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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Heather_H
Wohnort: 
Braunschweig

Bewertungen

Insgesamt 107 Bewertungen
Bewertung vom 28.11.2022
Das Schloss der Smartphone-Waisen / Die Smartphone-Waisen Bd.1
Naoura, Salah

Das Schloss der Smartphone-Waisen / Die Smartphone-Waisen Bd.1


ausgezeichnet

*MEINE MEINUNG*
Das Buch hat mich rundum begeistert. Allein schon das Cover gefällt mir sehr gut, die Ritterrüstung und die Portraits an der Wand stimmen auf das Schloss im Titel ein, und treffen die Figuren und den Kern der Handlung sehr gut.

Allein schon die Idee eines Weisenhauses für "Smartphone-Waisen" fand ich großartig. Mit viel Humor wird hier thematisiert, wie sich Eltern mehr mit ihrem Handy als mit dem Nachwuchs beschäftigen, und wegen ihrer Unachtsamkeit verunfallen.
Auch die Charaktere sind toll. Mit viel Liebe zum Detail hat der Autor interessante und findige Charaktere ins Leben gerufen. Die Geschichte beginnt mit Marla, die selbst ihre Eltern bei einem Smartphone-Unfall verloren hat und als Erwachsene das Waisenhaus ins Leben ruft, doch im weiteren Verlauf der Geschichte stehen die fünf Kinder im Vordergrund. Sie könnten kaum unterschiedlicher sein, und passen gerade deswegen gut zusammen, ergänzen und helfen sich gegenseitig, aber streiten sich auch einmal, wie Kinder das eben tun.

Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen. Humorvoll und kindgerecht erzählt der Autor die Geschichte, wendet sich immer wieder im direkten "Du" an den Leser, mutmaßt, was einem beim Lesen durch den Kopf gehen könnte, und holt den Leser damit aus der rein betrachtenden Rolle - ich jedenfalls hatte beim Lesen das Gefühl, mittendrin zu sein. Ergänzt wird der Text durch tolle, schwarz-weiße Bilder, bei denen insbesondere die Mimik gelungen ist und hilft, sich die Geschichte vorzustellen. Das Text-Bild-Verhältnis fand ich altersgerecht.

*FAZIT*
Ein wundervolles, humorvolles und herrliches Buch für Kinder ab 8. Absolute Empfehlung.

Bewertung vom 25.11.2022
A.R.T. - Coup zwischen den Sternen
Brynn, Kris

A.R.T. - Coup zwischen den Sternen


weniger gut

*MEINE MEINUNG*
Die diesem Near-Future-Roman zugrunde liegende Idee fand ich toll: Dass Kunst nicht mehr der breiten Masse auf der Erde, sondern nur den zahlungskräftigen Eliten vorbehalten ist, die zu Kunstauktionen ins All fliegen. Leider hat mich die Umsetzung nicht völlig begeistern können.

Doe Protagonistin Savoy ist die noch relativ unerfahrene Teamchefin des externen Sicherheitsteams - zum ersten Mal in dieser Rolle -, das die Kunstgegenstände schützen soll. Neben ihr gibt es einige zentrale Nebenfiguren, die jeweils aus ihren eigenen Gründen mitfliegen - jedenfalls nicht, um Kunst zu erwerben. Vielmehr haben sie es auf ein ganz bestimmtes Objekt abgesehen, das provoziert und polarisiert.

Die Autorin, selbst Kunsthistorikerin, widmet der Kunst - realer und ausgedachter - immer wieder größere Abschnitte. Das hat mir grundsätzlich gut gefallen, konnte mich aber nicht wirklich begeistern. Ich weiß nicht, ob ich zu wenig Grundwissen über Kunst mitbringe, oder die Ausführungen einfach nicht mein Kunstverständnis getroffen haben, aber irgendwie ist der Funke nicht übergesprungen.

