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Frie
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Hamburg
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Leseratte

Bewertungen

Insgesamt 65 Bewertungen
Bewertung vom 31.03.2022
Fräuleinwunder
Wolff, Stephanie von

Fräuleinwunder


sehr gut

Elly ist die Hauptperson dieses Romans; eine junge Frau aus bester Hamburger Familie. Daneben lernen wir ihre Freundin Ingrid und Peter, ihre erste große Liebe kennen. Es ist im Grunde ein coming of age Roman. Elly handelt gegen den Willen der Eltern nach ihrem Herzen und muss künftig auf eigenen Beinen stehen, da der Vater sie erst aus dem Haus wirft und schließlich enterbt. Zum Glück findet sie durch einen Zufall einen Job beim NWDR. Dort macht sie schnell Karriere  und sich damit aber nicht nur Freunde. Ingrid ist schwanger und wird auch von ihrer Familie verstoßen. Beide kommen auf dem Kiez in einem kleinen Hotelzimmer unter. Peter, ein ' Hamburger Jung' aus einfachen Verhältnissen, wird Ellys fester Freund. Er hat Reife und Tiefe, die Elly anzieht.
Das Buch ist flüssig geschrieben und leicht zu lesen. Die Figuren sind plastisch beschrieben. Elly wird im Schnelldurchlauf erwachsen und geht ihren Weg.
Interessant zu lesen, wie sich die Kaufmannsfamilien durch Heirat der Kinder verbunden haben und Frauen im Grunde eine Ware waren. Sehr spannend sind die Einblicke in die frühen Tage des Fernsehens. Für mich hätte es gerade am Ende des Buches etwas mehr Tiefgang sein dürfen.
Wer auf der Suche nach einer Lektüre mit Hamburg Bezug ist und einen Blick hinter die spießigen Familienstrukturen in den 50ern werfen will aber auch den Aufbruch in die Moderne finden möchte, der wird dieses Buch super finden. Solide Unterhaltung in einem schönen Einband mit einem geprägten, lackierten Titel. Dafür gibt es 4 Sterne.

Bewertung vom 27.03.2022
Schallplattensommer
Bronsky, Alina

Schallplattensommer


sehr gut

Maserati ist ein ungewöhnliches Mädchen. Intelligent, kratzbürstig, ein Geheimnis hütend, hart arbeitend und liebevoll um ihre Großmutter bemüht. Ihre Geschichte erfahren wir im Verlauf des Romans, aber immer wie unbeabsichtigt. Um sie herum sind Männer, die Einfluss auf ihr Leben nehmen und deren Leben andersherum auch durch Maserati beeinflusst werden. Auf dem Weg zur ersten Liebe erfährt sie, dass auch andere in jungen Jahren schon viel erlebt haben- wie sie.
Bronsky schreibt routiniert gut und hält mich als Leserin im Bann der Geschichte.
Leider ist für mich das Ende der schwächste Teil des Buches.
Insgesamt ein gut geschriebener coming of age Roman. Stören tut mich, dass es viel um überdurchschnittliche Attraktivität geht und es nicht reicht, dass Maseratis Mutter ein Promi ist, sondern auch eine berühmte Verlegerfamilie eine Rolle spielen muss. Ein bisschen zu viel Drama und yellow press für mich. Es gibt 3,5 Sterne.

Bewertung vom 23.03.2022
Die Singuläre Frau
Kullmann, Katja

Die Singuläre Frau


gut

Ein Buch über Frauen; insbesondere über ungebundene Frauen, aber nicht nur über diese. Auserdem ist es ein Buch über das Leben der Autorin und ihren Beziehungen zu Männern und ihren Wandel zur Frau, die gerne alleine 'ihren Mann steht'. Katja Kullmann hat viele sehr interessante Fakten gesammelt und verbindet diese mit der Geschichte, der von ihr so benannten 'singulären' Frau. Das ist für den Sachteil informativ und für ihre eigene Geschichte humorvoll und kurzweilig beschrieben. An mindestens zwei Stellen zieht sie ziemlich über andere Frauen her... das hat mich gestört und gehört m.E. nicht hier hin. Es hat auch das Thema nicht voran getrieben. Während des gesamten Buches habe ich mich gefragt, worauf die Autorin hinaus will. Geht es um die neue Namensgebung oder die Lebensumstände dieser 'Singulären'? Will sie öffentlich ihr eigenes Leben strukturell einordnen? Ich wüsste jetzt nicht, wem ich das Buch empfehlen könnte.
Es fehlt mir außerdem Struktur im Buch. Weder die Kapitelüberschriften noch die weiteren Unterteilungen helfen mir inhaltlich oder strukturell weiter.
Wenn ich jetzt etwas wiederfinden wollte, würde es mir nicht gelingen.
Umfangreich sind die Anmerkungen und die Literaturliste.
Ich vergebe drei Sterne, da es trotz fehlender Struktur unterhaltsam und lehrreich war.

