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Benutzername: 
Petra Sch.
Wohnort: 
Gablitz

Bewertungen

Insgesamt 520 Bewertungen
Bewertung vom 27.05.2024
Vampirkönigin wider Willen. Fake it till you make it / Vampire Queen Bd.1
Simmons, Jo

Vampirkönigin wider Willen. Fake it till you make it / Vampire Queen Bd.1


sehr gut

humorvoller Jugend-Vampirroman

Die 15jährige Mo Merrydrew ist ein unauffälliges, durchschnittliches Mädchen aus dem unauffälligen, langweiligen Dorf Lower Donny in Großbritannien. Bis plötzlich Bogdan vor ihr steht und ihr verkündet, dass er ein Vampir ist und sie die Auserwählte sei, um die Vampirkönigin von ganz England zu werden.
So eine wichtige Entscheidung muss natürlich gründlich überdacht werden: soll Mo dieses Angebot annehmen? So ein bisschen Macht würde ihr schon gefallen, immerhin ist sie sonst unscheinbar. Doch sie ist Vegetarierin, also kommt Blut trinken für sie absolut nicht infrage. Und das Konzept der Monarchie lehnt sie eigentlich auch ab. Wie also dieses Dilemma lösen?

Zu Beginn entwickelt sich die Geschichte leider seeehr langsam; es ist ein Hin- und her mit Bodgan, und bis sich endlich etwas tut in Sachen Entscheidung "Vampirkönigin ja oder nein" dauert es einige Zeit. Doch dann kann das Buch mit Humor und seiner Andersartigkeit überzeugen!
Manchmal fragt man sich als Leser, ebenso wie Mo selbst, warum gerade SIE die Auserwählte ist. Doch im Laufe der Geschichte ergibt sich die Antwort aus ihren Charaktereigenschaften von selbst: sie hat das Herz am richtigen Fleck, klare Prinzipien und sie will gleiches Recht für alle und dass es niemandem schlecht geht (also keine Menschen-Blutopfer mehr!).

Mo schließt man von Anfang an gleich in sein Herz! Sie ist so wunderbar ironisch und ungewollt humorvoll. Und sie ist erstaunlich selbstbewusst, dafür, dass sie in der Menge der Jugendlichen quasi gar nicht auffällt. Aber sie hat zu allem eine eigene, fest Meinung und das Durchsetzungsvermögen gegenüber einem Vampir (das sie gegenüber Mitschülern leider so gar nicht hat), denn da sie vegetarisch ist, wird sie niemals nie Blut trinken. Also muss sie wohl so tun als ob. Und das gelingt ihr einfach großartig! Wie sie den Vampirkönigs des Ostens mit Schläue und Coolness austrickst, war einfach nur göttlich.
Natürlich geraten sie und ihre beste Freundin Lou Townsend dabei in Gefahr. Doch mithilfe des schnuckeligen 16-jährigen Luca, dem treuen Gefährten von Bogdan, gibt es einen guten Ausgang.
Ein bisschen Romantik ist also auch dabei und alle wichtigen Zutaten für einen unterhaltsamen Jugendroman sind somit vereint.


Fazit:
Ein humorvoller Auftakt einer etwas anderen Vampir-Reihe für Jugendliche mit einer großartigen Protagonistin. Ich freue mich schon auf den Nachfolgeband!

Bewertung vom 20.05.2024
Der Ausflug - Nur einer kehrt zurück (MP3-Download)
Kvensler, Ulf

Der Ausflug - Nur einer kehrt zurück (MP3-Download)


sehr gut

Psychothrill in den Bergen Schwedens

3,5 Sterne

Anna, ihr Verlobter Henrik und ihre Freundin Milena machen jedes Jahr im Spätsommer einen Wanderurlaub in den Bergen Schwedens. Doch diesmal ist Milenas neuer Freund Jacob dabei - und dieser schlägt auch gleich vor, statt der einfachen, geplanten Route die anspruchsvollere im Nationalpark Sarek zu wandern. Anna wollte da immer schon mal hin, doch bisher war es Henrik und Milena zu anstrengend, da die beiden nicht solch trainierte Wanderer sind.

