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Krimine

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Insgesamt 214 Bewertungen
Bewertung vom 23.12.2019
Poppy
Korten, Astrid

Poppy


ausgezeichnet

Ein sehr trauriger und bewegender Psychothriller

Poppy ist sechs Jahre alt, als sie mit ihrer Mutter die heruntergekommene Hochhauswohnung verlässt und in eine wunderschöne Villa zieht. Denn ihre Mutter hat einen neuen Freud, der zwar ein wenig alt und nicht gerade ansehnlich ist, dafür aber ein gut gehendes Unternehmen und viel Geld besitzt. Damit kauft ihre Mutter von nun an täglich ein, fühlt sich schön und privilegiert und merkt nicht, was hinter ihrem Rücken in der imposanten Villa mit ihrer kleinen Tochter geschieht.

"Poppy" ist die tragische Geschichte eines Mädchens, das viele Jahre durch die Hölle ging, ohne dass jemand es merkte und ihr half. Ganz im Gegenteil. Dankbar sollte sie sein, für die vielen Geschenke, die sie von ihrem neuen Stiefvater bekam und für seine Fürsorge und Liebe, die er ihr jeden Tag zuteilwerden ließ. Dass er dabei immer wieder die Grenzen überschritt, wurde dem kleinen Mädchen erst viel später klar. Sie spürte nur, dass sie es nicht mochte, was er mit ihr tat. Aber wirklich wehren konnte sie sich nicht.

Astrid Korten hat in ihrem neuen Psychothriller eine Thematik aufgegriffen, die entsetzt und doch alltäglich ist. Immer wieder werden Kinder gequält und missbraucht. Wie ihre kleine Heldin Poppy, die klug und mutig ist und sich trotz des abscheulichen Verhaltens ihres Stiefvaters und der Unfähigkeit ihrer Mutter auf sie aufzupassen, nicht unterkriegen lässt. Mit viel Feingefühl und einer dem Unfassbaren innewohnenden Normalität erzählt sie, wie Poppy ihre Kindheit und Jugend erlebt und dabei stets versucht, auf ihre eigene Art wenigstens etwas glücklich zu sein.

Fazit:
Ein sehr trauriger und bewegender Psychothriller, der auf wahren Begebenheiten beruht und deutlich macht, wie unvollkommen unsere Gesellschaft ist und wie sie ihre Wahrnehmung viel zu oft vor kindlichen Qualen verschließt.

Bewertung vom 15.12.2019
Der Tannenbaum des Todes
Heitz, Markus

Der Tannenbaum des Todes


ausgezeichnet

Eine unterhaltsame Sammlung mit schwarzhumorigen Weihnachtsgeschichten
Ein Creepy-X-Mas-House-Of-Horror, eine Puppe aus der Bling Bling Bitch Kollektion oder ein Banking-Millionärs-Monopolyspiel, das horrende Siegprämien verspricht. Die Geschenkeliste in der schaurig schönen und mit vielen makabren Begebenheiten einhergehenden Geschichtenanthologie des Bestsellerautors Markus Heitz ist lang. Doch was geschieht, wenn der vermeintliche Sack des Weihnachtsmannes plötzlich in einem kleinen verschneiten Wald gefunden wird oder herrenlos mitten auf einem gut besuchten Bahnsteig steht? Denn niemand kann dem Überbleibsel der heiligen Traditionen heutzutage noch trauen und schwört aus Sicherheitsgründen lieber auf einen Bombenalarm.

Mehr als 24 herrlich schräge und bitterböse Weihnachtsgeschichten und -gedichte wurden in "Der Tannenbaum des Todes" friedlich miteinander vereint und um auszuwürfelnde Menüvorschläge für den Heiligabend ergänzt. Doch wie kam es überhaupt dazu, dass der bekannte Fantasy-, Horror- und Science-Fiction-Autor über falsche Nikoläuse, korrupte Weihnachtsmänner, kindliche Geschenkterroristen und tödliche Lebkuchenwettbewerbe schreibt? Eine Veranstaltung mit dem Titel "Böser die Glocken" ist verantwortlich dafür, dass er in jedem Jahr drei wenig besinnliche Weihnachtsgeschichten verfasst und sie, kombiniert mit einem 4-Gänge-Menü, im Zweibrückener Wirtshaus Zum Alten Bahnhof zum Besten gibt.