Bewertung vom 09.03.2022
Eine Frage der Chemie
Garmus, Bonnie

Eine Frage der Chemie


sehr gut

Elisabeth Zott, Chemikerin, hat es in den frühen 60er Jahren nicht leicht, sich im Job zu behaupten. Zu groß sind die Erwartungen von Männern und Frauen an die Rolle, die eine Frau in der Gesellschaft einnehmen sollte.
Wir treffen aber auf eine Elisabeth, die sich nicht die Butter vom Brot nehmen lässt und für sich, aber auch alle anderen Frauen kämpft.
Obwohl sie vergewaltigt wird; ihre große Liebe verliert; ein uneheliches Kind aufziehen wird; ihren Job verliert (eben wegen dieses unehelichen Kindes); Frauen sich daran beteiligen, ihr das Leben schwer zu machen und fortwährend von Männern ihre Forschungsergebnisse als die eigenen ausgegeben werden, macht sie das Beste aus ihrem Leben.
Das führt dazu, dass sie ein tolles Kind groß zieht, eine Freundin gewinnt, einen guten Freund findet (nicht üblich in den 60ern) und sich einen Hund anschafft, an dessen Gedanken wir teilhaben dürfen.
Revolutionär entwickelt sich allerdings ihr Job im Fernsehen mit der Sendung 'essen um 6'. Es widerstrebt ihr, im Rock oder Kleid eine Kochsendung zu moderieren, in welcher Dosensuppen aufgewärmt werden. Sie hat ein Anliegen: es soll gesundes, ausgewogenes Essen für Frauen sein, die eine Mahlzeit auf den Punkt zubereiten können.
Und das geht nicht ohne Chemie! Kompromisslos geht sie ihren Weg:; die Zuschauerinnen fühlen sich ernst genommen, das führt zu hohen Einschaltquoten. Das Ganze ist sehr amüsant beschrieben: wenn plötzlich der Chef kein Aspirin angeboten bekommt sondern Acetylsalicylsäure oder statt Salz Natriumchlorid auf den Tisch kommt. Auch Elisabeth lernt dazu. Ein weiterer Vergewaltigungsversuch wird elegant gestoppt, endet mit einem Herzinfarkt und man traut Elisabeth zu, dass sie aus der Drohung ernst gemacht hätte.
Die Geschichte nimmt ein gutes Ende: Elisabeth kann ihre Forschungen wieder aufnehmen. Sie gewinnt eine Förderung und lernt die Mutter ihrer großen Liebe kennen.
Ich habe Elisabeth und ihre Tochter MAD sofort ins Herz geschlossen. Es handelt sich um solide Unterhaltung, in der auch schwierige Themen einen angemessenen Platz finden. Ich konnte befreit lachen aber war auch mit den Protagonisten gerührt und verärgert. Ich werde fad Buch empfehlen und verschenken und werde nach neuen Büchern der Autorin Ausschau halten. Alles in allem solide 4 Sterne.

Bewertung vom 23.02.2022
Tell
Schmidt, Joachim B.

Tell


ausgezeichnet

Dank Schiller wissen wir alle mehr oder weniger, was es mit dem Schweizer Helden Tell auf sich hatte. Das Bild eines Jungen mit einem Apfel auf dem Kopf, eine Armbrust oder auch die hohle Gasse, die nach Küssnacht führt; irgendwie kommt das doch Vielen bekannt vor.
Was uns jetzt begegnet mit 'Tell' hat das Zeug dazu, dass doch viel mehr Menschen in Zukunft noch deutlich mehr wissen könnten.
Die Geschichte Wilhelm Tells in kurzen Kapiteln aus der Sicht von ca 20 verschiedenen Personen ist mitreißend erzählt. Zum Glück arbeitet Schmidt nicht mit ununterbrochenen Rückblenden, die für mich immer den Fluß der Geschichte unterbrechen, sondern jede kleine Sequenz treibt die Geschichte voran.
Atemlos folgte ich den Geschehnissen, wollte dabei bleiben und bin traurig, dass das Buch nun zuende ist.
Schmidt stellt seinem wortkargen Tell viele starke Frauen zur Seite: Frauen, die Bären verjagen; im richtigen Moment das richtige tun; ihre geschändeten Töchter rächen; ihre Ungeborenen beschützen und auf ihre Art dafür sorgen, dass die Familie Tell weiter lebt und der Hof im Familienbesitz bleibt.
Die Männer kommen zumeist nicht gut weg: viele sind brutal, dumm, hormongetrieben und unmoralisch.Tell selbst macht in der Geschichte eine Verwandlung mit. Erst tut man sich schwer, ihn zu mögen. Am Ende der Geschichte erkennt man seine seelische Not und seine Liebe zum Sohn und zur Familie.
Der Landvogt Gessler ist eine krasse Fehlbesetzung im Amt und macht alles falsch, obwohl er mindestens ahnt, dass er anders auftreten und handeln müsste.
Sie alle bezahlen ihr Verhalten mit dem Leben; mal richtet das Schicksal, mal der Mensch.
Aus meiner Sicht eine ganz klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 20.02.2022
Die dritte Hälfte eines Lebens
Herzig, Anna

