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Bewertungen

Insgesamt 212 Bewertungen
Bewertung vom 12.11.2020
Das Scherbenhaus
Kliem, Susanne

Das Scherbenhaus


sehr gut

Nach dem Roman „Trügerische Nähe“ hatte ich mir ja gewünscht, bald den nächsten von Susanne Kliem lesen zu dürfen. Dies hat verschiedene Gründe. Sie war eine der ersten Autoren, vor denen ich saß und ein Interview geführt habe, und die mir die Angst genommen hat. So etwas vergisst man nicht.
Aber auch ihre Schreibweise und das Thema, welches sie in „Trügerische Nähe“ aufgriff, haben mich berührt. So hat es mich gefreut, als ich das Buch „Das Scherbenhaus“ in der Hand hatte. Da startet man also mit Carla Brendel, die in Stade in einem Restaurant ihres Schwagers als Köchin arbeitet. Leider ist die Schwester viel zu früh verstorben und hat neben dem Schwager von Carla auch 2 Kinder hinterlassen hat.
Carla wird gestalkt. Sie bekommt Bilder wo Menschen Messer in der Haut stecken haben und andere Abscheulichkeiten. Sie hat deswegen auch Angst, das Haus zu verlassen, hat aber in ihrem Schwager und ihrer besten Freundin eine gute Stütze.
Tja, dann meldet sich Ellen, ihre Halbschwester, welche in Berlin wohnt und will, dass Carla sie in Berlin besucht, was Carla aber auch mit etwas Widerwillen macht. Leider verschwindet und stirbt Ellen noch am ersten Tag des Zusammentreffens. Man kann auch sagen in der ersten Stunde. Wobei Ellen Carla vorher mitteilt, dass, wenn sie tödlich verunglückt, es kein Unfall sein wird.
Carla zieht also in Ellens Wohnung in einem Mietshaus der modernsten Sorte ein und lernt dort Milan Wagner, Christian Bruns und die anderen Hausbewohner kennen. Irgendwie konzentriert sich alles nur auf eine Person, die alles zu regeln scheint. Aber wenn ich nun weitererzähle, dann erzähle ich auch noch wer es war.
Gerade dies wurde mir relativ schnell klar - wer hier der Böse und wer die Guten sind. Es ist aber so, dass mich dies gerade bei diesem Buch nicht gestört hat. Schwer habe ich mir bei den ersten 30 Seiten getan, aber dann kam ein Lesefluss zustande, den man nur noch als fesselnd beschreiben kann. Man will das Haus kennenlernen, die Familien, die in dem Haus wohnen. Man will wissen was alles passiert ist und das warum.
Man wird auf einmal in die Geschichte gesaugt. Auch wenn es mir irgendwie klar war, wer der Böse war, man will nur noch schneller und schneller die Seiten umdrehen. Frau Kliem schafft es, einen Psychothriller zu schreiben, welcher einen in manchen Situationen auf die Falsche Fährte setzt. Aber wie gesagt, mir ging es recht schnell nur noch um das warum und wieso und wie krank ist die Person eigentlich.
Das da eine Fehlgeburt dazwischen kommt, ein Teenager sterben muss - geschenkt. Aber das Verwischen zwischen Gut und Böse, also dass man nicht unbedingt sagen kann, die eine Person ist nur böse oder die andere nur gut, macht es sehr realistisch und beängstigend, und man bekommt einen Einblick, wie schnell man eigentlich einen Menschen manipulieren kann.
Gerade solche Dinge beschreibt Frau Kliem einfach, aber auch eindringlich. Der Thriller kommt in den ersten Seiten doch recht locker daher, kann aber zumindest bei mir eine Nacht des unruhigen Schlafes bewerkstelligen. Warum dies so war, keine Ahnung, aber es hat mich einfach noch in der Nacht beschäftigt. Und gerade dies sollten gut gemachte Psychothriller, einen immer wieder und weiter beschäftigen. Zumindest für mich ist dies ein Punkt, der mir sehr wichtig ist.
Also Frau Kliem, gerne würde ich wieder einen Thriller von Ihnen in die Hand bekommen - auch wenn es wieder zwei Jahre dauert. Aber ich warte gerne etwas länger, bevor es schwächer wird. Bitte bleiben sie auf diesem Niveau.