Jede Menge fiese Einfälle, gruselig anmutende Idee und gut beobachtete Festtagsrituale liefern den Stoff dafür, dass Markus Heitz uns Leser mit einer satirisch angehauchten Weihnachtsgeschichtensammlung ordentlich auf die Schippe nimmt. Ob chaotische Weihnachtsfeiern oder liegen gebliebene Rentierschlitten, nervtötende Schlangen an den Kaufhauskassen oder mordenden Weihnachtsmänner. Keine noch so kleine Möglichkeit, eine abstruse Festtagsgeschichte zu ersinnen lässt er aus und sorgt dafür, dass es unter dem jährlich leuchtenden Weihnachtsbaum zwar ungemein böse zugeht, es aber trotzdem erstaunlich weihnachtlich ist.

Fazit:
Eine unterhaltsame Sammlung mit schwarzhumorigen Weihnachtsgeschichten und -gedichten, die voller skurriler Szenen und schräger Pointen sind.

Bewertung vom 01.12.2019
Die Wahrheit will nicht sterben
Pen, Paul

Die Wahrheit will nicht sterben


sehr gut

Ein Thriller, der ruhig beginnt, später aber einen Schrecken nach dem anderen präsentiert

Der Hoteldirektor Frank und seine Frau Grace haben in ihrem Leben alles erreicht. Sie führen eine gute Ehe, arbeiten in einen einträglichen Job und haben zwei wundervolle Kinder, die sie glücklich machen.. Doch in letzter Zeit geschehen Dinge, die merkwürdig sind. Erst verschwinden die Frettchen ihrer Tochter Audrey, obwohl sie im Käfig eingeschlossen waren. Dann fallen Grace die Haare aus und niemand weiß warum. Und zu guter Letzt erleidet der kleine Simon einen Unfall, bei dem er eines seiner Augen verliert. Von den Vorfällen irritiert brechen sie ihre Zelte in Seattle ab, um von nun an in Boston zu leben. Mit ihrem Wohnmobil machen sie sich auf den Weg und plötzlich gibt es einen Zwischenfall, der ihre Pläne zerstört und den mit einer Schuld beladenen Familienvater in das Grauen seiner Vergangenheit blicken lässt.

"Die Wahrheit will nicht sterben" ist ein Thriller, der ruhig beginnt und später immer rasanter wird. Doch bevor etwas Schreckliches geschieht, lernt der Leser zunächst einmal Frank und seine Familie kennen. Seine Frau, die Youtuberin Grace, die die ganze Welt an ihrem glücklichen Familienleben teilhaben lässt, seine Tochter, die pubertierende Audrey, die ihren Eltern gerne altkluge Ratschläge erteilt und seinen Sohn, den kleinen Simon, der seid dem Verlust eines Auges eine riesige Anzahl an verschiedenen Augenklappen besitzt. Sie alle glauben, dass niemand ihre gut funktionierende Gemeinschaft zerstören kann. Allerdings nur bis zu dem Tag, als sie auf die selbstzerstörerische Maria treffen, die mit voller Absicht einen Zwischenfall mit dem nach Boston fahrenden Wohnmobil provoziert.

Paul Pen versteht es, seine Leser an das Geschehen zu fesseln und sie, genau wie die Figuren im Buch, ein emotional aufreibendes Martyrium durchleben zu lassen. Sei es durch geschickt platzierte Andeutungen, die Schreckliches erahnen lassen oder durch grauenhafte Ereignisse, die für eine kaum zu beherrschende Angst zuständig sind. Denn das, was in der zweiten Hälfte des Buches geschieht, ist der pure Horror für alle Beteiligten und stellt ihr Leben auf den Kopf. Mit einem Schreibstil erzählt, der nur so über die Seiten fliegen lässt und Beschreibungen, die nicht für Zartbesaitete geeignet sind, wird das Grauen in jedem einzelnen Detail ans Tageslicht gezerrt. So wird der Leser in den Sog von Ereignissen gezogen, die nur schwer zu fassen sind und die er mit einer enormen Wut im Bauch letztendlich nur verurteilen kann.

