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La novelera

Bewertungen

Insgesamt 60 Bewertungen
Bewertung vom 17.05.2016
Vor hundert Jahren und einem Sommer
Ernst, Jürgen-Thomas

Vor hundert Jahren und einem Sommer


sehr gut

In „Vor hundert Jahren und einem Sommer“ von Jürgen-Thomas Ernst taucht der Leser in eine ganz andere Welt ein, die doch unserer realen entspringt.

Als Sophie unverheiratet schwanger wird, eilt ihr ein Freund zu Hilfe. Sie wird zu einer Tante weit entfernt geschickt und verbringt dort die ersten Jahre mit ihrer Tochter Annemie. Als sie zurückgeht, kommt Annemie in eine Pflegefamilie ins Dorf der Kirschen. Sie vermisst ihre Mutter schmerzlich und doch fühlt sie sich im Schoß der Familie, die es wirklich gut mit ihr meint, wohl. Und auch mit Jonathan, der mit in der Familie lebt, versteht sie sich gut. Irgendwann, nachdem auch Jonathan das Dorf der Kirschen in Richtung Norden verlassen hat, verlässt Annemie die Familie und durchlebt ereignisreiche und schwierige Jahre im Süden. Als sie viele Jahre später zurückkehrt, begegnet ihr Jonathan wieder und das Leben meint es zunächst gut mit ihnen und ihrem Großprojekt, Kirschen in Glashäusern anzubauen. Doch dann wird der Kontinent von einem schweren Krieg erschüttert, der auch vor den Männern im Dorf der Kirschen nicht Halt macht.

In der Geschichte um Annemie und Jonathan werden weder Zeit noch Ort genannt. Und doch erkennt der Leser einen stillen Ort (vielleicht in den Alpen?) und die Zeit vor dem ersten Weltkrieg (was man aus dem Titel und den Ereignissen schließen kann). Annemie ist eine bedauernswerte, aber auch starke Seele, die viel aushalten muss, aber stets um das Überleben kämpft. Charakteristisch für den Roman sind die weitschweifenden Naturbeschreibungen, insbesondere des Wetters. Der Jahreszeitenwandel wird für jedes Jahr auf’s Neue beschrieben. So sehr mich diese Beschreibungen in der Leseprobe fasziniert haben, wurden sie mir zuweilen dann etwas lang, da mir über lange Strecken manchmal zu wenig passierte und der Autor so sehr die Schönheit der Natur pries. Somit hatte ich ein wenig Startschwierigkeiten mit dem Buch, später allerdings wurde die Geschichte für mich flüssiger, es passierte mehr und die Handlung war schön und tragisch zugleich, was mit wirklich gut gefiel.

Die Idee des Buches und die Umsetzung haben mir aus oben erwähnten Gründen insgesamt gut gefallen, einige Schwäche ist für mich, dass es durch die vielen Beschreibungen zuweilen etwas langwierig erschien. Trotzdem ist das Buch für jeden, der die Sprache und Poesie liebt, ein Lesegenuss. Ich vergebe für „Vor hundert Jahren und einem Sommer“ vier Sterne.

Bewertung vom 17.05.2016
Straße nach Nirgendwo / Sheridan Grant Bd.2
Löwenberg, Nele

Straße nach Nirgendwo / Sheridan Grant Bd.2


ausgezeichnet

„Straße nach Nirgendwo“ ist der zweite Teil der Sheridan-Grant Reihe der Autorin Nele Löwenberg, bekannt auch als erfolgreiche Taunus-Krimi Autorin Nele Neuhaus.

Am Ende des ersten Bandes, „Sommer der Wahrheit“ waren große Familiengeheimnisse ans Licht gekommen. Aus diesen Gründen hatte die siebzehnjährige Protagonistin Sheridan Grant, adoptiert von der in Nebraska einflussreichen Familie Grant, ihr zu Hause verlassen und hatte sich auf den Weg nach New York gemacht, um eine Karriere als Sängerin zu beginnen. Doch dann kam alles anders. An Weihnachten ereignet sich auf der Farm der Grants ein Amoklauf, bei denen Sheridans Bruder vier Menschen tötet und zuletzt selbst erschossen wird. Sheridan bleibt nichts anderes übrig, als zurückzukehren. Die Presse zerreißt sie in der Luft und sie muss mit vielen Anschuldigungen und Verleumdungen zurechtkommen. Für die junge Frau beginnt eine lange und schmerzliche Reise, die sie quer durch’s Land führt und auf der sie Erfahrungen verschiedenster Art macht.

