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isaba
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Stuhr

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Insgesamt 62 Bewertungen
Bewertung vom 27.12.2020
Miss Bensons Reise
Joyce, Rachel

Miss Bensons Reise


ausgezeichnet

Geschichte über Freundschaft und Forschergeist

Nach "Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry" hat Rachel Joyce mit "Mit Bensons Reise" einen neuen Roman veröffentlicht, der ähnlich ihrem Erstlingswerk die Themen Freundschaft, Mut und Ehrgeiz mit einem spannenden Roadtrip verbindet.

Hier begleitet der Leser Marge Benson bei ihrer Reise von England nach Neukaledonien, einer Inselgruppe im südlichen Pazifik. Als Kind zeigt ihr Vater Marge den mysteriösen goldenen Käfer, der nur an einem bestimmten Ort in Neukaledonien vorkommt und bisher noch nicht offiziell als wissenschaftlich bekannt gilt. Nach diesem gemeinsamen schönen Moment zwischen Vater und Tochter begeht er Suizid und lässt seine Tochter zurück, die zwar ihre Begeisterung für Käfer entdeckt, die Suche nach dem goldenen Käfer jedoch für Jahrzehnte begräbt. Bis sie eines Tages bei ihrem Job als Hauswirtschaftslehrerin im London der 50er Jahre schwer gedemütigt wird.

Sie fasst den Entschluss, die Reise ihres Lebens nun endlich anzutreten und findet ungewollt in der extrovertierten und quirligen Enid eine Assistentin, die sich in allem von Marge und ihrer Sicht auf die Welt unterscheidet. Zunächst ist Marge genervt und möchte Enid möglichst bald wieder entlassen, jedoch kommt es anders und die beiden so unterschiedlichen Frauen finden sich auf der Reise selbst und gegenseitig.

Marge und Enid sind auf ganz unterschiedliche Weise vom Leben und den Menschen um sie herum enttäuscht worden und setzen nun alles daran, sich trotz aller Hindernisse ihre beiden Lebensträume zu erfüllen. Sie zeigen dem Leser, dass Aufgeben keine Option ist und dass Freundschaften auch und erst recht entstehen können, wenn man auch den Menschen eine Chance gibt, die eine andere Perspektive auf die Welt haben. Und dass man jederzeit sein Leben in die Hand nehmen und zum Besseren verändern kann, auch wenn es Kraft kostet.

Neben den interessanten Infos über die britische Gesellschaft in den 50er Jahren, der Inselgruppe Neukaledonien und der Entomologie verbindet dieser wunderbare Roman so viele menschliche Themen, dass er für jeden eine wahre Fundgrube an Weisheiten bietet. Dennoch liest man ihn flüssig wie einen leichten Sommer-Sonne-Strand Roman. Die Geschichte ist manchmal tragisch und macht trotzdem gute Laune. Das zeigt die große schriftstellerische Kraft von Rachel Joyce.

Ich mag beide Geschichten von ihr sehr gern und finde diese zweiten Roman sogar noch stärker. Ein Roman zum immer wieder Lesen und eine echte Bereicherung für jedes Bücherregal!

Bewertung vom 13.12.2020
Der Elternkompass
Schmidt, Nicola

Der Elternkompass


sehr gut

Mit "Der Elternkompass" hat Nicola Schmidt einen interessanten Elternbegleiter geschrieben, der viele Themen aufgreift, die Eltern vor allem kleiner Kinder umtreibt.

Das Buch ist das Ergebnis aus der Recherche von über 900 Studien rund um das Thema Kindeswohl. Nicola Schmidt teilt das Buch in einzelne Abschnitte ein. Sie beginnt mit der Schwangerschaft, der Geburt und dem ersten Babyjahr. Hier werden vor allem Studien rund um eine gute Geburt, das Stillen, Schlafen und Ernährung des Kindes vorgestellt. Im zweiten Abschnitt fokussiert die Autorin auf das Kleinkindalter (in ihrem Verständnis die ersten 1000 Lebenstage). Die klassischen Themen wie Trotzphasen, Schlafverhalten, Sauber werden und Essen werden hier behandelt. Der letzte und kürzeste Abschnitt beschäftigt sich mit Kindern im Schulalter, wobei es vor allem darum geht, wie Kinder lernen, wie sie Resilienz entwickeln und was Forscher über Medienkonsum bei Kindern wissen.

