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LeLo

Bewertungen

Insgesamt 80 Bewertungen
Bewertung vom 06.03.2020
Die Königin von Berlin
Roth, Charlotte

Die Königin von Berlin


ausgezeichnet

"Die Königin von Berlin" von Charlotte Roth ist wirklich ganz großes Theater.

Schon das Cover ist ein echter Blickfang und fängt sehr gut die Persönlichkeit von Carola Neher ein. Was mir an der Gestaltung des Romans besonders gefallen hat, ist die Idee mit einem "Grußwort Ihres Abendspielleiters" zu beginnen und dem ganzen Roman Züge eines Theaterstücks zu geben. Denn das ist der Roman: ganz großes Theater. Und auch Carola Neher lebte allein dafür, so dass ein Roman, der sie würdigen soll, in Gestalt eines Theaterstücks einfach perfekt passt. Zudem zieht dieser tolle, packende Start den Leser gleich in den Bann der Geschichte. Das ist ausgesprochen gut gelungen.

Bei der folgenden Erzählung wird das Leben von Carola in mehrere Akte geteilt. Durch die längst vergangene Handlung führen die Nachforschungen von Georg Becker, die er bei der Bibliothekarin Annette Dengler vertiefen will. Und so erfährt der "Zuschauer" nach und nach zusammen mit den beiden immer mehr über Carola als Persönlichkeit und wichtige Stationen ihres Lebens. Dabei ist der Schreibstil sehr unterhaltsam und witzig, spannend und mitreißend. Mit jeder Seite wurde es schwerer das Buch aus der Hand zu legen. Die Rahmenhandlung rund um Georg und Annette hätte es dennoch nicht gebraucht, denn die Spannung ging allein von Carola Neher und ihrem Leben aus. Mit Auftauchen der beiden wurde der Spannungsbogen unterbrochen, so dass ich in Versuchung war diese Episoden zu überblättern und direkt wieder in das Leben von Carola einzutauchen.

Carola Neher hat eine faszinierende Energie und Zielstrebigkeit. Ihr ganzes Handeln und Sinnen ist darauf gerichtet eine erfolgreiche Schauspielerin zu sein. Nur kann sie sich ihrer vielen Rollen auch im privaten nicht entledigen und findet nicht so recht Zugang zu den Menschen in ihrem Leben. Und so fragt sie sich: "Bei mir funktioniert vielleicht etwas nicht so wie bei anderen Menschen. Was soll ich dagegen machen?"

Dennoch gibt es zwei Männer, die eine große Rolle für sie spielen: Bertolt Brecht und Alfred Henschke.

Bertolt Brecht sieht in ihr eine Seelenverwandte, seine Zwillingsschwester, die auch ausschließlich für das Theater lebt. Und so verfolgt er über Jahre das Ziel mit ihr den Erfolg seines und ihres Lebens zu erreichen. In ihr Herz stiehlt sich dennoch ganz allmählich der eher erfolglose Alfred Henschke. Ihr Fredi, der sie sanft und bedingungslos liebt und ihr damit zeigt, was ihr von klein auf gefehlt hat. Die zarte Liebesgeschichte zwischen den beiden ist rührend.

Neben all dem Glanz der Theaterwelt, werden auch zeitgeschichtliche Hintergründe aufgegriffen. Es ist interessant und schockierend, den langsamen Aufstieg Hitlers aufgrund von Missständen wie schwindendem Geldwert und Arbeitslosigkeit zu sehen. Ein deutlicher Schwerpunkt liegt jedoch auch dem Künstler- und Theaterleben der goldenen Zwanziger in Berlin.

Für "Die Königin von Berlin" von Charlotte Roth kann ich eine begeisterte Leseempfehlung aussprechen. Es war faszinierend auf solch unterhaltsame Weise etwas über eine reale Persönlichkeit zu erfahren.

Bewertung vom 06.03.2020
Mein Herz in deinen Händen / Return to me Bd.1
Michaels, Corinne

Mein Herz in deinen Händen / Return to me Bd.1


gut

"Mein Herz in deinen Händen - Return to me" von Corinne Michaels ist eine solider Liebesroman, der alles mitbringt, was man sich wünscht.

Mir hat das Cover sofort unglaublich gut gefallen, gerade weil kein Paar darauf zu sehen ist, wie oft bei Liebesromanen. Zusammen mit der Leseprobe, die sehr erschütternd und bewegend war, hatte ich einen sehr emotionalen und komplexen Roman erwartet, der sich intensiv mit Trauer, Abschied, Bewältigung von Problemen, auch psychischen, und Neubeginn auseinandersetzt. Schnell wurde jedoch auch vor dem Hintergrund, dass es sich um eine Reihe von Romanen handelt, bei denen immer ein Pärchen im Mittelpunkt steht, klar, dass dies nicht der Fall ist. Dachte ich anfangs noch, dass es ein sehr emotionaler, tiefgründiger Roman werden könnte, habe ich meine Erwartungen schnell angepasst und mich einfach von der netten Romanze zwischen Presley und Zachary unterhalten lassen.