Die Geschichte hat einen ständigen, leichten Psychothrill in den Untertönen, denn schnell wird klar, dass Jacob die Gruppe beeinflussen will. Er ist ein Egozentriker und alles muss nach seinem Kopf gehen. Normale Menschen würden sich bei einer Gruppe von Freunden, die man nicht einmal kennt, nie so als Anführer aufspielen.
Das war schon das Erste, worüber ich mich etwas ärgern musste, denn wie kann ich mich von einem Fremden derart überrumpeln und meine Pläne so über den Haufen werfen lassen? Wo man nichtmal passende Ausrüstung für die herausfordernde andere Wanderung, inkl. Klettern, dabei hat. Darauf würde ich mich nie einlassen, wenn das mein Leben gefährdet. Nun gut, Jacob ist ein guter psychischer Puppenspieler, der es weiß, die anderen zu beeinflussen.
Ebenso dann bei der Wanderung selbst, es gibt immer wieder gefährliche Passagen, er verhält sich zu Anna ganz anders als zu den anderen-ein richtiger Psychopath eben.
Allerdings fand ich auch Annas Verhalten oft zu übertrieben; wenn sie etwas subtiler vorgegangen wäre, hätte sie Henrik und Milena eher von der von Jacob ausgehenden Gefahr überzeugen können.
Interessant zu beobachten war, dass durch Jacobs Manipulationen und die dadurch geänderte Dynamik unter den drei anderen immer mehr Geheimnisse angesprochen werden, die nicht oder nicht ganz ans Licht kommen, oder die nur der Leser erfährt, wodurch man nochmal eine ganz andere Sicht auf diese Freundschaft bekommt.

Der Absturz wurde dann für meinen Geschmack ZU detailliert beschrieben. Man weiß doch, dass so ein Sturz in den Abgrund schmerzhaft und tödlich ist. Da hätte es mMn nicht so eine eklige Beschreibung von rausquellenden Gedärmen usw gebraucht, noch dazu, wo der Thriller bisher wunderbar nur mit unterschwelliger Gefahr und die ständige Angst vor dem Psychopathen Jacob ausgekommen ist.
Leider war ich vom offenen Ende total enttäuscht, es gab keine richtige Auflösung, die ich mir gewünscht hätte.

Sehr gut hat mir gefallen, dass die Geschichte von 3 unterschiedlichen Sprechern gelesen wird: den Großteil erfährt man aus Sicht von Anna; dazwischen gibt es immer wieder Einschübe der Befragungen durch den Kriminalermittler; und gegen Schluss erhält man auch noch Einblicke in Milenas Gedanken; alle 3 Parts von unterschiedlichen Sprecher/innen vertont. Wobei ich zugeben muss, dass ich froh war, dass es nur wenige von Milenas Abschnitten gab, denn die quiekige Stimme dieser Sprecherin war etwas nervig.
Die Sprecherin der Anna hingegen hört man sehr gerne zu; sie hat eine schöne Stimmlage und eine gute Sprechgeschwindigkeit und Intonation.
Auch die Beschreibung des Nationalparks Sarek war einfach wundervoll, man hatte beim Hören die gebirgige Gegend genau vor Augen und hat bei Kälte (und auch Schnee) mitgefiebert.


Fazit:
Ein atmosphärischer Psychothriller in den Bergen Schwedens, im wunderschönen Nationalpark Sarek; leider war die Wendung am Schluss gar nicht nach meinem Geschmack.

Bewertung vom 15.05.2024
Der Wortschatz
Gugger, Rebecca

Der Wortschatz


sehr gut

die Macht der Worte

Die magische Wirkung von Worten wird in diesem Bilderbuch anschaulich dargestellt: Oscar findet eine Schatztruhe, in der er jedoch etwas vorfindet, das ihm gar nicht gefällt: Wörter. Wie langweilig! Unzufrieden und schlecht gelaunt knüllt er das erste Wort - quietschgelb - zusammen, und wirft es ins Gebüsch.
Als daraus dann jedoch ein knallgelber Igel hervorkommt bemerkt Oskar, dass Worte etwas bewirken können!
Selbstverständlich testet er auch andere Wörter aus (das würden glaube ich auch Erwachsene tun, und nicht nur Kinder - die Neugier wäre einfach zu groß ;).
Und irgendwann erfindet Oskar seine eigenen, kraftvollen und magischen Worte.

