Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
seschat
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 893 Bewertungen
Bewertung vom 02.06.2024
Von Carpe Diem bis Post Scriptum
Kisielewska, Zuzanna

Von Carpe Diem bis Post Scriptum


sehr gut

Als studierte Altertumswissenschaftlerin und ehemalige Lateinschülerin liegt mir die Sprache der alten Römer einfach am Herzen. Sie lebt nicht nur in den sog. romanischen Sprachen fort, sondern auch in allseits bekannten Sprichwörtern bzw. Sentenzen. Die polnische Journalistin und Musikerin Zuzanna Kisielewska kam mit Latein ebenfalls erstmals in der Schule in Kontakt. Ihre Begeisterung für diese alte Sprache hat sie nun in modernes wie kunterbuntes Buch gepackt. Es enthält 100 antike Redewendungen, die aus Schriftquellen und Inschriften überliefert sind. Neben Cäsar kommen natürlich auch Cicero, Kaiser Vespasian und Descartes zu Wort. Zudem werden Bauinschriften, Liedtexte und Schriftzüge auf Geldscheinen gedeutet. Diese Sammlung an lateinischen Sinnsprüchen ist teilweise recht originell und hält selbst für Kenner ein bis zwei Überraschungen bereit. Der Großteil besteht als bildungsbürgerlichen Sprichwortmainstream wie "Veni, vidi, vici" oder "Cogito ergo sum". Vor allem die farbige Illustrationen und die konzisen Beschreibungen der Redewendungen haben mir gefallen. Diese führen dazu, dass man sehr gern im Buch einfach blättert und sich treiben lässt. Für Erwachsene mit etwas Vorbildung ist das Verständnis kein Problem. Hingegen werden einige Fachbegriffe und Sachverhalte angeführt, die 10-jährige Leser noch nicht verstehen bzw. für diese nicht geeignet sind. Ich habe z. B. das Wort "Parömien" gelernt. Ein Quellen- bzw. Literaturverzeichnis gab es leider nicht.
Die Papierqualität der 112 Seiten ist außerordentlich gut. Man kann wegen der Griffigkeit des Papiers leicht umblättern.

FAZIT
Ein modern illustriertes Sachbuch, welches das Interesse an Latein auf jeden Fall weckt. Kurzweilig wird man zugleich in die Welt der antiken Römer entführt.

Bewertung vom 29.05.2024
Die Magie des Zehnkampfs
Kaul, Niklas;Dreis, Achim

Die Magie des Zehnkampfs


ausgezeichnet

Leiden aus Leidenschaft
Schon als Kind habe ich die internationalen Leichtathletikwettkämpfe im TV verfolgt. Die Faszination ist bis heute geblieben. Besonders den Zehnkampf finde ich aufgrund seiner Vielseitigkeit und der Leidensfähigkeit der Athleten spannend. An zwei Tagen müssen die Athleten insgesamt 10 Sportarten aus den Bereichen Laufen, Springen und Werfen absolvieren. Diese eingeschworene Gemeinschaft aus Generalisten unterstützt sich gegenseitig, obschon jeder von ihnen im Wettbewerb die magische 8000-Punkte-Grenze überschreiten und eine gute Platzierung erzielen möchte.

In "Die Magie des Zehnkampfs" setzt der Sportjournalist Achim Dreis mit dem Zehnkampf-Nachwuchsathleten Niklas Kaul (*1998) und der Disziplin des Zehnkampfs im Allgemeinen auseinander. Als Kaul 2019 in Doha überraschend Weltmeister wurde, staunte die Welt. Verletzungspech und Corona führten zu ungeplanten Pausen. 2022 folgte der nächste Triumph, Kaul gewann in München den EM-Titel.