Bewertung vom 07.11.2020
Herr Blunagalli auf großer Kreuzfahrt
Colagrossi, Angelo

Herr Blunagalli auf großer Kreuzfahrt


gut

Ich brauche ja gelegentlich auch mal etwas Lustiges. Warum also während des Osterurlaubs dann nicht mal auf Kreuzfahrt gehen? Herr Blunagalli - noch nie gehört, aber klingt lustig. Das Thema Kreuzfahrt ist auch nicht so schlecht. Ich wollte schon immer mal eine literarische Kreuzfahrt machen, warum nicht mal mit Herrn Blunagalli. Ich bin also mal ganz wertfrei an dieses Buch heran gegangen, weil ich bis jetzt ja noch nichts von ihm gelesen hatte und das Hörbuch „Ein Mann ein Fjord“ ist glaube ich mal mit einer Ex von mir aus der Wohnung gegangen.
Absolut unvoreingenommnen habe ich das Buch angefangen. Hach ja, er ist der Ex von Hape Kerkeling. Immer wieder interessant, wie die Leute einen Autor oder einen x-beliebigen Menschen vorstellen. Dies sind Dinge, die sind nun mal so passiert und gut. Wo die Liebe halt mal so hinfällt. Nicht das ich etwas gegen Hape Kerkeling hätte, im Gegenteil! Ich würde ihn gerne mal kennenlernen, da er für mich einer der größten Entertainer ist, die wir im deutschsprachigen Raum haben. Nur bin ich der Meinung, dass man Freunde und Beziehungen nicht als Merkmal eines Menschen sehen sollte, sondern dies gehört zum Leben des anderen.
Viel Interessanter fand ich, wie Herr Blunagalli zu seinem Namen gekommen ist oder wer daran schuld ist. Dazu kann ich nur zitieren: „Heinz Schenk spricht für einen Hessen ein gutes Deutsch“?! Geben Sie mir ein paar Äppler, dazu die richtigen Gesprächspartner vom Dorf und dann denken sie allen Ernstes, Heinz Schenk spricht Hochdeutsch.
Wo wir dann endlich beim Thema sind. Das Buch hat eine besondere Situationskomik, teilweise etwas überdreht oder überspitzt mit vielen kleinen Spitzen auf die verschiedenen Dialekte - in diesem Fall österreichisch und sächsisch und einem Deutsch-Italiener, der im Showprogramm auch mal zu einem gebrochenen Deutsch wechselt, gerade so wie es ihm passt.
Ansonsten lernt man, dass man sich auf einem Schiff auch anfangs recht schnell verlaufen kann. Man lernt die Tücken der Technik der Türen kennen. Oder was ganz wichtig ist, man lernt, man sollte sich einfach auch mal treiben lassen. So kann man z.B. in einem Kinderzimmer landen und dort das beste Essen seit langem bekommen. Oder man geht Bungee-Jumping. Man lernt auch andere Kulturen besser kennen. Und man lernt Freunde kennen - vielleicht nicht für immer, aber zumindest für eine gewisse Zeit. Dies kann zu wirklich lustigen Situationen führen, wie auch in diesem Buch. Ich kann dies bestätigen, da ich solche Dinge auch schon mal mit Urlaubsbekanntschaften erlebt habe.
Daher muss ich sagen, ein schönes Buch über Schreibblockaden eines Schriftstellers, über den Mikrokosmos einer Kreuzfahrt, Freundschaften und sich treiben lassen. Gut, teilweise denke ich, war das alles etwas überspitzt, aber so muss es ja in einem Buch dieses Genres sein. Man kann sich teilweise nicht mehr einkriegen vor Lachen, aber manchmal stimmte es mich auch etwas nachdenklich. Ich habe mir vor allem die Frage gestellt, ob ich eigentlich auch zwei Stimmen im Kopf habe, die gelegentlich gegeneinander arbeiten, Es ist alles in allem ein Buch, welches gut unterhalten kann, welches zwischendurch auch mal zum Nachdenken anregt..
Also wenn man auf der Suche nach leichter, lustiger Kost für den Urlaub ist, wo man auch mal lachen kann - warum nicht mal mit Herrn Blunagalli auf Kreuzfahrt gehen. Ich freue mich aber auf ein neues Buch von ihm und vielleicht schaffe ich es ja auch, mal die anderen Bücher von ihm zu lesen.

