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Gabrielle

Bewertungen

Insgesamt 74 Bewertungen
Bewertung vom 07.07.2019
Autorenträume

Autorenträume


ausgezeichnet

Traum - oder vielleicht doch Realität?

Was mir zuerst bei dem Buch aufgefallen ist, ist die liebevolle Gestaltung von Cover über Satz und Design der Textseiten bis über die abwechslungsreiche Auswahl der Texte in allen Genres der Literatur, sprich Epik, Dramatik und Lyrik. Jedem für die Anthologie ausgewählten Autor wird mit einem Vorblatt mit Titel seines Werkes und seinem Namen plus kurzer Inhaltsangabe über das Folgende aus dem Blickwinkel der Herausgeber, den Textseiten an sich und einer abschließenden Kurzbiografie des Autors ein wunderschöner Platz eingeräumt. Ach ja, und man beachte die Gestaltung der Seitenzahlen des Buches, die allesamt auf dem Etikett eines gezeichneten Miniaturtintenfasses stehen!
Selbst seit vielen Jahren als Autorin in der Welt der Bücher unterwegs habe ich meine eigenen Träume und auch realen Erlebnisse in den Texten wiedergefunden, die manchmal humoristisch und manchmal sehr erschreckend die privaten Gedanken eines Schriftstellers wiedergeben. Oft musste ich bejahend nicken, weil besonders die sogenannten Albträume oft Realität sind. Manchmal fand ich mich auch bei meiner eigenen Eitelkeit meine Allüren ertappt. Sie handeln von Verlagen, welche die Eitelkeit und Unerfahrenheit des Schreiberlings, der unbedingt sein Werk veröffentlicht sehen will, finanziell ausbeuten über solche, die wahres Können nicht publizieren, weil es nicht dem Geschmack und der Intelligenz des Gros‘ der Leserschaft entspricht. Von Autoren, die davon träumen von der Leserschaft hoffiert zu werden, aber nur – vielleicht sogar ungerechte – Kritik ernten. Von lächerlichen Gewinnanteilen an den veröffentlichten Werken, an denen jeder vom Literaturagent, Verlag bis Buchhandel mitverdienen will. Nur um es in Erinnerung zu rufen: Die oftmals jahrelange Arbeit mit der Erschaffung seines Geschriebenen hat doch eigentlich der Autor vollbracht, aber leben kann von dieser Kunst, die man nur als Hobby betreiben kann, tatsächlich fast kein Schriftsteller in Deutschland, die anderen Mitverdiener schon. Dann gibt es ja auch noch Verlage, denen man hundertmal hinterherrennen muss, bis man seine Tantiemen endlich – womöglich in Raten – bezahlt bekommt… Nun, dies sind wohl eher meine eigenen Albträume – oder doch die Realität? – die sich vielleicht in den Geschichten meiner Kolleginnen und Kollegen ebenso zeigen. Aber das sollten Sie selbst herausfinden. Ich kann jedem, der einmal Autor werden möchte, nur raten, zuvor dieses Buch zu lesen. Aber auch den "nur" lesenden Literaturfreunden. Das hilft dann hoffentlich, die Bücherwelt mit wachem Geist zu betrachten und zu betreten.
Mit viel Liebe wurden die Träume der Autoren – ob Angst beladen oder in freudiger Erwartung – zwischen diesen Buchseiten eingefangen und in Szene gesetzt. Ein Zeichen des Respekts gegenüber den Literaturschaffenden, die in der Realität meistens nur ihren Namen und ihre Arbeitskraft gegen einen einstelligen Prozentsatz am Verkaufspreis ihrer Werke auf dem Buchmarkt hergeben.