Die ganzseitigen färbigen Illustrationen stellen nicht nur die unterschiedlichen Wörter in Großbuchstaben dar, sondern es passt natürlich jede Zeichnung zum jeweiligen Geschehen, also wie das entsprechende Wort eine Änderung bewirkt hat.
Auch soll das Gefühl für Sprache, Wörter, Ausdrücke angeregt werden.


Fazit:
Ein wundervoll illustriertes Bilderbuch über die Macht der Worte, das dazu anregt, genau darüber nachzudenken, was man sagt - und was man mit diesen Worten bewirken kann.

Bewertung vom 13.05.2024
Die Stadt der Schattenschläfer und die Melodie der Albträume
Vieweg, Olivia

Die Stadt der Schattenschläfer und die Melodie der Albträume


sehr gut

geheimnisvoll und etwas gruselig

Elly lebt im idyllischen Quedlinburg, wo jeder Einwohner ein Blasinstrument spielt und in einer Blasmusikkapelle ist. Doch Elly hasst Blasmusik bis aufs Blut und möchte gerne aus dem Ort fliehen, irgendwohin, wo es Heavy Metal Musik gibt.
Als dann der neue Lieblingslehrer verschwindet, entdeckt sie mit einigen anderen Außenseitern das große Geheimnis der Stadt, dass die Kids in große Gefahr bringt.

Aufgrund des außergewöhnlichen Settings, der seltsamen Figuren und des Schreibstils habe ich ein bisschen gebraucht, um in die Geschichte zu kommen, doch genau das hat mich so an dem Buch fasziniert - diese Andersartigkeit in jedem Sinne!
Schon allein, dass Blasmusik wie eine Religion zelebriert wird, ist unvorstellbar. Dann sind alle immer so aufgesetzt fröhlich, wollen immer Harmonie - außer eben Elly und die anderen Kids, die keine Blasmusik mögen, und die dann zu ihren Freunden werden: Nana, deren Mutter Glasbläserin ist; Lucki, der pyromanische Sohn des Bürgermeisters; Paul, der Lederhosen-Boy aus der anderen Stadt und Chantal aus dem Waisenhaus, die von allen nur Schatten genannt wird.

Elly ist eine außergewöhnliche, taffe und sympathische Protagonistin, die mich zwar absolut nicht an Wednesday Adams erinnert (auch, wenn sie sogar IM Buch mit dieser vergleichen wird), aber sie ist halt ebenso eine andersartige Außenseiterin.
Mir gefällt die Mischung der "seltsamen" Jugendlichen, die durch einen außergewöhnlichen Lehrer zusammengefunden haben und durch ein schlimmes Ereignis - das Verschwinden des Lehrers - immer enger zusammengeschweißt werden, denn sie haben viele Abenteuer und Gefahren zu bestehen!
Und dass sie durch das gemeinsame Musizieren die Stadt retten können! Freundschaft, Hilfsbereitschaft, Zusammenhalt und Mut sind große Themen in diesem Roman. Und natürlich auch, dass eine äußere Fassade (sowohl optisch als auch mit Worten) täuschen kann und man genau hinter jedes Lebewesen schauen soll, um den wahren Charakter festzustellen.

Das Setting und die Atmosphäre sind wirklich düster, beim Lesen hatte ich ein ständig dunkles Ortsbild vor Augen, und die Schattenschläfer sind gruselig dargestellt, auf eine Art. Andererseits kann man sich auch gut in jene hineinversetzen - wenn auch eher gegen Ende des Buches, denn es wird ja Vieles leider nur angedeutet.
Es gibt einige ganzseitige schwarz-weiß Zeichnungen, die perfekt zu der düsteren Stimmung passen.


Fazit:
Ein phantasievolles, geheimnisvolles und leicht-gruseliges Abenteuer in einer Stadt, die ein Geheimnis birgt. Gruselig ist auch, dass in Quedlinburg nur Blasmusik gespielt wird.