Fazit:
Ein Thriller, der erst eine Weile braucht, um zu zeigen, was in ihm steckt. Dann aber mit voller Wucht einen Schrecken nach dem anderen präsentiert. Eine gute Empfehlung für Leser, die Geschichten mit unerwarteten Wendungen und menschlichen Abgründen mögen.

Bewertung vom 02.11.2019
Der zehnte Gast
Lapena, Shari

Der zehnte Gast


sehr gut

Ein geheimnisumwobener und atmosphärischer Whodunitkrimi

An einem bitterkalten Wochenende verbringt eine bunt zusammengewürfelte Schar von Gästen ihr Wochenende in einem abgelegenen Berghotel, das durch einen Schneesturm von der Außenwelt abgeschnitten wird. Gut versorgt, mit einem prasselnden Feuer im Kamin fühlen sie sich wohl, bis in der ersten Nacht ein brutaler Mord geschieht. Seid dem macht sich Panik unter den Eingeschlossenen breit und jeder von ihnen verdächtigt jeden, ein Mörder zu sein.

„Der zehnte Gast“ ist nach „The Couple Next Door" und „A Stranger in the House" das dritte Buch von Shari Lapena, das in deutscher Sprache erschienen ist. Als Kriminalroman verfasst, mutet es wie eine Hommage an Agatha Christie an, nur, dass sein Handlungsort nicht in einem fiktiven englischen Dorf gelegen ist, sondern auf einem Bergzug im US-Bundesstaat New York. Mit einem rätselhaften Fall, heimlich verübten Morden und undurchsichtigen Figuren führt sie ihre Leser, genau wie die Queen of Crime, geschickt an der Nase herum. Denn immer, wenn einer der Anwesenden besonders verdächtig ist, gerät er in Gefahr und die Suche nach dem Täter beginnt von vorn.

Shari Lapena verfügt über einen Schreibstil, der sich angenehm liest. Viele kleine, gut versteckte Hinweise, falsche Fährten und finstere Geheimnisse sorgen dafür, dass die Atmosphäre immer unheimlicher wird, während ein Mord nach dem anderen geschieht. Dazu werden einige der stattfindenden Szenen aus der Sicht von verschiedenen Gästen mehrfach erzählt, sodass ein komplexes Bild der immer gefährlicher werdenden Geschehnisse entsteht. Und die ganze Zeit über rätselt der Leser mit, spürt die Anspannung unter den Anwesenden und ist am Ende erstaunt, wer hinter den verübten Verbrechen steckt.

Eines aber gibt in diesem Krimi Anlass zur Kritik und lässt den Leser nach einer spannenden Jagd mit einem unzufriedenen Gefühl zurück. So wird am Ende des Buches der enorm knifflige Fall viel zu lieblos aufgelöst, indem nicht etwa Sergant Margaret Sorensen die verübten Morde durch logische Schlussfolgerungen klärt. Sondern nur ein klitzekleiner Zufall führt dazu, dass der Täter gestellt werden kann, während sein stattgefundener Rachefeldzug in einem abschließenden Rückblick nachgelesen werden kann.

Fazit:
Ein geheimnisumwobener und atmosphärischer Whodunitkrimi, der in guter Agatha-Christie-Manier rätseln lässt, wer hinter einer Reihe an perfide verübten Morden steckt. Nur das Ende enttäuscht ein wenig, weil die Auflösung zu abrupt und unspektakulär geraten ist.