Bewertung vom 30.10.2020
Burnout und Achtsamkeit
Harrer, Michael E.

Burnout und Achtsamkeit


ausgezeichnet

Ich glaube, dies ist das für mich schwerste Buch der letzten Jahre. Dies ist ein Buch, für Menschen, welche Freunde oder Familienmitglieder haben, die an Burnout leiden, oder in langsam in eine Depression abwandern.
Mit leichten Abstrichen kann es aber auch ein Tipp für Menschensein, die genau an diesem Krankheitsbild leiden - wobei es gerade für diese Menschen auch sehr schwierig sein kann, da man sein Krankheitsbild nicht unbedingt noch näher gebracht bekommen möchte. Wenn sie sich des Problems bewusst geworden und in Therapie sind, dann machen genau diese Menschen immer wieder kleine Achtsamkeitsübungen in der Bahn, beim Spazieren gehen, zu Hause in den eigenen vier Wänden oder beim Lesen. Wenn euch jemand gegenüber sitzt, der ganz langsam ein Stück Schokolade isst, obwohl er normaler Weise eine komplette Tafel inhaliert, dann braucht dieser Mensch vielleicht genau dies jetzt. Dies wäre eine Form von Achtsamkeitsübung.
Bei manchen Menschen ist es aber auch Therapie, ein Buch zu lesen und dies einfach zu genießen. Oder es ist ein Mensch, der sich langsam aus den Sozialen Medien verabschiedet, also weniger bei Facebook, Twitter etc. online ist, da ihn die Geschwindigkeit in den Sozialen Medien oder Foren langsam ausbrennt.
Menschen, die nach dem Achtsamkeitsprinzip leben, erfreuen sich an einer Tasse Tee, an den Seiten aus Papier eines Buches oder an einem Telefonat und nicht an einer WhatsApp. Jeder, der an Burnout leidet und durch die Achtsamkeit wieder auf die Bahn gebracht wird, reflektiert alles was ihn belastet genauso wie alles was ihm Freude macht - und dies mehrmals täglich. So werden bestimmte Dinge im privaten Bereich immer wieder neu gewichtet und so kann es ständig zu kleineren Justierungen kommen.
Es ist so, dass diese Menschen sich teilweise immer wieder neu erfinden und ihr Selbst immer wieder auf eine neue Ebene heben.
Dieses Buch hilft einem vielleicht dabei, den Freund oder das Familienmitglied etwas besser zu verstehen. Es gibt aber auch für den Betroffenen immer wieder Denkanstöße und so kann es passieren, dass er aufhört zu rauchen oder er sich neue Kleinigkeiten zulegt.
Dieses Buch hilft vielleicht den Betroffenen, etwas besser zu verstehen, aber auch sich wieder an Kleinigkeiten zu erfreuen, das Leben wieder etwas mehr zu genießen und seinen inneren Frieden wieder zu finden. Wobei man, und deswegen hat es mit der Rezension so lange gedauert, das Buch zwar lesen kann, aber seine wahre Beschaffenheit zeigt es einen erst beim täglichen Nutzen. So nach dem Motto, wie war das nochmal? Wo kann ich vielleicht noch mal an mir arbeiten? Warum reagiert der mir gegenüber den nun so? Es ist ein Buch, welches Hilfestellungen gibt, sein Innenleben etwas genauer kennenzulernen.
Vielleicht ist es aber auch gerade mal für „Gesunde“ wichtig, sich dieses Buch zu Gemüte zu führen, damit man sich vielleicht einfach einmal neu justiert.
Man sollte beim Lesen des Buches immer seinen Verstand und sein Gefühl einschalten, auch wenn man nur einmal ein Kapitel liest. Dann, und nur dann, erkennt man mit Hilfe dieses Buches wo es vielleicht in seinem eigenen Leben etwas hakt.

