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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Martinchen
Wohnort: 
Magdeburg

Bewertungen

Insgesamt 86 Bewertungen
Bewertung vom 26.07.2024
Anna O.
Blake, Matthew

Anna O.


gut

Anna Ogilvy wurde vor vier Jahren mit blutverschmierten Kleidern neben den Leichen ihrer beiden besten Freunde. Seitdem ist sie nicht mehr aufgewacht. Ist sie die kaltblütige Mörderin, auf die die Indizien hindeuten oder ist sie unschuldig? Wird es Dr. Ben Prince gelingen, Anna zu wecken und so die Wahrheit herauszufinden?

Der Thriller beginnt durchaus vielversprechend. Anna wird unter großen Sicherheitsvorkehrungen in die Privatklinik eingeliefert, in der Ben arbeitet. Er steht unter Beobachtung, aber nicht nur vom Justizministerium, wie er glaubt. Seine Ex-Frau Clara und die mysteriöse Bloggerin Lola zeigen großes Interesse an dem Fall. Seine Vorgesetzte in der Klinik, Professor Bloom weiß mehr, als sie zugibt. Darüber hinaus werden Auszüge aus Annas Tagebuch eingestreut, das seit den Morden verschwunden ist. Die Protagonisten bleiben in ihren Beschreibungen eher an der Oberfläche, aus guten Gründen, wie sich herausstellen wird. Sympathisch sind sie eher nicht, was in meinen Augen nicht wichtig ist.

Aus wechselnden Perspektiven beschreibt Matthew Blake die Ereignisse. Der Leser muss aus diesen Bruchstücken das Geschehen rekonstruieren, genau wie Ben es versucht, dem wichtige Informationen fehlen. Das sind die Zutaten, aus denen Thriller entstehen. Hier ist das jedoch nicht der Fall. Teilweise ist dieser Thriller sehr langatmig, einiges hätte durchaus kürzer sein können, vor allen Dingen am Ende. Vieles von dem, was Ben erfährt, wirft mehr Fragen auf, als beantwortet werden.

Ich habe einiges über den Schlaf, über Schlafwandeln und über das Resignationssyndrom (davon hatte ich noch nie gehört) gelernt. Die Frage der Schuldfähigkeit stellt sich, die die diesem Thriller zugrunde liegende Idee ist. Diese Idee gefällt mir gut. Die Umsetzung allerdings hätte mehr Potential gehabt.

Möglicherweise war meine Erwartungshaltung aufgrund der überall zu lesenden Lobeshymnen auch zu hoch. Vielleicht hat Matthew Blake mit vielen guten Ideen einfach auch zu viel gewollt.

Fazit: verschenktes Potential, teilweise langatmig

Bewertung vom 26.07.2024
Der User: Willst du dich mit mir treffen?
Jensen, Robin D.

Der User: Willst du dich mit mir treffen?


ausgezeichnet

Der dritte Fall für den Journalisten Steffen Baumann beginnt mit einer Bitte seiner Nachbarin, die schon seit längerem nichts von ihrer Enkeltochter Carolin gehört hat, was sehr ungewöhnlich ist. Schnell findet Steffen heraus, dass es sich um keinen Einzelfall handelt, denn es gibt eine Tote. Leider bleibt es nicht dabei.

Ich habe auch die beiden Vorgängerbände gelesen. Zum Verständnis ist das nicht nötig, da jeder Band in sich abgeschlossen ist. Allerdings gibt es Entwicklungen im Privatleben, die fortgeführt werden.

Robin D. Jensen schreibt einen angenehm zu lesenden Schreibstil. Er schafft es, von Beginn an Spannung aufzubauen. Kurze Kapitel mit wechselnden Perspektiven und die schon erwähnten Einschübe aus dem Privatleben machen das Lesen zudem kurzweilig.

Natürlich gibt es überraschende Wendungen und falsche Fährten und einen Ausgang, mit dem ich nicht gerechnet hätte.

