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Martinchen
Wohnort: 
Magdeburg

Bewertungen

Insgesamt 44 Bewertungen
Bewertung vom 27.11.2023
Der sonderbare Fall der Rosi Brucker
Seel, Tina

Der sonderbare Fall der Rosi Brucker


sehr gut

Nach „Der Tod der dreckigen Anna“ lässt Tina Seel ihren zweiten Kriminalroman ebenfalls in einem südpfälzischem Dorf spielen. Der Bäckerlehrling Harald Hasenbach findet die Leiche der Winzertochter Rosi Brucker und versucht, ein Lösegeld zu erpressen.

Wie auch in ihrem ersten Krimi zeichnet die Autorin ein sehr überzogenes Bild eines Teils der Dorfgemeinschaft, denn wir lernen nur wenige Familien kennen. Ihre vielen Protagonisten sind lebendig beschrieben. Bei vielen der gut vorstellbaren Szenen hat die Leserin das Gefühl, mittendrin zu sein, so bei einigen ehelichen Gesprächen (oder Nicht-Gesprächen). Frauen werden von ihren Männern schlecht behandelt, die Jugendlichen bleiben sich selbst überlassen, Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen werden nicht für voll genommen. Im Grunde sind der Busfahrer Atze, Bruder von Harald, und seine intellektuell ähnlich ausgestatteten Freunden die größeren Deppen (um im Sprachstil zu bleiben), was aber nicht groß auffällt.
Die Ermittler haben zunächst nur wenig Ansatzpunkte, weil völlig unklar ist, was genau mit Rosi vor ihrem Tod passiert ist. Wird es ihnen dennoch gelingen, den Fall abzuschließen? Die Auflösung ist folgerichtig, wenn auch ein wenig überraschend.

Tina Seel beschreibt die Szenerie mit viel schwarzem Humor und Wortwitz.

Die diesem Krimi zugrundeliegende Idee gefällt mir sehr gut, auch die Auflösung.

Fazit: ein spannender Krimi mit einer unerwarteten Auflösung

Bewertung vom 27.11.2023
Agape
Engel, Gunnar

Agape


sehr gut

„Das Leben ändert sich, wenn du aus Liebe handelst“

Gunnar Engel legt mit „Agape“ einen Planer für die Auseinandersetzung mit der Jahreslosung 2024 vor. Nach der Erklärung des Unterschiedes zwischen Eros, Philia und Agape beleuchtet Gunnar Engel in zwölf Kapiteln verschiedene Bereiche des Lebens.

Der Aufbau dieser Kapitel ist das Jahr über identisch. Ein passender Bibelvers, eine kurze Einleitung, eine Reflexionsfrage stehen zu Beginn. Nach und nach werden weitere Erläuterungen gegeben, unterbrochen von Fragen zum Thema. Der Leser/die Leserin wird aufgefordert, sich konkrete Vorhaben zu notieren, die im Lauf des Monats umgesetzt werden sollen. Unter der Überschrift „Tiefer tauchen“ werden weitere Bibelstellen mit Hinweisen zu ihrer Bedeutung angeboten. Schlussendlich wird der Monat reflektiert. In diesem Arbeitsbuch gibt es ausreichend Platz für die Antworten und eigene Beobachtungen und ggf. Veränderungen.

Ich hätte mir in den einzelnen Kapiteln kleine Beispiele aus der Erfahrung des Autors oder seiner Gemeinde gewünscht, die dem doch eher sachlich gehaltenen Text etwas mehr Lebendigkeit gegeben hätten. Ein zweiter Kritikpunkt betrifft die folgerichtig aufgebauten Kapitel, denn nicht jeder hat eine Familie und/oder lebt in einer Beziehung. Hier werden m.E. Alleinstehende nicht eingebunden, für die jedoch das Wissen um die Liebe Gottes wichtig erscheint, um Menschen kennen zu lernen und damit der Einsamkeit zu entkommen.

Gunnar Engel, Jahrgang 1987, ist Pastor einer Gemeinde in Kiel und betreibt einen erfolgreichen YouTube-Kanal zu Fragen des Glaubens.

Fazit: ein mit Einschränkungen empfehlenswertes Arbeitsbuch

Bewertung vom 27.11.2023
Finstermord (eBook, ePUB)
Fuhrmann, Kathrin

Finstermord (eBook, ePUB)


sehr gut

Der Titel ist ausgezeichnet gewählt: Finster geht es zu in diesem spannenden Krimi. Das betrifft sowohl die Szenerie, denn vieles geschieht in der Nacht, nicht nur der Mord, sondern auch die Ermittlungen, ein verlassenes, renovierungsbedürftiges Hotel und die zwischenmenschlichen Beziehungen. In der Familie des jungen Opfers geht es nicht besonders harmonisch zu. Bei der Ermittlern darf sich die junge Kommissarin Ivy de Vine von nahezu allen Kollegen sexistische und schlicht dumme Sprüche anhören. Sicher werden sich junge, intelligente Frauen auch heute noch gegen ihre männlichen Kollegen wehren müssen, hier jedoch fand ich es teilweise unerträglich. Denn die Abneigung ihres unmittelbaren Vorgesetzten führt dazu, dass Ivy de Vine Ermittlungsergebnisse erst verspätet erhält, dass das Team in unterschiedliche Richtungen ermittelt und nicht zusammenarbeitet. Im Lauf des Krimis ändert sich das etwas, denn auch die männlichen Kollegen müssen anerkennen, dass nicht alles so ist, wie es zu Beginn scheint. Und diese Schlussfolgerung, nämlich, dass Ermittler unvoreingenommen in alle Richtungen ermitteln müssen, kommt am Ende hoffentlich bei allen im Team an. Bei einem zweiten Fall mit Ivy de Vine wünsche ich mir eine Ermittlung ohne diskriminierende Äußerungen.

