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rosetheline

Bewertungen

Insgesamt 47 Bewertungen
Bewertung vom 08.09.2024
Die schönste Version
Thomas, Ruth-Maria

Die schönste Version


gut

Wichtiges Thema, aber...

In ihrem Roman "Die schönste Version" gibt Ruth-Maria Thomas Einblicke in das Liebesleben von Jella, Anfang 20, die mit ihrem Freund Yannick seit einigen Jahren zusammen ist und zusammenwohnt.

Schon am Anfang des Buches wird man als Leser*in damit konfrontiert, dass Jella in einer sehr toxischen und gewaltvollen Beziehung steckt und begleitet sie in den Tagen nach einem gewaltvollen Vorfall. Dabei werden auch Erinnerungen und Erlebnisse von früher aufgezeigt, wie Jellas Erfahrungen in Bezug auf Liebe seit ihrer Jugend waren, wie sie Yannick kennengelernt hat usw.

Thomas geht in ihrem Roman auf etwas ein, mit dem sich denke ich vor allem Frauen, die in den späten Nullerjahren erwachsen geworden sind, identifizieren können, oder diese Erfahrungen zumindest in ihrem Umfeld miterleben durften.
Wie wurden wir durch unser Umfeld, Medien, das Internet in Bezug auf Liebe, Konsens, toxische Beziehungen und Grenzensetzen sozialisiert? Aber auch: Welche Art von Liebes- und Sexualleben möchte ich selbstbestimmt leben?

Die Thematik des Buches wirft solche Fragen auf. Wirkliche Antworten gibt es aber (für die Protagonistin) nicht.
Das Buch ließ sich gut lesen, auch wenn mir einige Sätze zu vulgär waren.

Alles in Allem hat der Roman wichtige Themen angesprochen und zur (Selbst-)Reflexion angeregt. Leider fehlte mir aber eine gewisse Tiefe/Vollendung, die dem Roman einen (Fein-)Schliff verliehen hätte.

Bewertung vom 06.08.2024
Juli, August, September
Grjasnowa, Olga

Juli, August, September


sehr gut

Sinnfragen

Lou, die eigentlich Ludmilla heißt, lebt mit ihrem Mann Sergej, einem Konzertpianisten, und ihrer Tochter Rosa in Berlin. Beide kommen aus der ehemaligen Sowjetunion und sind jüdisch. Doch identifizieren sie sich wirklich noch so sehr damit? Ihrer Tochter Rosa wurde zumindest kaum mit ihrem Jüdischsein konfrontiert. Lou und ihre Familie werden zum 90. Geburtstag von Lous Tante nach Gran Canaria eingeladen - dort trifft Lou ihre Verwandschaft seit Langem wieder. Sergej ist allerdings nicht mit dabei, da er beruflich in Österreich ist. Ist in Lous Beziehung alles in Ordnung? Und soll Lou Rosa näher an ihre Wurzeln heranführen?

Auf etwas mehr als 200 Seiten erzählt Grjasnowa von Familie, Liebe, Identität, Geschichte und Zukunft.
Dies war mein erstes Buch von ihr und ich habe es gern gelesen. Grjasnowa schreibt eindrucksvoll und kein Satz erscheint einem zu viel.
Ich hätte mir allerdings mehr gewünscht. Als Leser*in bekommt man eine kleine Sicht in die Charaktere, aber ich habe trotzdem nicht auf alle Fragen eine Antwort bekommen. Das Ende hat mir leider nicht gefallen.

Als eine Art "Momentaufnahme" einer bestimmten Zeitspanne war es trotzdem ein gutes Buch und ich werde auf jeden Fall noch mehr von Olga Grjasnowa lesen.

Daher knappe 4 Sterne von mir.

Bewertung vom 04.08.2024
Unser Buch der seltsamen Dinge
Godfrey, Jennie

Unser Buch der seltsamen Dinge


sehr gut

Kleinstadtgeschichte mit schlimmen Vorkommnissen

Eine Kleinstadt in Yorkshire, im Norden Englands, Ende der 1970er Jahre. Eine Zeit des Umbruchs, da Margaret Thatcher, die damals, wie heute hoch umstritten ist, zur Premierministerin wird und den Norden des Landes in eine Misere wirft. Dazu eine Reihe von Morden an Frauen, die vom unbekannten Yorkshire Ripper ausgehen.
Mittendrin ist Miv, ein Mädchen, das mit ihrem Vater, ihrer Tante und ihrer Mutter, die allerdings "krank" ist, lebt und eigentlich wegziehen soll, da es in Yorkshire mittlerweile nicht mehr lebenswert und zu gefährlich ist. Doch Miv will Yorkshire nicht verlassen. Hier ist ihre Heimat und ihre beste Freundin Sharon. Die einzige Lösung um hierzubleiben: Den Yorkshire Ripper fassen.