Niklas Kaul betreibt seit seinem 6. Lebensjahr Leichtathletik und wird von seinen Eltern, beide ehemalige Hürdenläufer, trainiert. Er lebt für den Zehnkampf und liebt den Wettkampf in der Gemeinschaft. Pro Woche gehen 18 bis 20 Stunden auf sein Trainingskonto. Die übrige Zeit studiert er Sport und Physik auf Lehramt, um für die Zeit nach dem Profisport eine ebenso spannende Beschäftigung ausüben zu können. In seinen noch jungen Jahren hat er bereits vieles erreicht, wovon andere ihr gesamtes Sportlerleben träumen. Die nächsten Highlights in 2024 sind die EM in Rom und die Olympischen Spiele in Paris. Dafür arbeitet Kaul hart an seinen Stärken (1500-Meter-Lauf und Sperrwurf) und an seinen Schwächen (100-Meter-Sprint und Weitsprung). Der 1, 90 m große Athlet hat gemeinsam mit dem Youngster Leo Neugebauer gute Aussichten auf Erfolg.

Achim Dreis' Einblicke in den Trainingsalltag nötigen Respekt ab. Detailliert und kenntnisreich geht er dabei auf die einzelnen Disziplinen des Zehnkampfs inklusive Kauls Bestleistungen ein. Oft lässt er auch den Athleten und sein Umfeld selbst zu Wort kommen, was diesen dadurch noch nahbarer erscheinen lässt. Er ist ein bodenständiger wie disziplinierter Sportler, der sich fachmännisch analysiert und reflektiert. Nichts bleibt unausgesprochen, vom Essverhalten über Schuhwahl bis zur Lieblingsmusik wir berichtet. Sein Umfeld ist noch dazu perfekt, auch die Freundin betreibt Siebenkampf und trainiert mit ihm und seiner Schwester Emma in einer gemeinsamen Trainingsgruppe.

Unabhängig von Kaul wagt Dreis einen Rundumblick auf die sog. Königsdisziplin der Leichtathletik. Er beleuchtet dabei die Entwicklung des Zehnkampfs von 1912 bis heute und lässt unterschiedliche Ex-Zehnkämpfer aus Ost- und Westdeutschland in Interviews zu Wort kommen. Medaillengewinner Frank Busemann hat gar das Nachwort verfasst.

Insgesamt hat mich das Sachbuch von Beginn an gefesselt und ich habe es in nicht einmal 2 Tagen durchgelesen. Ich habe mein Wissen über diese Sportart immens erweitern können. Aus Achim Dreis lesbaren Sprachstil liest man eigene Faszination für diesen Mehrkampfsport heraus. Der Fototeil hätte etwas umfangreicher ausfallen und ins passende Kapitel eingebunden werden können. Auch gab es die ein oder andere Passage, die sich innerhalb der Argumentation wiederholte.

FAZIT
Ein wirklich aufschlussreiches Sachbuch für interessierte Laien wie Kenner der deutschen Zehnkampfszene. 268 Seiten voll gepackt mit Fakten und internen Informationen.

Bewertung vom 26.05.2024
Prost, auf die Künstler
Kalpenstein, Friedrich

Prost, auf die Künstler


ausgezeichnet

Als Leserin freue ich mich immer wieder aufs Neue, wenn ich einen neuen Roman aus der Feder von Friedrich Kalpenstein lesen darf. Die Provinzkrimi-Reihe um Kommissar Tischler geht bereits in die 9. Runde und ich kenne bisher jeden Band. Dementsprechend vertraut bin ich mit den handelnden Personen aus der bayerischen Kleinstadt Brunngries. Es fühlt sich an, wie nach Hause zu kommen.

INHALT
Dieses Mal wird der 67-jährige Landwirt Karl Hinterleitner tot in seiner Garage aufgefunden. Neben dem Mordopfer finden die Ermittler einen Lanz-Traktor von 1939. Wurde der wortkarge Einsiedler etwa wegen seiner teuren Landmaschine getötet? Und warum wusste mutmaßlich niemand von Hinterleitners Malleidenschaft?