Der Ratgeber ist insgesamt logisch aufgebaut und ansprechend gestaltet. Die einzelnen Themen werden gut aufbereitet und Studienergebnisse werden mit Ansichten und Erfahrungen der Autorin selbst verknüpft. Zudem gibt es immer mal wieder kleine Merksätze am Rand des Textes, die den Kern des Abschnitts zusammenfassen. So kann man als Leser guten Zugang zum Buch finden und es entweder von vorn nach hinten abarbeiten oder auch themenspezifisch lesen. Der Schreibstil ist leicht und flüssig ohne abzuschweifen. Das ist Nicola Schmidt gut gelungen.

Wenn man sich ein wenig mit dem Thema Kindeswohl befasst, wird man jedoch in diesem Buch nicht auf wirklich neue Erkenntnisse stoßen, denn die Kernaussagen sind inzwischen meiner Ansicht nach allgemein bekannt und keine Aha-Erkenntnis mehr. Liebevolle und zugewandte Erziehung ist bei den allermeisten Eltern dieser aktuellen Generation eine Selbstverständlichkeit.

Hin und wieder schimmert bei der Autorin zu viel erhobener Zeigefinger durch. Zudem scheint mir manchmal zu viel Subjektivität zwischen den Zeilen zu herrschen. Dies ist in einem Ratgeber, der bewusst Studien aufbereitet und zusammenfasst eigentlich unpassend. Ich erwarte hier ein größeres Maß an Objektivität und weniger Wertung.

Dennoch gelingt es der Autorin, die aktuelle Forschung gut aufzubereiten, so dass Personen, die sich diesen Themen zum ersten Mal nähern eine gute Basis für die gute Begleitung ihrer Kinder vorfinden.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.11.2020
Amissa. Die Verlorenen / Kantzius Bd.1
Kodiak, Frank

Amissa. Die Verlorenen / Kantzius Bd.1


ausgezeichnet

Wie erwartet... ein echter Pageturner

Andreas Winkelmann schreibt hier als Frank Kodiak und allein dieser Name steht für große Spannung und fesselnde Lesestunden. Entsprechend hoch war die Erwartung an "Amissa - Die Verlorenen", da ich viele seiner Bücher kenne und verschlungen habe. Ich wurde nicht enttäuscht.

Das Ehepaar und Ermittlerteam Rica und Jan Kantzius geraten zufällig in einen Verkehrsunfall auf der Autobahn. Jan eilt zur Hilfe und hält noch die Hand des dort sterbenden Mädchens, das offensichtlich in Panik auf die Straße gerannt war. Sogleich ist sein Interesse geweckt und er möchte herausfinden, warum das Mädchen sterben musste. Mit seiner Frau Rica beginnt er auf eigene Faust zu ermitteln und schnell führt die Spur zur Organisation Amissa, die verschwundene Personen sucht und für die auch Rica selbst tätig ist.

Kodiak versteht es meisterhaft, fesselnde Plots zu schreiben und den Leser ab Zeile 1 an das Buch zu fesseln. Die Figuren sind wohldosiert gezeichnet: Vielschichtig, wo es wichtig ist, wie bei den beiden sympathischen Hauptakteuren und etwas eindimensionaler bei Randfiguren, um nicht vom Plot abzulenken. In kurzen Kapiteln mit stetigen Cliffhangern wechselt die Perspektive zwischen dem Ermittlerteam, der Familie eines Opfers, einem Opfer, dem Täter und Weiteren hin und her. Das funktioniert, ohne dass man als Leser den Überblick verliert. Im Gegenteil, diese Erzählstruktur entfaltet eine wahre Sogwirkung. Man möchte das Buch nicht aus der Hand legen.