„Straße nach Nirgendwo“ ist eine gelungene Fortsetzung des ersten Bandes und steht diesem in nichts nach. Auch ohne den ersten Band gelesen zu haben (oder wenn man einige Details einfach schon wieder vergessen hat), versteht man die Zusammenhänge gut ohne (und das finde ich sehr gut!) eine zu umfangreiche Nacherzählung des Inhalts von „Sommer der Wahrheit“ vorgesetzt zu bekommen. Sheridan Grant muss man einfach gern haben und bewundern, ihre Familie mögen und die „Bösen“ verachten. Der Autorin gelingt es immer wieder, die Charaktere authentisch zu gestalten und einen Einblick in die Seele und das Leben eines vom Schicksal schwer gebeutelten Teenagers zu gewähren. Die Geschichte lässt sich leicht und angenehm lesen und fesselt so sehr, dass man in der darin versinken und die Welt um sich herum vergessen kann.

Sicher lässt sich darüber streiten, ob das Ende etwas zu „konstruiert“ ist, aber in meinen Augen passt es und lässt hoffen und ahnen, dass wir in einem weiteren Buch noch mehr über Sheridan und ihre Lebensgeschichte sowie die Menschen um sie herum erfahren werden. Ich vergebe für diesen superspannenden und einfühlsamen Roman auf jeden Fall 5 Sterne!

Bewertung vom 29.09.2015
Drei auf Reisen  (Restauflage)
Nicholls, David

Drei auf Reisen (Restauflage)


ausgezeichnet

Douglas und Connie sind seit über 20 Jahren verheiratet. Und plötzlich, eines Nachts, sagt Connie Douglas, dass sie nicht mehr glücklich ist und dass sie sich von ihm trennen will. Doch noch ist da Albie, der kurz davor ist, aus dem Haus zu gehen. Das einzige Bindeglied, dass die kleine Familie zusammenhält? Douglas will das alles nicht wahr haben. Zu dritt gehen sie auf die "Grand Tour" durch Europa, die Albie soviel Kultur näher bringen soll. Und neben diesen Ereignissen der Gegenwart erfährt der Leser, wie die beiden zusammenfanden, was sie gemeinsam durchgestanden haben (zum Beispiel den Verlust der Erstgeborenen). Man entwickelt Sympathie für die Hauptfiguren, versteht mal Douglas, dann wieder Connie und man hofft für die beiden, dass die Trennung vermieden werden kann.
Wie in seinem Bestsellerroman "Zwei an einem Tag" gelingt es Nicholls, einen Liebsroman zu schreiben, der doch völlig frei von Kitsch und Schmalz und so voller Gefühl und Liebe ist. Weniger romantisch als der Vorgänger, doch eher reifer und er kann sich ebenso mit diesem messen!

Bewertung vom 29.09.2015
Tote trinken keinen Whisky / Pippa Bolle Bd.5
Auerbach & Keller

Tote trinken keinen Whisky / Pippa Bolle Bd.5


ausgezeichnet

Pippa Bolle, hauptberuflich Übersetzerin und Haushüterin, nebenberuflich Detektivin, reist in ihrem fünften Fall nach Schottland. Dort wird sie gemeinsam mit ihrem Bruder Freddy und vielen anderen die Hochzeit ihrer Freunde Duncan und Anita feiern. Doch was wäre ein Pippa-Fall ohne Leiche...
Und die erste begegnet ihnen bereits auf der Fähre, die sie nach Campbeltown bringen soll. Pippa wird aufmerksam und beginnt zu ermitteln.
Ganz nebenbei verliebt sie sich in den sympathischen Morris, der ein Sabbatjahr in der wunderschönen und sehr anschaulichen schottischen Landschaft verbringen wird. Und neben Morris gibt es noch viele weitere illustre Gestalten, die man nur mit Hilfe des ausführlichen Personenregisters am Beginn des Buches durchschauen kann.
Bald stellt sich heraus, dass der Mord und weitere, die folgen, im Zusammenhang mit Whiskyschmuggel im großen Stil steht. Wem kann man überhaupt noch vertrauen? Und wer gehört der sagenumwobenen Katzenbande an, die für den Schmuggel verantwortlich ist?
Pippa und ihre Freunde klären den Fall natürlich auf - mit raffinierten Mitteln und viel Spaß an der Sache.
Ein toller neuer Fall von Pippa Bolle mit sympathischen Charakteren und einer unvorhersehbaren Handlung, die immer wieder Wendungen nimmt, die man nicht erwartet. Ein großes Lesevergnügen!