Das Cover fällt etwas aus der Reihe, passt jedoch sehr gut zum Thema.

Fazit: ein weiterer spannender Fall für Steffen Baumann

Bewertung vom 21.07.2024
Leichenstarr an der Bar
Jensen, Joost

Leichenstarr an der Bar


sehr gut

Genauer gesagt, die Sünnumer suchen einen Mörder. Warum musste Enno in den Armen der Friesenbrauerin sterben? Immerhin konnte er noch einige Worte sprechen, die mehr Rätsel aufwerfen als Fragen beantworten.

Der Schreibstil ist locker, die Protagonisten, allen voran die Friesenbrauerin und ihre Tochter Wiebke, sind gut vorstellbar beschrieben und mehrheitlich sympathisch. Das Tüdelbräu fließt in Strömen, damit die Zuckerfische auch gut schwimmen können. Kaffee hingegen scheinen sie gar nicht zu vertragen.

Die Suche nach dem Täter und vor allem der Schluss haben nicht vollständig überzeugen können. Dies wird allerdings wett gemacht durch das Lokalkolorit (ich fühlte mich gleich wieder an der Nordsee), die Dorfbewohner mit ihren Eigenheiten, die trotz mancher Unterschiede unbedingt füreinander einstehen und der wunderbare Humor, der mal offen, mal versteckt, zu finden ist.

Es ist der dritte Band, in dem die Friesenbrauerin Gesine ermittelt. Da er in sich abgeschlossen ist, ist er auch ohne Kenntnis der beiden anderen gut verständlich.

Fazit: ein unterhaltsamer Regionalkrimi

Bewertung vom 14.07.2024
Bellevue
Russenberger, Andreas

Bellevue


ausgezeichnet

Der fünfte Fall, den der Leiter der Zürcher Kriminalpolizei Armand Muzaton gemeinsam mit seinem Freund Philipp Humboldt löst, spielt an der Universität Zürich. Als die neueste Folge des Fernsehkrimis abgedreht ist, die auf einem Bestseller des Literaturprofessors Martin Hegel basiert, verschwindet dessen Assistentin Rahel Studer spurlos. Hegel wird erpresst und sucht Hilfe bei Humboldt und Muzaton.

Dieser Fall der beiden ist, wie die vorhergehenden auch, in sich abgeschlossen und kann problemlos ohne Kenntnis der Vorgängerbände gelesen werden. Da jedoch das Privatleben und die Karrieren der beiden Hauptprotagonisten aufeinander aufbauen, empfehle ich, die Reihenfolge einzuhalten.

Andreas Russenberger beginnt seinen Krimi mit dem letzten Drehtag des „Sonntagskrimis“, an dem die letzte Szene abgedreht wird, bevor das Filmteam mit einigen weiteren Gästen zur Abschlussfeier übergeht. Mit wenigen Worten sind z.B. der arrogante und von sich eingenommene Hauptdarsteller und auch die Uni-Rektorin so charakterisiert, dass sich der Leser sofort ein Bild machen kann. Das trifft auch auf weitere Protagonisten wie Professor Hegel zu. Allerdings ist der Leser gut beraten, dem ersten Eindruck nur bedingt zu trauen. Zu Beginn ist vieles unklar, einen echten Ansatzpunkt haben die beiden zunächst nicht. Natürlich wird der Fall restlos geklärt. Darüber hinaus ist Russenberger ein überraschendes Ende eingefallen.

Der Krimi ist unterhaltsam und humorvoll, die kleinen privaten Einschübe machen das Lesen zum Vergnügen.

Ach ja, der Bonus: es gibt einen zweiten, kleinen Fall in diesem Krimi, bei dem Muzaton beratend tätig ist. Es gilt: Gute Beziehungen zum Leiter der Kriminalpolizei schaden auf gar keinen Fall.