Die Geschichte selbst ist brutal und keine leichte Kost, aber durchdacht aufgebaut und überraschend. Man kann schnell erraten, dass es bereits eine vorherige Geschichte um Jan und Rica gibt, den zu Beginn des Buches werden viele "alte Infos" zusammengefasst und in die ersten Kapitel eingewoben. Auch einige weitere Figuren haben hier offenbar nicht ihren ersten Auftritt. Im Laufe der Story hat sich jedoch gezeigt, dass man auch ohne die Lektüre des vorherigen Falles gut folgen kann.

Nach dem tollen Finale bin ich wie erwartet begeistert und habe mich gefreut, dass weitere Bände dieses Ermittlerduos folgen sollen. Von mir eine eindeutige Empfehlung für alle hartgesottenen Thrillerfans.

Bewertung vom 18.09.2020
Ihr Königreich
Nesbø, Jo

Ihr Königreich


sehr gut

Der neue Nesbo - mal ganz anders
Bisher habe ich erst 3 Bücher von Jo Nesbo gelesen - zwei Harry Hole Geschichten und nun "ihr Königreich". Vorab habe ich daher einen klassischen Krimi mit Verbrechen und interessantem Ermittler erwartet. Gekriegt habe ich eher einen Familienkrimi, der mich jedoch ebenso angesprochen hat wie seine sonstigen Krimis.

Die Geschichte handelt von den Brüdern Roy und Carl, die auf einem norwegischen Hof abseits des kleinen Dorfes Os groß werden. Die Eltern sterben, als die Kinder noch jung sind. Jahre später kehrt Carl inzwischen gebildet und verheiratet in sein Heimatdorf und zu Roy zurück, der immer noch im Ort in einer Tankstelle arbeitet und damit zufrieden ist. Carl jedoch möchte dem Dorf zu Wohlstand verhelfen, indem er ein Hotel mit Spa eröffnen will. Nach einigem Zögern schließen sich Roy und auch das Dorf der Sache an. Jedoch kommen mit Carls Rückkehr zunehmend Geheimnisse und Vergessenes aus der Vergangenheit ans Licht, die in Verbindung mit dem Unfall der Eltern stehen.

Roy erzählt aus der Ich-Perspektive von seinem Leben auf dem elterlichen Hof und seinen Gefühlen zu seinem Bruder. Diese Erzählweise ermöglicht es Nesbo, einen tollen Spannungsbogen aufzubauen. Mit jedem Gespräch, das Roy führt, werden die Kreise größer und zunehmend werden immer neue Details für den Leser zugänglich. Gleichzeitig spürt man immer stärker die düstere Atmosphäre im Verlauf der Geschichte, auch lange nicht klar wird, worauf die Geschichte eigentlich hinausläuft.

Ganz nebenbei erschafft Nesbo ein tolles Bild von der norwegischen Landschaft und dem Leben im Dorf Os. Hin und wieder gibt es einige Längen, wenn Roys Gedanken allzu detailliert erläutert werden. Jedoch werden diese durch die tollen Charaktere (nicht nur die Hauptfiguren sondern auch die weiteren Personen sind toll und authentisch gezeichnet) und den Spannungsbogen aufgefangen.

Obwohl ich mit anderen Erwartungen in die Lektüre eingestiegen bin, war ich von der Geschichte begeistert und würde mich freuen, wenn Jo Nesbo sich auch weiterhin anderen Erzählungen neben der Harry-Hole-Reihe widmet.