Auch für die Figuren nimmt sie sich anfangs sehr viel Zeit, um sie einzuführen, und es dauert ziemlich lange, bis die eigentliche Handlung beginnt. Trotzdem bin ich mit ihnen nicht richtig warm geworden. Anfangs hatte ich Mühe, den Überblick über die vielen Figuren zu behalten, das wurde mit der Zeit besser. Trotzdem waren die Charaktere für mich nicht wirklich greifbar, ihre Entwicklungen und Wendungen im Verhalten fand ich häufig nicht nachvollziehbar, und kann nicht beurteilen, ob sie authentisch sind. Dazu trägt sicherlich der Erzählstil bei. Der Erzähler wechselt sehr häufig zwischen Savoy und zentralen Nebenfiguren, und kaum hatte ich mich in einen Handlungsstrang hinein gedacht, war er schon zuende und die Perspektive wechselte. Hier hätte ich mir weniger Stränge, weniger Antagonisten, oder jedenfalls längere Abschnitte zu den jeweiligen Figuren und mehr Fokus auf Charaktertiefe gewünscht.

Die Story ist sehr komplex, ebenfalls den verschiedenen Handlungssträngen und Interessen sowie den Wendungen im weiteren Verlauf geschuldet. Auch hier hatte ich stellenweise ein wenig mit dem Überblick zu kämpfen. An einigen Stellen arbeitet die Autorin mit bewussten Auslassungen und Cliffhangern, die erst im Nachhinein gelöst werden - oder auch nicht. In meinen Augen gelingt es der Autorin am Ende nicht, alle Perspektiven sinnvoll aufzulösen oder miteinander zu verknüpfen. Motivation und Wissen mancher Figuren wurden mir nicht ganz klar, Handlungen blieben nicht nachvollziehbar. Hier wäre vielleicht weniger etwas mehr gewesen.

*FAZIT*
Mir war zu viel los: Zu viele Figuren, die insgesamt zu flach blieben und die ich nicht greifen konnte. Zu viele parallele Handlungssträge, die für mich nicht sinnvoll aufgelöst wurden. Schade, aber dieser Roman war wohl nicht für mich.

Bewertung vom 22.11.2022
Die Stunde der Hyänen
Groschupf, Johannes

Die Stunde der Hyänen


sehr gut

*MEINE MEINUNG*
Ich habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen. Der Autor schafft es, in diesem Thriller hochaktuelle und brisante Themen stimmig zu einem spannenden Plot zu vereinen: Es geht um gewalttäige Beziehungen, um Chauvinismus und Missbrauch, aber auch um Staatsverdrossenheit, politischen und religiösen Extremismus.

Mir gefiel der Erzählstil sehr. Der personale Erzähler begleitet die verschiedenen Personen und der Fokus liegt auf ihren Gedanken, Empfindungen und Eindrücken, dadurch werden die Charaktere greifbar, ihre Handlungen nachvollziehbar. Die Figuren fand ich interessant, manche ein kleines bisschen zu stereotyp, aber stimmig. Es sind keine schillernden Protagonisten, sie stammen aus benachteiligten Milieus, und müssen sich ihren Weg suchen und erkämpfen, teilweise auch gegen die eigenen Dämonen.

Besonders gut gefiel mir das Setting. Dass der Autor Berlin kennt und weiß, wovon er schreibt, ist offensichtlich. Nicht nur die örtlichen Gegebenheiten, sondern auch die Menschen und das, was sie bewegt, finde ich gut getroffen. Identifikation mit dem Kiez, Zusammenhalt und Großzügigkeit, aber auch Abgrenzung und Vorurteile sind nur einige der Themen, die hier anklingen. Dieser tiefe Einblick in die (nächtliche) Hauptstadt hat mich begeistert.

Einzig die Auflösung konnte mich nicht ganz überzeugen, ich fand sie nicht ganz stimmig. Die Entwicklung zweier Figuren konnte ich nicht nachvollziehen, das Handeln zweier anderer Figuren kam für mich Tage zu spät, ohne dass ersichtlich wird, was sie in der Zwischenzeit getan haben. Insgesamt kam mir es mir ein wenig zu bemüht vor, alle Stränge zu einem sauberen Abschluss zu bringen. Nichtsdestotrotz wurde ich gut unterhalten und hatte spannende Lesestunden.