Bewertung vom 08.05.2024
Krummes Holz
Linhof, Julja

Krummes Holz


gut

melancholischer Coming-of-Age-Roman

Der 19jährige Jirka (eigentlich Georg Schilling, wie sein Vater) kommt nach 5 Jahren Abwesenheit wieder auf den heruntergewirtschafteten Hof seiner Kindheit im Krummen Holz zurück, nachdem er mehrere Hilferufe seiner Schwester Malene ignoriert hat. Denn der Vater war nie gut zu den Kindern, zu ihr jetzt schon gar nicht, denn er ist der Meinung, dass sie nicht fähig ist, den Hof zu bewirtschaften, und ihn eher verkaufen will. Dann noch die griesgrämige Großmutter Agnes. Nur Leander, der nach dem Tod seines Vaters, des ehemaligen Verwalters, auf dem Hof geblieben ist, ist Malene eine Stütze.

Der Schreibstil ist in kurzen Sätzen verfasst, manchmal abgehakt. Das soll wohl den Charakter von Jirka rüberbringen, der seine Geschichte in ich-Form erzählt.
Die Infos darüber, wann die Geschichte spielt und wie alt die Protagonisten sind, muss man sich während des Lesens hart erarbeiten.
Die schwüle Hitze des Sommers und die Schwermut der Bewohner kommt sehr gut rüber. Jirka ist eine unerwünschter Gast, seit der die Bitten um Hilfe ignoriert hat, seine Schwester schweigt ihn feindselig an. Agnes ist mittlerweile dement, und Georg ist gar nicht da. Nur Leander spricht mit ihm.
Es ist eine Geschichte über eine schwere arte Kindheit, über Familie, über das Erwachsenwerden, über die erste Liebe, die in den damaligen Zeiten noch nicht tolerant ist und über eine raue, aber schöne Natur, die den Bewohnern viel harte Arbeit abverlangt.

Ich bin nicht ganz zufrieden, es gibt keinen "Anfang" und kein "Ende", es ist nur ein kurzer Abschnitt aus dem Leben von Jirka, als er auf den Hof zurückkehrt, mit Rückblicken in die Vergangenheit und Kindheit, woraus sich sein Verhalten und sein Charakter erschließt, ebenso der seiner Schwester. Allerdings gab es von sooo vielen Dingen immer nur kurze Anspielungen, vieles wurde nicht offensichtlich gesagt, oder erst viel später, und das ist der Grundtenor des ganzen Buches. Passend zu den Charakteren der Familie Schilling; alle sind verschlossen und nicht einmal die Geschwister reden miteinander.

Leander konnte ich überhaupt nicht richtig greifen, er blieb für mich immer eher grau und ich konnte daher nicht nachvollziehen, was Jirka an ihm gefunden hat.
Die Enthüllungen am Schluss waren für mich schon das ganze Buch über offensichtlich; und es gibt keinen für mich richtigen und befriedigenden Abschluss. Es hängt offen in der Luft sozusagen.
Ich hätte gern noch gewusst, wie es mit den Dreien weitergeht; vor allem auch mit den Geschehnissen vom Schluss. Sowas kann im echten Leben nicht ohne Auswirkungen bleiben.


Fazit:
Ein schwermütiger Coming-of-Age-Roman über's Erwachsenwerden und die ersten Liebesgefühle.

Bewertung vom 06.05.2024
Sylt im Getriebe
Thesenfitz, Claudia

Sylt im Getriebe


ausgezeichnet

Angststörungsbewältigung auf Sylt

4,5 Sterne

Marina ist Mitte 50, mit Rolf verheiratet, seit jeher Hausfrau, und beide Kinder sind schon länger aus dem Haus. Seit einiger Zeit hat sie mit Angststörungen zu kämpfen, sodass sie sich nicht mal mehr richtig aus dem Haus zu gehen traut.
Bis sie einen Hilferuf ihrer Cousine Sabine erhält: Deren Tochter kommt mit dem Baby in Barcelona nicht zurecht und sie will sie unterstützen, und Sabine braucht nun jemanden, der in dieser Zeit ihren E-Bike-Verleih auf Sylt betreut.
Also macht sich Marina nach einigen Anlaufschwierigkeiten auf den Weg von Hamburg auf die wunderschöne Ferieninsel, um den E-Bike Verleih während Sabines Abwesenheit zu betreuen.