Jennie Godfrey schafft es in ihrer Geschichte einen Einblick in die Kleinstadt in Yorkshire zu geben und ihre Bewohner*innen besser kennenzulernen. Das Mysterium des Rippers bleibt immer vorhanden, doch sind es die Menschen, ihr Leben und ihre Probleme, die immer im Vordergrund stehen.
Auch, wenn das Buch einem zeitweise "cosy vibes" gibt, kommen schwere Themen, wie (Selbst-)Mord, Tod, Rassismus, (häusliche) Gewalt, Mobbing, Pädophilie und sexueller Missbrauch vor.
Godfrey schafft es aber, diese beiden Konstraste miteinander zu verbinden.

Mir hat das Buch im Großen und Ganzen sehr gut gefallen. Zum Ende hin gab es einige Vorkommnisse, die sehr plötzlich kamen und vielleicht auch weniger logisch waren. Vielleicht wurden sie aber auch einfach zu kurz abgehandelt.

Wen es nicht stört, dass das Mysterium um den Ripper manchmal im Hintergrund ist und Charakterstudien und Coming of Age Geschichten mag, wird es gern lesen.

Daher auf jeden Fall eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 28.07.2024
Alte Eltern
Kitz, Volker

Alte Eltern


gut

Altwerden der Eltern und Demenz

In seinem Buch "Alte Eltern: Über das Kümmern und die Zeit, die uns bleibt" schreibt Volker Kitz, Sachbuchautor und Jurist, über das Älterwerden der Eltern und insbesondere seine Erfahrungen mit der Demenzerkrankung seines Vaters.

Kitz' Mutter stirbt plötzlich bei einem Autounfall. Danach geht es seinem Vater zunehmend schlechter. Mit Ende 70 wird er pflegebedürftig und landet in der "Residenz".

Kitz' schreibt, wie das Älterwerden der Eltern auf einen einwirkt, dass manche Menschen nicht akzeptieren können, wie sehr sich die Eltern verändern können, vor allem, wenn eine Demenzerkrankung dazukommt. Wie schwer es für beide Seiten sein kann.

Das Buch ist eher fragmentatisch. Neben den eigenen Erfahrungen und Anekdoten fließen wissenschaftliche, literarische und philosophische Elemente mit ein. Zum Teil fehlt mir dadurch eine gewisse Struktur. Andererseits habe ich trotzdem etwas dazugelernt.

Leider habe ich sehr lange gebraucht, um das Buch lesen und bin mit den Gedanken oft abgeschweift. Ich war mir oft unsicher, ob ich das Buch gut finde oder nicht. Letztendlich denke ich, dass mir der Stil nicht wirklich zugesagt hat.

Das Buch würde ich trotzdem all denen empfehlen, die mit einem fragmentarischen Schreibstil kein Problem haben oder Kitz' andere Bücher schon gelesen und gemocht haben, denn das Thema ist wichtiger denn je.

Bewertung vom 07.07.2024
Windstärke 17
Wahl, Caroline

Windstärke 17


sehr gut

Idas Geschichte

Mit "22 Bahnen", Wahls Debüt, ist ihr der Durchbruch gelungen. Dieses Buch war schon ein Highlight.
Nun, mit "Windstärke 17" einer Art Fortsetzung, begleiten wir Idas Weg, ungefähr 10 Jahre nach nach Tildas Geschichte.

In "22 Bahnen" noch ein Kind, ist Ida mittlerweile eine junge, erwachsene Frau, die mittlerweile studiert und immer noch bei ihrer Mutter in der Fröhlichstraße wohnt.
Eines Tages findet Ida ihre Mutter tot auf. Etwas, vor dem Ida immer Angst hatte. Überrollt von ihren Emotionen fährt Ida Richtung Hamburg, um ihre Schwester Tilda zu besuchen und es sich dann anders zu überlegen und weiterzufahren. Ans Meer. Nach Rügen. Ohne einen Plan.