*FAZIT*
Ein toller Thriller mit spannenden Figuren. Der Blick des Autors auf Berlin und die verschiedenen Milieus sowie sein Erzählstil haben mir sehr gut gefallen, klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 21.11.2022
Die dunklen Sommer
Beverly-Whittemore, Miranda

Die dunklen Sommer


ausgezeichnet

*MEINE MEINUNG*
Nachdem mich der Roman "Bittersweet" von Miranda Beverly-Whittemore schon sehr begeistert hatte, hatte ich hohe Erwartungen an diesen Roman und bin nicht enttäuscht worden. Die Autorin erzählt hier eine Geschichte über eine sektenähnliche Lebensgemeinschaft mit einem charismatischen Führer, in der sich die Protagonistin Saskia wohl fühlt - zusammen mit den anderen vier Jugendlichen verbringt sie eine tolle Zeit und lernt viel über die Natur und das Leben. Doch hinter der Fassade geht es weitaus düsterer zu - Macht und Manipulation führen zu folgenschwere Entscheidungen, die bei allen Beteiligten Narben hinterlassen.

Die Protagonistin Saskia erzählt die Geschichte aus der Ich-Perspektive. Neben dem aktuellen Zeitstrang, Jahrzehnte nach der Zeit "Zuhause", erzählt sie, wie sie mit zwölf Jahren nach dem tragischen Tod ihres kleinen Bruders - ihr Vater im Gefängnis, ihre Mutter weit weg - in eine neue Familie kam, und schließlich nach "Zuhause". Ihren Bruder spricht sie gedanklich immer wieder mit "du" an, als wäre er noch bei ihr. Mit den Kapiteln wechseln sich die beiden Zeitstränge ab. Manchmal umfasst ein Kapitel nur wenige Zeilen, manchmal viele Seiten, doch gerade diese Mischung fand ich sehr ansprechend. Beide Zeitebenen ergänzen und bedingen einander, und ergänzen sich in ihrer Kürze oder Ausführlichkeit.

Die Charaktere finde ich hervorragend ausgearbeitet. Obwohl man sie durch Saskias Augen sieht, oder vielleicht auch gerade deswegen, erfährt man viel über die Figuren, da Saskia eine gute Beobachtungsgabe hat. Daneben gibt es viele Szenen, in denen das Handeln der Figuren Aufschluss über den Charakter gibt, sodass man einen etwas "objektiveren" Eindruck von ihnen bekommt. Besonders Abraham, den Anführer der Lebensgemeinschaft fand ich toll skizziert. Sein Charme und seine Anziehungskraft auf die junge Saskia sind nachvollziehbar, die Macht, die er dadurch über die Jugendliche erlangt, nur logische Folge.

Immer wieder schafft es die Autorin, durch Wendungen zu überraschen, die der Geschichte neue, ungeahnte Dimensionen hinzu fügen und mich absolut gefesselt haben - ich habe das Buch kaum aus der Hand legen können.

*FAZIT*
Ein gut durchdachter, spannend erzählter und stimmiger düsterer Roman, der tief in menschliche Abgründe blicken lässt.

Bewertung vom 18.11.2022
Unsre verschwundenen Herzen
Ng, Celeste

Unsre verschwundenen Herzen


ausgezeichnet

*MEINE MEINUNG*
Es gibt Bücher, durch die fliege ich hindurch, und es gibt Bücher, die lese ich langsamer. Achtsamer, genauer, weil ich befürchte, dass mir ein Detail entgehen könnte, das ich nicht missen möchte. Dieses Buch gehört zu den letzteren.

Es hat mich ab der ersten Seite abgeholt, und bis zum Schluss nicht losgelassen. Die blumige, beschreibende, vergleichende Sprache der Autorin, die Bilder im Kopf schafft, Worte miteinander in Kontext setzt, die nicht zusammen gehören, aber zusammen Sinn ergeben, hat mich absolut fasziniert. Es war mein erstes Buch von Celeste Ng, aber definitiv nicht das letzte.

