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Top-Rezensenten Übersicht

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Verena

Bewertungen

Insgesamt 151 Bewertungen
Bewertung vom 16.09.2023
Mein schrecklich schönes Leben
Smale, Holly

Mein schrecklich schönes Leben


gut

Verschenktes Potential

Cassandra steckt in einer Zeitschleife fest: immer wieder wird sie mit ihrem furchtbar unpassenden Job, ihren ihr fremden Mitbewohnern und ihrem Freund, dem sie sich nicht öffnet konfrontiert – je nach Zeitpunkt der Zeitschleife gibt’s die Kündigung von Job und/oder Wohnung und der Freund macht auch noch Schluss. Die Zeitschleife entpuppt sich aber relativ schnell eher als die Fähigkeit durch die Zeit zu reisen. So beginnt Cassie schnell unangenehme Momente so lange rückgängig zu machen, bis sie einigermaßen zufrieden ist. Und davon gibt es viele, denn Cassie nimmt vieles anders wahr als die meisten Menschen. Dass viele Hin- und Herreisen wächst ihr bald über den Kopf und sie kann die einzelnen Zeitsträng nicht mehr gut auseinanderhalten und irgendwie scheint es in keiner der Versionen so richtig gut zu klappen mit Will, ihrem (Ex-)Freund.
Kurz vor Schluss wechselt der Fokus der Erzählung und liegt nun nicht mehr auf Cassies Wunsch, die romantische Beziehung zu Will aufrechtzuerhalten, sondern es rückt die Beziehung zu ihrer Schwester in den Vordergrund. Eigentlich wäre es so viel interessanter gewesen von Anfang an diesen Teil der Erzählung zum Zentrum der Geschichte zu machen. Ich hatte irgendwie das Gefühl, dass nicht genau klar, was eigentlich erzählt werden soll. Denn zum Schluss wird ja klar, dass es die Beziehung der Schwestern zueinander ist, die Cassie reparieren soll – aber warum wird dann mehr als ¾ des Buches nichts davon erwähnt? So viele Meetings, so viele Dates mit Will bzw. die Wiederholungen davon und dann nur ein paar Seiten mit Artemis? Verschenktes Potential einer originellen Idee.

Bewertung vom 14.09.2023
Henriette lächelt
Heinisch, Andrea

Henriette lächelt


sehr gut

Zartes Schwergewicht

„Henriette lächelt“ war ganz anders, als ich es erwartet hätte. Die Protagonistin Henriette wiegt 190 Kilo – (fast) alles in ihrem Leben dreht sich um ihr Gewicht. Ihre Geschichte ist dennoch eine sehr zarte; zumeist zumindest. Zaghaft und zart wird beschrieben, wie sie zu sich findet und gleichzeitig den Weg aus der Einsamkeit. Schwerwiegender als ihr Körpergewicht sind Andeutungen über Gewalterfahrungen, die sie machen musste: auf ganz unterschiedliche Art erfuhr sie Gewalt durch die Eltern und tut sich gleichzeitig mit dem Verlust der beiden schwer; durch einen der vielen Liebhaber der Mutter wurde ihr sexuelle Gewalt angetan und gleichzeitig überließ er ihr einen ihrer größten Schätze – ihr Klavier.
Der Schreibstil, den ich wohl am ehesten mit stream of consciousness vergleichen würde, eignet sich hervorragend für diesen Roman, da sich Henriettes Leben hauptsächlich im Inneren abspielt: im Inneren ihrer Wohnung (dem Lockdown/Homeoffice sei Dank), im Inneren ihres Körpers, in ihren Gedanken. Je mehr sie sich öffnet, desto weniger Raum nehmen all diese Dinge ein.
Das Ende war mir ein bisschen zu abrupt, ein bisschen zu offen.