Der neueste Sylt-Glücksroman ist wieder wundervoll geschrieben und man kann sich soo gut in Marina hineinversetzen. Auch die Örtlichkeiten sind wieder anschaulich beschrieben, sodass man alles genau vor Augen hat. Eine Übersichtskarte der Insel wäre noch schön gewesen, sodass man Marinas Wege gut nachvollziehen hätte können.
Eigentlich ist sie ja typisch klischeehaft: seit jeher Hausfrau und Mutter, weil ihr Mann das so wollte (er verdient ja eh die Brötchen); die Kinder sind aus dem Haus, also hat sie kaum was zu tun; ihr Mann arbeitet aber immer länger und ist kaum noch daheim, sie kocht also für die Mülltonne; aber trotzdem will er nicht, dass sie in seinem Betrieb mitarbeitet, damit sie etwas zu tun hat. Ein Schelm, wer da Böses denkt...
Und dann hat sie auch noch zu den Wechseljahresbeschwerden massive Angststörungen, sodass sie sich teilweise nicht einmal aus dem Haus traut.

Zu ihrem Glück kommt dann der Hilferuf ihrer Cousine, denn einfach mal wegzukommen aus dem tristen Alltag und dem faden Eheleben ist natürlich genau das, was sie braucht!!
Auch wenn es nicht einfach ist, denn auf Sylt kennt sie niemanden, sie hat keine Ahnung von E-Bike Verleih und Geschäftsführung; doch sie macht instinktiv alles nach Gefühl. Und die nette Nachbarin macht sie mit anderen Frauen im gleichen Alter bekannt, sodass sie auch gleich (hilfreichen) Anschluss hat.
Und selbstverständlich ist es ein Liebesroman: ich erwähne somit also nur kurz Schäfer Inger ;)
Die 'Überraschung' am Ende war zu erwarten, natürlich gibt es ein Happy-End, und man hat sich beim Lesen wirklich wohl gefühlt, weil eben alles so schön ausgeht - leider eher unrealistisch zum echten Leben, aber Bücher sind dazu da, um sich wegzuträumen.


Fazit:
Wieder ein wundervoller Glücksroman mit einer sympathischen Protagonistin, der eine ernsthafte Problematik mit Wohlgefühl und Humor behandelt; mit einer schönen Prise Romantik und dem wunderschönen Setting Sylt, das Urlaubsgefühle aufkommen lässt.

Bewertung vom 02.05.2024
Wer zuerst lügt
Elston, Ashley

Wer zuerst lügt


ausgezeichnet

Eine Trickbetrügerin, die um ihr Leben kämpft

Evie Porter ist vor kurzem zu ihrem Freund Ryan in dessen Südstaaten-Villa gezogen. Doch Evie Porter gibt es eigentlich gar nicht; es ist eine erfundene Identität. Denn Evie ist eine Trickbetrügerin; das Lügen ist ihr in Fleisch und Blut übergegangen.
Als dann jedoch plötzlich eine Frau vor ihr steht, die genauso aussieht wie sie, und ihren Namen trägt (den echten), ist für Evie alles klar: Diese Frau ist eine Warnung ihres Chefs Mr. Smith - und sie muss unbedingt raus aus der Branche.

Anfangs ist einem noch nicht klar, was es mit Evie und ihrer falschen Identität eigentlich auf sich hat. Erst nach und nach wird man aufgeklärt und fühlt sich gleich wie in einem James Bond- oder anderem Spionageroman.
Auch wenn es teilweise etwas unglaubwürdig war (Evie kann alles usw), ist man einfach so im Sog der Geschichte gefesselt, dass man dies nachsehen kann.
Trotzdem man weiß, dass Evie mit Ryan kein ehrliches Spiel spielt, da dieser für sie nur ein Auftrag ist, ist man irgendwie auf ihrer Seite, andererseits findet man sie dann aber wieder unsympathisch. Ihr Charakter polarisiert.
Immer wieder gibt es Rückblicke in Evies Leben bzw. erfährt man über ihre vorherigen Aufträge, was sich total spannend liest und einen mit Evie mitfiebern lässt.