MEINUNG
Kalpensteins Kriminalroman las sich recht flott. Die eingestreute Situationskomik und die Nickligkeiten zwischen Hauptkommissar Constantin Tischler und seinem Kompagnon Felix Fink waren aber auch zu komisch. Besonders über Fink mit seiner naiven, traditionsbewussten Art habe ich mich herzhaft amüsiert. Und natürlich spielten der "Herzhafte von Brunnello" und Dackeldame Resi wieder eine Rolle. Liebgewonnene Eigenheiten werden vom Autor gekonnt weitergesponnen; Lachflashs inklusive.
Der Kriminalfall war zudem spannender, als gedacht, weil das Mordopfer unerwartet künstlerisches Talent hatte. Wer vermutet in der bayerischen Provinz solch eine Könnerschaft?
Darüber hinaus sind es die privaten Geschichten, wie zwischen Kommissar Tischler und seiner Partnerin Britta sowie zwischen der geschäftstüchtigen Tereza und ihren beiden Verehrern.
Und Finks stets neugierige Mutter darf natürlich auch nicht fehlen. Sie plant zum Leidwesen ihres Sohnes eine große Geburtstagsfeier. Das bedeutet auch, bayerische Lebensart und vor allem Kulinarik kommen keinesfalls zu kurz.
Ich bin förmlich über die 352 Buchseiten geflogen und fand das Finale ungemein spannend.
Auch die Andeutungen am Ende haben meine Neugier auf den Folgeband Nr. 10 wecken können.
Kurzum, wer die TV-Formate Rosenheimcops und/oder Hubert und Staller kennt, der muss die Cosy-Crime-Romane von Kalpenstein lieben. Ich bin mittlerweile so weit, dass ich gern einmal nach Brunngries reisen und alle Protagonisten besuchen möchte.

FAZIT
Ein heiterer Provinzkrimi, der neben stimmigem bayerischen Lokalkolorit interessante Einblicke in die Kunstfälscherszene liefert. Saubere Arbeit, Herr Kalpenstein!

Bewertung vom 12.05.2024
Was die Alten schon gecheckt haben und ich jetzt auch
Mayr, Marcel;Panten, Silke

Was die Alten schon gecheckt haben und ich jetzt auch


ausgezeichnet

Marcel Mayrs (*1994) Buch hat mich ab der ersten Seite mitgerissen. Der gelernte Altenpfleger gibt darin ehrliche Einblicke in seinen Berufsalltag. Seine anonymisierten Fallgeschichten gehen zu Herzen und geben zugleich viel über das Leben preis. Schon mit 16 stand für Marcel fest, er möchte mit Menschen arbeiten. Was folgt, ist ein FSJ in der Pflege und die Ausbildung zum Altenpfleger. Die Erlebnisse während dieser intensiven Zeit prägen den erfolgreichen TikToker bis heute. Mayr war insgesamt 9 Jahre in der ambulanten Altenpflege tätig und hat vornehmlich demenzkranke Senioren betreut. Regelmäßige Überstunden, Unterbesetzung und die Corona-Pandemie haben zum Umdenken geführt. Kurzum, die Arbeitsbedingungen in der Pflege haben den sensiblen wie zugewandten junge Mann an die körperliche wie seelische Belastungsgrenze gebracht. Was allerdings von dieser nicht immer einfachen Arbeit bleibt sind die einprägsamen Gespräche und Begegnungen mit Menschen am Lebensende. Mayr brachte gern frischen Wind in alte Strukturen. So warf er mit Seniorinnen Wasserbomben, ging mit ihnen noch um 23 Uhr spazieren oder erfüllte ihre letzten Wünschen. Er nahm sich trotz des engen Zeitplans stets Zeit für seine Patienten, auch wenn es nach Feierabend war. Gerade weil Mayr nichts beschönigt und mit Feuereifer für seinen Berufszweig brennt, bewirbt er den Pflegeberuf auf realistische Weise. Solch verständnisvolle, empathische Pfleger wünscht man sich selbst einmal. Doch das System muss die Mängel erkennen und auch beheben, so dass in Zukunft nicht noch mehr befähigte Pfleger ihrem Traumberuf den Rücken kehren.
Mich hat Mayrs persönliche Rückschau auf seine Zeit als Altenpfleger sehr bewegt und von Anfang an gefesselt, weil man merkt, dass er mit dem Herzen dabei und vor allem Mensch ist. Zudem habe ich mich für ihn gefreut, dass es die Ratschläge von Senioren waren, die ihn persönlich haben wachsen und selbstbewusster werden lassen. Durch seine geduldige und authentische Art konnte er bei mir punkten. Er weiß die Weisheit der Alten zu schätzen.
Das frische Cover mit lächelnden Autor im Zentrum wirkt einnehmend sowie positiv. Noch dazu hat Mayr wirklich etwas zu erzählen und tut dies ohne Scheuklappen.