Bewertung vom 05.09.2023
Mrs. Eloises zauberhafter Garten
Howlett, Karen

Mrs. Eloises zauberhafter Garten


weniger gut

Mrs Eloises zauberhafter Garten
Es fällt mir sehr schwer, dieses Buch zu rezensieren. Es ist wunderschön gestaltet, das Cover ist ein Traum, die schmückenden Illustrationen im Buch ist sind genauso toll – allein dafür hätte es eigentlich 5 Sterne verdient. Aber es sollte ja auch um den Inhalt gehen. Die Story ist leider sehr schwach mit flachen Figuren und leider, leider ist das Buch wirklich nicht gut geschrieben. Da wundert es mich nicht, dass es im englischen Original (noch) keinen Verlag finden konnte. Die ganze Geschichte ist sehr stark in die Länge gezogen; die zentrale Mrs Eloise wirkte auf mich wie ein Spielball der anderen Personen und sehr passiv; eigentlich spielt sich fast alles im Privaten ab, obwohl Eloises Ehemann Politiker ist, wird nicht wirklich darauf eingegangen, gleichzeitig sind die Antagonisten direkt so böse, dass sie mit Hitler-Deutschland sympathisieren. Vor allem wenn es um Natur und Gärten geht, hatte ich mir einen gewissen atmosphärischen Schreibstil erhofft, aber sehr viele Passagen lasen sich wie die Aufsätze übereifriger Schüler:innen. Es wird ganz tief in die Adjektiv-Kiste gegriffen (teilweise steht vor jedem Nomen eines), Schachtelsätze gibt es en masse (ich fabriziere selbst seit Teeniezeiten zu viele Schachtelsätze in allem, was ich schreibe, aber ich habe ja auch kein Lektorat für meine Texte). Manche Formulierungen sind gewollt „historisch“, so hatte ich den Eindruck, oft geht das aber nach hinten los (an einer Stelle will ein Mann seine „scheue“ Angebetete nicht „verschrecken“ – nein, es handelt sich nicht um einen Hund sondern um die Sekretärin von Mrs Eloise). Die Dialoge waren für mich am Schlimmsten. Alle sprachen im gleichen Stil (außer die Eloises französische Mutter, die immer ein „ma chère“ irgendwo unterbringt), das machte es wirklich eintönig. Oft wird dann eine Art Wikipedia Eintrag heruntergeleiert, mit komplexen Einschüben und Nebensätzen – so spricht niemand. Nicht selten gibt es auf diese Monologe keine Reaktion, stattdessen einen Szenewechsel.
Es ist wirklich schade. Die Geschichte klang so vielversprechend, das Buch ist eine Augenweide, aber ich kann es leider überhaupt nicht empfehlen.

Bewertung vom 28.08.2023
Mattanza
Fabiano, Germana

Mattanza


sehr gut

Abschlachten

Ein schwer zu rezensierender Roman. Zunächst habe ich keinen Zugang gefunden, dann aber das Buch doch an einem Tag gelesen; letztlich fällt es mir schwer, dem Gelesenen eine Sternebewertung zu geben.
„Mattanza“ heißt grob übersetzt „abschlachten“. Ein düsterer Titel, doch er passt, denn der Roman ist durchaus eher düster, melancholisch und definitiv ohne Happy End. Weniger passend finde ich das Cover. Zunächst einmal mag ich persönlich einfach keine Stockfotos von Menschen auf Buchcovern, aber das Model passt nicht zu den Beschreibungen der Protagonistin Eleonora.
Mit Noras Geburt in den 1960er Jahren beginnt die Erzählung und man taucht ein in die Welt der Menschen, die auf der kleinen (fiktiven) Insel Katria im äußersten Süden Italiens leben und die noch nicht richtig in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts angekommen zu sein scheint. Nora sollte eigentlich ein Junge sein, denn die Familie, der sie entspringt, stellt – so will es die Tradition – den Raì, der dem Thunfischfang, von dem die Insel lebt, vorsteht, wie eine mystische Gottheit. Ob Nora will oder nicht, sie soll nach ihrem Großvater der nächste Raì werden. Sie fügt sich und alles scheint auf der Insel wieder nach dem altbekannten Rhythmus zu verlaufen, doch der Wandel, in dem sich die Welt befindet, macht auch vor Katria nicht Halt. Große Fischereiunternehmen, die die Thunfische abfangen, bevor die Schwärme überhaupt in die Nähe der Insel kommen können bringen die Menschen in Existenznöte. Die Insel wird für den Tourismus geöffnet, mit großer Skepsis, doch auch mit Erfolg. Bis die Fischer, die nun immer weiter rausfahren, um sich dort wenigstens noch selbst zu versorgen, auf einmal Menschen aus dem Meer ziehen. Wie einst die Thunfischschwärme finden nun Schwärme von Menschen, die auf der Flucht sind, ihren Weg nach Katria.
Detailliert wird im Roman zunächst der traditionelle Thunfischfang, dessen Höhepunkt „Mattanza“ ist, beschrieben. Brutal, ein Blutbad, aber notwendig für die Menschen der Insel, um zu Überleben. Nora hadert schon als junge Mädchen damit, fügt sich aber ihrer Rolle. Als die flüchtenden Menschen ankommen, werden die Insulaner mit der Brutalität des Überlebens konfrontiert; als immer mehr Menschen auf der Insel ankommen, zieht auch die Brutalität gegenüber diesen Überlebenden mit ein, in Form von Militär, Polizei. Den Menschen wird erneut die Lebensgrundlage genommen, denn die Touristen bleiben aus. Ein Kreislauf der Globalisierung, wenn man so will. Brutal und rücksichtslos, vor allem gegenüber den Schwächsten – ob das nun Thunfische, Inselbewohner oder flüchtende Menschen sind.