Bewertung vom 30.08.2020
Geburtstagskind / Ewert Grens ermittelt Bd.6
Roslund, Anders

Geburtstagskind / Ewert Grens ermittelt Bd.6


sehr gut

Das Buch "Geburtstagskind" von Anders Roslund ist ein gelungenes Solo-Debüt: ein typischer skandinavischer Krimi mit interessanten Figuren und spannden Wendungen - allerdings völlig anders als der Klappentext es erwarten lässt.

Zu Beginn dreht sich alles um das Mädchen Zana, das ihren 5. Geburtstag mit ihrer Familie feieren möchte. Stattdessen wird sie von Kommissar Ewert Grens aus der Wohnung befreit, während ihre Eltern und Geschwister Tage zuvor ermordert wurden. 20 Jahre danach offenbart es sich, dass die Täter von damals offenbar nun auch hinter Zana her sind und Grens muss feststellen, dass die Akten zum Zeugenschutz des Mädchens nicht mehr auffindbar sind. Parallel lernt der Leser den ehemaligen V-Mann der Polizei zum organisierten Verbrechen Piet Hoffman kennen, der sich für seine Familie aus dem gefährlichen Geschäft zurück gezogen hat. Doch irgendjemand kennt seine zweite Identität und erpresst ihn mit dem Leben seiner Familie.

Der Schreibstil von Anders Roslund ist wirklich hervorragend. Seine Figuren haben alles, was sie brauchen, um authentisch rüber zu kommen: Eine gute persönliche Geschichte, Stärken und Schwächen und eine sympathische, aber auch etwas depressive Persönlichkeit.

Zu Beginn hat man keine Ahnung, in welche Richtung sich die Geschichte entwickelt. Die Storylines von Piet und Ewert haben fast 200 Seiten lang augenscheinlich nichts miteinander zu tun, sind aber dennoch beide sehr spannend. Danach nimmt die Geschichte noch einmal richtig Fahrt auf, wenn man langsam erkennt, wie die Fäden zusammen laufen bis zum überraschenden Finale.

Es hat mir viel Spaß gemacht, mit Hoffmann und Grens den Tätern hinterherzujagen. Ein kleines Manko ist für mich tatsächlich der Klappentext, denn dieser lässt die Themen des Buches nicht erahnen und führt ein wenig in die Irre. Zudem wäre es schön gewesen, zu erfahren, dass es bereits vorherige Geschichten rund um die beiden Figuen gibt, so dass man als Leser die Chance hat, chronologisch zu lesen. Aber dafür kann sicherlich der Autor nichts...

Insgesamt hat mich "Geburtstagskind" sehr gut unterhalten!

Bewertung vom 17.07.2020
Paradise City
Beck, Zoë

Paradise City


sehr gut

Schöne gesunde überwachte neue Welt

Zoe Beck hat mit "Paradise City" eine Dystopie geschaffen, die viele erschreckend realistische Elemente eines Deutschland in der nicht sehr fernen Zukunft enthält. Die Geschichte gewährt den Einblick in viele Details des Lebens in der künftigen Gesellschaft, wodurch man als Leser schnell eintauchen kann.

Liina lebt in Frankfurt, der größten Megacity Deutschlands. Andere Landesteile sind verwaist oder nur dünn besiedelt und bieten nicht die Sicherheit und den Komfort der Hauptstadt. Liina ist dort für die regierungsunabhängige Presse tätig. Ohne es anfangs überhaupt zu bemerken, kommt sie einer Story auf die Spur, die sie und ihre Verbündeten in Lebensgefahr bringt.

Die Geschichte der Hauptakteurin Liina dient als Bühne für das eigentliche Highlight des Buches: Die Darstellung unserer Gesellschaft in der Zukunft. Die Menschen vertrauen der Regierung blind, geben alle persönlichen Daten arglos frei und lassen sich von einer staatlichen App gesundheitlich vollständig überwachen. Personen, die sich damit nicht arrangieren möchten oder die nicht perfekt sind, werden aussortiert und leben im sogenannten Hinterland ohne funktionierende Infrastruktur.