Bewertung vom 26.04.2019
Das Geheimnis des fünften Evangeliums
Pagels, Elaine

Das Geheimnis des fünften Evangeliums


sehr gut

Zur Information über den Ursprung unserer christlichen Kirche und des Neuen Testamentes ein höchst interessantes Buch, das mit seinen vielen Fußnoten, die im Anhang ganze 30 kleingedruckte Seiten füllen, schon eher an eine Diplomarbeit erinnert und auch recht trocken zu lesen ist. Dennoch ist es wichtig, über diesen Beginn der christlichen Religion informiert zu sein, um für sich selbst abzuwägen, wie man mit unserer Bibel umgeht.
Mir persönlich fehlten die direkten Vergleiche zwischen den Unterschieden in den Evangelien z. B. durch gegenüber gestellte Textstellen und nicht nur Fußnoten - nach denen sich eh kaum einer auf die Suche machen wird - sowie die Aussagen der damaligen Kirchenlehrer dazu, welche Aussagen der Evangelien nun wörtlich zu nehmen und welche wie auszulegen seien.
Das Thomas-Evangelium, das sich rein aus Zitaten Jesu zusammensetzt, stellte für mich diesbezüglich kaum einen Unterschied zu meinem Bibelverständnis dar und war mir in dieser Übersetzung aber auch nicht leicht zugänglich.

Bewertung vom 06.03.2019
So geht Glück!
Lahnstein, Petra

So geht Glück!


sehr gut

Ausgelaugt von einem kräftezehrenden Schulalltag als Lehrerin einer 10. Klasse, von einem nach Erfolg und Anerkennung heischenden, mobbenden Lehrerkollegen und ohne moralische Unterstützung vom materialistisch denkenden, egozentrischen Ehemann, sieht Alexandra keinen Sinn mehr in ihrer Arbeit und in ihrem Leben. So richtig ins Rollen kommt dieser Stein, als ein Vorzeigeschüler plötzlich Burnout-Symptome zeigt, nachdem dessen Vater seine Vorbildfunktion einbüßt. Die Sinn-Fragen, die sich dieser Schüler mit Namen Fabrice stellt, bringen Alexandra ins Grübeln. Sie nimmt wieder vermehrt Kontakt zu ihrer Freundin auf und bekommt ebenso Hilfestellung von einem jungen Therapeuten aus deren Bekanntenkreis beim Kreieren eines neuen Schulfachs…

Mit diesem etwas anderen Plot und einer Lebensfrage, die sich früher oder später jeder einmal stellt, hat die Autorin Petra Lahnstein einen Roman geschaffen, der den Nerv der Zeit sowie unserer leistungsorientierten Gesellschaft trifft und viele Leser erreichen muss. Dabei ist das Buch von Beginn an fesselnd und unterhaltsam in einer sehr eingängigen Sprache geschrieben. Die Protagonisten handeln psychologisch logisch und die Handlung fühlt sich an, wie im wahren Leben, so dass man sich als Leser schnell darin wiederfindet. Man wird zum Nachdenken über die eigene Lebenssituation angeregt und so manches Mal auch tief berührt. Trotz Tiefgang fehlt in diesem Buch dennoch nicht die Romantik. Einziger Schwachpunkt ist bei diesem gerade erst auf den Markt gekommenen Buch das Lektorat, denn es sind noch zu viele Tipp- und Kommafehler zu finden, die sicherlich in der Begeisterung für das Buch überlesen wurden. Allerdings muss ich deshalb schweren Herzens einen Stern abziehen. Eine diesbezüglich überarbeitete Fassung sollte man dann auch älteren Schülern – besonders auch Schulen zum Lesen im Unterricht - empfehlen.

Ein sehr motivierendes Buch, das Hilfestellung auf dem Weg ins und durchs Leben bietet! Vielleicht motiviert die Autorin auch Sie, sich selbst im Hinblick auf die Gestaltung Ihres Lebensglücks eine Geburtstagsrede zum 80. zu schreiben? Denn jeder sollte sein Glück im Auge behalten, um in seinem Leben bestehen zu können und andere anzustecken. Es wäre wünschenswert, wenn der Sinn des Lebens nicht mehr in der Beantwortung der Frage „Was habe ich erreicht und wie viel besitze ich?“ liegen würde, sondern in der Frage: „Was macht mich dauerhaft glücklich?“ Dahin müssen die Menschen von Jugend an geführt werden!

