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Nina [libromanie.de]
Über mich: 
Medienstudentin :: 20something :: verschlingt alles, was aus Buchstaben besteht und schreibt darüber

Bewertungen

Insgesamt 115 Bewertungen
Bewertung vom 26.07.2009
Lucy in the Sky
Toon, Paige

Lucy in the Sky


sehr gut

Lucy ist gerade von London auf dem Weg in ihre alte Heimat Australien, um ihrer besten Freundin Molly bei deren Hochzeitsvorbereitungen zu helfen. Als sie im Flieger sitzt, wirft sie noch kurz einen letzten Blick auf ihr Handy und fällt aus allen Wolken, als sie eine SMS liest, die von der Nummer ihres langjährigen Freundes James gesendet wurde: «Hi Lucy! Habe gerade mit James in deinem Bett geschlafen. Dachte, du solltest das wissen. 4mal diesen Monat. Hübsche Bettwäsche! XXX»
Mit diesem Worten beginnt das Gefühlskarussell, sich zu drehen. Sollte James sie wirklich betrügen? Lucys Misstrauen ist jedenfalls geweckt und so fällt es ihr umso leichter, sich in den jüngeren Bruder des Bräutigams zu vergucken, der so gar nicht mehr aussieht, wie sie ihn in Erinnerung hat und der das genaue Gegenteil von James ist…

Mit «Lucy in the Sky» ist Paige Toon ein gefühlvoller Liebesroman gelungen, der sich durch seine eher bodenständigen, normalen Charaktere positiv von anderen Büchern dieses Genre abhebt, deren Personal meist doch sehr überzeichnet ist. Stellenweise ist Lucy zwar auch ein wenig naiv, aber insgesamt sind ihre Gefühle und Sorgen nachfühlbar und glaubwürdig geschildert. Man spürt ihre innere Zerrissenheit, steht sie doch nicht nur zwischen zwei Männern, sondern gleich zwischen zwei komplett verschiedenen Leben – in Australien oder England.
Diese beiden Orte sind ebenfalls sehr plastisch dargestellt. So erlebt man anfangs zwei Wochen Down Under mit Sonne, Strand und Surfausflügen, um Lucy anschließend zurück ins kalt-nasse London zu begleiten.
Über eine Zeitspanne von über einem Jahr erzählt sie ihre Geschichte und führt den Leser dabei auch in ihre Familie und ihren Freundeskreis ein. So entsteht tatsächlich eine gewisse Komplexität und Tiefe, was man aufgrund des lockeren Stils anfangs gar nicht erwartet hätte.
Das Ende ist zwar alles andere als überraschend und die Beweggründe einer Person bleiben etwas unklar, dafür versprechen unzählige romantische und amüsante Szenen sowie ein Schlechter-Witz-Kontest, der sich durch das ganze Buch zieht, ein paar vergnügliche Lesestunden, die nur von wenigen Längen getrübt werden.

FAZIT: Lohnt sich.

Bewertung vom 21.07.2009
Die Märchen von Beedle, dem Barden
Rowling, Joanne K.

Die Märchen von Beedle, dem Barden


sehr gut

Was in der Muggelwelt die Gebrüder Grimm sind, ist in der Welt der Hexen und Zauberer Beedle, der Barde. Es gibt kaum ein Zaubererkind, das nicht mit seinen Märchen aufgewachsen ist und dabei gelernt hat, dass das Gute belohnt und das Böse bestraft werden muss. In soweit sind Beedles Märchen den Muggelmärchen gar nicht unähnlich, nur dass der Held in der Zaubererwelt nicht gegen böse magische Wesen bestehen muss, sondern der Erzähler selbst auf der Seite der Zauberer steht und seinen jungen Lesern versucht, spielerisch den richtigen Umgang mit der Magie beizubringen.

«Die Märchen von Beedle, dem Barden» sind Potter-Lesern seit dem 7. Band der Reihe ein Begriff. In diesem hatte Professor Dumbledore Hermine das Märchenbuch hinterlassen, «Das Märchen von den drei Brüdern» spielte beim Kampf gegen Voldemort bereits eine zentrale Rolle.
Das vorliegende Büchlein enthält neben dieser Geschichte noch vier weitere, bislang unbekannte Märchen, allesamt von Hermine Granger neu übersetzt und mit persönlichen Anmerkungen von Dumledore versehen.
Diese wiederum werden durch Fußnoten von J.K. Rowling ergänzt, sodass der Leser das Gefühl hat, tatsächlich ein „echtes“ Märchenbuch in den Händen zu halten. Verstärkt wird dieses Gefühl noch durch die verschnörkelten, hübschen Illustrationen der Autorin.