Bewertung vom 15.08.2023
Die Bücherjägerin
Beer, Elisabeth

Die Bücherjägerin


sehr gut

"Die Bücherjägerin" ist ein ganz wunderbarer Roman, nicht nur für Bücherliebhaber:innen. Ich fand es ganz toll, in Sarah eine eher (sehr) introvertierte Protagonistin zu haben, die sich nicht im Lauf der Geschichte zum kompletten Gegenteil ändert. Sie wächst über sich hinaus (für ihre Verhältnisse), sie öffnet sich anderen Menschen, stellt sich ihrer Vergangenheit, wächst daran, ohne sich selbst zu verleugnen. Hinzu kommt eine kleine Auswahl an Nebenfiguren, die Sarah bei ihrer Reise auf unterschiedlichste Art begleiten, aber die Erzählung nicht dominieren. Und zwei süße Schildkröten. Und Ben, der ein richtig toller Love Interest ist - überhaupt ist die Liebesgeschichte zwar präsent, aber steht nicht im Vordergrund.
Der Autorin ist eine Art Da-Vinci-Code gelungen, nur besser. Ein zarter, sensibler Bildungsroman, der gleichzeitig die Geschichte einer spannenden Schatzsuche ist. Irgendwann habe ich angefangen nebenbei zu googlen, denn, wie ich feststellen durfte, gibt es die Karte, die Sarah und Ben suchen, tatsächlich!!
Nebenbei gelang es Elisabeth Beer wichtige gesellschaftliche Themen anzusprechen und (meistens) sehr harmonisch in die Geschichte einzuarbeiten.
Große Empfehlung. Ich hoffe außerdem, dass der Roman bald verfilmt wird (vielleicht als Mini-Serie?), denn schon beim Lesen dachte ich mir immer wieder, wie gut sich der Stoff dafür eignen würde.

Bewertung vom 14.08.2023
Marschlande
Kubsova, Jarka

Marschlande


ausgezeichnet

Jahreshighlight!

„(…) Diese Frauen waren tot, aber was ihnen widerfahren war, war noch immer in der Welt, in anderem Gewand, zerstoben, verändert, aber es war noch da, es widerfuhr wieder, es widerfuhr anderen. (...) War das der Grund, warum sie in dem Leben der anderen Frau herumwühlte? Weil man im Leben einer jeden anderen Frau auch immer etwas über sich selbst herausfand und gleichzeitig über alle anderen?“

Nach „Bergland“ ist Jarka Kubsova mit „Marschlande“ ein weiterer bemerkenswerter Roman gelungen. Sie verknüpft die Geschichten der beiden Protagonistinnen äußerst geschickt; abwechselnd spielen die Kapitel in der Gegenwart bei Britta und bei Abelke, die Ende des 16. Jahrhunderts im Hamburger Marschland lebte. Je mehr sich Britta mit Abelkes Geschichte beschäftigt, desto mehr lernt sie nicht nur über die Frau selbst sowie die Hexenverfolgung, der sie brutal zum Opfer fiel, sondern sie begegnet sich auf dieser Reise durch Abelkes Leben selbst.