Bewertung vom 29.09.2015
Winterkrieg
Teir, Philip

Winterkrieg


ausgezeichnet

Max und Katriina sind ein finnisches End-Fünfziger Ehepaar. Max ist ein bekannter Soziologe, der vorallem für eine Sex-Studie von vor einigen Jahren bekannt ist. Gemeinsam haben sie zwei erwachsene Töchter: Helen, die mit ihrem Mann Christian und zwei Kindern eine eigene Familie hat und als Lehrerin arbeitet und Eva, die in London Kunst studiert und offensichtlich noch nicht so richtig weiß, wo sie mit ihrem Leben hin will.
Der Roman erzählt die Geschichte der einzelnen Personen. Max, der an einem Buch schreibt und mit einer jungen Journalistin eine Affäre anfängt, Katriina, die auf den Philippinen Krankenschwestern für Finnland anheuern soll, Eva, die in London von ihrem Dozenten schwanger wird, das Kind aber abtreibt und ziemlich sicher ist, dass sie nicht mit ihm zusammensein will.
Immer wieder treffen diese Charaktere aufeinander, sei es zu Max' 60. Geburtstag, Weihnachten oder zur bevorstehende Beerdigung der Großmutter.
In der Beschreibung stand etwas von einer Geschichte "derer, die alles haben und gerade deshalb nicht glücklich sein können." Die Umsetzung des Gedankens an sich ist wohl ganz gut gelungen. Keine der Personen hat wirkliche, existenzbedrohenden Probleme (außer vielleicht Eva, die sich aber wissentlich selbst hineinmanövriert hat). Und so werden im Prinzip Probleme geschaffen, man streitet sich beinahe grundlos und kommt nicht so richtig zum Glücklichsein.
Leider fehlt es dem Roman meiner Meinung ein wenig an Spannung, der Leser verliert zwischendurch das Interesse an den Personen. Vielleicht macht es aber auch gerade das aus, dieses Leben, das so vor sich hinplätschert, ohne viel Aktion und nennenswerte Vorkommnisse. Trotzdem für mich als Leser nur drei Sterne, die ich vergeben kann.

Bewertung vom 29.09.2015
Sirius
Crown, Jonathan

Sirius


weniger gut

Die Geschichte klang interessant! Ein dunkles Kapitel der deutschen Geschichte, der Nationalsozialismus. Oft aufgegriffen als Thema von literarischen Verarbeitungen und Filmen, etc. Hier soll sie also aus der Sicht eines Hundes erzählt werden, der jüdischer Herkunft ist. Levi lebt bei Familie Lilienkron in Berlin, der Vater Professor mit Fachbereich Plankton, die Kinder wohlerzogen, die Familie in die Gesellschaft integriert. Dem kleinen Hund geht es gut und er genießt das angenehme Leben und sein Umfeld. Geschuldet der Idee wird er als überaus klug und verständig dargestellt, der die Menschen versteht und dies auch zeigen kann (zum Beispiel kann er den Hitlergruß). Als sich die Lage zuspitzt, bekommt Levi erst einen neuen Namen, Sirius, und schließlich emigriert die Familie mit Hilfe von Freunden nach Amerika, wo Vater Liliencron als Fahrer in Hollywood Fuß fasst. Auf einigen Umwegen wird Sirius schließlich zum Star und wird ein gefeierter Kino-Hund, der mit vielen bekannten Größen der damaligen Zeit in Kontakt tritt. Als er durch einen dummen Zufall nach einer Zirkusshow verschwindet, geht es auch für Familie Liliencron schnell bergab...Am Ende gibt es ein Wiedersehen in Berlin (obwohl das nicht ganz klar wird).
Leider muss ich gestehen, dass mich das Buch nicht überzeigt hat. Die Idee finde ich an sich kreativ, aber die Umsetzung war nicht mein Geschmack. Besonders auch der Hinweis des Autors (im Klappentext oder in irgendeiner Beschreibung gelesen), dass er sich selbst nicht als Autor sieht, sondern ihm die Geschichte von seinem Hund "geflüstert" wurde, macht die Geschichte nicht glaubwürdiger. Vielleicht ein interessantes Buch für große Hundeliebhaber. Für die Idee vergebe ich aber zwei Sterne.