Die Märchen selbst sind recht kurz, nett zu lesen und haben allesamt eine – für die damaligen Zustände im Potter-Universum – wichtige Aussage. Letztlich sind es aber die klugen, amüsanten Anmerkungen von Albus Dumbledore, die den Charme des Buches ausmachen. Sie vermitteln dem Leser nicht nur ein paar interessante Zusatzinformationen, sondern erwecken den herzigen Charakter des beliebten Schulleiters für wenige Momente noch einmal zum Leben.

Diejenigen, die «Harry Potter» nicht gelesen haben, werden mit dem Buch wenig bis gar nichts anfangen können. Für Potter-Fans ist es jedoch eine kleine Ergänzung, eine schöne Gelegenheit, noch einmal in die Welt um den Zauberlehrling eintauchen zu können. Wenn auch nur kurz, denn die etwas über 100 kleinen, groß bedruckten Seiten sind schneller gelesen, als einem lieb ist.

FAZIT: Ein feines Leseerlebnis für Zwischendurch, dessen Erlös der Children’s High Level Group zugute kommt.

3 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.07.2009
Heaven - Stadt der Feen
Marzi, Christoph

Heaven - Stadt der Feen


ausgezeichnet

In einer kalten, mondlosen Nacht stiehlt ein gewisser Mr Drood, der sich auch Mr Scrooge oder Mr Heep nennt, dem Mädchen Heaven das Herz. Doch statt zu sterben, rappelt sich sein Opfer wieder auf und läuft davon.
Auf ihrer Flucht über die Dächer Londons trifft sie auf David, der zunächst nicht glauben kann, was er da vor sich sieht. Und doch nimmt er sich Heaven an, hilft ihr bei der Suche nach ihrem Herzen und verliert dabei sein eigenes…

Mit «Heaven. Stadt der Feen» hat Christoph Marzi mir mal wieder eine schlaflose Nacht beschert. Bereits nach den ersten Sätzen spürte ich schon wieder diesen typischen Zauber, den seine Bücher auf mich ausüben.
Der Autor hat einfach einen unverwechselbaren, eigenen Schreibstil, einen ganz besonders klingenden Sprachrhythmus. Kurze, knackige Sätze wechseln sich ab mit poetischen, traumhaft schönen Beschreibungen und erwecken ein düsteres, pulsierendes London zum Leben. Eine Stadt, über der ein Stück Himmel fehlt.

Gemeinsam mit Heaven und David versucht man, dem Rätsel auf die Spur zu kommen, einen Zusammenhang zu Heavens Schicksal zu erkennen. Man erlebt gnadenlose Verfolgungsjagden durch die Straßen Londons, die U-Bahn-Stationen, über die Friedhöfe und Dächer der Stadt. Ruhe findet man lediglich in den Räumen eines kleinen, heimeligen Buchladens mit dem entzückenden Namen «The Owl and the Pussycat» und in den wenigen, kurzen Momenten, in denen man das zarte Band zwischen dem Jungen und dem Mädchen wachsen sehen kann.
Die meiste Zeit jedoch rast man in unglaublichem Tempo durch die Kapitel und Zwischenspiele, fürchtet sich vor Mr Drood und seinem Lakaien und erlebt schließlich ein Finale, dessen Kulisse nicht atemberaubender gewählt sein könnte.

Neben Sprache, Setting und Spannungsbogen ist Christoph Marzi auch die Charakterzeichnung ausgezeichnet gelungen. Die Bösen sind richtig schön fies und die beiden Hauptfiguren unglaublich lebendig. Beide haben sie ihre eigene, sie prägende Geschichte, die sich nach und nach entfaltet und ihnen Tiefe und Authentizität verleiht. Am Ende ist man richtig traurig, dass Davids und Heavens Geschichte nun erzählt ist und man die beiden zurück lassen muss.

So ist «Heaven» wahrlich ein außergewöhnliches Leseerlebnis. Einerseits will man sich Zeit lassen, jeden einzelnen Satz genießen. Andererseits will man unbedingt schneller lesen, um zu erfahren, wie es weitergeht.
Begleitet wird dabei man von unzähligen musikalischen und literarischen Anspielungen, die eine ganz spezielle, dichte Atmosphäre schaffen. In Zukunft werde ich bei vielen Liedern, die ich im Radio hören werde, unausweichlich an dieses Buch zurückdenken müssen.

