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Benutzername: 
Christine
Wohnort: 
Südhessen

Bewertungen

Insgesamt 111 Bewertungen
Bewertung vom 11.06.2022
Das U-Boot
Leister, Hans

Das U-Boot


sehr gut

Spannend, aber „Der Tunnel“ fand ich besser

Hans Leister ist für mich tatsächlich kein Unbekannter. Vor gut zwei Jahren habe ich schon seinen Debütroman „Der Tunnel“ gelesen. Das ich am Anfang extrem stark fand und mich emotional echt gefordert hat. In der Mitte wurde es etwas langatmig und das Ende fand ich eher unglaubwürdig. Trotzdem ist es ein Buch, das mir heute noch im Gedächtnis herumschwirrt und das schaffen – bei meinem Lesekonsum – nicht viele Bücher.

Daher war ich natürlich extrem auf sein zweites Buch gespannt, welches ja auch im gleichen „Universum“, wie damals „Der Tunnel“, spielt.

Hier war es dann eher umgekehrt. Ein recht langatmiger Anfang – spannend wurde es dann erst nach Beginn der Katastrophe. Letztendlich erfahren wir auch hier nicht wirklich, was genau passiert ist. Aber das finde ich eigentlich nicht schlimm.

Dann möchte ich noch etwas zur Aufmachung des Buches sagen. Ein absoluter Augenschmaus – tolle Optik. Nur leider scheint das seinen „Preis“ zu haben. Ich hatte noch nie ein Buch, das so unangenehm chemisch gerochen hat. Auch nach tagelangem auslüften (es war zuvor komplett eingeschweißt) wurde es nur geringfügig besser. Dann hätte ich auf den farbigen Buchschnitt lieber verzichtet. Das Lesevergnügen hat sich bei mir dadurch erheblich reduziert.

Bewertung vom 28.05.2022
Die Freundinnen vom Strandbad - Wellen des Schicksals / Die Müggelsee-Saga Bd.1
Heiland, Julie

Die Freundinnen vom Strandbad - Wellen des Schicksals / Die Müggelsee-Saga Bd.1


sehr gut

Schöne Sommerlektüre

Dieser erste Band der Müggelsee-Saga war für mich eine richtig schöne Sommerlektüre. Drei Mädchen, lernen sich im Sommer 1956 im Strandbad kennen und eine unzertrennliche Freundschaft entsteht.

Beschrieben werden neben dieser Freundschaft auch die Lebensumstände der drei Frauen und auch viele Details der damaligen Zeit in der DDR wurden in die Geschichte eingewebt.

Es kommt schon gut rüber, dass das Leben in der damaligen DDR nicht einfach war und gerade wenn man gegen den Strom geschwommen ist, hatte man eigentlich keine Chance ein glückliches und selbstbestimmtes Leben zu führen.

Ein Satz fand ich besonders treffend und auch beängstigend: „Solche Dinge sagte man nicht in der DDR. Schon gar nicht, wenn noch eine Person im Raum war, die man kaum kannte.“

In die Tiefe geht das Buch aber natürlich nicht – es ist halt eine schöne Sommerlektüre, bei der es auch ein paar ernste Themen gibt.

Bewertung vom 29.03.2022
Der Koch, der zu Möhren und Sternen sprach
Mattera, Julia

Der Koch, der zu Möhren und Sternen sprach


sehr gut

Jemanden zu seinem Glück zwingen

Robert ist ein richtiger und im Großen und Ganzen auch zufriedener Einzelgänger. Sein Lebensraum ist auf eine Auberge im Elsass beschränkt. Dort versorgt der die Tiere und vor allem den Gemüsegarten. Denn gerade dieser Garten ist seine größte Freude. Alleine ist der aber nicht. Mit ihm Leben seine Schwester und deren beiden kleinen Kinder auf dem Hof. Das reicht ihm auch als Gesellschaft. So steht er zwar jeden Tag in der Küche, um ein exzellentes Essen für die Gäste zuzubereiten, aber alle anderen Kontakte mit den Gästen überlässt er seiner Schwester. Doch eines Sommers treten zwei weitere Frauen in sein Leben und wirbeln es deutlich durcheinander.