Die Hauptstory selbst war anfangs sehr spannend, jedoch wurde sie für mich im letzten Drittel der Geschichte eher zum Beiwerk. Viel interessanter wurde von Zoe Beck die Einzelheiten der dystopischen neuen Welt erläutert. Genau darin liegt auch die einzige kleine Schwäche des Buches. Viele ihrer Ideen werden nur oberflächlich am Rande erwähnt, obwohl man aus vielen eine ganze Geschichte hätten bauen können. Sie macht viele Themen auf, ohne sich die Zeit zu nehmen, diese zu vertiefen. Das Buch hätte gut und gern 200 Seiten mehr umfassen können, um Platz für all diese Details zu haben.

Insgesamt eine gelungene Geschichte über eine schöne gesunde überwachte neue Welt, die erschreckend vorstellbar ist.

Bewertung vom 05.06.2020
Das Dorf der toten Seelen
Sten, Camilla

Das Dorf der toten Seelen


gut

Die Inhaltsangabe des Buches "Das Dorf der toten Seelen" von Camilla Sten klingt nach einem spannenden und außergewöhnlichen skandinavischen Horrorthriller. Leider wurden meine Erwartungen daran nicht ganz erfüllt.

Alice Linstedt möchte eine Low-Budget-Doku über den verlassenen schwedischen Ort Silvertjärn drehen, in dem vor 60 Jahren alle Dorfbewohner von einem Tag auf den anderen spurlos verschwanden. Nur eine Leiche und ein Neugeborenes wurden damals im Ort gefunden. Alice fährt mit einer kleinen Gruppe in die Kleinstadt, um für einige Tage ihre Filmaufnahmen zu machen. Doch schon bald geschehen merkwürdige Dinge: Alice hört seltsames Lachen über Funk und sieht Personen, die nicht zu ihrer Gruppe gehören. Zunehmend eskaliert die Situation.

Abwechselnd zur Geschichte von Alice in der Gegenwart lernt der Leser auch die wahren Ereignisse von damals kennen. So schließt sich nach und nach Kreis zwischen Vergangenheit und Gegenwart.

Die Grundidee der Geschichte ist wirklich sehr gut, wenn auch nicht gänzlich neu. Ich hatte mich sehr auf das Buch gefreut, aber zum Ende konnte es mich leider doch nicht ganz überzeugen. Die Beschreibungen des Ortes Silvertjän sind sehr gelungen und machen sofort Lust auf eine Reise nach Schweden. Der Erzählstil der Autorin jedoch hat mich leider nicht in die Geschichte hineinziehen können. Diese wird aus der Ich-Perspektive von Alice im Präsens erzählt. Ihre Handlungen und vor allem ihre Gefühle konnte ich über weite Strecken kaum nachempfinden und die weiteren Figuren neben ihr wirkten auf mich farblos und wenig authentisch. Daher war auch ein Mitfiebern mit den sich zuspitzenden Ereignissen nicht möglich, was die Lesefreude getrübt hat. Die Geschichte aus der Vergangenheit wirkte auf mich eher wie eingeschoben und nicht wie eine wichtige Ergänzung der Hauptstory, den auch hier konnte ich keine Sympathien für die Protagonisten herstellen. Dennoch hat mir die Idee und auch die Geschichte selbst gut gefallen.

Insgesamt bewerte ich das Debüt von Camilla Sten als durchschnittlich. Die Story war interessant und spannend, jedoch scheitert das wirklich gute Leseerlebnis an dem schwachen Erzählstil und den eindimensional wirkenden Akteuren.

Bewertung vom 26.04.2020
Der Wald, vier Fragen, das Leben und ich Von einer Begegnung, die alles veränderte
Randau, Tessa

Der Wald, vier Fragen, das Leben und ich Von einer Begegnung, die alles veränderte


gut

Lebenshilfe mal anders

Dieses kleine Büchlein reiht sich ein in die lange Reihe der Lebensratgeber, die sich seit Erscheinen des bekannten "Das Café am Rande der Welt" großer Beliebheit erfreuen. Versteckt in einer leichten Erzählung wird der Leser aufgefordert, über sich und sein Leben zu reflektieren.