FAZIT: Spannend, rätselhaft, fantastisch, gruselig, mitreißend, wundervoll… Bisher mein Lesehighlight 2oo9.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.07.2009
Der Venuspakt / Licht & Schatten Bd.1
Krock, Jeanine

Der Venuspakt / Licht & Schatten Bd.1


gut

Nuriya ist eine Fee, doch seit dem Tod ihrer Eltern hat sie sich tief in sich zurückgezogen, verleugnet ihre Herkunft und hat kaum noch Kontakt zu ihren beiden Feenschwestern Selena und Estelle. Als sie in ihre Heimatstadt zurückkehrt, um dort im Buchladen ihrer Tante auszuhelfen, ahnt sie nicht, dass bald schon die gesamte magische Ordnung in ihren Händen liegt, denn um den Frieden zwischen Elfen und Vampiren zu sichern, muss regelmäßig der Venuspakt erneuert werden, die Verbindung einer auserwählten Tochter des Lichts mit einem Sohn der Dunkelheit.
Schnell ist klar, dass Nuriya die Auserwählte ist, doch ihr vermeintlicher Seelenpartner Kieran stellt sich quer. Der mächtige Vampir und Vengador, Auftragsmörder für den Hohen Rat, glaubt, seine einzige Liebe schon vor Jahrhunderten verloren zu haben und spielt somit böswilligen Mächten in die Hände, die den Venuspakt verhindern wollen…

«Der Venuspakt» ist der Auftakt der Reihe «Licht und Schatten», in der nicht nur Feen und Vampire, sondern auch andere magische Wesen wie etwa Werwölfe und altbekannte Götter ihren Auftritt haben. Im ersten Teil stehen jedoch Nuriya und Kieran deutlich im Vordergrund. Zwar werden etliche interessante Nebenfiguren eingeführt, deren Schicksal wird allerdings nur angerissen und vermutlich vereinzelt in den Folgeromanen vertieft.

Der Anfang des Buches ist recht holprig geraten. Überraschende Perspektivwechsel und Rückblenden erschweren den Einstieg in die Geschichte. Informationen werden über Dialoge vermitteln, so dass diese sehr unnatürlich wirken.
Nach gut einem Drittel hat man allerdings das Gefühl, die Autorin hätte sich nun warm geschrieben. Der Schreibstil wirkt weniger abgehackt und unreif und die Geschichte kommt langsam in Fahrt. Lediglich der übertriebene Gebrauch von ausschmückenden Adjektiven hemmt hier und da den Lesefluss, ruft andererseits aber auch die düstere, erotisch prickelnde Atmosphäre deutlich vor Augen.

Neben der ästhetischen und sinnlichen Beschreibung der Liebes- und Blutsaugszenen ist der Autorin auch die Figurenzeichnung gut gelungen. Kieran ist als blendend aussehender Einzelgänger zwar etwas schablonenhaft geraten, aber dafür ist Nuriya mit ihren Selbstzweifeln und der nicht ganz perfekten Figur überaus authentisch und sympathisch, so dass man ihr Schicksal und das Hin und Her mit Kieran gerne verfolgt und die Geschichte - so schwach der Anfang auch ist - doch noch eine richtige Sogwirkung entwickelt und auf ein spannendes Finale zusteuert.

Gegen Ende blitzt sogar stellenweise ein bisschen Humor durch und die Göttermythen sowie die Entstehungsgeschichte der Vampire, unter denen es sogar geborene Vampire gibt, lassen auf eine gewaltiges Ideenpotential der Autorin schließen, das - sollte sie ihren Schreibstil weiterhin ausgefeilt haben - durchaus Lust auf die weiteren Teile der Reihe macht.

14 von 15 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.07.2009
Gut gegen Nordwind
Glattauer, Daniel

Gut gegen Nordwind


gut

Zufälliger könnte eine Zufallsbekanntschaft nicht sein. Eigentlich will Emmi nämlich nur ein Zeitschriftenabo kündigen, doch statt im elektronischen Postfach des Like-Magazins landen ihre eMails bei Leo Leike. Zunächst will dieser Emmi nur auf ihren Fehler hinweisen, doch bald schon beginnen die beiden, sich regelmäßig zu schreiben, sitzen nachts mit einem Glas Wein bzw. Whiskey vor dem PC und warten sehnsüchtig auf eine Nachricht des anderen.
Als nach einer Weile die zwangsläufige Frage nach einem Treffen im Raum steht, wird es jedoch kompliziert…