Bewertung vom 04.02.2019
Der Duft des Regenwalds (eBook, ePUB)
Vanek, Tereza

Der Duft des Regenwalds (eBook, ePUB)


gut

Maya-Tempel, gefährliche Charaktere und heiße, heimliche Liebe im Regenwald Mexikos

Der Roman beginnt vielversprechend mit einer Szene, die zur Zeit der Mayas in Palenque spielt und in erwartungsvolle Mexiko-Stimmung versetzt. Dann schwenkt die Geschichte in die Zeit von 1903 und nach Berlin um. Leider kommt das Flair dieser Epoche hier gar nicht rüber. Das mag zum Teil auch an den meiner Meinung nach für diese Zeit untypischen Namen der Protas, wie Alice, Patrick und Harry liegen, aber auch an der schwachen Umgebungsbeschreibung. Die Handlung an sich lässt aber die Spannung anwachsen. Doch auch dies verpufft nach spätestens 200 Seiten, da sich das Buch als Liebesroman nach Schema F zeigt. Hübsche, junge, schlanke, blonde Frau stellt sich ständig dämlich an, obwohl sie angeblich klug ist, und muss darum von ihrem ebenfalls hübschen Galan ständig heldenhaft gerettet werden. – Lach! Dabei ist in der Realität doch alles immer anders, oder? -
Gerade noch rechtzeitig, bevor ich das Buch tatsächlich weggelegt hätte, kommt dann wieder Spannung in dem Buch auf, die mich erneut fesselt. Bücher abbrechen möchte ich nämlich nie, weil ich den Autoren immer noch eine Chance gebe, mich zu überzeugen. Dies gelang der deutschen Autorin, mit dem platten, sicher vom Verlag aufgezwungenen und an das Buchthema angepassten Pseudonym, dann auch in Folge noch einigermaßen.
Kurz zur Inhaltsangabe auf der Buchdeckelinnenseite der von mir gelesenen Printversion, die Widersprüche zum Roman aufweist, was die Zeit (hier 1910 statt 1903 – oder ist es umgekehrt richtig?) und auch den Namen eines wichtigen Protagonisten, nämlich des Mexikaners Andrés, der wohl ursprünglich Benicio heißen sollte, betrifft. Auch hier hätte Benicio besser gepasst: Die Malerin Alice Wegner begibt sich auf eine große Reise zu ihrem Bruder nach Veracruz. Ihr Bruder Patrick ist nach Mexiko ausgewandert, um dem Archäologen Dr. Scarsdale bei der Erforschung einer Maya-Ruine zu helfen und scheint in irgendwelche Schwierigkeiten geraten zu sein. In Veracruz wird Alice von dem attraktiven Mexikaner Juan Ramirez abgeholt, der ihr die Zeit vertreiben soll, bis Patrick aus dem Dschungel zurückkehrt. Juan und Alice verstehen sich blendend, doch ihr Glück wird getrübt, als sie von Patricks Tod erfahren, der im Dschungel Opfer eines Verbrechens wurde. Als Alice Näheres zu den Umständen wissen möchte, stößt sie überall auf eine Mauer des Schweigens, sogar Juan wendet sich von ihr ab. (Auch hier verhalten sich manche Protas meiner Meinung sehr unlogisch, realitätsfern und widersprüchlich zu ihrem tatsächlichen Charakter, was einzig dem Spannungsaufbau und der Verwirrung des Lesers dient.) Ausgerüstet mit Patricks Tagebuch beschließt Alice nun den Dingen auf den Grund zu gehen. Im Zuge ihrer Nachforschungen bringt sie nicht nur die Wahrheit über Patricks Unglück ans Licht, sondern kommt auch dem charismatischen Andrés näher.
Der Schreibstil der Autorin ist sehr schön, fließend und auch über längere Phasen fesselnd. Mitunter wird jedoch zu oft Erklärendes zu Verhaltens- oder Denkweisen der Protagonisten wiederholt. Leider werden wieder zu viele Klischees bedient und auch manche Handlungsabläufe wirken sehr an den Haaren herbeigezogen. Dabei hat der Roman tatsächlich Potential zum Tiefgang, der auch hier und da etwas greift. Gefühle werden auch zu wenig transportiert.
Toller Stoff, der leider vom üblichen Liebesroman-Thema überdeckt wird und nur als Kulisse dient.