Fazit: auch für diese Fortsetzung gibt es eine Leseempfehlung

Bewertung vom 06.07.2024
Madame Mozart. An der Seite eines Genies
Maatman, Verena

Madame Mozart. An der Seite eines Genies


ausgezeichnet

Um es vorweg zu nehmen: ich bin auch von der inzwischen vierten Musikerinnen-Romanbiografie von Verena Maatman begeistert.

Die Autorin beschreibt in einem sehr gut lesbaren und lebendigen Stil das Leben von Constanze Weber, die als Sechzehnjährige Wolfgang Amadeus Mozart kennenlernt. Dieser aber hat nur Augen für ihre Schwester Aloisia, die ihr sowohl an Schönheit als auch an musikalischem Talent überlegen ist. Drei Jahre später kommt Mozart erneut nach Mannheim und Constanze nutzt ihre Chance, zumal Aloisia inzwischen verheiratet ist.

Verena Maatman beginnt ihre Romanbiografie 1828. Die Mozart-Biografie, die Constanze zusammen mit ihrem zweiten Mann Georg Nikolaus Nissen verfasst hat, steht kurz vor der Veröffentlichung. Aus diesem Anlass besucht Constanze eine Opern-Probe und lässt ihre Gedanken in die Vergangenheit schweifen. Vier Akte und mehrere Intermezzi, die vom ersten Kennenlernen bis zum Erscheinen der Biografie reichen. Sehr lebendig wird die offensichtlich große Liebe der beiden erzählt, wobei sich die Autorin einige Freiheiten genommen hat, die sie in einem Nachwort erläutert.
Constanze ist die erste, die Mozarts Arien singt. Sie inspiriert ihn zu neuen Kompositionen. Die Autorin lässt die Musik Mozarts im Roman mitschwingen. An mehr als einer Stelle hatte ich das Gefühl, als Gast dabei zu sein.

Verena Maatman hat sich in ihrer Romanbiografie eng an Constanzes Leben gehalten. Ein Personenregister und Literaturhinweise vervollständigen das Buch.

Fazit: ein sehr lesenswerter, gut recherchierter Roman über eine starke Frau

Bewertung vom 06.07.2024
Commissaire Cluzet und der Mann aus Stein (eBook, ePUB)
Dupont, Alexandre

Commissaire Cluzet und der Mann aus Stein (eBook, ePUB)


sehr gut

Der pensionierte Commissaire Urbain Cluzet will seinen Sommerurlaub in Auciel Hautes verbringen, ist es doch der Ort seiner Kindheit. Natürlich hat er seine Berufserfahrungen nicht vergessen, und als seine Wahl-Enkelin Nathalie Opfer eines Betrugs wird und der dafür Verantwortliche in den Tod stürzt, mischt er sich in die Ermittlungen ein.

Es ist der erste Band mit dem Urbain Cluzet, der zweite ist bereits angekündigt und ich hoffe, dass es noch weitere geben wird.

Urbain Cluzet, der den Spitznamen „Knurrer“ trägt, ist ein sympathischer Mensch mit einem großen Herzen, was er in diesem Band mehrfach unter Beweis stellt. In seinem Heimatort ist er natürlich bekannt, zumal er seinen Urlaub jedes Jahr hier verbringt und viele der Einwohner des Ortes kennt. Wichtige Rollen spielen Cluzets Wahl-Enkelin Nathalie, sein Freund Bruno, Apfelbauer und Schwarzbrenner und natürlich die Polizei, vertreten durch die kompetente Sandrine Saidi und den inkompetenten Chef Major de Police Melki. Auch ihre Charaktere werden lebendig und gut vorstellbar beschrieben.

Alexandre Dupont schreibt kurzweilig, amüsant und leicht lesbar. Natürlich gibt es einige Verwicklungen und Umwege, bis der Fall gelöst werden kann.