Sie schafft eine düstere Dystopie, ein Jahrzehnt nach einer Krise mit verheerenden Auswirkungen - eine Gesellschaft in Angst, in der sich Denunziantentum und Rassismus ausgebreitet haben, und man auf der Straße zusammen geschlagen werden kann - einfach nur, weil man asiatisch aussieht. Und an vielen Stellen, an denen es mir eiskalt den Rücken hinunter lief, dachte ich: Das ist von unserer Welt, so, wie wir sie kennen, gar nicht so weit weg. Es ist gar nicht so unrealistisch, dass es dazu kommen könnte. Vielleicht ging mir die Geschichte auch deswegen so unter die Haut.

Protagonist ist der zwölfjährige Bird, der eine Welt ohne die PACT-Gesetze, welche die Gesellschaft geformt haben, nicht kennt. Naiv und unschuldig, neugierig und wissenshungrig fängt er an, die Welt zu entdecken und zu verstehen und nimmt den Leser mit auf diese Reise. Diese Perspektive fand ich toll und überzeugend, die Charaktere stimmig und sorgfältig ausgearbeitet, mit viel Liebe zum Detail.

Die Geschichte ist nicht neu: Ein totalitäres System, das Angst als Mittel zum Machterhalt nutzt und die Bürger unterdrückt. Und Widerstand, der sich im Untergrund bildet und mit lauten Aktionen auf sich aufmerksam macht oder leise und im Geheimen gegen das Regime arbeitet. Begeistert hat mich die Art, wie die Autorin diese Geschichte erzählt, wie realitätsnah sie sie darstellt, wie beängstigend das Szenario, das sie entwirft.

Ich war ein wenig traurig, als ich das Buch beendet habe, weil ich gern noch länger gelesen, mich noch länger mit der Geschichte beschäftigt, gern noch mehr über die Figuren erfahren hätte.

*FAZIT*
Wer - wie ich - Dystopien wie z.B. Equilibrium oder Hüter der Erinnerung mag, wird an diesem Buch seine wahre Freude haben.

Bewertung vom 15.11.2022
EAST. Welt ohne Seele / Jan Jordi Kazanski Bd.1
Jensen, Jens Henrik

EAST. Welt ohne Seele / Jan Jordi Kazanski Bd.1


gut

*MEINE MEINUNG*
Welt ohne Seele ist das erste Buch der EAST-Trilogie von Jensen, und kein neues Buch - sondern im Original bereits 1997 erschienen.

Mit seinen OXEN-Büchern hat der Autor größere Erfolge gefeiert, EAST kann da in meinen Augen nicht mithalten, und ich werde auch Band 2 und 3 nicht lesen.

Der Schreibstil gefiel mir anfangs gut, teilweise ist er sehr derb und direkt in der Wortwahl, das fand ich im Gegensatz zu vielen Standard-Thrillern erfrischend. Mit der Zeit jedoch fand ich ihn sehr distanziert; der Protagonist wird häufig mit vollem Namen genannt, was für mich ein wenig seltsam anmutete und vielleicht auch dazu beitragen hat, dass ich mit ihm nicht wirklich warm wurde. Auch seine Europol-Gegenspielerin sowie die Frau, die er in Krakau aufspürt, fand ich nicht wirklich greifbar und auch nicht sympathisch. Die anderen Figuren bleiben eher blass, wirkliche Charaktere werden hier nicht ausgearbeitet.

Die Handlung hat eigentlich alles, was ein spannender Thriller braucht: Agenten, geheime Waffenforschung, Verrat, Begierde, unbekannte Gegenspieler und einen wunderschönen Schauplatz - aber konnte mich leider nicht wirklich packen. Stellenweise hatte die Geschichte Längen, in denen kaum etwas geschah und nichts voran kam, außer, dass sich die Figuren miteinander beschäftigten. An anderen Stellen überschlug sich die Handlung geradezu, sodass ich Mühe hatte, den Überblick zu behalten. Dazwischen gab es einige Nebenstränge, die sich für mich nicht wirklich gut einfügen konnten und auch am Ende hatte ich das Gefühl, dass sich kein rundes Bild ergeben hat, obwohl eigentlich alles aufgelöst wurde.
Zwischendurch gab es Lichtblicke, die ich interessant fand, gern gelesen habe und die mich versönlicher gestimmt haben.