Im Gegensatz zu "22 Bahnen" ist "Windstärke 17" von der Atmosphäre viel viel düsterer. Obwohl beide Bücher Themen, wie Suchterkrankung und Tod (vor allem in "Windstärke 17") behandeln, wiegen diese Themen viel stärker in "Windstärke 17".
Auch hier spielt das Element Wasser wieder eine Rolle und fungiert als passenden Begleiter zur Atmosphäre des Buches.
Wahl schreibt einfach und doch durchdringend und schafft es trotzdem auch hier und da Witz mit einfließen zu lassen.

Auch, wenn ich "22 Bahnen" etwas mehr mochte, habe ich "Windstärke 17" sehr gerne gelesen und bin ein kleiner Caroline Wahl Fan geworden.

Bewertung vom 07.07.2024
Jetzt gehe ich in die Kita
Kitzing, Constanze von

Jetzt gehe ich in die Kita


sehr gut

Erster KiTa Tag

In Constanze von Kitzings Bilderbuch "Jetzt gehe ich in die Kita" geht es um ein Mädchen, das nun in die Kita gehen soll.

Wir begleiten dabei die kleine Juna an ihrem allerersten Kita-Tag. Zusammen mit ihrem Vater und ihrem Bruder macht sie sich auf den Weg und lernt ihren neuen Tagesablauf kennen: ankommen, umziehen, dass sie einer Gruppe zugeteilt wird und sie dort mit vielen Kindern spielen kann. Natürlich ist ihr Vater immer in der Nähe, da sie sich erst eingewöhnen muss.

Sehr gut finde ich, dass das Buch sehr modern und inklusiv ist. Es werden Kinder und Erwachsene verschiedener Kulturen und Ethnien gezeigt und ebenso männliche Erzieher. Außerdem gibt es eine Erzieherin, die Juna mit verschiedenen Gebärden hilft, vieles besser zu verstehen.
Es wird nicht explizit genannt, doch ich denke, dass Juna Trisomie 21 hat, da eine Stelle auf dem Buchrücken verweist, dass eine Logopädin und Expertin für die Förderung von Kindern mit Trisomie 21 fachliche Beratung beigesteuert hat.

Abschließend kann ich sagen, dass ich das Buch durch seine Größe und den Papp-Einband gut und robust finde. Die Illustrationen von Constanze von Kitzing sind wie immer schön und ansprechend.

Bewertung vom 27.06.2024
Das erste Licht des Sommers
Raimondi, Daniela

Das erste Licht des Sommers


sehr gut

"Liebe bedeutet niemals um Verzeihung bitten zu müssen"

Mit “Das erste Licht des Sommers” bringt Daniela Raimondi den/die Leserin zurück in das beschauliche Stellata und knüpft an ihren Bestseller “An den Ufern von Stellata” an.

Um eine richtige Fortsetzung handelt es sich nur bedingt, denn wir verfolgen hier vor allem die Geschichte von Norma Martiroli, die auch schon im ersten Buch ihr Debüt gemacht hat. Abwechselnd zwischen der Vergangenheit (ab Normas Geburt im Jahre 1947) und der Gegenwart (2015), erleben wir, wie Norma in Stellata bei ihrer Groβmutter Neve aufwächst, dann zu ihren Eltern, Elsa und Guido, nach Viggiù zieht und schlieβlich in London landet, wo sie ihren zukünftigen Mann Elia wiedertrifft, den sie schon aus Kindertagen kennt. Trotz seiner Liebe zu Norma, kommt es zu einem Seitensprung, der im Laufe der Jahre groβe Konsequenzen mit sich zieht. Bedeutet Liebe niemals um Verzeihung bitten zu müssen?

Raimondi schreibt über komplexe Themen, wie komplizierte Mutter-Tochter-Beziehungen, Tod, Fremdgehen und ungewollte Kinderlosigkeit. Durch ihren klaren, schnörkellosen Stil und die schnell auf den Punkt bringende Schreibweise wird diesen Themen manchmal zu wenig Tiefe geschenkt. Andererseits bewegt sich die Geschichte in einer sehr langen Zeitspanne und erdrückt den/die Lesende/n somit nicht.

Wer schon “An den Ufern von Stellata” mochte, wird diese Weiterführung auch in sein Herz schlieβen. Für alle anderen ist es definitiv keine Voraussetzung das erste Buch gelesen zu haben. Trotzdem gibt es dem/der Leser/in ein gewisses Verständnis der Magie dieser Familiengeschichte. Für mich eine Leseempfehlung.