Bewertung vom 22.10.2020
Alexander von Humboldt und die Erfindung der Natur (MP3-Download)
Wulf, Andrea

Alexander von Humboldt und die Erfindung der Natur (MP3-Download)


sehr gut

Eine Biografie – diesmal nicht vom Betroffenen geschrieben und gelesen, da er ja schon vor über 150 Jahren starb. Nichts desto trotz ist Alexander von Humboldt einer der großen Forscher der Welt, der mehr Spuren hinterlassen hat, als man denken möchte.

Vorab ein paar Worte zur Autorin. Der Vermerk „aus dem Englischen übertragen“ hat mich leicht verwirrt – der Name klang doch so deutsch. Geboren in Indien, aufgewachsen in Deutschland, an der Uni Lüneburg Kulturwissenschaften studiert und dann einen Master in Designgeschichte in London gemacht, wo sie jetzt auch lebt. Das klingt nicht nur mulit-kulti sondern auch von den Fachbereichen her bunt. Für mich haben sich da gewisse kleine Parallelen zu Humboldt gezeigt. Ein Fachgebiet war ihm auch zu wenig.

Alexander von Humboldt lebte in einer Zeit voller Umbrüche und Veränderungen (1769 – 1859). Als zwanzigjähriger erlebte er die Französische Revolution von der Euphorie der neuen Gedanken über die Schreckensherrschaft bis hin zur Diktatur von Napoleon. Frankreich war damals das Zentrum von Wissenschaft und Kultur und richtig wohl fühlte sich Humboldt nur in Paris – wenn er schon nicht auf Forschungsreisen sein konnte.

Seine Forschungsreisen sind das, was den meisten Menschen einfällt, wenn sein Name genannt wird. Aber das war längst nicht alles. Er war ein facettenreicher Mensch, den sowohl die Botanik als auch die Geographie und Geologie faszinierten ihn. Obwohl er aus einer wohlhabenden Familie stammte, wurde ihm nicht alles vor die Füße gelegt. Er musste sich doch vieles erarbeiten. Schön war es auch zu hören, dass sogar ein so berühmter Forscher kein Vorzeigeschüler war und sich nicht immer mit dem beschäftigte was er sollte. Statt griechische Grammatik zu büffeln sammelte er lieber Steine und Käfer. Die Studienzeit war durch die Epoche der Aufklärung geprägt. Es wurde zwischen Natur und Geisteswissenschaften zunehmend getrennt und auch innerhalb dieser beiden Richtungen wurde immer mehr differenziert. Humboldt ging jedoch andere Wege. Er sah alles immer als Ganzes, dessen Einzelteile sich gegenseitig brauchen. Es gehört alles zu einem großen Netz. Diese Haltung entwickelte er immer weiter.

Der Weg bis zu seiner ersten Reise nach Südamerika war lang. Alexander von Humboldt studierte auf Wunsch der Mutter Staatswirtschaftslehre. Dann zog er das dreijährige Studium an der Bergakademie Freiberg in nur acht Monaten durch. Er verbesserte die Grubenlampen der Bergleute. Neben dieser sehr praktischen Tätigkeit experimentiert er allerdings auch mit Galvanismus. Einfach ausgedrückt – er versetzte sich selbst elektrische Schläge und dokumentierte die Auswirkungen. Klingt heute fast ein bisschen irre. Vor dem Hintergrund der Epochen von Empfindsamkeit, Sturm und Drang sowie den Anfängen der Romantik ist es allerdings ganz logisch. Die Entdeckung der Elektrizität faszinierte viele und ohne solche Experimente wäre Mary Shelly’s Frankenstein nie zu Leben erweckt worden. Ob er mit der Dame Kontakt hatte, weiß ich nicht. Sie wurde nicht erwähnt, aber Lord Byron hat Humboldts Bücher verschlungen, genauso wie Goethe, der eine enge Freundschaft zu Humboldt pflegte.

Bis Humboldt seine erste Reise nach Südamerika antrat wurde er schon 30 Jahre alt. Für damalige Verhältnisse schon relativ spät. Nach einigen Fehlschlägen erhielt er von der spanischen Krone einen Reisepass für die Kolonien in Südamerika. Natürlich nicht ohne Auftrag. Er soll Informationen zu den Silberminen besorgen.

Bewertung vom 06.10.2020
Die Festung am Rhein
Peter, Maria W.