Was mir jedoch am Besten gefallen hat, ist, wie es die Autorin schafft, gegen Ende eine überraschende Wendung nach der anderen rauszuhauen, sodass man einfach überwältigt ist; auch über die Zusammenhänge mit den vorherigen Aufträgen von Evie. Und man ist verblüfft über Evies weise Voraussicht, Kombinationsgabe und Taffheit.


Fazit:
Eine Art Spionagethriller mit einer polarisierenden Protagonistin und gelungener, fesselnder Spannung mit vielen Plottwists gegen Ende.

Bewertung vom 30.04.2024
Die Butter und der Schlitten
Haller, Connie

Die Butter und der Schlitten


sehr gut

Bewegendes Zusammenspiel von fünf unterschiedlichen Charakteren innerhalb einer kurzen Zeitspanne

Die Geschichte spielt in dem kleinen Kosmos von fünf ganz unterschiedlichen Menschen, die an der Küste leben; jeder für sich.
Die 91-jährige Emma, die seit 11 Jahren nicht mehr aus ihrer kleinen Wohnung gekommen ist, aus Angst zu stürzen und sich zu verletzen.
Die bisexuelle Joy, die im Obergeschoß des Hauses ihrer Großmutter lebt; das Untergeschoß hat sie vermietet.
Dann ist da noch die stark übergewichtige und depressive Violetta sowie die beiden Männer Leonard (alleinerziehender Witwer einer 4-jährigen Tochter) und Martin (unglücklich verheirateter Großverdiener).
Man liest immer kurze Kapitel aus Sicht der einzelnen Personen; die Perspektive wechselt ständig, was der Geschichte Schwung gibt. Man verfolgt die Fünf von Oktober bis März; jeweils Montag Morgen und Abend und fühlt sich mitten drin in dieser kleinen Straße an der Küste, an der sie immer öfter in Kontakt zueinander treten.
Alle Handlungen hängen auf die eine oder andere Art zusammen, was mich sehr fasziniert hat.

Leider war für meinen Geschmack das Leben von Joy zu dominant; ihr Liebes- (oder eher Sexual-)Leben war viel zu sehr in den Vordergrund gedrängt. Viel lieber hätte ich noch mehr Rückblicke von Emma in die Zeit des Zweiten Weltkriegs lesen wollen, diese Auszüge waren wahnsinnig interessant - und nach tatsächlichen Geschehnissen nacherzählt.
Auch sind die Charaktere alle so schön ausgearbeitet, mit viel Tiefe, auch wenn das Übergewicht und das Gefühlsleben von Violetta etwas klischeehaft dargestellt ist.
Nur die Figur des Martin ist so ganz anders; ein unsympathischer Egozentriker, der zu überzogen dargestellt ist. Diese Figur hat leider nicht so schön in das Gefüge der anderen Charaktere gepasst, was ich etwas schade fand.
Die Besonderheit ist, dass alle eigentlich "nichts besonderes" sind, jeder hat einen mehr oder weniger durchschnittlichen (bis langweiligen) Tagesablauf, aber trotzdem sind so viele Emotionen verarbeitet, dass man immer wissen will, wie sich das Leben dieser Personen weiter entwickelt.
Die Quintessenz des Romans ist (für mich), dass man seinen Mitmenschen offen und positiv gegenüberstehen soll, achtsam sein, auf die Gefühle sowohl der anderen, aber auch auf die eigenen achten und sein Leben nicht einfach irgendwie hinter sich bringen, sondern bewusst leben soll!


Fazit:
Bewegendes Zusammenspiel von fünf unterschiedlichen Charakteren innerhalb einer kurzen Zeitspanne. Gerne hätte ich mehr Rückblicke in Emmas Leben zur Zeit des Zweiten Weltkriegs gelesen.

Bewertung vom 23.04.2024
Der falsche Vogel
Miller, C. L.