Ich muss leider sagen, so wirklich überzeugt hat mich die Geschichte nicht. Ich hatte ständig das Gefühl, dass man Robert zu etwas drängt und schiebt, dass er so eigentlich nicht will. Der Satz „Jemandem zu seinem Glück zwingen“ schwirrte mir immer wieder durch den Kopf. Und „zwingen“ ist halt doch der falsche Weg. Ich denke vielen Lesern wird die Geschichte sehr gut gefallen haben, bei mir hat sie aber ein Störgefühl hinterlassen, leider.

Bewertung vom 19.03.2022
Für diesen Sommer
Klönne, Gisa

Für diesen Sommer


ausgezeichnet

Ein Krieg prägt auch die nächsten Generationen

Schon die erste Szene des Buches hat mich gepackt: Franziska steht vor der Tür ihres Elternhauses. Drinnen ist ihr gebrechlicher und pflegebedürftiger Vater. Und sie zögert die Klingel zu betätigen. Am Liebsten würde sie einfach wieder umdrehen und, wie sie es schon so oft getan hat, weglaufen. Doch diesen Sommer wird die sich vor der Verantwortung nicht drücken. Sie wird sich ihrer Familie und ihren Erinnerungen stellen.

Ich finde, die Autorin beschreibt den Einfluss von Krieg auf Familienstrukturen und späteren Generationen sehr gut. Auch wenn die Eltern über den Krieg kaum gesprochen haben. Über die Flucht, die Verluste, die zertrümmernden Städte, die erlebten Trauma. So hat all das die Eltern geprägt und das überträgt sich auf Franziska und ihre ältere Schwester Monika. Auch ein Krieg der schon lange vorbei ist, beeinflusst und begleitet die nächsten Generationen.

Ein tolles Buch, das ich sehr gerne gelesen habe. Als kleines I-Tüpfelchen kam noch hinzu, dass ich in Darmstadt wohne und ich die im Buch beschriebenen Orte dementsprechend direkt vor Augen hatte.

Bewertung vom 15.03.2022
Mongo
Darer, Harald

Mongo


ausgezeichnet

Die Unsichtbaren

Als Harry einen panischen Anruf von seiner Frau Katja erhält, befürchtet er das Schlimmste. Den Satz „Ich bin schwanger!“ hätte er dabei allerdings nicht erwartet. Doch die Bedenken von Katja rühren daher, dass sie einen älteren Bruder mit Trisomie 21 hat. Und Katja weiß eben, welche Anfeindungen ihr Bruder Marcus und ihre Familie dadurch erleben mussten.

Für Harry ist das Ganze dagegen etwas völlig Neues und zunächst versucht er analytisch an die Sache heranzugehen. Er möchte möglichst viele Sichtweisen berücksichtigen, um seine eigene Sichtweise zu prüfen und zu hinterfragen.

Dabei beginnt er in seiner Kindheit. Welche Erfahrungen und Erlebnisse hatte er damals mit behinderten Menschen? Wie ist sein Umgang und Erleben mit Katjas Bruder Marcus? Wie sichtbar sind Menschen mit geistigen und/oder körperlichen Behinderungen in unserer Gesellschaft überhaupt? Und Harry stellt mehr und mehr für sich fest, dass man letztendlich keine Pro- und Contraliste erstellen kann. Es zählt nur der Mensch und der ist immer unendlich wertvoll, egal welche Einschränkungen dieser hat.

Für mich war es eine spannende, humorvolle und intensive Lektüre. Auf gerade mal 224 Seiten hat es der Autor geschafft, das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten und gleichzeitig viel Herz und Gefühl in die Darstellung der Protagonisten zu legen. Ein echtes Jahreshighlight!