FAZIT
Einfach ein tolles Buch, das ich an nicht einmal 2 Tagen durchgelesen habe und kaum zur Seite legen konnte. Er gibt dem Beruf des Altenpflegers wieder eine Lobby und zeigt Wege aus der Pflegekrise auf. Menschsein und -bleiben ist die Quintessenz.

Bewertung vom 01.05.2024
Venezianischer Fluch
Gesing, Daniela

Venezianischer Fluch


ausgezeichnet

Der neunte Fall für Commissario Luca Brassoni las sich ungemein spannend und damit flüssig. Dieses Mal dreht sich alles um das erste Hotel am Platz, das Nuovo tempo. Es gehört der Familie Perroni und wird von einem tragischen Unglück überschattet. Die junge Rezeptionistin Antonella Carraci stirbt beim Sturz von der Accademia Brücke. Die Rechtsmedizinerin Carla Sorrenti kann nachweisen, dass es keinesfalls Selbstmord gewesen ist. Ihr Ehemann - der stadtbekannte Commissario Luca Brassoni - nimmt diese Spur sofort auf, wobei Schritt für Schritt weitere dunkle Geheimnisse der Hoteliersfamilie zutage treten.

Ich kenne die Krimireihe um Luca Brassoni nun schon seit dem ersten Fall. Gerade deshalb bin ich immer wieder erstaunt, dass diese nie langweilig wird und der Autorin die Ideen für Kriminalfälle in Venedig nicht auszugehen scheinen. Die familiäre Atmosphäre in der Questura und der Spürsinn der Kommissare gefallen wir abermals sehr. Es fühlt sich jedes Mal ein Stück weit so an, als ob man nach Hause zurückkehrt. Obschon ich bis heute noch nie in der Lagunenstadt gewesen bin, habe ich mithilfe von Daniela Gesing schon einige Hotspots und italienische Wörter kennenlernen dürfen. Der neunte Fall ist als eine Familientragödie in mehreren Akten angelegt. Innerhalb der Familie Brassoni herrscht ein eiskaltes Klima. Durch falsche Fährten und immer neue Mordanschläge wird das Spannungslevel konstant hoch gehalten. Zudem spielt die Wirkmacht von Flüchen eine große Rolle. Die Tätersuche ist deswegen alles andere als leicht und am Ende hat mich ein Name vollkommen überrascht. Das Cover ist ebenso effektvoll gestaltet. Es zeigt einen Ausschnitt Venedigs im bedrohlichen Abendrot.

FAZIT
Einmal Brassoni, immer Brassoni. Es ist wie mit Donna Leons Krimireihe um Commissario Brunetti, hat man sich einmal festgelesen und die Charaktere liebgewonnen, will man jeden neuen Teil nicht verpassen. Die richtige Lektüre für Venedigfans auf der Suche nach Thrill und Dolce far niente.