Der Fall selbst ist nicht ganz unkompliziert. Schnell, zu schnell, gibt es einen Verdächtigen, der zwar ein unmöglicher Typ ist, aber kein Mörder. Kathrin Fuhrmann hält die Spannung hoch, denn Ivy de Vine geht einem ungeheuerlichen Verdacht nach. Unerwartete Wendungen, spannende Szenen, unmögliche Alleingänge, all das führt dazu, dass ich diesen Krimi nicht aus der Hand legen konnte. Die Aufklärung ist gut nachvollziehbar und schockierend, zeigt sich doch einmal mehr, wie wenig Eltern von ihren Kindern wissen.

Fazit: ein spannender Krimi mit einer vielversprechenden Kommissarin. Den Punktabzug gibt es für die unsägliche Behandlung eben dieser jungen Kollegin.

Bewertung vom 16.07.2023
Apfelmädchen / Kommissarin Lind ermittelt Bd.1
Martin, Tina N.

Apfelmädchen / Kommissarin Lind ermittelt Bd.1


sehr gut

Eine Lehrerin wird in der nordschwedischen Stadt Boden ermordet aufgefunden. Dabei wird der Leichnam in Szene gesetzt: er hängt an der Decke, die Hände wurden mit zwei dicken Nägeln am Körper festgenagelt.

Tina N. Martin, Jahrgang 1980, ist studierte Literaturwissenschaftlerin und arbeitet als Lehrerin an einer Schule in Boden, der Stadt, in der auch der Thriller spielt.

„Apfelmädchen“ ist das Debüt der Autorin Tina N. Martin und wird als „bestes Debüt des Jahres“ gefeiert.

Die Autorin entwickelt die Story sehr langsam auf zwei Zeitebenen. Neben dem Fund der Leiche und den Ermittlungen gibt es immer wieder Rückblenden in die Zeit ab 1975. Die Rückblenden, in denen wir Viola und ihre Familie kennenlernen, sind mit den entsprechenden Jahreszahlen überschrieben. Leider wird, besonders zu Beginn, nicht unmittelbar deutlich, auf welcher Ebene gerade erzählt wird. Dies liegt u.a. auch daran, dass Tina N. Martin sehr viele Protagonisten auftreten lässt, die nicht immer gleich zuzuordnen sind, zumindest hatte ich damit zu Beginn größere Schwierigkeiten. Beides führte dazu, dass für mich zu Beginn überhaupt keine Spannung aufkam und ich mich ziemlich schwertat. Das änderte sich erst, als etwa in der Mitte des Thrillers die fünfjährige Ellen entführt wird. Steht diese Entführung in einem Zusammenhang mit dem Tod der Lehrerin?

Das Ermittlerteam besteht aus Idun Lind und Calle Brandt, unterstützt von Siv, die eine exzellente Zuarbeit leistet. Sie arbeitet effizient, scheint jedoch auch ein Privatleben zu haben, von denen der Leser genauso wenig erfährt wie von dem des eigenbrötlerischen Calle Brandt. Von Idun Lind erfahren wir, dass sie joggen geht, alleine lebt und ihre Familie aus Schwester und Vater besteht. Sie hat außer den Kollegen und der Familie offensichtlich keine weiteren sozialen Kontakte. Die Arbeit steht sowohl für Idun als auch für Calle absolut im Vordergrund – und sie leisten offensichtlich gute Arbeit.

Bei der Vielzahl der weiteren Protagonisten sind die meisten trotz mitunter kurzer Auftritte gut vorstellbar. Hier möchte ich die gutsituierte gelangweilte Nachbarin nennen, die aus ihren Beobachtungen völlig falsche Schlüsse zieht. Ein ausgezeichneter Einfall der Autorin, nicht alles ist so, wie es scheint. Vorsicht also bei Vorverurteilungen.

In diesem Thriller, den ich eher als Krimi bezeichnen würde, gibt es viel Gewalt, offene brutale Gewalt, versteckte Gewalt, Gewalt, die der Leser nur zwischen den Zeilen erahnt, Unterdrückung, Machtausübung und zwei wirklich schrecklich detailliert beschriebene Szenen, die zart besaitete Gemütern kaum aushalten werden.
Ein großer Teil davon betrifft die häusliche Gewalt, die Viola und ihre Familie aushalten müssen. Das Thema ist nun wirklich topaktuell und führt dazu, dass ich trotz meiner oben genannten Kritik und der doch recht einfach gehaltenen Sprache 4 Sterne vergebe.

Fazit: ein Krimi mit viel Gewalt und einigen guten Ideen, aber mit Luft nach oben