Die dritte Hälfte eines Lebens


gut

Die Handlung spielt in Krimmwing, einem fiktiven Dorf in Österreich.
Der schmale Roman, 127 Seiten in großer Schrift gedruckt, gliedert sich in zwei Teile: was man gehört hat und was die Leute sagen.
Von den vielen Menschen, die in einem solchen Dorf eine Rolle spielen, lernen wir drei etwas besser kennen, drei weitere haben für den Fortgang der Geschichte ebenfalls eine Bedeutung.
Seppi hat einen Vater aus Nigeria und dessen Aussehen und Hautfarbe geerbt. Er wird die Hauptzielscheibe der dumpfen Dorfjugend und gequält und drangsaliert. Vorsichtshalber schauen alle weg, die helfen könnten, so dass er sogar außerhalb des Dorfes, auf einem Jugendlager, durch die Erzieherinnen keine Unterstützung erhält. Seine schwache Mutter kommt mit sich selbst nicht zurecht und überlässt ihn im Grunde seinem Schicksal. Der 'diverse' Lebensgefährte der Mutter (am Ende ist mir die sexuelle Orientierung immer noch unklar; auf jeden Fall ist er dann eine 'Sie') hält ein bisschen die Hand über den Jungen und sorgt am Ende dafür, dass dieser zu seinem Vater kommt.

Die Stärke des Buches liegt in einer ungeschönten, klaren Sprache, die mit wenigen Worten bildhaft tragische Inhalte transportieren kann: eine stumme Mutter mit lila-gelblichen Flecken unter dem Hauskleid. ...wenn der Vater ruft, mit der Vaterstimme, dann gibt es keinen Spielraum. Nur mehr: das Ertragen....
Eine der Schwächen des Buches liegt darin, dass eine der Hauptpersonen unerwartet einen anderen Namen hat, ohne daß dies sofort erkennbar wäre. Hier wäre ein Personenverzeichnis hilfreich gewesen. Denn auch weitere Personen haben plötzlich andere oder 'neue' Spitznamen. Ich habe das Buch ein zweites Mal gelesen und mir eine Liste gemacht, damit ich das verstehe. Steinlacher Sepp; Steinlacher Seppi, Sepp, Seppi, Josef, Peter, Dohringer Peter, Dohringer ...alles die gleiche Person....sehr verwirrend.
Warum nun diese drei am meisten betroffen Personen so handeln, wie sie es tun, wurde mir nicht klar; genauso warum die Dörfler auf ihnen rumhacken bleibt weitgehend im Dunkeln: Eifersucht wird bei Liesl als mögliches Motiv ins Spiel gebracht.
Das führt dazu, dass mir der Rathbauer zunächst sehr sympathisch erschien, ich im weiteren Verlauf seine Persönlichkeit nicht mehr greifen konnte. Sind die anderen Bewohner des Dorfes einfach dumm oder haben sie Gründe für ihr Handeln?
Diesem Buch hätten ein paar Seiten mehr gut getan, um das wichtige Thema: Ausgrenzung des 'Anderen' genauer zu beleuchten. Das Buch hat einen Einband (Apfel auf Tisch), den ich nicht verstehe und eher mit Tell verbinde. Der Titel dritte Hälfte eines Lebens erinnert an die Subline eines deutschen Frauenmagazins.
Ich hatte mich sehr auf das Buch gefreut, bleibe etwas ratlos zurück und gebe drei Sterne für das Thema und die gute Lesbarkeit bei aller Kritik.