Bewertung vom 28.04.2024
Inselglück und Dolce Vita (eBook, ePUB)
Mierwaldt, Sandra

Inselglück und Dolce Vita (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Inhalt

Die junge Hamburgerin Mira wagt auf der italienischen Privatinsel Isola del Tuono einen Neuanfang. Nach drei Jahren toxischer Beziehung will sie ihr Leben neu ordnen und ihrer Passion - der Kunstrestauration - wieder eine Chance geben. Für die superreiche Hausherrin Chloe di Varrone soll sie eine unbekannte weibliche Statue restaurieren, die Mittelpunkt einer prachtvollen Modenschau auf der Insel sein soll. Allerdings hat sie dabei nicht mit dem charmanten Sohn des Hauses - Leo di Varrone - gerechnet. Er fasziniert sie und ist anders als ihr besitzergreifender Ex. Doch ist Mira schon bereit für eine neue Liebe?

Meinung

Sandra Mierwaldts Roman hat relativ leise und beschaulich begonnen und sich im Verlauf mehr und mehr gesteigert. Mira ist eine sympathische Hauptfigur, die privat einiges durchgemacht hat und auf der italienischen Privatinsel zum ersten Mal wieder freie Entscheidungen treffen und sich der Kunst widmen kann. Hier blüht sie auf und findet in der Gärtnerin Stella eine echte Freundin. Zu Leo di Varrone fühlt sie sich von Anfang an hingezogen, doch misstraut den eigenen Gefühlen, denn die zurückliegenden Erfahrungen kann man nicht so leicht abstreifen. Doch Leo ermutigt sie, sie selbst und unabhängig zu sein. Er geht respektvoll mit ihr um und zeigt ihr ganz nebenbei das pralle (Luxus-)Leben. Gäbe es nicht die Schatten der Erinnerung, die Geschichte wäre schnell erzählt. Doch so bleibt der Roman bis zum Ende spannend. Und der Leser bekommt das volle Programm mit Gefühlsachterbahn, Dolce Vita und Selbstentfaltung. Es ist alles andere als eine stringent leichte Story und spätestens als sich Chloe di Varrone gegenüber Mira öffnet, hatte mich Mierwaldt vollkommen von ihrem Roman überzeugt. Der eigenwillige Pfau Torquato sollte dabei allerdings nicht unerwähnt bleiben, denn durch ihn ist Mira erst Leo di Varrone - ihrer wahren Liebe - begegnet :-)

Fazit

Geschichte einer starken jungen Frau vor italienischer Traumkulisse. Die weibliche Leserschaft wird diesen Roman lieben. Zudem kann man mit dieser leicht zu lesenden Lektüre perfekt vom Alltag abschalten.

Bewertung vom 22.04.2024
Verliebt in den besten Freund meines Bruders
Langrock, Anja

Verliebt in den besten Freund meines Bruders


sehr gut

INHALT
Die Story, die Anja Langrock erzählt, ist nicht neu. Die kleine Schwester von Raphael ist seit ihrer Kindheit verliebt in dessen besten Freund Henry. Beide stammen aus reichen Verhältnissen und bekriegen sich gern verbal. Während Henry mit Luxusimmobilien im Raum Hamburg handelt und lose Frauenverhältnisse einer festen Beziehung vorzieht, sind für Luise gute Studienabschlüsse und echte Gefühle wichtig. Beide trennen 10 Jahre und Henry spielt sich noch immer gern als Luises Beschützer auf. Doch Luise ist mittlerweile erwachsen. Als beide die Patenschaft für Raphaels Kind übernehmen, kochen die Emotionen hoch...

MEINUNG
Anja Langrocks Roman "Verliebt in den besten Freund meines Bruders" ist die typische "From-Enemies-To-Lovers-Geschichte". Beide Protagonisten haben ihre Geheimnisse und sind charakterlich vollkommen unterschiedlich. Sie teilen sich die Rolle des Erzählers, wobei ich Luise von Beginn an sympathischer fand. Sie wagt für ihre große Liebe Henry den Sprung ins Ungewisse und wächst genauso wie Henry über sich hinaus. Gemeinsam stellen sie sich ihren Ängsten und lernen sich gegenseitig zu vertrauen. Von Henrys Job als Makler erfährt wenig bis gar nichts, von seinen Frauengeschichten und sexuellen Vorlieben umso mehr. Hier hätte ich mir mehr Balance gewünscht. Auch Luises Studium spielte lediglich peripher eine Rolle. Im Fokus steht also eindeutig die Zweisamkeit. Ihre verbalen Kabbaleien und ihre Lockerheit im Umgang miteinander fand ich am besten. Insgesamt las sich Langrocks Geschichte sehr flüssig, obgleich auch vorhersehbar.