Fazit: Urlaub in der Normandie – nicht nur für Urbain Cluzet, sondern ein wenig auch für die Lesenden des kurzweiligen und spannenden Krimis

Bewertung vom 06.07.2024
Die Schwestern (eBook, ePUB)
Silber, Eva-Maria; Wilczek, Kirsten

Die Schwestern (eBook, ePUB)


sehr gut

1987 werden die Leichen der beiden Schwestern Susanne und Claudia gefunden, nachdem sie drei Tage lang vermisst wurden. Sehr schnell schießt sich die Polizei, allen voran der ermittelnde Kriminaloberkommissar, auf die Mutter Heidrun Bosmann als Täterin ein. Sie hat ihren Mann mit einem amerikanischen Soldaten betrogen und wollte die Scheidung. Bei den Vernehmungen verstrickt sie sich in Widersprüche und macht falsche Angaben. Ist der Fall wirklich so eindeutig? Die junge Staatsanwältin Marie-Louise, die nicht von der Schuld der Mutter überzeugt ist, wird bald auf Betreiben des leitenden Beamten von dem Fall abgezogen. Nach dem Tod ihres Mannes, den Marie-Louise lange gepflegt hat, überzeugt sie ihre Schwester Marte, eine gerade pensionierte Richterin, eigene Nachforschungen anzustellen. Der Anwalt der mutmaßlichen und verurteilten Täterin unterstützt sie dabei mit seinen Akten. Schon bald fallen den beiden Juristinnen Ungereimtheiten auf. Haben es sich alle zu leicht gemacht?

Die beiden Autorinnen, beide auf dem Gebiet der Rechtswissenschaft zu Hause, lassen ihren Fall auf den beiden Zeitebenen 1987 und 2010 spielen. Die Geschehnisse 1987 rekonstruieren Marie-Louise und Marte aus den Akten, die ihnen Heidruns Anwalt zur Verfügung stellt. Hier werden die Ermittlungsergebnisse und die Aussagen sachlich wieder gegeben. Anders die Zeitebene 2010. Die beiden Schwestern Marie-Louise und Marte haben ihre Zänkereien auch im Rentenalter nicht aufgegeben, teilweise etwas überzogen für meinen Geschmack. Andererseits ergänzen sie sich ausgezeichnet und werfen sich die Bälle zu, was beim Lesen Spaß macht. Gut gefallen hat mir auch, dass durch diese besondere Konstellation besondere Gefühlsregungen (z.B. Ärger) der jeweils anderen Schwester perfekt beobachtet wurden. Details werden erzählt, nicht immer notwendig, aber doch mit einem gewissen Sinn für Humor.

Gut nachvollziehbar ist, wie Marie-Louise und Marte die Fäden entwirren, neue Hinweise finden, teilweise eher zufällig und so eine schlüssiger Auflösung für den Fall finden.

Eva-Maria Silber hat bereits mehrere Krimis geschrieben, die auf wahren Begebenheiten beruhen. Dieser hier, den sie zusammen mit Kerstin Wilczek geschrieben hat, bezieht sich auf den Fall Weimar, die Mutter wurde in einem Aufsehen erregenden Indizienprozess verurteilt. Ob sie ihre beiden Töchter wirklich umgebracht hat, wurde nie geklärt.

Fazit: ein spannender Krimi, der den wahren Fall in einem anderen Licht erscheinen lässt.

Bewertung vom 25.06.2024
Das Baumhaus
Buck, Vera

Das Baumhaus


sehr gut

Henrik, seine Frau Nora und ihr gemeinsamer fünfjähriger Sohn Fynn fahren in das Haus von Henriks Großeltern in Västernorrland, um dort den Urlaub zu verbringen. Lange stand das Haus leer – oder vielleicht doch nicht? Statt in der erhofften Idylle landen sie in einem Albtraum.

Mit einem Prolog, der zunächst nichts mit den folgenden Geschehnissen zu tun zu haben scheint, gelingt der Autorin ein spannender Auftakt. Auch die beklemmende Atmosphäre, die die Familie bei ihrer Ankunft in dem Holzhaus erlebt, wird sehr realistisch beschrieben.