Bewertung vom 14.03.2022
Die Kinder sind Könige
Vigan, Delphine

Die Kinder sind Könige


ausgezeichnet

Schöne neue Welt

Melanie ist gerade im besten Teenageralter, als Fernsehsendungen a la „Big Brother“ auf den TV-Kanälen ausgestrahlt werden. Für sie es eine Offenbarung. So leicht kann man also berühmt werden. Doch ihre eigenen Versuche in der Fernsehwelt der Reality-Formate Fuß zu fassen, sind nicht wirklich erfolgreich. Jahre später bietet Youtube neue Möglichkeiten. Um immer mehr Likes und Klicks zu generieren, „vermarktet“ Melanie nicht nur sich selbst, sondern auch ihre beiden kleinen Kinder. Bis eines Tages ihre Tochter Kimmy spurlos verschwindet.

Das hört sich zunächst nach einem Thriller an, ist es aber bei Weitem nicht. Delphine de Vigan setzt sich hier sehr kritisch mit der aktuellen Mediengesellschaft auseinander und insbesondere mit der Vermarktung von Kindern. Das alles wurde in einen sehr spannenden und lehrreichen Roman verpackt.

Natürlich kannte ich vieles, was hier zur Sprache kommt. Bei einigen Details war ich aber wirklich überrascht, dass es so etwas gibt. Eine der Protagonisten des Buches sagte es treffend: „Man muss es sehen, um es zu glauben“.

Für mich war es eine erschreckende und nachdenklich machende Lektüre. Was tun wir hier unseren Kindern an? Berühmt um jeden Preis? Wollen Kinder das wirklich?

Ich kann das Buch absolut empfehlen! Und ich werde mir auf jeden Fall auch die anderen Bücher von Delphine de Vigan ansehen.

Bewertung vom 27.02.2022
Das Mädchen mit dem Drachen
Colombani, Laëtitia

Das Mädchen mit dem Drachen


ausgezeichnet

Lässt einen aufgewühlt zurück

Für Lena ist die Reise nach Indien eine Flucht vor einem schlimmen Schicksalsschlag. Doch auch in Indien dreht sich ihr Gedankenkarussell immer nur um das eine Thema. Von dem Land und den Landsleuten bekommen sie anfänglich so gut wie gar nichts mit.

Bis sie sich eines Tages bei einem Badeausflug überschätzt und das Mädchen mit dem Drachen ihr das Leben rettet. Lena wird dadurch quasi in das reale (frauenfeindliche) Indien hineinkatapultiert. Und ihr Leben nimmt eine Wendung, mit der sie nie gerechnet hätte.

Ich muss sagen, mich hat das Buch tatsächlich überrascht. Ich hatte eine eher leichte Lektüre erwartet, wenn auch mit erstem Hintergrund. Dass mich die Lektüre aber so aufgewühlt zurück lässt, hätte ich nicht erwartet.

Die Lebensumstände von indischen Frauen allgemein und insbesondere der Frauen aus niedrigen Kasten, sind für mich unvorstellbar. Ich musste mir immer wieder bewusst machen, dass ich hier keinen historischen Roman lese, sondern sich das Ganze im jetzt abspielt.

Ein Buch, dass mir viel neues Wissen vermittelt hat und dass mir noch lange im Kopf bleiben wird.

Bewertung vom 27.02.2022
Kaiserstuhl
Glaser, Brigitte

Kaiserstuhl


sehr gut

Aus Erbfeinden werden Freunde – Frieden in Europa

Da ich selber an der südlichen Weinstraße (also auch noch recht grenznah) aufgewachsen und unzählige Male mit meinen Eltern ins Elsass gefahren bin, hat mich das Thema dieses Buches sofort angesprochen. Und ich wurde nicht enttäuscht. Die Autorin hat sehr viele geschichtliche Ereignisse in diesen Roman einfließen lassen. Und ich habe dabei festgestellt, dass ich über den Beginn der (für mich selbstverständlichen) deutsch-französischen Freundschaft bisher so gut wie gar nichts wusste.