Der falsche Vogel


gut

britischer (Cosy)Crime mit Luft nach oben

3,5 Sterne

Freya Lockwood erhält eine Nachricht von Franklin Smith, dem Anwalt ihres früheren Mentors Arthur Crockleford. Dieser ist tot in seinem Antiquitätenladen aufgefunden worden. Freya hatte seit ca. 20 Jahren keinen Kontakt mehr zu ihm, seit der Sache in Kairo.
So fährt sie also in die alte Heimat, um mit ihrer Tante Carole, die eine enge Freundin von Arthur war, das Vermächtnis von Arthur anzutreten.
Etliche Hinweise deuten darauf hin, dass Arthur einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen ist, und er hat Freya (und Carole) auch etliche verschlüsselte Hinweise hinterlassen, die diese auf die Spur seines Mörders führen soll (er wusste nämlich schon, dass er bald sterben wird).

Freya ist zu Beginn eher schüchtern und weiß nicht, was sie mit ihrem Leben anfangen soll, da ihre Tochter ausgezogen ist und sie von ihrem (schrecklichen) Mann geschieden ist. Mit der Zeit bekommt sie aber wieder ihre alte Stärke aus der Zeit der Antiquitätenjagd zurück. Die taffe Freya gefiel mir viel besser. Ich fand nur die Hinweise, und wie Freya sofort alle teilweise lächerlichen Tipps entschlüsselt hat, total unglaubwürdig.
Carole als bunter Vogel wird natürlich etwas überzogen dargestellt, was ich zu beginn erfrischend fröhlich und unterhaltsam fand, aber mit der Zeit ging sie mir mit ihrem übergriffigen Verhalten auf die Nerven. ZB als sie statt mit Freya auf Mörderjagd zu gehen, erstmal noch duschen und Make-up auflegen musste.

Der Schreibstil ist einfach-leicht und angenehm und flüssig zu lesen, und jedes Kapitel beginnt mit einem Zitat von Arthur, sodass er in der Geschichte immer noch lebendig wirkt.
Die meiste Zeit erfährt man die Geschehnisse aus Sicht von Freya, doch es gibt auch Perspektivwechsel zu anderen Personen.
Da Arthur Antiquitätenhändler und -jäger war (er hat verschollene oder gestohlene Stücke ausgeforscht), und auch Freya früher diesem Beruf nachging, erfährt man natürlich viel Interessantes über Antiquitäten und diese Branche, was mir sehr gut gefallen hat.
Leider werden sehr lange Zeit immer nur Anspielungen gemacht, was damals in Kairo passiert ist, obwohl man als Leser gleich weiß, dass dies von wichtigem Belang für die aktuellen Geschehnisse sind.

Arthur hätte den Nachlass des erst kürzlich verstorbenen Lord Metcalf bewerten sollen, was nun Freya übernehmen soll. Dazu hat er ihr eine Einladung zum Jahrestreffen der Antiquitätensammler auf Copthorn Manor, dem Landsitz des verstorbenen Lords, hinterlassen. Da sie ein Dossier von Arthur über die Antiquitäten auf dem Landgut gefunden hat, und dieses von mehreren Teilnehmern an sich gebracht werden möchte, gerät sie schnell in Gefahr.
Auf dem Anwesen befinden sich zu diesem Anlass die beiden Kinder von Lord Metcalf, Amy und Giles, der seine Freundin Bella dabei hat, der Anwalt, und die Haushälterin Clare sowie der Gärtner Phil. Jeder ist verdächtig und hat ein Geheimnis zu verbergen. Leider sind diese Charaktere nicht so wirklich tiefgründig ausgearbeitet.

Eigentlich alles perfekte Zutaten für einen whodunit Krimi, jedoch hat man als Leser leider absolut keine Möglichkeit zum Miträtseln, da sich alle Hinweise auf die Vergangenheit von Freya beziehen.
Abgesehen von den teilweise unlogischen Hinweisen von Arthur (die Freya alle sofort enträtseln konnte), hat sich Freya teilweise absurd verhalten, es gab unnötige Szenen; und WIESO ermittelt das FBI in Großbritannien??


Fazit:
Antiquitäten-Krimi mit einem schönen Setting auf einem alten britischen Landgut und zwei polarisierenden Protagonistinnen; aber teilweise zu verwirrend, absurd und mit einem Showdown, den es so nicht gebraucht hätte. Jedenfalls keineswegs mit Agatha Christies Miss Marple zu vergleichen!