Vera Buck erzählt diesen Thriller aus unterschiedlichen Perspektiven. Neben Henrik, der mit einer so blühenden Fantasie ausgestattet ist, dass es seiner Familie schwer fällt, seinen Erzählungen Glauben zu schenken, kommt Nora zu Wort, die die Ereignisse aus ihrer Sicht schildert. In Schweden selbst sind es die Forensikerin Rosa, die widerwillig ihren Bruder pflegt und Marla, ein Mädchen, das einen Albtraum erlebt, in dem das titelgebende Baumhaus eine Rolle spielt. Alle vier sind authentisch und lebendig beschrieben. Allerdings sind sie nicht unbedingt sympathisch, was mich persönlich nicht stört.

Lange bleibt unklar, in welchem zeitlichen Zusammenhang die Berichte dieser vier Personen stehen. Erst nach und nach, vor allem auch durch Flashbacks in Henriks Erinnerungen, wird deutlich, wie alles abgelaufen ist. Dies erhöht die Spannung zusätzlich.

Die Idee für diesen Thriller gefällt mir ausgesprochen gut. Leider gibt es einige Ungereimtheiten, die nicht plausibel erscheinen, so z.B. warum Nora und Henrik nicht auffällt, dass das Haus bewohnt wird. Leider kann ich nicht deutlicher werden, weil ich nicht spoilern möchte.

Das Cover passt sehr gut zum Inhalt. Zwar liegt das Haus idyllisch am See, dennoch strahlt das Cover etwas Bedrohliches aus.

Fazit: trotz der Ungereimtheiten spannende Unterhaltung

Bewertung vom 20.06.2024
Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland
Brooks, Sarah

Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland


ausgezeichnet

Der wunderbare Titel und das auffällige Cover gefielen mit so gut, dass ich wissen wollte, worum es geht. Das Buch selbst ist hochwertig gestaltet. In den Innenseiten finden sich Zeichnungen des Zuges mit der Reihenfolge der Wagen. Hier wird wunderbar illustriert, was zur Versorgung der Reisenden nötig ist. Es fällt auf, dass es keine Zweite Klasse gibt. Ein Lesebändchen und Illustrationen eines Wagenrades vor jedem der sechs unterschiedlich langen Teile des Romans, eingeteilt in Reisetage, vervollständigen die Ausstattung.

Der Titel bezieht sich auf das mysteriöse Handbuch, aus dem immer wieder Auszüge zu finden sind, die sich auf die Bahnstrecke zwischen China und Russland beziehen. Neben Beschreibungen der Natur sind Hinweise auf die Gefährlichkeit des Ödlands enthalten.

Die Züge verkehrten regelmäßig auf der Strecke, bis es einen Vorfall gab, der eine längere Pause erzwang. Auf dieser ersten Fahrt nach dieser Pause werden die Fahrgäste der Ersten Klasse vorgestellt. Neben einigen anderen sind dies „Frau mit dem geborgtem Namen“ Maria Petrowna sind dies der Naturforscher Henry Grey, der in Moskau seinen Ruf wiederherstellen will, die Gräfin Anna Michailowna und das junge Ehepaar Guillaume und Sophie LaFontaine. Von den Mitgliedern sind der Ingenieur Gao, der Kartograf Suzuki und vor allem das Zugkind Weiwei zu nennen. Weiwei wurde im Zug geboren und kann sich ein anderes Leben nicht vorstellen. Von Bedeutung sind auch die Berater Li Huangjin und Leonid Petrow, die über die Passagiere und den Zug wachen.
Von wenigen Ausnahmen abgesehen, hat jede und jeder ein Geheimnis. Dies erklärt, warum sie viele Gefühle verbergen. Dennoch ist dieser Roman voller Emotionen, was insbesondere durch die erzeugte unheimliche Atmosphäre bei der Durchquerung des Ödlands deutlich wird, die natürlich nicht ganz problemlos verläuft.