Bewertung vom 06.01.2019
Die Seele der Pflanzen
Storl, Wolf-Dieter

Die Seele der Pflanzen


ausgezeichnet

Manche Bücher bergen so viel Wissen, dass man sich wünscht, sie sich einverleiben zu können, damit die ganze Information jederzeit abrufbar im Gehirn gespeichert ist. Aber in einem derart schönen Buch sollte man vielleicht auch öfter mal blättern. Die Fotografien von Frank Brunke sind zwar zur Pflanzenbestimmung absolut ungeeignet – aber dies ist auch kein reines Sachbuch zur Kräuterwanderung und Naturheilkunde – fangen jedoch in Nahaufnahmen Momente ein, die man mit dem Auge eines Spaziergängers gar nicht wahrnehmen würde. Diese Momentaufnahmen, in denen zum Beispiel der Augenblick des sich befreienden Samenkorns gezeigt wird, legen die Fragilität der Natur frei und lassen in die Tiefe des Schöpfergeistes blicken. Ein Fotograf, der nicht ebenso über botanisches Wissen verfügen würde wie über die Fähigkeit ein Auge für die Schönheit des Kleinen zu haben, könnte solche Bilder mit Sicherheit nicht liefern. Dazu kommen die sowohl poetischen als auch auf sehr unterhaltende Weise informativen Texte des Autors. Bei all dem Wissen ist es von Vorteil, dass dieses Buch am Ende ein Stichwortregister über Krankheiten, Kräuternamen und zitierte Personen und Persönlichkeiten hat.

Von ansonsten unscheinbaren Pflanzen wird hier nicht nur ihr heilender Nutzen für den Menschen aufgeführt, sondern auch von Mythen, Entstehung der Namen und Wissenschaftlichem berichtet. Ich habe hier auch sehr viel über die Weltsicht der Naturvölker – sprich: der alten Germanen – erfahren. Für mich persönlich fand ich hier sehr interessante Infos über die Rote Pestwurz. Außer ihrer Nutzung in früheren Zeiten im täglichen Gebrauch sind die ihr zugeschriebenen Heileigenschaften für mich eventuell hilfreich bei meiner Migräne. Werde mal gucken, ob man ein Produkt dieser Pflanze in der Apotheke kaufen kann...

Pflanzen sind Vermittler zwischen der dunklen feuchten Erde und der lichten Himmelswelt, sagt der Autor und öffnet mit diesem Buch den Blick des Lesers für die Zusammenhänge der Welt und den Geist dahinter.

Bewertung vom 27.11.2018
Mary Island - Das Geheimnis des goldenen Medaillons
Jonathan, Phillippi