Einerseits verbindet die Landschaft die beiden Frauen, auch wenn sie 500 Jahre voneinander getrennt am selben Ort leben und unterschiedlich auf das Land angewiesen sind. Andererseits verbindet sie auch das Frausein und Britta - und auch ich als Leserin - muss erkennen, wie erschreckend aktuell Themen, die in Abelkes Leben eine große Rolle spielten, nach wie vor sind. Kubsova führt dabei nicht nur die von Männern dominierte Gesellschaft vor und zeigt auf, dass es noch ein weiter Weg zur Gleichberechtigung ist - sie schafft das, ohne dabei auf feministische Fachbegriffe, etc. zurückzugreifen, denn die Geschichten von Abelke und Britta, ja selbst die Geschichte von Brittas Teenie-Tochter, sprechen für sich. Ungerechtigkeit, Ungleichheit und auch Gewalt an Frauen werden deutlich auf erzählerischer Ebene. Nicht nur der Roman, auch das Nachwort hallt nach. Darin geht die Autorin nochmals auf die reale Person Abelke Bleken ein und kontextualisiert die Hexenverfolgung und den Umgang in der Gegenwart mit dieser dunklen Epoche, die wohl kaum eine Region in Deutschland verschont hat.

Wenn ich nicht am nächsten Morgen raus gemusst hätte, hätte ich die ganze Nacht durchgelesen.

Bewertung vom 14.08.2023
Zeiten der Langeweile
Becker, Jenifer

Zeiten der Langeweile


weniger gut

Heldinnenreise ohne Ankommen

„Zeiten der Langeweile“ hörte sich so vielversprechend an, war dann aber tatsächlich etwas langweilig. Ich glaube, dass die grundsätzliche Halbwertszeit des Romans recht kurz ist, da die unzähligen Popkultur-Referenzen doch meist über sehr kurzweilige Trends sind. Der Emily Dickinson Vergleich des Klappentextes wirkt da fehl am Platz.
Die Autorin beschreibt zwar gut, wie Milas Verhalten immer zwanghafter wird, aber gleichzeitig fühlt sich der Roman an wie eine Endlosschleife; teilweise wirkte es, als wäre man gefangen in der Kommentarspalte sozialer Medien.
Grundsätzlich, und das ist für mich das größte Problem und größte Manko von "Zeiten der Langweile", bleibt jegliche Reflektion aus. Milas Probleme sind so viel tiefergehender als dass der Wunsch, sich komplett aus dem Netz zu "löschen" ihr dahingehend helfen könnte, doch diese Erkenntnis hatte nur ich als Leserin, nicht die Protagonistin. Schade, dass sich die Erzählung zu sehr im Kreis dreht, statt tatsächlich auf Milas Probleme einzugehen. Passenderweise ist das ja auch das Thema ihrer Dissertation, die Heldinnenreisen in der Populärkultur, über Frauen, die in Literatur und Film nach Krisen eine heilende Reise unternehmen. Mila erkennt sogar eine Art selbsterfüllende Prophezeiung, dass sie nun selbst zu einer der von ihr untersuchten Heldinnen wurde. Aber für mich bleibt sie leider nicht nur in der Krise stecken, sondern gerät irgendwie noch tiefer hinein. Die Reflektion, die „Heilung“, der Abschluss der Reise bleibt bei Mila aus. Stattdessen kommt der Roman einfach zu einem Ende, aber alles bleibt irgendwie in der Luft hängen.

Bewertung vom 14.08.2023
Bergblumenzauber
Breidenbach, Ursi

Bergblumenzauber


gut

Mir ist ja direkt das verträumt kitschige Cover ins Auge gesprungen, dann der Titel, dann der Klappentext. Bergromane, Aussteigergeschichten, zurück zur Natur – sowas mag ich sehr gerne. In „Bergblumenzauber“ überwiegt ein bisschen der Kitsch, aber ehr so zum Schmunzeln. Die Geschichte ist sehr leicht zu durchschauen, ich wusste immer schon lange vor der Protagonistin Valerie, was die Geheimnisse der anderen Figuren waren – aber wenigstens für Valerie blieb es spannend 😉 Wirklich gestört hat mich die Figur der Alice bzw. Valeries Verhalten ihr gegenüber. Sie war, auch als sie längst wusste, wie die vermeintlich neue Freundin drauf war, viel zu freundlich zu ihr und egal was für schreckliche Sachen Alice von sich gegeben hat, Valerie hat ständig versucht sie mit dem netten Jo zu verkuppeln, nur weil der so auf sie stand. Es hätten ja nicht alle Personen im Dorf nett sein müssen und ein Happy End bekommen. Alice hätte eher keines verdient, sie hat ja auch keine Veränderung durchgemacht, sondern blieb gleich oberflächlich und gemein.
Alles in allen ein sehr kurzweiliger Roman, den ich mir gut als ZDF-Sonntagabend Film vorstellen könnte: hübsche Bilder von einem Aussteiger-Touri-Dorf im Salzkammergut.