FAZIT
Eine leichte Liebesgeschichte mit Humor und Klischees. Genau die richtige Lektüre für einen entspannten Nachmittag.

Bewertung vom 20.04.2024
Chaosköpfe - aus dem Leben mit drei hochbegabten Kindern. Life is a Story - story.one
Frank, Patrizia

Chaosköpfe - aus dem Leben mit drei hochbegabten Kindern. Life is a Story - story.one


ausgezeichnet

Ich interessiere mich seit geraumer Zeit für das Thema Hochbegabung und habe dementsprechend die gesamte aktuelle Fachliteratur gewälzt. Während hochbegabte Kinder sehr gut erforscht sind, klafft eine Lücke bei den Erwachsenen und vor allem bei den Frauen.

Die Autorin Patrizia Frank beschreibt im vorliegenden Erzählband ihr Leben mit drei hochbegabten Kindern. Sie lebt mit ihrer Familie in einem Dorf in Nordrhein-Westfalen. Ihre beiden Söhne sind erfolgreich getestet, während ihre Tochter noch zu klein dafür ist.
Ich habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen und war von Franks Alltagsschilderungen regelrecht gefesselt. Zum einem mag ich ihren nassforschen, oftmals sehr ironischen Stil. Zum anderen haben mich die reflektierten Einschätzungen ihrer Sprösslinge zugleich zum Lachen gebracht und einfach umgehauen und an mich selbst in diesem Alter denken lassen. Ich habe mich auch oft fremd in Kindergarten und Schule gefühlt. Dass noch viel Aufklärungsarbeit in den öffentliche Bildungsanstalten zu tun ist, hat mich allerdings überrascht. Heutzutage müsste das Thema Hochbegabung doch jedem Pädagogen geläufig sein oder? Dass ihren Söhnen geraten wurde, eine Förderschule zu besuchen, nur weil sich im Unterricht langweilten und andere Sachen machten, ist katastrophal. Ich bewundere Frank für ihren Mut, für die Einzigartigkeit ihrer Kinder zu kämpfen, obgleich ihr Wissensdurst und ihre Diskussionsfreudigkeit im Alltag nicht immer leicht zu händeln sind. Doch Eltern können gar nicht immer perfekt sein.
Die Autorin hat alles andere als ein Fachbuch geschrieben, sondern eher eine Mischung aus Elternratgeber und Erzählband. Die Schrift ist angenehm groß und die Absätze pointiert. Nur der Preis für 80 Seiten ist mit 18 € eindeutig zu hoch. 10 € wären angemessen.

Bewertung vom 20.04.2024
Psychologie in 30 Sekunden
Jarrett, Christian

Psychologie in 30 Sekunden


sehr gut

Psychologie ist ein spannendes Feld, denn das menschliche Miteinander wird täglich davon bestimmt.
Wer schnell einen Überblick über die wichtigsten Strömungen und Vertreter der noch jungen Wissenschaft (Entstehung im 19. Jh.) erlangen möchte, dem sei dieses Buch ans Herz gelegt. Es besticht nicht durch hochtrabende wie unverständliche Beschreibungen, sondern durch schnell lesbare und einfach gehaltene Wissenshappen.

Die 50 Wissenshappen werden in folgenden Kapiteln näher beleuchtet:
- Alte Schule, Neue Schule
- Wachstum & Veränderung
- Entscheidung & Gefühle
- Sozialpsychologie
- Worin wir uns unterscheiden
- Psychische Störungen
- Gedanken & Sprache.