Hier geht es um eine Frau, mit der sich sicherlich viele Frauen in der heutigen Zeit identifizieren können: Haus, Job und Kinder wollen unter einen Hut gebracht werden und dass Zeit für sich selbst dabei hinten runter fällt, bemerkt die Protagonistin nicht. Wie viele andere ist sie in ihrem Hamsterrad gefangen und beginnt erst, dieses zu hinterfragen, als sie auf einer Bank auf einer Waldlichtung mit einer mysteriösen alten Dame spricht, die ihr die vier Fragen des Lebens vorstellt.

Diese Fragen werden ihr nach und nach offenbart und sie beginnt, zuerst in kleinen konkreten Situationen (die jeder von uns nachempfinden kann), später immer allumfassender über ihr Leben nachzudenken. Es beginnt mit der Frage: Will ich das wirklich? Also die Frage, was selbstbestimmt und gern getan wird und was lediglich fremdbestimmt und scheinbar ohne Wahl getan werden muss. Diese Frage kann jeder Leser für seine Lebenssituation anwenden und so vielleicht besser verstehen, an welchen Stellen der persönliche Ehrgeiz alle Erwartungen zu erfüllen vielleicht nicht notwendig ist.

Und in diesem Stil geht es weiter: Weitere Fragen führen bei der Protagonistin zu neuen Erkenntnissen, die sie schließlich dazu bewegen, ihre Lebensziele grundsätzlich zu hinterfragen.

Das Buch ist kurzweilig und schnell zu lesen und sicherlich kann es überhaupt nicht schaden, sich all diese Fragen auch einmal selbst zu stellen, um etwas über sich und über die eigene Motivation zu lernen und ggf. auch etwas zu ändern, um das eigene Leben besser zu gestalten.

Dennoch finde ich die ganze Geschichte zu kurz gedacht und sehr "romantisiert". Das ist schade, denn die Grundidee gefällt mir ganz gut und auch die Buchgestaltung und der Schreibstil passen gut zur Idee des Buches. Dennoch kommt dieser Ratgeber leider lange nicht an das Vorbild vom Cafe am Ende der Welt heran.

Bewertung vom 10.04.2020
Die Herren der Zeit / Inspector Ayala ermittelt Bd.3
Garcia Saenz, Eva;Garcia Saenz, Eva

Die Herren der Zeit / Inspector Ayala ermittelt Bd.3


ausgezeichnet

Hervorragendes Finale der Kraken-Reihe

Auch dieser dritte Teil hält wieder, was Klappentext und Leseprobe schon versprochen haben. Eva Garcia Saenz bringt mit "Die Herren der Zeit" ihre dreiteilige Story um den Inspector Unai Ayala, genannt Kraken im baskischen Vitoria genau so großartig zuende wie sie begonnen hat.

Unai besucht mit seiner Freundin, seinem (wundervoll gezeichneten) Großvater und seiner Tochter eine Lesung des Romans "Die Herren der Zeit", dessen Autor niemand in der Stadt kennt. Als noch vor dem Ende der Veranstaltung eine Leiche gefunden wird, findet sich Kraken schnell in seiner nächsten Mordermittlung wieder. Die Opfer werden schnell zahlreicher und die Morde stehen offensichtlich in Zusammenhang mit dem mysteriösen Beststeller, dessen Urheber nach wie vor niemand findet.

Während Kraken in der Gegenwart seine Jagd fortführt, erfährt der Leser parallel etwas aus dem besagten Roman, dessen Kapitel immer wieder eingestreut werden, so dass durch das Buch hindurch zwei Handlungsstränge verfolgt werden.