Bewertung vom 08.09.2019
Wir gegen euch / Björnstadt Bd.2
Backman, Fredrik

Wir gegen euch / Björnstadt Bd.2


sehr gut

Ein emotional bewegender und streckenweise sehr düsterer zweiter Teil

Es brodelt gewaltig in Björnstadt seid der Eishockeyklub geschlossen wurde und die Einwohner des kleinen Ortes wütend auf Maya und ihren Vater sind. Eine Situation, die immer gefährlicher wird und durch falsche Anschuldigungen und hinterhältige Intrigen zu eskalieren droht. Und erst als ein korrupter Politiker seine Chance ergreift und eine neue Trainerin engagiert, wendet sich das Blatt. Ohne es gleich zu merken, schleicht sich in die Köpfe der Menschen Hoffnung ein und während ein neues Eishockeyteam zusammenwächst, kehrt langsam Ruhe in die kleine Gemeinschaft ein.

„Wir gegen euch“ ist nach „Die Stadt“ der großen Träume“ der zweite Teil der Geschichte von Björnstadt. Einem kleinen Ort irgendwo im Nirgendwo, in dem sich alles nur ums Eishockey dreht und um den Wunsch zu siegen. Dabei hätte es fast geklappt, dass ihre Eishockeymannschaft in aller Munde ist, bis ein einziger Zwischenfall ihre Träume zerstört. Seid dem regiert der Hass in der kleinen Stadt, der von Tag zu Tag größer wird und die mit ihm zutage tretende Gewalt, die das Vertrauen in eine glückliche Zukunft schwinden lässt. Eine Entwicklung, die Fredrik Backmann mit vielen beängstigenden Episoden, menschlichen Verfehlungen und wüsten Beschimpfungen beschreibt und den Leser die düstere Stimmung regelrecht spüren lässt.

Der Großteil der Figuren in dem ergreifenden Roman sind aus dem ersten Buch hinlänglich bekannt, erfahren aber durch die prägenden Umstände und die inzwischen vergangene Zeit eine Weiterentwicklung. Wie Benji, der durch einen Vertrauensbruch geoutet wird und nach seinem emotionalen Zusammenbruch einen neuen Platz im Team der Eishockeymannschaft finden muss. Oder Leo, der als kleiner Bruder von Maya plötzlich im Mittelpunkt unschöner Anfeindungen steht und durch seine übersteigerte Gegenwehr, zu einem gewaltverherrlichenden Schläger mutiert. Deshalb wird es in Björnstadt nie mehr so sein, wie es einmal war, und trotzdem gibt es für alle eine neue Chance.

Fazit:
Ein emotional bewegender und streckenweise sehr düsterer Roman, der eine Vielzahl von Einzelschicksalen in den Mittelpunkt der Handlung stellt und durch die Bewältigung enormer Tiefschläge, Mut zu machen versteht.

Bewertung vom 23.06.2019
Die Stille des Todes / Inspector Ayala ermittelt Bd.1
Garcia Saenz, Eva

Die Stille des Todes / Inspector Ayala ermittelt Bd.1


ausgezeichnet

Ein rasanter, undurchsichtiger und wendungsreicher Thriller

Während der Restaurationsarbeiten werden in der alten Kathedrale von Vitoria zwei Leichen entdeckt, die genauso hergerichtet worden sind, wie bei einer Serie von Ritualmorden zwanzig Jahre zuvor. Mit einer Hand an die Wange des anderen Opfers gelegt, bieten sie einen Anblick, der den anwesenden Kriminalisten Gänsehaut über den Rücken jagt. Denn der Mörder von einst wurde gefasst und sitzt seine Strafe noch immer im Gefängnis ab. Doch wer hat dann das junge Pärchen in der Krypta umgebracht?
Ein schockierender Fall, den der Profiling-Experte Ayala gemeinsam mit seiner Kollegin Inspectora Gauna übernimmt und sich plötzlich nicht mehr sicher ist, ob der Mörder wirklich seit 20 Jahren gut bewacht in einer Einzelzelle sitzt.

„Die Stille des Todes“ ist ein beeindruckender erster Fall für Inspector Unai López de Ayala, genannt Kraken, der bei der Kriminalpolizei von Vitoria tätig ist und die damalige Mordserie noch völlig unbedarft als jugendlicher Zuschauer begleitet hat. Nun aber agiert er als Spezialist, der verantwortlich für den Verlauf der Ermittlungen ist und schwört beim Anblick der beiden Toten eine gnadenlose Jagd. Dabei wird er nicht nur mit Argusaugen von seinen Vorgesetzten und den Geier der Presse kritisch beäugt, sondern auch und der einstige Mörder meldet sich zu Wort und bietet ihm seine Hilfe an.