Die Festung am Rhein


sehr gut

Es war mal wieder an der Zeit, einen historischen Roman zu lesen. Irgendwie habe ich diese Gattung in letzter Zeit echt oft überblättert, also habe ich mich nach längerem Hin und Her für die Festung am Rhein entschieden. Und was muss ich sagen? Die Autorin werde ich mir mal merken.
Da haben wir die Liebesgeschichte zwischen Rudolph und Franziska. Was das ganze schwierig macht, ist zum einen, das Franziska zur Hälfte Französin ist und Rudolph ein Preußischer Offizier. Zum anderen trägt es auch nicht gerade zur Entspannung des Verhältnisses bei, das Franziskas Bruder Christian auch noch verdächtigt wird, die Baupläne der Festung Ehrenbreitstein an die Franzosen verkauft zu haben. Christian wird dann auch noch im Militärgefängnis gefangen gehalten und sogar gefoltert.
Die einzige die am Anfang glaubt, dass Christian unschuldig ist, ist Franziska, wobei auch sie das Gefühl hat, dass er etwas verheimlicht.
Franziska zieht bei ihrem Onkel aus, bei dem sie seit dem Tod ihres französischen Vaters zusammen mit ihrem Bruder lebte. Sie fängt im Haus der von Rülows an zu arbeiten, da sie das Gefühl hat, dass diese etwas mit der Spionage in der Festung zu tun haben.
Rudolph ist mit für den Bau der Festung verantwortlich und wird von Captain von Rülow beauftragt, die Wahrheit über die Spionage herauszufinden. Er wird aber selbst verdächtigt, da er in der Schlacht zu Waterloo zusammen mit Franzosen gefunden wurde. Es gibt Gerüchte, dass er eigentlich mit den verhassten Franzosen zusammenarbeitet.
Ich denke, man merkt aufgrund des kurzen Abrisses der Geschichte, dass einiges an Konfliktpotential in der Geschichte vorhanden ist. Die handelnden Personen geraten laufend mit dem Gewissen in Konflikte, was ihre Erziehung oder Gesinnung betrifft.
Man merkt auch recht schnell, wie zerstritten das Rheinland auch untereinander war. War man nun für Preußen oder für die Franzosen, die ja lange Zeit über das Rheinland geherrscht haben. Dann gibt es da ja noch die verschiedenen Lebensweisen und die Personen, die egal wer gerade an der Macht ist, erst einmal versuchen, Profit daraus zu schlagen.
Dann bekommt man so ganz nebenbei noch mit wie alles wegen der Industrialisierung im Umbruch war. Alles in allem ist es ein sehr gut geschriebener historischer Roman, wo auch ich mich mal wieder mit der Deutschen Geschichte auseinandersetzen musste. Es ging weniger um die Liebesgeschichte, sondern mehr um das in sich gespaltene Land und genau dieser Probleme, die sich daraus ergeben haben.
Man hatte immer wieder das Gefühl, dass genau dies die Absicht der Autorin war und ist. Die Geschichte hat eigentlich keine Längen, sondern ist genau auf den Punkt. Man lernt nebenbei etwas. Es ist spannend, wobei man relativ schnell zumindest eine Ahnung hat, wer die „böse“ Person im Haus Rülow ist. Wer aber letztendlich der Strippenzieher ist, dies ist dann doch sehr überraschend.
Also wenn ihr einen gut geschriebenen historischen Roman in dieser Zeit suchen solltet, dann kann und muss ich euch genau diesen ans Herz legen. Zudem zeigt er auch, dass man trotzdem noch etwas von dem Gegenüber annehmen sollte - egal wie verschieden die Kultur ist. Und dies ausgerechnet in unserer deutschen Geschichte. Vielleicht sollten sich manche Menschen auch mal mit ihrer eigenen Geschichte auseinandersetzen und nicht von vornherein sagen, das ist ein Ausländer, der ist schlecht für mich.