Mary Island - Das Geheimnis des goldenen Medaillons


ausgezeichnet

Lehrreich, spannend und auch ansonsten pädagogisch wertvoll

Dieser zweite Band der Jugendbuchreihe Mary Island von Jonathan Philippi liest sich noch besser als der erste.
Mit viel Einfühlungsvermögen beschreibt der Autor die Gedankengänge seiner jugendlichen Protagonisten und wie sie die Erwachsenen sehen. Pubertäre Verhaltensweisen kommen dabei ebenso zum Tragen wie kindlicher Ungehorsam. Die Folgen daraus lassen nicht lange auf sich warten. Aber die Eltern und Erziehungsberechtigten und selbst die eigentlichen Gauner handeln letztendlich vorbildlich, womit das Buch auch hier lehrreich bleibt. Ein pädagogischer Schwerpunkt ist auf die Toleranz und Akzeptanz von Behinderten und Rassenzugehörigkeit gelegt, ohne Problematiken unter den Teppich zu kehren. Weitere Themen sind Gefahren im Internet und handfestes Mobbing.
Raffiniert streut Philippi außerdem Wissen über Gesellschaftliches der USA sowie natürlich speziell in diesem Band auch Geschichtliches über die indigenen Völker Amerikas in die Dialoge ein, ohne dabei trocken zu werden oder die Spannung zu vernachlässigen. Denn im Grunde ist es nicht nur ein Jugendroman über eine aus Deutschland stammende Familie, die in die Staaten ausgewandert ist, sondern eine an die moderne Technik angepasste Schatzsuche mit Hindernissen, die den detektivischen Eifer der deutschen Jugendlichen und ihrer Freundesclique weckt.

Bewertung vom 10.10.2018
Kirche, öffne dich!
Glööckler, Harald

Kirche, öffne dich!


ausgezeichnet

Ein paar Wochen bevor ich dieses Buch in die Hände nahm, habe ich ein Interview mit Harald Glööckler im Radio gehört und war von seinen Aussagen bezüglich der Kirche und seinen negativen Kindheitserlebnissen getroffen und berührt. Die Tiefgründigkeit seiner Gedanken und Aussagen überraschte mich sehr, da ich ihn als schillernden Prominenten für oberflächlich und materiell hielt. Und damit hatte ich genau das getan, was man als christlich eingestellter Mensch eben nicht tun sollte und was genau auch eines der ersten Themen in seinem Buch ist - nämlich nicht über andere zu richten! Die Erfahrungen von Herrn Glööckler, die in seinem Radio-Interview kurz angesprochen wurden, haben mich sofort an meine eigenen Kindheitserfahrungen mit der Kirche erinnert, die mich letztendlich auch von ihr entfernten, weil ich mit meinen Fragen und Sorgen von Priestern und Nonnen alleine gelassen wurde und keine eindeutigen und befriedigenden Antworten sondern nur Floskeln zu hören bekam. Angefangen hat diese Entfernung bei mir als Kind von weniger als 10 Jahren, das sich sehr enttäuscht von Gott fühlte, weil Er meine kindlich frommen Gebete nicht so erhörte, wie es mir von der Kirche bei Gott gefälligem Leben versprochen wurde und die ich eifrig und vertrauensvoll auf Knien, unter Tränen und von Herzen in den Himmel sandte. Irgendwann sah ich darum schon im Kindesalter keinen Sinn mehr im Beten und weitere Erfahrungen bis ins junge Erwachsenenalter führten bei mir ebenfalls wie beim Autor trotz starkem Engagement in der Kirche und Teilnahme an Seminaren und mehreren Gottesdiensten in der Woche letztendlich mangels Antworten zum Bruch. Da die Existenz Gottes für mich zweifelsfrei immer feststand und auch noch heute feststeht, muss irgendetwas bei seiner „Verwaltung“ hier auf Erden falsch laufen. Inzwischen habe ich meine eigene Sichtweise entwickelt, welche ziemlich konform mit der des Autors geht und die Gott nicht mehr mit Religion und Kirche verbindet. Seither ist Gott mehr denn je der Mittelpunkt meines Lebens. Wenn ich die Kirche also dahingehend betrachte, dass diese von ihr unbefriedigt beantworteten Fragen mich nach langer Suche ebenfalls Jesus sehr nahe gebracht haben, muss ich dieser Institution heute für ihre lieblose Denkweise sogar danken.
Mich interessierte vor dem Lesen des Buches besonders, wieso – so wie es der Buchtitel suggeriert - Herr Glööckler trotz seiner Erfahrungen noch immer an der Kirche festhalten kann; welche Argumente seiner Ansicht nach für und welche gegen die Kirche sprechen. Und hier wies mich dieses einfach verständliche und simple Buch darauf hin, dass es mit meiner Vergebung und Nächstenliebe noch nicht zum Besten steht.
Beim subjektiven Schreibstil des Autors fühlt man sich in dessen privateste Erfahrungen und Gedanken eingeweiht. Mutig und offen spricht Herr Glööckler über seine traumatischen Erlebnisse und seine Meinung in Bezug auf Kirche und Religion, ohne dabei der Kirche etwas wütend nachzutragen, sondern er im Gegenteil tolerant und mit christlicher Güte anspricht, wo es in der Institution hakt. Über die Richtigkeit von Religionsansichten und ihren Quellen kann man ohnedies bis in alle Ewigkeit streiten und wird nie auf einen Nenner kommen. Und die Kirchen brauchen sich nicht zu ändern, so lange sie Gemeindemitglieder haben, die völlig mit ihnen konform sind und hinter den Dogmen über Tod und Verdammnis stehen. Denn auch wenn diese Ansicht aus marketingtechnischen Gründen heute von kaum einem katholischen Pfarrer mehr öffentlich gepredigt wird, so ist sie dennoch biblisch verankerte Grundlage der christlichen Religionen und ein großer Widerspruch zur ebenfalls gelehrten Liebe Jesu.
Dieses Buch, in dem kurz und knackig viele Fragen zusammengefasst werden, die so manchen Christen beschäftigen, gibt auch Hilfe auf der Suche nach Antworten. Über die Tiefgründigkeit und Belesenheit von Herrn Glööckler war ich sehr überrascht. Wenn nur jeder auf der Welt ein bisschen von seiner Güte und Toleranz hätte.