Die aus dem Baskenland stammende Autorin Eva García Sáenz hält die Spannung von der ersten Seite an hoch und schafft es die Gedanken und Gefühle des ermittelnden Ich-Erzählers Ayala dermaßen intensiv darzustellen, dass der Leser gefangen von dessen schon an Besessenheit grenzenden Ermittlungen ist. Dabei gewährt sie interessante Einblicke in die Vergangenheit, in eine Zeit, als die ungewöhnliche Mordserie die Bewohner von Vitoria verängstigt hat und zutage trat, dass der psychopathische Mörder bei der Auswahl seiner Opfer und Tatorte ein bestimmtes Muster zugrunde hat. Ergänzt wird das Ganze von wunderbar bildhaften Beschreibungen der geschichtsträchtigen Orten, die eine unrühmliche Rolle in dem Schreckensszenario spielen und so makaber es auch klingen mag, Lust auf einen Besuch derselben machen.

Fazit:
Ein rasanter, undurchsichtiger und wendungsreicher Thriller mit einem fesselnden Kriminalfall, interessanten Figuren und einem Ende, das auf jeden Fall überrascht. Eine gute Empfehlung für Krimi- und Thrillerfans.

Bewertung vom 29.04.2019
Der Wal und das Ende der Welt
Ironmonger, John

Der Wal und das Ende der Welt


sehr gut

Ein ergreifender Roman, der mit viel Herzblut und Hoffnung geschrieben ist

In dem kleinen Fischerdorf St. Piran wird ein nackter junger Mann an den Strand gespült, wo er nur kurz darauf von den Bewohnern gefunden und gerettet wird. Fast am gleichen Ort strandet später ein Wal, der den Ertrinkenden ans Ufer getragen haben soll. So jedenfalls wird es Jahre später am Tag des Wales erzählt, an dem der inzwischen bei ihnen wohnende Mann namens Joe als Held und Retter gefeiert wird. Schließlich war er es, der mit einer enormen Überzeugungskraft dafür Sorge trug, dass der Wal durch die Kraft aller Bewohner zurück ins Wasser kam und der alles dafür tat, dass das kleine Dorf während einer verheerenden Epidemie nicht unterging.

Es ist eine emotional ergreifende Geschichte, die John Ironmonger in seinem Roman „Der Wal und das Ende der Welt“ erzählt und dabei das Gute im Menschen und die Kraft der Gemeinschaft in den Mittelpunkt der Handlung stellt. Mit vielen positiven Gedanken und bildhaften Beschreibungen geht er dabei vor und lässt im Kopf des Lesers eine Gemeinschaft entstehen, die von ihren vielfältigen Figuren und deren Verbundenheit lebt. Ein Märchen, das nie wahr werden wird und trotzdem die Fantasie des Lesers entfacht, der in dem Fischerdorf schnell heimisch wird und gespannt darauf ist, was in dem eher unspektakulären Leben der überwiegend schrulligen Bewohner noch alles geschieht.

Es ist schwer an diesem Punkt mit der Darlegung der eigenen Meinung fortzufahren, ohne zu viel von den verheerenden Geschehnissen nach der Rettung des Wales zu verraten. Auf jeden Fall wird die Herkunft und Vergangenheit des zunächst mysteriös erscheinenden John aufgerollt und der Leser erfährt, was dieser vor seinem Leben in St. Piran getan hat und warum er so besonnen auf eine, das Dorf heimsuchende Katastrophe reagiert. Aber nicht nur er wächst während einer sich immer mehr zuspitzenden Notlage über sich hinaus. Auch weitere Bewohner, wie der bärbeißige Pfarrer Hocking, der gemeinsam mit ihm in Quarantäne ist oder die afrikanische Krankenschwester Aminata, deren Lächeln alle Herzen erweicht beweisen, wie wichtig eine gut funktionierende Gemeinschaft ist. Und obwohl der Roman weit entfernt von realen Verhältnissen verläuft, macht es Spaß dabei zuzusehen, wie ein Wunder durch den Zusammenhalt von Menschen wahr werden kann.