Je nach Interesse kann man einfach ein Kapitel aufschlagen und darin stöbern. Es ist nicht nötig, die Reihenfolge einzuhalten, da es sich um in sich abgeschlossene Themen zu jeweils 2 Seiten handelt. Jedoch ist jedem Kapitel ein Glossar mit den wichtigsten Fachbegriffen vorangestellt.

Die Idee, sich schnell (30 sek bis 3 min) über ein psychologisches Thema zu informieren, ist reizvoll. Durch den Lexikonstil (vgl. Wikipedia) war die Lektüre durchweg flüssig. Und wer möchte, der kann mithilfe des Anhangs (Literatur- und Quellenverzeichnis) sein Wissen vertiefen. Die 5 Autoren aus Großbritannien sind allesamt bestens mit der Psychologie vertraut und haben ein gut lesbares wie interessant gestaltetes Buch geschaffen. Die Schrift ist gut lesbar, der kartonierte Einband sehr robust und das Papier glatt.

Ein tolles Lexikon für Eilige.

Bewertung vom 20.04.2024
Kleopatras Grab
Schreiber, Constantin

Kleopatras Grab


ausgezeichnet

Ich habe bereits einige Sachbücher des Tagesschausprechers Constantin Schreiber gelesen und bin seitdem ein großer Fan seines sachlich profunden wie klaren Schreibstils. Er weiß einfach, wovon er spricht und kennt sich bestens mit dem arabischsprachigen Teil der Welt aus. Da verwundert es nicht, dass er sich nun an einen Kriminalroman gewagt hat, der im ägyptischen Alexandria spielt.

Das Cover hat mich auf den ersten Blick magisch angezogen, weil ich das Alte Ägypten und die letzte Pharaonin Kleopatra VII. verehre. Die Komposition aus Cheops-Pyramide und dem Tempel von Philae ist sicherlich optisch etwas gewagt, aber durchaus effektvoll.

In seinem ersten Kriminalroman gelingt es Schreiber vortrefflich, die ägyptische Moderne mit der Vergangenheit zu vereinen. Im Fokus steht dabei die griechisch-stämmige Kommissarin Theodora Costanda, die sich unerschrocken in einer Männerdomäne behauptet und mehrere mysteriöse Mordfälle innerhalb der orthodoxen Kirche in Alexandria aufzuklären hat. Doch damit nicht genug, ein französischer Archäologe ist auf der Suche nach dem Grab von Königin Kleopatra VII. und der ägyptische Orden Crata Repoa übt heimlich den antiken Isis-Kult aus. Diese Vielschichtigkeit des Romans (inkl. Perspektivwechsel) belebt die Lektüre ungemein. Hinzu kommen Schreibers geschichtlich einwandfreie Recherche sowie seinen Hang arabische Wörter und Redewendungen in den Text einzubauen. Beides macht es dem Leser leicht, sich im modernen sowie im antiken Alexandria zurecht zu finden. Auch die Krimikomponente überzeugt. Denn die Identifikation des Täters ist alles andere als vorhersehbar. Es gibt viele falsche Fährten und zum Ende hin eine Überraschung. Ebenso gelingt der Übergang zum zweiten Ägyptenkrimi, indem die Spannung wieder ansteigt.

Besonders hervorheben möchte ich Schreibers Entscheidung für eine weibliche Hauptprotagonistin in einer patriarchalisch geprägten Stadt. Die Ermittlerin Theodora lässt sich nicht einschüchtern und ist stets der Wahrheit auf der Spur. Dieses starke Frauenbild findet sich in anderen Nebenfiguren wieder. Des Weiteren hat mir Schreibers nachdenklich stimmende Aussage über das Wissen der Antike im Prolog sehr gefallen. Man merkt, dass er sich ausführlich mit der Materie beschäftigt hat und ein kritischer Zeitgenosse ist.

Chapeau, Constantin Schreiber. Er kann einfach alles. Diese Geschichte ist ein spannendes Konvolut aus Kriminalfall, Archäologie und Religion. Ich habe die 243 Seiten mit Verve gelesen und freue mich sehr auf den zweiten Reihenband.