Bewertung vom 09.08.2023
Sterne über Siena
Winter, Claudia

Sterne über Siena


gut

Wer war schon mal in Siena? Ich hatte mich bei meiner kleinen Toskana-Rundreise sehr auf Florenz gefreut. Und es war auch schön dort. Aber dann ging es weiter nach Siena und ich war absolut hin und weg. Ein unglaublich schönes Städtchen. Mit „Sterne über Siena“ durfte ich jetzt nochmal einen kleinen Ausflug in Buchform dorthin und ins Umland machen. Was die Lektüre angeht, bin ich ein bisschen zwiegespalten. Einiges mochte ich am Roman, anderes hingegen weniger. Das meiste ist relativ vorhersehbar; das hat mich aber nicht gestört, nur gut 100 Seiten kürzer hätte die Geschichte gerne sein dürfen. Am Meisten hat mich tatsächlich der wenig kritische Umgang mit dem Palio gestört – schon während des Lesens, aber noch mehr, als ich danach noch mehr darüber recherchierte. Der Palio gilt als das „härteste Pferderennen der Welt“. Hart deshalb, weil die Strecke auf der Piazza del Campo so extrem gefährlich ist und so viele Tiere dabei ihre Gesundheit und nicht selten ihr Leben verlieren. Dass auch Jockeys und Zuschauer verletzt werden, war mir klar, ist mir aber im Gegensatz zu den Pferden egal, denn die können leider nicht selbst entscheiden, ob sie über den steilen Platz mit den Pflastersteinen, wo sie oft ausrutschen, 90 Sekunden hinwegjagen müssen. Emilia und Alessio stehen dem Ganzen zwar kritisch gegenüber, geben dann aber relativ schnell nach, weil sie die traditionelle Begeisterung für den Palio als „Senesi“ im Blut haben. Schwierig, zumal Alessio Tiermedizin studiert und wenn ich richtig recherchiert habe, der Palio eine Ausnahmegenehmigung hat, da die Veranstaltung sonst nicht mit den italienischen Tierschutzregeln konform wäre. Man merkt es auch beim Lesen ohne das ganze Hintergrundwissen, dass die Stute, die Alessio für das Rennen trainieren soll, zwar von Natur aus schnell ist, aber alles andere komplett gegen ihr Wesen geht.
Das finde ich sehr schade, dass da die Tradition einfach der Tradition wegen so unreflektiert auch ihren Weg in diesen Liebesroman gefunden hat. Denn grundsätzlich habe ich die Geschichte der beiden „verfeindeten“ Familien ganz gern gelesen. Der Stil ist flüssig und angenehm, die Beschreibungen transportieren einen direkt in die Toskana. Schön wäre es gewesen, wenn Emilia und Alessio gemeinsam einen Weg gefunden hätten, dass das Pferd nicht antreten muss, statt sich dem Willen ihrer Väter zu beugen.

Bewertung vom 03.08.2023
Eine Nacht mit dir
Williams, Laura Jane

Eine Nacht mit dir


weniger gut

Enttäuschend

Der Roman fing gut an; es wirkte so, als ob die Autorin den beiden zentralen Figuren Nic und Ruby Zeit gibt, sich kennenzulernen – auch wenn am Anfang ein paar zu viele sexuelle Anspielungen für meinen Geschmack dabei waren. Aber dann schnappt die Klischeefalle zu und es passiert zu viel, zu schnell, zu wenig durchdacht. Das ist schade, denn während Ruby mir zwar eher unsympathisch war, war Nic ein toller männlicher Protagonist – schüchtern und zurückhaltend, aber mit einer glaubhaften Entwicklung. Das Ende des Romans war dann auch irgendwie so zu erwarten, denn die (zu) vielen Einzelstränge der Erzählung konnten nicht mit Substanz zu Ende gebracht werden. SPOILER SPOILER SPOILER Da blieb der Autorin dann eigentlich gar nichts anderes mehr übrig, als einen Cut zu machen mit einem anschließenden Zeitsprung, statt die Geschichte erzählerisch zu Ende zu bringen.