*FAZIT*
Der Thriller hätte richtig gut werden können, wenn die Figuren sympathischer und nahbarer gewesen wären und die an sich gute Handlung etwas besser dargestellt worden wäre. So ist in meinen Augen viel Potenzial liegen gelassen worden.

Bewertung vom 15.11.2022
Mama - Mutig, happy, müde, fantastisch
Bruchwitz, Andrea

Mama - Mutig, happy, müde, fantastisch


ausgezeichnet

*MEINE MEINUNG*
Das Cover hat mich sehr angesprochen, und der Inhalt steht dem tollen Cover in nichts nach.

Dieses Buch ist ein Begleiter für Mütter während der ersten drei Lebensjahre des Kindes. In kurzen Abschnitten, die jeweils drei Monate umfassen, finden sich Informationen zum Entwicklungsstand der Kleinen, Zuspruch für die Mama und ganz viel Platz zum Notieren eigener Gedanken. Mir gefällt diese Mischung aus Tagebuch, Ratgeber und Mutmacher sehr gut.

Mir hat es häufig geholfen, mich mit anderen auszutauschen und festzustellen: Ich bin mit diesem Problem oder jenen Befürchtungen nicht allein. Diese Unterstützung bietet auch das Buch an: Viele Themen, die wohl viele, wenn nicht alle frischgebackenen Mamas beschäftigen und vielleicht auch verunsichern, werden hier gefühlvoll aufgegriffen und durch Erfahrungen von anderen Müttern ergänzt. Es gibt auch ein paar Ideen, was man auf typische doofe Sprüche aus dem Umfeld antworten kann.

Im Gegensatz zu anderen Ratgebern werde ich es sicher auch noch häufiger in die Hand nehmen und nachlesen, was ich gedacht und gefühlt habe, und mein Kleines eines Tages daran teilhaben zu lassen, wenn es Interesse daran hat.

*FAZIT*
Ein toller Begleiter für alle frischgebackenen Mamas, klare Empfehlung!

Bewertung vom 15.11.2022
Todesprüfung
Matiszik, Thomas

Todesprüfung


schlecht

*MEINE MEINUNG*
Dies ist der zweite Fall für Corinna Dupont, David Schmelzer & co, und laut Klappentext sind beide Bände auch unabhängig voneinander lesbar, aber das kann ich nicht empfehlen.

Den Anfang fand ich noch spannend, auch wenn ich - was vermutlich vom Autor so gewollt ist - das Gefühl hatte, bereits mitten in der Story zu starten. Das, was in Band 1 passiert ist, wird nicht erwähnt, bis auf wenige Andeutungen hier und da. An und für sich finde ich das gut, weil man so auch den ersten Band noch nach dem zweiten lesen kann, aber hier hat mir eine Art Einführung mit ein paar Hintergrundinformationen zu den zentralen Figuren gefehlt.

In den ersten Kapiteln bekommt der Leser sehr viele Figuren vorgestellt, dabei werden mehrere parallele Erzählstränge gebildet, und ich hatte meine liebe Mühe damit, den Überblick zu behalten und sowohl Handlungen als auch Personen richtig zuzuordnen. Bei manchen Büchern muss man sich erst einlesen, und auch hier wurde es schließlich besser, und ich musste nicht mehr für den Überblick kämpfen - allerdings erst ab circa der Hälfte. Und die Hälfte ist meiner Meinung nach zum Einlesen definitiv zu lang.

Die Handlung fand ich zu komplex und dadurch relativ schwer zu folgen. Ich habe mich zeitweilig auch gefragt, ob hier Sachen zuende erzählt wurden, die bereits im ersten Band begonnen hatten, weil ich an einigen Stellen das Gefühl hatte, dass mir Wissen fehlte. Vielleicht war das nur ein Stilmittel, um Spannung zu erzeugen, aber bei mir hat es eher zu Verwirrung geführt. Es sind auch nicht nur die im Klappentext erwähnten drei Ermittlungen, auch innerhalb der Erzählstränge passieren (zu) viele Dinge zwischendurch, dazu wird jede Geschichte aus der Perspektive mehrerer Personen erzählt. Das hinterließ bei mir den Eindruck, viele lose Enden vor mir zu haben. Einen roten Faden, der alles miteinander verbindet und aus den verschiedenen Fällen ein Ganzes macht, habe ich nicht wirklich entdecken können.