Fazit:
Ein ergreifender Roman, der mit viel Herzblut und Hoffnung geschrieben ist und sich Seite für Seite mit seinen liebevoll gezeichneten Figuren in das Herz des Lesers schleicht.

Bewertung vom 07.04.2019
Dünengeister / Kommissar John Benthien Bd.6
Ohlandt, Nina

Dünengeister / Kommissar John Benthien Bd.6


sehr gut

Ein wunderbar atmosphärischer und unterhaltsamer Sylt-Krimi

Auf dem Grundstück einer alt eingesessenen Sylter Familie werden in den Dünen zwei Leichen gefunden, die Jahrzehnte zuvor dort verschüttet worden sind. Ein Fall für die Flensburger Polizei, die auch gleich am nächsten Tag ein Spezialistenteam auf die beliebte Ferieninsel schickt. Doch kaum wurden erste Untersuchungen angestellt, gibt es einen aktuellen Fall, der ihre Aufmerksamkeit verlangt. Denn im Haus der Melanders hat eine Zugehfrau die junge Schwiegertochter mitsamt ihrem kleinen Sohn tot auf dem Boden liegend entdeckt, die mit einem Giftcocktail ermordet worden sind. Kein Zufall, wie der auf Sylt Urlaub machende Kommissar John Benthin feststellen muss. Denn ein altes Familiengeheimnis hat die Nachfahren des einstigen Deichgrafen Haie Melander voll im Griff und sorgt dafür, dass es immer wieder rätselhafte Todesfälle unter ihnen gibt.

„Dünengeister“ ist der 6. Fall mit dem Flensburger Hauptkommissar John Benthin, der sich rund um die Familiengeschichte einer Sylter Familie rankt. Angefangen im Jahr 1778, in dem der Deichgraf Haie Melander einen gut gehenden Leichenhandel betreibt, über das Jahr 1915, als die Verlobte des Industriellen Wilhelm Melander plötzlich spurlos verschwunden ist, bis hin zur heutigen Zeit, in der gleich mehrere Morde geschehen, scheint die Familie der Melanders von einem alten Fluch besessen zu sein. So werden immer wieder Mitglieder von ihr durch einen unnatürlichen Tod dahingerafft und niemand kann erklären, warum das so ist. Ein Jahrhunderte altes Martyrium, dem der Flensburger Kommissar gemeinsam mit seinen Kollegen auf den Grund zu gehen versucht und dabei in ein Wespennest voller unaufgearbeiteter Gefühle und verbrecherischer Machenschaften sticht.

Nina Ohland hat es auch diesmal wieder verstanden, ihre Leser mit einem vielseitigen Plot, einer geschickt arrangierten Mordserie und interessanten Figuren zu fesseln, während eine ganze Reihe an alten und neuen Geheimnissen zu lüften ist. Deshalb haben John Benthin und seine Freundin und Kollegin Lilly auch alle Hände voll zu tun, um Licht in das Durcheinander zu bringen. Vor allem die Anzahl der beteiligten Figuren ist opulent, was von Beginn an eine enorme Aufmerksamkeit von Ermittlern und Lesern gleichermaßen verlangt und auch Verdächtige gibt es wie Sand am Meer. Doch zum Glück wurde ein Personenregister beigefügt, das bei längeren Lesepausen Hilfe verspricht, während das Motiv der Taten bis zum Schluss rätselhaft ist. Dafür aber darf sich der Leser während der gesamten Ermittlung an wissenswerten Informationen und einer unnachahmlichen Atmosphäre erfreuen sowie an einem Handlungsverlauf, der wunderbar undurchsichtig ist.

Fazit:
Ein toller Krimi, der mich trotz des manchmal verwirrenden Plots und der enorm vielen Figuren gut unterhalten hat und durch seinen faszinierenden Blick in die Vergangenheit und durch die Aufarbeitung einer ganzen Familiengeschichte ungemein vielschichtig in Erscheinung tritt.