Bewertung vom 07.02.2022
Das Reich der Macht / Jack Ryan Bd.25
Clancy, Tom;Cameron, Marc

Das Reich der Macht / Jack Ryan Bd.25


weniger gut

Ich habe zuvor kein Buch der Reihe gelesen. Ansprechend finde ich den Buchumschlag, der aussieht wie aus Metall.
Ein Aufkleber weist das Buch als Jack Ryan Roman aus. Den gibt es zwar, als amtierenden amerikanischen Präsidenten und als dessen Sohn, einen Außenagenten; In Teilen des Buches spielen die beiden allerdings keine Rolle. Verschiedene Vorkommnisse an unterschiedlichen Stellen auf der Welt haben Bezug zu China und der Präsident der USA muss herausfinden, mit wem er es an der chinesischen Spitze zu tun hat. Beim G 20 Gipfel werden die beiden Präsidenten aufeinander treffen. Ist der chinesische Machthaber ein Lügner oder ist er im Rahmen politischer Grenzen vertrauenswürdig? Alle Recherchen nach verschiedenen Anschlägen weisen auf die chinesische Spitze hin.
Daneben gibt es einen ausführlichen Erzählstrang, der sich mit Menschenhandel, Kinderprostitution und Snuff Videos beschäftigt. Hier begleiten wir die Leiterin einer Spezialeinheit für Verbrechen gegen Kinder. Am Ende werden die Erzählstränge so locker verknüpft, dass es auch zwei verschiedene Bücher hätten sein können.
Das Buch lässt sich gut lesen, obwohl es mit über 630 Seiten dick ist. Die verschiedenen Erzählebenen wechseln sich häufig ab, die Spannung wird dauerhaft hoch gehalten.
Clancy selbst ist verstorben und das Buch von Marc Cameron geschrieben. Das kann für Fans der Reihe eine Rolle spielen.
Das Buch beginnt mit einer Aufstellung der Hauptpersonen; die ist mit 42 Menschen nicht gerade kurz. Doch schon im ersten Kapitel tauchen weitere Personen auf, die sich nicht auf der Liste finden; da wird einem bange. Der Erzählstil ist weitschweifend, was zum Umfang beiträgt:
In seinem orangefarbenen Dry Suit loggt sich Lieutenant Commander Slaznik in das Aviation Logistics Management Information System auf der anderen Seite des Schreibtisches des diensthabenden Captains ein, um die Wartungsinformationen zu überprüfen.
Davon gäbe es viele Beispiele. Im Verlauf des Buches überliest man solche Sätze. Es kommen viele Menschen ums Leben, zum Teil erfährt man genau, wie. Das gefällt sicher nicht allen Lesern, mir z.B. nicht. Auch die sehr detaillierten Beschreibungen der kinderpornografischen Szenen sind widerlich. Weder auf der Rückseite noch auf dem Klappentext wird darauf hingewiesen; nicht nur ich werde davon überrascht worden sein. Damit holt das Buch eine spezielle Leserschaft ab; Frauen werden es vermutlich eher wenige sein. Der Thriller hat keinerlei psychologische Finesse sondern kommt stumpf und brutal daher. Da ich ihn trotz allem zuende gelesen habe, bekommt er noch zwei Sterne von mir.

Bewertung vom 29.01.2022
Die Schachnovelle
Zweig, Stefan

Die Schachnovelle


ausgezeichnet

Auf einem Passagierschiff befindet der Schachweltmeister Czentovic. Dieser wird durch einen Erzähler eingeführt. Er ist kein Intellektueller und versucht mit allen Mitteln, Kapital aus seiner Fähigkeit zu schlagen. Aus verschiedenen Motiven versuchen Reisende, Czentovic zu einem Schachspiel gegen sie als Gruppe zu bewegen. Gegen Geld willigt er ein. Während einer dieser Partien erscheint eine weitere weitere Person, Dr. B, dieser hat überraschend überdurchschnittliche Schach Kenntnisse. Es gelingt ein Remis gegen den Weltmeister. Czentovics Ehrgeiz ist geweckt. B erzählt seine Lebensgeschichte und wir erfahren von psychischer Folter durch die Gestapo.
Er kann ein Buch mit Schachpartien entwenden, lernt diese auswendig und wird in der Folge krank, da er imaginäre Spiele im Kopf gegen sich selbst austrägt und wahnsinnig wird.
Dr B überlebt mit Hilfe eines Arztes.
Czentovic und Dr. B. spielen gegeneinander. Czentovic erkennt die Schwäche seines Gegners und spielt ihn aus.
Das Ganze ist beängstigend, da Dr. B während des Spiels wieder in seine kranken Verhaltensmuster abrutscht. Er zeigt an dieser Stelle eine andere Persönlichkeit.
Das Buch ist als Kritik an psychischer Folter zu verstehen und zeigt deutlich, was diese anrichtet mit Menschen.
Zweig ist ein meisterhafter Erzähler und schafft es mit kleinen Sätzen, starke Spannung aufzubauen. Vermutlich wird niemand das Buch aus der Hand legen, ohne es in einem Rutsch gelesen zu haben. Diese Novelle ist nicht ohne Grund weltberühmt.