Beide Erzählungen sind völlig unterschiedlich und dennoch gleichermaßen spannend und so einnehmend geschrieben, dass man das Buch kaum aus der Hand legen mag. Die Figuren aus der Gegenwart sind schon aus den ersten beiden Teilen lieb gewonnen und haben auch hier wieder genug Raum zur Entfaltung ihrer Charaktere, so dass man diese bildlich vor sich sieht. Auch die Protagonisten aus dem 12. Jhd. sind interessant und authentisch.

Man folgt erneut dem Inspector bei seiner Jagd nach dem Mörder und auch hier wird Unai wieder persönlich involviert, was die Handlungen noch dramatischer macht. Für mich sind die Wendungen einfallsreich und unvorhersehbar, ohne konstruiert zu wirken.

Sehr schade, dass mit diesem Teil die Geschichte um Kraken und seine Begleiter bereits endet. Das Finale ist spannend und das Ende sehr authentisch und passend gewählt... der Reihe würdig. Ich empfehle dringend die Lektüre der Vorgänger, bevor man diese Geschichte liest, denn ohne das Wissen um die Entwicklung von Unai würde diese Geschichte sicherlich an Kraft verlieren.

Vielen Dank, liebe Eva Garcia Saenz für diese tollen Lesestunden. Ich freue mich auf weitere Reisen ins Baskenlan bzw. in die spanische Thrillerlandschaft.

Bewertung vom 11.03.2020
Das Haus der Frauen
Colombani, Laëtitia

Das Haus der Frauen


ausgezeichnet

Kraftvolle Geschichte über weibliche Solidarität

Wie schon "Der Zopf" habe ich auch dieses Werk von Laetitia Colombani mit Begeisterung verschlungen. "Das Haus der Frauen" ist eine wunderschöne Geschichte über zwei Pariser Frauen und die Kraft der Solidarität.

Wir lernen zunächst Soléne kennen, die nach eim tragischen Moment in ihrer Anwaltskarriere in eine tiefe Depression verfällt. Auf ärztlichen Rat hin sucht sie sich ein Ehrenamt und landet als Schreiberin im Haus der Frauen. Dort soll sie für die dort lebenenden Bewohnerinnen Briefe für alle Lebenslagen verfassen: An den Supermarkt um die Ecke, an den verlorenen Sohn und an die Queen. Was sie zunächst ungeahnte Überwindung kostet, bereichert schon bald ihr Leben immens. In einem zweiten Erzählstrang wird von der Entstehung des Hauses der Frauen berichtet. Blanche Peyron war eine mutige und loyale Frau an der Spitze der Heilsarmee und hat ungeachtet diverser gesellschaftlicher und eigener gesundheitlicher Probleme das Haus der Frauen als Ort des Schutzes für alle Frauen in Paris errichtet.

Colombani wechselt zwischen diesen beiden starken Frauen und schafft es, beiden Figuren ihre ganz eigene Tiefe und Persönlichkeit zu geben. Obwohl das gesamte Buch ohne direkte Dialoge auskommt und recht "sachlich" geschrieben ist, entwickelt man als Leser sofort eine Empathie mit beiden Charakteren. Beide Zeitebenen sind zudem im Präsens geschrieben, was beide Erzählstränge dichter zueinander bringt - zumal die Probleme der Frauen von damals und heute nicht zu sehr unterscheiden.

Es ist der Autorin wunderbar gelungen, die historischen Fakten um das Haus der Frauen und die Gründerin Blanche mit der erdachten Figur der verletzlichen Soléne zu verweben und so die Idee dieses Ortes des Schutzes und der Solidarität lebendig werden zu lassen.

Diese Geschichte ist wie schon "Der Zopf" eine echte Perle: Außergewöhnlich, ruhig, dennoch sehr tiefgründig, so dass man als Leser auch dem Zuklappen des Buches noch länger über das Gelesene nachdenkt. Ein Buch zum Nochmal-Lesen und an-alle-Freunde-weiterverschenken.