Bewertung vom 04.10.2020
Backfischalarm / Thies Detlefsen Bd.5
Koch, Krischan

Backfischalarm / Thies Detlefsen Bd.5


sehr gut

Es war mal wieder an der Zeit, dass ich mir einen ganz normalen und unterhaltenden Krimi zu Gemüte führe. Die Auswahl fiel dann recht schnell auf den Regionalkrimi „Backfischalarm“ von Krischan Koch. Gut, da war dann wieder das Problem, dass dies mittlerweile eine Reihe ist und ich die anderen Bücher davor nicht gelesen habe. Aber man kann auch sehr gut mit diesem Buch in die Reihe einsteigen.
Man startet dann halt bei der Überfahrt der Klasse 10a zur Insel Amrum. In einem „kleinen“ Herbststurm auf der Fahrt dorthin, findet man dann einen Toten - nämlich den Jungreeder Bent von der Rederei Blankenhorn. Dieser wird auf dem Sonnendeck gefunden.
Dadurch kommt der Vater der Zwillinge Telje und Tadje, nämlich der Polizist Thies Detlefsens, mit seiner Kollegin auf die Insel Amrum und dies ist wie man wahrscheinlich aus eigener Erfahrung weiß, nicht gerade gern gesehen. Wer hatte schon gerne seine Eltern auf der Klassenfahrt dabei? Die sind doch so oder so nur peinlich. So auch in diesem Fall. Wobei ich finde, dass Thies mit der Situation recht souverän umgeht. Dass es dann auch noch zwei weitere Tode gibt, wovon eine Schülerin der 10a ist, erhöht den Druck noch einmal um einiges.
Man stelle sich einfach einmal vor, wie unsere Eltern bei so einer Situation reagiert hätten. Und wenn man dann noch bedenkt, dass die Mitschülerin auch noch die Tochter eines anderen Reeders ist, also nicht von der Reederei Blankenhorn, sondern von NFR, dann zeigt dies die Brisanz der Situation noch etwas mehr.
Gut, was soll ich bei meinem Fazit sagen? Es ist ein Krimi, der nicht so ganz ernst genommen werden kann, oder ernst genommen werden sollte. Es ist einfach ein Krimi der zum Lachen einen auffordert, da es immer wieder spezielle Situationen gibt. Gelegentlich bringt er ein leichtes Kopfschütteln oder ein Schmunzeln hervor - einfach schon alleine wegen den Babysittern für den kleinen Finn, den Sohn von Thies’ Kollegin, oder die Gruppe, die sich mit der Magie und Kraft von Steinen beschäftigt.
Also es ist einfach gut gemacht Unterhaltung, mit Herz und Verstand, mit liebenswerten Menschen, die ich doch sehr gerne noch ein wenig häufiger lesen, und anderen Lesern ans Herz legen möchte, die gut gemachte Regionalkrimis zu schätzen wissen.

Bewertung vom 29.09.2020
Pupsi & Stinki
Fitzek, Sebastian

Pupsi & Stinki


gut

Ich hatte ja gerade mal wieder ein Thriller von Herrn Fitzek gelesen, da kam mir das Kinderbuch bei einem befreundeten Blog zwischen die Finger.
Also gesehen und bestellen war da mal wieder die Devise. Nach dem auspacken machte ich mich gleich daran und habe angefangen, das Kinderbuch zu lesen.
Das erste was mir aufgefallen ist, Herr Fitzek kann nicht nur Thriller – nein, auch für Kinderbücher hat er ein Händchen. Er schreibt es so als könnte das Kind, welches die Geschichte vorgelesen bekommt, selbst dieser Pupsi sein.
Das zweite was mir aufgefallen ist, waren die Zeichnungen von Jörn Stollmann alias Stolli, die einfach und schlicht daher kommen aber doch sehr kindgerecht. Sie sind nicht gerade knallig bunt, sondern einfach schön. Vor allem Stinki, das Stinktier, hat mir sehr gefallen. Warum dies so ist - keine Ahnung?
Kommen wir nun zur Geschichte. Es war doch teilweise recht viel Text, aber trotzdem spaßig, da Herr Fitzek immer wieder etwas Lustiges reinschreibt, um die Aufmerksamkeit hochzuhalten.
Was mir sehr gefallen hat, war die Geschichte an und für sich. Sie handelt davon, dass jeder etwas Besonderes kann, was andere Kinder nicht können, und dass es manchmal besondere Situationen geben muss, damit man genau diese Eigenschaften einsetzen kann.
Ich würde mich sehr freuen, wenn Herr Fitzek und Stolli die Zusammenarbeit gelegentlich aufleben lassen. Man merkt der Geschichte auch an, dass die härtesten Kritiker, nämlich die Kinder, die Finger mit im Spiel hatten.
Also immer auf die Kinder hören, dann klappt es auch mit dem erfolgreichen Kinderbuchautoren. Mich würde es sehr freuen, so etwas noch oft zu lesen zu bekommen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.09.2020
AchtNacht
Fitzek, Sebastian