Als ich das Buch begonnen habe, hatten wir noch Frieden in Europa. Jetzt nach dem Lesen der letzten Seite rücken russische Truppen auf Kiew vor. Umso wichtiger ist es nun, dass der Rest Europas zusammensteht. Und man erkennt, dass die damals gelegten Grundlagen, wie eben z.B. der Élysée-Vertrag, in dem es in diesem Roman unter anderem geht, so ungemein wichtig waren.

Die Liebesgeschichte fand ich schön erzählt, wenn auch hie und da etwas zu langatmig, so dass ich am Ende gute vier Sterne vergebe.

Bewertung vom 02.02.2022
Das Vorkommnis / Biographie einer Frau Bd.1
Schoch, Julia

Das Vorkommnis / Biographie einer Frau Bd.1


ausgezeichnet

Eine interessante Lektüre

Nichtsahnend wird die Ich-Erzählerin auf einer Lesung mit der Tatsache konfrontiert, dass sie eine Halbschwester hat. Die erste spontane Reaktion ist pure Freude – doch schnell kommt die Ernüchterung. Sie fragt sich: Was wurde mir vielleicht noch alles verheimlicht? Von meinem Vater, von meinem Ehemann?

Die Ich-Erzählerin beschreibt eindringlich und für mich sehr gut nachvollziehbar, wie sich diese Begebenheit auf ihr Leben und vor allem auf ihre Sicht ihres Umfeldes auswirkt. Die Halbschwester, die sie nach der ersten Begegnung monatelang nicht mehr sieht, begleitet sie dennoch in ihren Gedanken auf Schritt und Tritt. Nicht die Existenz der Halbschwester ist das Problem, sondern es ihr verheimlicht wurde.

Ich fand die Lektüre wirklich interessant und auch ungewöhnlich. Ich hatte immer wieder das Gefühl, direkt im Kopf der Ich-Erzählerin zu stecken.

Bewertung vom 16.01.2022
Unser kostbares Leben
Fuchs, Katharina

Unser kostbares Leben


ausgezeichnet

Ein Buch das nachhallt

Die Autorin Katharina Fuchs beschreibt in ihrem neuesten Roman „Unser kostbares Leben“ wieder ein Stück deutsche Zeitgeschichte und gibt dabei Einblicke in ihre eigene Familiengeschichte.

Minka Schönwetter und Caro Stern wachsen in Mainheim (nahe Frankfurt) auf und wir steigen 1972 in die Geschichte ein und begleiten die beiden Freundinnen und deren Familien bis Anfang der 80er.

Für mich hat das Buch eine ganz besondere Stimmung erzeugt. Wie war das damals in den 70ern? Über was haben die Menschen damals geredet – anscheinend viel über Politik – und was war noch gar kein Thema –z.B. der Umweltschutz.

Gerade diese Zeitgeschichte und die Beschreibung, wie sich das Bewusstsein in Deutschland für die Auswirkungen von menschlichen Eingriffen in die Natur so langsam entwickelt hat, fand ich unglaublich spannend. Selber bin ich Anfang der 70er zur Welt gekommen, so dass mir das Bewusstsein für diese Jahre bisher gefehlt hat. Ich hatte tatsächlich so einige Aha-Erlebnisse, warum in den 80er dieses und jenes passiert oder entstanden ist. Ich hatte wirklich das Gefühl eine kleine Zeitreise zu unternehmen.

Mainheim selber gibt es tatsächlich – wenn auch unter einem anderen Namen. Und da ich gar nicht mal soweit davon entfernt wohne (da war ich sehr überrascht), werde ich mir demnächst einige Orte in echt ansehen können.

Für mich war es ein beeindruckendes Buch, das noch lange nachhallen wird. Ein echtes Highlight und ich freue mich schon auf die nächste Neuerscheinung der Autorin.