Die zentralen Figuren waren mir anfangs sympathisch, bis auf diejenigen Charaktere, die schon als Unsympathen angelegt sind. Allerdings vermochte der Eindruck nicht zu halten. Mich hat im weiteren Verlauf erschreckt, dass alle als Einzelgänger unterwegs waren, Teamarbeit hat quasi nicht stattgefunden. Stattdessen unautorisierte Alleingänge und fragwürdige Methoden. Ich hab nichts dagegen, wenn Beamte Mal Fünfe gerade sein lassen, aber hier waren fast alle dazu bereit, Recht und Gesetz so anzuwenden, wie es gerade passt, und auch Ermittler der Kripo sind vor Selbstjustiz und Folter nicht zurück geschreckt, haben dabei sogar den Tod des Täters billigend in Kauf genommen.

Ich glaube, das war spätestens der Punkt, an dem das Buch für mich verloren hatte.

*FAZIT*
Meiner Meinung nach ist das Buch überfrachtet. Hier wäre weniger etwas mehr gewesen, und ich hätte mir mehr Tiefe als Breite gewünscht. Auch die zentralen Figuren konnten mich nicht überzeugen - wer sich als Ermittler selbst nicht grundlegend an Recht und Gesetz hält, ist bei mir leider falsch.

Bewertung vom 07.11.2022
Tief wirst du schlafen
Kraus, Christian

Tief wirst du schlafen


ausgezeichnet

*MEINE MEINUNG*
Das Buch hat mich komplett in seinen Bann gezogen - nicht hypnotisiert, natürlich. Aber so begeistert, dass ich es kaum aus der Hand legen konnte. Das Thema Hypnose und die damit verbundene Fragestellungen fand ich an sich schon super spannend: Kann man mit Hypnose Menschen dazu bringen, Dinge zu tun, die sie sonst nicht tun würden? Kann man Menschen unter Hypnose sogar dazu bringen, einen anderen Menschen zu töten?
Dem Autor gelingt es, diese Fragen in einem komplexen und gut durchdachten Plot unter zu bringen, und gibt nicht nur in der Handlung, sondern auch im Nachwort Antworten darauf.

Ich hatte den Eindruck, dass die ersten gut hundert Seiten vor allem auch der Einführung der Charaktere gedient haben. Im Fokus steht der Protagonist Christoph, der durch den personalen Erzähler sehr sympathisch und nahbar wird, und mit dem ich sehr schnell mitgefühlt, -gelitten und -gefiebert habe. Überhaupt fand ich die Charaktere sehr authentisch und überwiegend auch sympathisch, man merkt, dass der Autor sich hier viele Gedanken gemacht und Mühe gegeben hat.

Der Schreibstil ist toll und hat mich gefesselt. Der Autor beschreibt genug, um sich die Szenerie gut vorstellen zu können, nimmt sich auch die Zeit, einige markante Gebäude oder Plätze in Hamburg zu beschreiben, was mir gut gefallen hat. Und andererseits nimmt die Handlung rasant an Fahrt auf und lässt auch nicht wieder nach. Ich hatte das Gefühl, immer dann, wenn sich ein Puzzleteil eingefügt und ich einen Zusammenhang verstanden habe, haben sich zwei neue Fragezeichen ergeben, die die Spannung konstant hoch gehalten haben. Am Ende fügen sich alle Puzzlestücke zusammen und ergeben ein Bild, das ich so nicht erwartet habe und mit dem der Autor mich überraschen konnte.

Zwischen den Kapitel finden sich hin und wieder Zitate zur Willensfreiheit, die noch ein wenig Kontext um die Story herum bilden. Das hat mir auch gut gefallen, einige Zitate haben bei mir auch verfangen.

*FAZIT*
Tolle Figuren, ein super spannendes Thema, eine komplexe Handlung, die ich bis zum Ende nicht durchschauen konnte und einen Schreibstil, der gut gefällt - dieses Buch hat alles, was ein guter Psychothriller braucht.