AchtNacht


sehr gut

So, Luft holen und sich noch mal schnell umdrehen und nachsehen, ob da nicht vielleicht jemand hinter mir her ist. Hat mich vielleicht jemand auf die Liste gesetzt?
Gut, also die Seite achtnacht.online gibt es mittlerweile. Allerdings ist diese vom Droemer – Knaur Verlag geschaltet. Aber komme ich jetzt mal langsam zur Geschichte. Die Homepage ist nur ein nettes Beiwerk zum Buch und ist so gemacht, wie ich sie mir beim Lesen vorgestellt habe.
Ben hat eine Lebensgeschichte, die wirklich einiges an Potential hat für Menschen, die ihn nicht gerade mögen. Er ist daran Schuld, dass seine Tochter die Beine bei einem Autounfall verloren hat. Ben ist nicht unbedingt das, was man einen „guten“ Vater oder Ehemann nennt, der zuverlässig alles zahlt was er zahlen muss. Er war einmal Drummer in einer Rockband, die kurz vor dem Durchbruch stand, doch dann wurde er wegen des Unfalls aus der Band gefeuert.
Seine Tochter liegt nun auch noch im Koma, weil sie sich mit dem Rollstuhl vom Dach gestürzt hat. Dass sie überhaupt noch lebt, ist ein Wunder.
Also dieser Ben, ist in dem Lostopf zu der AchtNacht und trifft dabei auf die junge, mit einer „leichten“ psychischen Störung behaftete, Arezu. Mit ihr zusammen begeht er die AchtNacht, da auch sie bei der Todeslotterie gezogen wurde.
Eine wilde Jagd durch Berlin beginnt, in der einige Leute versuchen, aus diesem „Spiel“ Profit zu erlangen. Nebenbei lernt man so einige Abarten der Menschen kennen. Keine Angst, es sind nicht die gleichen Abartigkeiten, wie man sie in letzter Zeit von anderen deutschen Thriller Autoren erlebt hat. Nein, jeder ist anders, aber trotzdem gut.
Komme ich mal zu meinem Fazit. Wie ich schon sagte, es ist eine wilde Fahrt durch Berlin. Man reist an den Straßenstrich von Berlin, ist bei sonderbaren Ritualen dabei. Man landet mit Ben und Arezu in einer Kirche und genauso bei der Wirtschaft mit dem Goldenen M am Hauptbahnhof. Fitzek gewährt einem immer wieder einen Einblick in die Gedankenwelt von Ben und den anderen Menschen, die eine wichtige Rolle in der AchtNacht spielen.
Das führte aber irgendwie für mich dazu, dass die Figuren, vor allem Ben, nicht so die Tiefe bekommen haben, welche diese in meinen Augen verdient hatten! Aber es ist spannend geschrieben, mit einer guten Geschwindigkeit und es wird mit jeder Seite mehr und mehr ein Pageturner, da man auch in die Psyche der „Feinde“ sehen kann, Man kann sich sehr gut vorstellen, dass dies auch wirklich real funktionieren könnte. Manchmal denke ich auch, dass dieses Phänomen gerade extreme Parteien gerne anwenden.
Allerdings muss ich trotzdem sagen, dass ich der Meinung bin, dass das Paket noch etwas besser und dichter war und ein überraschenderes Ende bekommen hat. Aber AchtNacht ist ein Thriller, der gut strukturiert und durchdacht ist, aber dem vielleicht so das letzte Fitzelchen gefehlt hat. Aber dennoch ist es ein Pageturner, der Schlaflosigkeit verursacht und ich kann das Buch absolut empfehlen.