Bewertung vom 08.10.2018
Ich muss verrückt sein, so zu lieben
Shanks, Shauna

Ich muss verrückt sein, so zu lieben


sehr gut

Ich begrüße jedes Buch, das in Zeiten, in denen man nur noch von Gewalt und Sex hört und sieht, seinen Schwerpunkt auf den Weg zur wahren Liebe legt. In diesem Buch, in dem Shauna Shanks ihre Erfahrungen als betrogene Ehefrau schildert, wird deutlich, dass nicht das, was allgemein unter Liebe verstanden wird, für eine glückliche Ehe ausreicht.

Diese etwas andere und durchaus aus sehr berührende biografische Erzählung zeigt auf, dass sich die Liebe kaum finden lässt, wenn man wie ansonsten üblich mit sogenannter Vernunft auf die Verletzungen durch den Partner reagiert. Die Autorin, die bereits von Jugend an stark von der christlichen Religion geprägt ist, vertraute auf ihre Intuition und ihre innere Zwiesprache mit Gott, der ihr half, selbstloser zu lieben, anstatt den Partner mit Vorwürfen und Schuldgefühlen an sich binden zu wollen oder beleidigt und gekränkt von sich zu stoßen. Dabei zitiert die Autorin auch viele Bibelstellen, die ihr in den jeweiligen Situationen begegneten, während sie alles daran setzte, ihre Ehe im Sinne Gottes zu retten.

Mich persönlich hat es etwas gestört, dass der Erfahrungsbericht zunehmend missionarisch predigend auf mich wirkte und mir bibeltreue, konfessionsabhängige Ansichten durch die Auslegung von alttestamentarischen Zitate regelrecht aufgedrängt wurden, die ich nicht teile wie z. B. dass Gott uns absichtlich leiden lässt, um uns zur Umkehr zu bewegen. Es gibt auch einen oder zwei Widersprüche in der Wahrnehmung der Autorin. Außerdem war mir die Denkweise in punkto wahrer Liebe noch zu erwartungsvoll und damit besitzergreifend. Da die Richtung aber, wie ich aus eigenem Erleben weiß, prinzipiell richtig ist, kann ich das Buch nur weiterempfehlen und hoffe, dass er als Vorlage für Liebesromane mit Tiefgang in dieser Form Schule machen wird.