Diese Beschreibungen, vor allem die der Natur und der im Ödland vorhandenen farbenprächtigen und unterschiedlichen fantastischen Lebewesen, gelingen Sarah Brooks ausgezeichnet. Das gilt auch für die Protagonisten, die gut vorstellbar sind.

Srah Brooks ist eine fantastische Geschichte gelungen, die viele Deutungen zulässt. So kann der Roman als Abenteuer- oder als Fantasyroman gelesen werden – oder als Mischung aus beidem. Enthält der Roman Gesellschaftskritik, Kritik an der Technikgläubigkeit oder die Reise an sich als Analogie auf das Leben? Das mag jede*r Leser*in für sich entscheiden.

Fazit: ein großartiges Leseerlebnis für alle, die sich auf einen ungewöhnlichen Roman einlassen

Bewertung vom 18.06.2024
Die Perserinnen
Mahloudji, Sanam

Die Perserinnen


ausgezeichnet

Sanam Mahloudji erzählt in ihrem Debüt-Roman die Geschichte von fünf Frauen aus der Familie Valiat. Diese Familie ist in Persien aufgrund eines berühmten Vorfahrens sehr angesehen. 1979 fliehen die beiden Töchter Shirin und Sima ins amerikanische Exil. Ein Ereignis beim alljährlichen Familientreffen in Aspen führt dazu, dass sich die Frauen ihrer Vergangenheit stellen müssen.

Abwechselnd erzählen die fünf Frauen ihre Geschichte bzw. ihre Sicht auf die Dinge.
Elisabeth, die Mutter und Großmutter, deren angenehmes Luxusleben durch den Sturz des Schahs völlig verändert wurde, muss sich ihren Lebenslügen stellen. Sima, ihre Tochter, ist in den USA nie heimisch geworden. Sie lebt ein anderes Leben als die amerikanischen Frauen ihrer Generation. Sie stirbt früh an Krebs und hinterlässt ihre Tochter Bita. Bita hat ihr Jurastudium abgebrochen. Sie ist in diesem Roman eher die Beobachterin, sieht die Dinge realistisch, legt die Finger in Wunden und ändert ihr Leben schließlich radikal. Shirin, ebenfalls Elisabeths Tochter, ist nach außen die erfolgreiche Unternehmerin, tritt selbstsicher und selbstbewusst auf und ist unglücklich, denn sie hat ihre Tochter Niaz bei ihrer Mutter zurückgelassen. Niaz selbst ist als sechsjähriges Mädchen einer spontanen Idee gefolgt, die unabsehbare Folgen für ihr Leben hat.
Als die attraktive, auffällig geschminkte und gekleidete Shirin in Aspen eine schlagkräftige, aber völlig unbedachte Antwort gibt, hat diese zur Folge, dass die sorgsam errichtet Fassade Risse bekommt.
Männer spielen in diesem Roman eine eher untergeordnete Rolle.

Den Schreibstil, der Roman wurde von Katharina Martl übersetzt, habe ich als anspruchsvoll empfunden. Die Autorin beschreibt das Leben im Exil, in dem sich Shirin und Sima irgendwie einzurichten versuchen. Obwohl sie offensichtlich ihren Wohlstand fortsetzen können, wirken sie in dem fremden Land sehr verloren und heimatlos. Das Leben im Exil ist ein völlig anderes als das, was sie zuvor geführt haben. Deutlich wird der Kontrast zwischen den Generationen, die in Persien aufgewachsene Shirin hat besondere Vorstellungen von den Dingen, die teilweise auch traditionell überliefert sind. Bita hingegen, in den USA aufgewachsen, ist eine junge Frau ihrer Zeit.

Sanam Mahloudji lässt ihre Protagonistinnen abwechselnd zu Wort kommen, wobei auch Sima berücksichtigt wird. Das zeigt die unterschiedliche Sichtweise der Frauen auf eine gute Weise.

Fazit: ein anspruchsvoller Roman über das Leben, die Liebe, Verluste, verlassen sein und verlassen werden und Heimatlosigkeit