Bewertung vom 29.09.2015
Der Tag, an dem ich fliegen lernte
Kremser, Stefanie

Der Tag, an dem ich fliegen lernte


ausgezeichnet

Bevor ich anfing zu lesen, führte ich mir den "Beipackzettel" der Autorin zu Gemüte und war begeistert. Was aus der Leseprobe noch nicht hervorging, war die Hintergrundstory des Buches - es sollte um die Auswanderung der bayrischen Bauern nach Peru gehen, hier im Buch umgeleitet auf Brasilien. Ein wunderbares Thema, das noch keine Beachtung in einer Romanverarbeitung gefunden hat.
Wir lernen also zu Beginn des Buches, in der Gegenwart, Luisa kennen, die kurz nach der Geburt aus dem Fenster geworfen, aber glücklicherweise von dem Engländer Fergus gerettet wird. Ihre Mutter verschwindet und wird nicht mehr gesehen. Luisas Vater Paul zieht das Kind allein als Student in seiner Münchner WG groß. Doch eines Tages lässt es Luisa trotz liebevoller Zuneigung durch die ihr nahestehenden Personen keine Ruhe mehr. Sie wird doch wohl auch eine Mutter haben? Wer ist sie, wo ist sie hin? Auf der Suche nach ihr stoßen Vater und Tochter auf die außergewöhnliche Geschichte der bayrischen Auswanderer im 19. Jahrhundert und erkennen, wie Aza, Luisas Mutter damit zusammenhängt. Die Tickets nach Brasilien sind gebucht...

Ein wundervolles Buch! Besonders wenn man das Dorf im peruanischen Dschungel, das als Vorlage für "Atrás das coisas" in Brasilien dient kennt, eröffnet sich einem vor Augen das grüne Tal, und man meint den Pilgerstrom von damals noch sehen zu können. Ein großartiges Werk!

Bewertung vom 29.09.2015
Das Jahr, nachdem die Welt stehen blieb
Furniss, Clare

Das Jahr, nachdem die Welt stehen blieb


ausgezeichnet

Es ist unglaublich und kann eigentlich nicht sein. Als Pearl eine kleine Schwester bekommt, stirbt die Mutter bei der Geburt und lässt die Mädchen mit dem Vater (der übrigens nicht Pearls leiblicher Vater ist) allein. Pearl, der traurige Vater, der aber doch die Verantwortung für das unschuldige kleine Wesen übernimmt und "die Ratte", wie Pearl sie nennt, die für sie die Schuld am Tod der Mutter trägt. Und deshalb nimmt sie sich vor, das neue Geschwisterchen nicht zu leben. Sie zieht sich in ihr eigenes Schneckenhaus zurück und hasst alle um sie herum, bricht den Kontakt zu ihrer besten Freundin ab und wendet sich ab vom Vater, dem sie verübelt, dass er die kleine Rose liebt. Ab und an bekommt sie "Besuch" von ihrer Mutter, die mit ihr spricht, sie ermutigt und in verschiedenen Lebenslagen begleitet. Segen oder Fluch??
Kurzum - Pearl entwickelt sich zu einem Teenager, dem man zwar viel nachsieht, weil er solch einen harten Schicksalsschlag erlebt hat doch zeitgleich ist man entsetzt über die Sturheit, mit der sie allen Versuchen, ihr zu helfen, rigoros begegnet. Der Sympathiepegel schwankt also während des Lesens, was ich als besonders wertvolle, literarische Form betrachte. Das Wechselspiel aus Nähe und Distanz zur Protagonistin Pearl fesselt einen an die Geschichte, die ein sehr sensibles Thema für Teenager (vielleicht eher als Jugendbuch zu bezeichnen??) emotional und doch lebensnah aufarbeitet. Ein tolles Buch, das nicht nur Jugendlichen ein tolles Lesevergnügen bereiten kann. Dafür gibt es 5 Sterne!

Bewertung vom 14.09.2015
Mama mag keine Spaghetti
Hennig, Tessa

Mama mag keine Spaghetti


sehr gut

Hannas Tochter Julia will heiraten. Und ausgerechnet einen Italiener. Ob das gut geht? Mama Hanna hat da ja so ihre Zweifel. Warum, das wird erst später verraten. Hanna, frisch getrennt von ihrem Mann und verlassen für eine viel jüngere, fährt zur italienischen Hochzeit und das Chaos ist vorprogrammiert. Hochzeit platzt, Schwiegerpapa wird beim Fremdgehen erwischt und so weiter und so fort.
Die Handlung in Tessa Hennigs neuem Roman plätschert vor sich hin und ist in einige Teilen vorauszusehen. Trotzdem sind viele Teile anrührend und sicher findet sich so manche Frau in Gedankengängen von Tochter Julia, die kurz vor der Trauung die Krise kriegt oder auch Hanna, der gerade verlassenen vor. Wie immer lässt sich das Frauenbuch flüssig lesen und ist ganz besonders als italienische Urlaubslektüre oder auch einen gemütlichen Abend auf der Couch geeignet. Dafür 4 Sterne!