«Gut gegen Nordwind» ist ein moderner Briefroman, sozusagen ein eMail-Roman, der ausschließlich aus mal kürzeren, mal längeren Nachrichten besteht, über denen lediglich eine Zeitangabe und manchmal ein Betreff vermerkt sind.
Im Vorfeld war ich deswegen etwas skeptisch. Letztlich konnte ich bis auf 1-2 Ausnahmen aber mühelos den Überblick über den jeweiligen Absender behalten und fand es auch ganz reizvoll, dass man als Leser nie mehr wusste als das, was die Figuren in ihren eMails von sich preisgaben. Erst nach und nach konnte ich mir ein Bild von ihnen machen und ihre regelrechte Sucht nach dem Briefwechsel ergründen.

Am Anfang ist da wohl der Reiz des Neuen, des Anonymen, im Falle der verheirateten Emmi vermutlich auch der Reiz des Verbotenen. Man kann sich gut vorstellen, wie zwanglos und offen der Schriftverkehr mit einer fremden Person ist. Wie leicht es ist, sich aus den empfangenen Worten eine Fantasiegestalt zu erschaffen, die perfekt zu sein scheint.
Leo und Emmi jedenfalls geht es so. Sie plaudern nicht über Belanglosigkeiten, ganz selten erzählen sie sich gegenseitig von ihrem Privatleben. Sie schaffen sich eine eigene Welt, in der sie ihre Freundschaft zelebrieren und sich ausmalen, was sein könnte, aber eben nicht sein darf.

Ihre eMails sind klug, witzig und (meist) ehrlich. Es macht Spaß, den Austausch zwischen dem ruhigen, philosophierenden Leo und der schlagfertigen, manchmal rotzfrechen Emmi zu verfolgen.
Leider kommt man aber irgendwann an einen Punkt, an dem sich alles nur noch im Kreis dreht. Ständig stellen sich die beiden die Frage, ob sie sich nun treffen sollen oder ob ein realer Austausch das romantisch-virtuelle Band zwischen ihnen zerstören würde.
Emmis Nachrichten beginnen, aggressiv zu klingen. Sie kam mir regelrecht aufdringlich vor und plötzlich ist nichts mehr so zwanglos wie am Anfang. Es wird gestritten, geschmollt und geschwiegen. Bis das Ganze wieder von vorne losgeht, weil sie doch nicht voneinander lassen können.

Sicher, die Situation ist verzwickt und die Emotionen realistisch und schmerzlich-schön beschrieben. Aber ganz ehrlich? Irgendwann nervt es und als das Ende kam, war ich froh darüber.
Ob ich die Fortsetzung «Alle sieben Wellen» lesen werde? Irgendwann bestimmt. Man ist ja neugierig. Aber eilig habe ich es damit nicht.

6 von 8 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.07.2009
Ladylike
Noll, Ingrid

Ladylike


sehr gut

Schon seit ihrer Kindheit sind Anneliese und Lore, die Erzählerin der Geschichte, gute Freundinnen. Mittlerweise sind die beiden über 70, verwitwet und leben gemeinsam in einer gemütlichen WG.
Eigentlich sind beide von Grund auf verschieden. Lore ist zierlich und zurückhaltend und hält sich insgeheim für die Klügere der beiden. Anneliese hingegen ist bunt und rundlich und steht gerne im Mittelpunkt. Aber auch wenn hier und da ein böser Kommentar über die andere fällt, sind beide doch ganz zufrieden mit ihrem Lebensabend.
Das ändert sich jedoch schlagartig, als Ewald, ein alter Schulfreund der beiden, zufällig wieder in ihr Leben tritt. Anneliese ist sofort Feuer und Flamme für ihren ehemaligen Tanzpartner und auch Lore findet Gefallen an dem rüstigen Rentner. Warum sollte man sich auch mit über 70 nicht noch mal verlieben? Blöd nur, dass Ewald verheiratet ist und ganz offensichtlich so seine Geheimnisse vor den beiden Freundinnen hat…

