertung vom 29.06.2022
Der Tote aus Zimmer 12
Horowitz, Anthony

Der Tote aus Zimmer 12


gut

Gutes Konzept, aber etwas zäh

Die ehemalige Lektorin Susan Ryeland, bekannt aus dem Band "Die Morde von Pye Hall", führt mittlerweile mit ihrem Freund ein hübsches kleines Hotel in Kreta. Es ist zwar wunderschön dort, aber noch wirft das Hotel keinen Gewinn ab, macht viel Arbeit und Stress und Susan trauert hin und wieder ihrem alten Leben in London nach. Das Angebot der britischen Hoteliers Treherne, das Susan als ehemalige Lektorin von "Atticus unterwegs" anheuern will, um ihre verschwundene Tochter Cecily aufzuspüren, fällt daher auf fruchtbaren Boden: Susan kann sch eine Auszeit von Kreta nehmen und dabei noch den Kontostand erheblich aufbessern. Denn im Hotel der Trehernes hat vor acht Jahren ein Mord stattgefunden und nach der Lektüre von "Atticus unterwegs" war Cecily überzeugt, dass der falsche Mann für diese Tat im Gefängnis saß; im Buch musste also ein Hinweis auf den tatsächlichen Mörder zu finden sein, der wiederum Cecily verschwinden ließ.
Es gibt wieder den Krimi im Krimi. Wir folgen Susan bei ihren langwierigen Ermittlungen - sie kommt nicht voran, tappt im Dunkeln. Dann liest sie den alten Atticus Pünd-Krimi und wir tun es ebenso. Dann im letzten Drittel des (zu) dicken Schmökers wird es endlich richtig spannend.
Ich lese Horowitz' Krimis immer gern: er schreibt hervorragend, die Geschichten werden durch Humor gewürzt und sind spannend konstruiert, aber hier war die Lektüre für mich zeitweilig etwas zähflüssig und zog sich in die Länge. Ich mussste mich hindurchkämpfen und denke, dass einige Kürzungen dem Roman gut getan hätten. Mir hat das Konzept des Krimis im Krimi im ersten Band besser gefallen, in dem es auch ein Überraschungsmoment für den Leser war.
Fazit: eine interessante Idee, die der Autor vielleicht lieber nicht weiter ausquetschen sollte, ein insgesamt gelungener und unterhaltsamer Krimi, für den man aber etwas Durchhaltevermögen benötigt.