Bewertung vom 22.01.2022
Strahlemann
Schaefer, Fritz

Strahlemann


sehr gut

Fritz nimmt uns mit in die ersten 20 Jahre seines Lebens. Auf dem Cover ist ein Bild von ihm mit ca 7 Jahren und obwohl der Titel Strahlemann heißt blickt uns Fritz sehr skeptisch an; da hat er schon ein bisschen was erlebt. Anfangs habe ich mir die lustigen Stellen markiert. Ich habe es aufgegeben, da ich ungefähr auf jeder zweiten Seite lachen musste. Es ist aber nicht so, dass die Szenen aus seinem Leben per se lustig gewesen wären - lustig ist, was er daraus macht, wenn er sie beschreibt. Er ist nicht mit dem goldenen Löffel im Mund groß geworden und das Schicksal hat um ihn keinen Bogen gemacht. Trotzdem hat er sich wohl vorgenommen, diese Herausforderungen anzunehmen und das Beste daraus zu machen. Das kann auch eine tiefschwarze Betrachtung sein (meine liebsten Stellen); aber er nimmt damit, diesen zum Teil bitteren Szenen, die Spitze und macht sich zum Erzähler und Gestalter seines Lebens. Das ist bestimmt nicht immer leicht, aber beeindruckend und eben wirklich lustig erzählt.
Ich hätte gerne was von Fritz (auch die Stelle mit der Beschreibung seiner Vornamen ist herrlich), leider bin ich echt Anfängerin. Das ist genau das richtige Buch, wenn man lachen möchte oder denkt, das Leben ist gerade gemein zu einem (mit Fritz an der Seite fühlt sich das schon besser an). Bei der Beschreibung der Szene im Friseur musste ich an Hape denken. Wenn Fritz in seine Stapfen treten sollte, dann hören und sehen wir hoffentlich noch mehr von ihm.
Fritz, weiter so. 4 Sterne für den Strahlemann.

Bewertung vom 22.01.2022
Eure Leben, lebt sie alle
Hein, Sybille

Eure Leben, lebt sie alle


gut

Ein Frauenbuch, bei welchem die Protagonistinnen über einen Mann miteinander verbunden sind: Jonas.
Der ist viel zu früh verstorben und behält doch seine Mutter und vier seiner Freundinnen in seinem Bann. Nun 20 Jahre später, mit beginnenden hormonellen Veränderungen, stellen sich alle Frauen die Frage, ob sie noch so weiter machen können oder wollen. Da werden kleine OPs vorgenommen; Verhältnisse angefangen; das eigene Leben vernachlässigt und dafür der Vater gepflegt; nach Anzeichen von Demenz gesucht; gesungen oder ... der hatte Weg auf den Boden der Tatsachen gewählt.

Und diese Frauen, obwohl sie zum Teil nur durch Jonas eine Verbindung haben, stehen sich bei oder machen sich auch mal gegenseitig das Leben schwer. Am Ende findet jede einen neuen oder alten Weg für das eigene Leben.
Das Älterwerden wirft viele Fragen auf und lässt viele Antworten zu. Manche davon finden sich in diesem Buch. Und nicht jedes Vergessen oder jede Verwirrung ist gleich eine Demenz. Das macht Hoffnung:)
Sybille Hein findet immer wieder amüsante Formulierungen: ,Böhms Schweigen ist schon immer ein sehr lautes Schweigen gewesen' oder 'Aschekrümel rieseln auf meinen Schoß, sie könnten auch aus meinem Kopf gerieselt kommen'. Das bringt einen immer mal zum Grinsen.
Der Bucheinband ist fröhlich, hat aber mit dem Inhalt nicht viel zu tun. Der Titel klingt nach Ratgeber - der Roman ist keiner.
Das Buch ist leicht zu lesen und eine nette, unbeschwerte Lektüre.
Ich fühlte mich gut unterhalten und gebe 3 Sterne.