Obwohl «Ladylike« ein Krimi ist und auch die ein oder andere Leiche den Weg der beiden abenteuerlustigen Damen pflastert, lässt sich die Geschichte eher gemächlich an und stellt vielmehr die einzelnen Charaktere und deren verzwicktes Verhältnis untereinander in den Vordergrund.
Trotzdem ist das Buch alles andere als langweilig. Die näheren Umstände der Todesfälle bleiben eher nebulös, Anspielungen sind doppeldeutig und ständig fragt man sich gemeinsam mit Lore, was man noch alles zu befürchten hat.
Die Figuren sind facettenreich und teilweise schwer zu durchschauen, haben ihre Ecken und Kanten. Trotz ihrer Eifersüchteleien und einer etwas ungewöhnlichen Einstellung zu Recht und Gesetz wachsen sie dem Leser schnell ans Herz und lassen ihn für kurze Zeit an den Gedanken und Gefühlen der «Grauen Panther»-Generation teilhaben, die im Übrigen bei weitem nicht so verstaubt ist, wie man es vielleicht erwartet hätte.
Neben den interessanten Charakteren zeichnet sich der Roman aber vor allem durch die staubtrockene, kluge Erzählweise und den herrlich schwarzen Humor aus, der mich sicher auch in Zukunft gerne nach weiteren Büchern der Autorin greifen lässt.
Einzig das Ende ist ein wenig zu bemängeln, denn es ist zwar urkomisch, aber letztlich leider auch ein bisschen überzogen, sodass insgesamt dann doch “nur” die zweithöchste Bewertung für das Buch rausspringt.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.07.2009
Das Klassentreffen
van der Vlugt, Simone

Das Klassentreffen


ausgezeichnet

Sabine ist 14 als ihre ehemals beste Freundin Isabel plötzlich spurlos verschwindet. Auch neun Jahre später ist ungewiss, was damals mit ihr geschah, ob sie überhaupt noch lebt oder Opfer eines Gewaltverbrechens wurde.
Obwohl der Fall _das_ Gesprächsthema in ihrem kleinen Heimatort war und er auch nach Jahren immer wieder aufgerollt wird, weisen Sabines Erinnerungen für die Zeit nach Isabels Verschwinden deutliche Lücken auf. Besonders der spezielle Tag, an dem Isabel nach einer Verabredung nicht nach Hause kommt, scheint völlig aus Sabines Gedächtnis gelöscht zu sein. Erst die Einladung zu einem Ehemaligentreffen ihres Gymnasiums und das Wiedersehen mit einem alten Bekannten fördern immer wieder einzelne Erinnerungsfetzen zu Tage, die nach und nach ein schreckliches Gesamtbild ergeben…

Wer blutrünstige Action erwartet, ist bei «Klassentreffen» an der falschen Adresse. Die Geschichte läuft langsam an, der Fokus wird zunächst auf Sabine gelegt; besonders auf ihren schwierigen Wiedereinstieg in das Berufsleben nach einem Zusammenbruch, denn von den Kollegen wird sie – wie schon damals von ihren Klassenkameraden – übelst gemobbt. Erst nach einer Weile kommt das Thema vermehrt auf Isabel und die wiederkehrenden Erinnerungen, die Situation spitzt sich immer weiter zu. Zu dem Zeitpunkt hatte mich das Buch aber schon längst gepackt und ich konnte es erst wieder aus der Hand legen, nachdem ich es in einem Rutsch ausgelesen hatte.
Immer tiefer dringt man in die Vergangenheit vor, legt ein Puzzlestück nach dem nächsten frei, fürchtet sich mit Sabine vor ihrem gewalttätigen Freund und möchte der jungen Frau Mut machen, wenn die Kollegen sie wieder einmal bloßstellen. Indem die Autorin Sabine ihre Geschichte im Präsens selbst erzählen lässt, hat man das Gefühl, alles hautnah mitzuerleben/-fühlen.

Neben der wunderbar menschlichen Charakterzeichnung ist es der niederländischen Autorin zudem hervorragend gelungen, den Spannungsbogen fast bis zur letzten Seite zu ziehen. Ohne dass die Geschichte konstruiert oder unlogisch wirkt, führt sie gleich mehrere Verdächtige ins Feld, die mit Isabels Verschwinden zu tun haben könnten. Und auch wenn mein Anfangsverdacht am Ende bestätigt wurde, war ich zwischenzeitlich immer wieder verunsichert, ob ich mit meiner Vermutung nicht doch falsch liege.

Halte ich sonst nicht viel von „Werbung“ auf dem Buchrücken, so muss ich dem 'Spiegel' diesmal Recht geben: «Dieser süffig erzählte Psychothriller entwickelt einen außerordentlichen Sog.» Genau so ist es. Mehr davon, bitte!

3 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.