Bewertung vom 20.09.2020
Wie ich in einer schwäbischen Trattoria aufwuchs und trotzdem überlebte (eBook, ePUB)
Guaia, Jessica

Wie ich in einer schwäbischen Trattoria aufwuchs und trotzdem überlebte (eBook, ePUB)


gut

Das war mein erster Familienroman seit langer Zeit. Irgendwie tue ich mir bei solchen Büchern immer wieder sehr schwer. So auch diesmal. Ich musste erstmal in die Geschichte reinkommen, mich mit dem Deutsch, Schwäbisch und Italienisch anfreunden.
Aber langsam, erstmal meine eigene Zusammenfassung der Geschehnisse in der Trattoria „Zum Krug“. Ein Italiener aus Sizilien kommt nach Schwaben - genauer gesagt nach Schwäbisch Gmünd. Für Menschen, die sich nicht so auskennen - etwas östlich von Stuttgart und man redet dort, soweit ich das in Erinnerung habe, wirklich ein ziemlich breites Schwäbisch.
Es wird die Kindheit und Jugend von Jessy mit allen Höhen und Tiefen beschrieben. Auch Zeitgeschehnisse wie der Abzug der Amerikaner werden mit ihren Auswirkungen auf das persönliche Leben sowie die Gesamtsituation in die Erzählung eingebunden. Das konnte ich gut nachempfinden. Als die Amerikaner hier in Gießen ihren Stützpunkt verlassen haben, erlebten wir auch ähnliches - egal ob es nun Kneipen, Restaurants oder Geschäfte waren, es war ein gewisser Schwund zu bemerken.
Die Autorin schafft es immer wieder besondere Situationen in der Trattoria zu schildern. Die Menschen, die mit dem Restaurant verbunden sind, sind der Schlüssel zur Geschichte.. Es gibt immer wieder Höhen und Tiefen in der kleinen Trattoria.
Man lernt die erste große Liebe von Jessy kennen und wie unglücklich diese verlaufen kann. Auch merkt man, dass nicht immer alles aufwärts geht, sondern egal an was man alles denkt, es doch auch mal schiefgehen kann.
Komme ich nun langsam zu meinem Fazit. Es ist schwierig. Es ist auf alle Fälle nicht politisch korrekt, was schon alleine durch das Bild des Babys mit der Zigarette im Mund auffällt. Was man aber auch daran sehen kann ist, dass sich so einiges in den letzten Jahren oder Jahrzehnten verändert hat! Ob dies nun immer zum positiven ist, kann und will ich nicht beurteilen. Gerade beim Rauchen oder Alkohol, also man achtet da doch wesentlich besser auf solche Dinge.
Aber manchmal denke ich, es bleibt dabei die Gastlichkeit auf der Strecke. Nicht, dass ich der Meinung bin, dass man Gastfreundlicher ist, wenn man raucht oder Alkohol trinkt! Aber manchmal so denke ich, verraten sich doch einige Menschen selbst, in dem sie versuchen es jedem recht zu machen. Man merkt in dem Buch, dass die Familie unglücklicher wird, weil man es mit einem neuen Konzept versucht, was man selbst nicht ist. Sich verbiegen hilft selten. Die Lehre, welche ich aus diesem Buch gezogen habe, ist das man alles so machen sollte, wie man sich selbst am wohlsten fühlt, dann kommt auch ein gewisser Erfolg, da man sich dann selbst nicht verrät.
Wo man sich aber bei dem Buch erstmal dran gewöhnen muss, zumindest ging es mir so, ist die die Sprache und der Aufbau des Buches. Man muss sich schon ein wenig gedulden, bis man sich in die verschiedenen Sprachen der handelnden Personen hineingedacht hat. Wie ich schon am Anfang beschrieben habe, muss man sich erst mit dem Schreibstil der Autorin anfreunden, dann bekommt man auch im Buch eine gewisse Tiefe mit einer Brise Humor geboten. Aber ich muss sagen, es kam am Anfang wesentlich Seichter daher, als es sich dann nach den ersten Kapiteln herauskristallisiert hat. Mich würde es interessieren, wie sich die junge Autorin weiterentwickelt und ich finde das Wagnis, welches Penguin mit dem Buch eingeht doch sehr bemerkenswert. Bitte bleibt bei diesem Stil - auch wenn es vielleicht nicht gerade Massenkonform ist.