Nachdem sehr tragischen und intensiven Start, ging es für Presley und ihre Zwillingssöhne Logan und Cayden langsam bergauf und es gab immer wieder kleine Lichtblicke. Ab und an konnte man auch etwas Schmunzeln oder herzhaft lachen. Der Schreibstil ist dabei durchaus gelungen und macht es leicht der Geschichte zu folgen und sich ein Bild der Charaktere zu machen. Schön ist, dass auch direkt aus Zachs Perspektive erzählt wird. Da die Liebe der beiden in diesem Roman im Vordergrund stehen soll, finde ich es passend, dass beide mit ihren Gedanken und Gefühlen Raum bekommen. Ebenso passend finde ich die gut eingestreuten Rückblicke auf Erlebnisse aus der gemeinsamen Vergangenheit.

Gerade zu Beginn war mir Zach dennoch nicht besonders sympathisch und auch manche Entscheidung und Aussage von Presley habe ich nicht nachvollziehen können. Dadurch wurde es erschwert eine Beziehung zu den beiden Hauptfiguren aufzubauen und Sympathien zu entwickeln. Vielmehr waren einige der Nebenfiguren deutlich sympathischer und für mich das Highlight des Buches. Zum einen ist dies Zachs Bruder Wyatt und zum anderen Angie, die beste Freundin von Presley. Nach dem dramatischen Start war ich im ganzen Mittelteil des Romans enttäuscht, dass Angie keine Rolle mehr spielte und auch die beiden Jungs, Logan und Cayden, eher nebenbei mitliefen. Ich hätte mir eine ausgeglichenere Erzählung gewünscht. Der Schluss hat dann aber zum Glück allen drei wieder Raum gegeben, so dass ich mit der Handlung versöhnt war.

Auch wenn anders als erwartet, war es dennoch eine süße Liebesgeschichte. Zudem wurde auch die Grundlage für die Folgebände geschickt gelegt. Für begeisterte Leser von soliden Liebesromanen ohne große Überraschungen kann ich eine klare Leseempfehlung aussprechen.

Bewertung vom 03.03.2020
Hannah Arendt
Sánchez Vegara, María Isabel

Hannah Arendt


ausgezeichnet

"Hannah Arendt" von Maria Isabel Sánchez Vergara aus der Reihe Little People, Big Dreams ist ein wundervoll kindgerecht gestaltetes Buch über eine beeindruckende Frau. Die Illustrationen stammen von Sophia Martineck.

Ich finde es gut, dass reale Personen mit eindrucksvollen Lebensläufen auf ansprechende Weise für Kinder gewürdigt werden. Und dies mit einer wunderschönen, wertigen Ausgabe mit stabilem Rücken. Die Bilder kann man immer wieder gemeinsam betrachten, ohne dass das Buch zerlesen aussieht.

Die Zeichnungen sind detailliert und zeitgemäß. Dadurch gelingt es noch besser sich tatsächlich in die Zeit hineinversetzen, in der Hannah Arendt gelebt hat. Besonders faszinierend ist, wie es gelingt in wenigen Bildern und Sätzen ein Leben so gut auf den Punkt zu bringen:

"Ein freier Geist ist Hannah ein Leben lang geblieben. Bei Unrecht hat sie ihre Stimme erhoben und gewusst: Man muss sich wehren, man darf sich nicht ducken!"

Begeistert von dem Buch bin ich vor allem deshalb, weil es nicht ausschließlich unterhält, sondern eine Botschaft vermittelt und damit ermöglicht schon früh kindgerecht zu diskutieren und auch kritische Themen aufzugreifen.

Eine tolle Unterstützung, um Kinder zu eigenständigem, starken Denken anzuregen und ein guter Mutmacher, das man Träume verwirklichen kann.

"Hannah Arendt" von Maria Isabel Sánchez Vergara und die damit verbundene Reihe Little People, Big Dreams kann ich wärmstens empfehlen, um mit Kindern bereits früh über wichtige Themen und bedeutende Persönlichkeiten zu sprechen.

Bewertung vom 26.02.2020
Nach Mattias
Zantingh, Peter

Nach Mattias


gut

"Nach Mattias" von Peter Zantingh ist der erste Roman des Autors, der auch auf deutsch erschienen ist.

Der Schreibstil ist anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, da in kurzen Kapiteln bruchstückhaft und scheinbar zusammenhanglos von verschiedenen Personen über Mattias berichtet wird. Dabei werden auch Einblicke in Leben und Gefühlswelt der Personen eröffnet, die losgelöst von ihm zu sehen sind. Nach und nach ergibt sich dann aus den Bruchstücke dennoch ein nachvollziehbarer und spannendes Bild von Mattias.

Anhands des Klappentextes und der Leseprobe hatte ich einen anderen Eindruck von dem Buch gewonnen. Ich war davon ausgegangen, dass das Buch sehr einfühlsam, emotional und bewegend ist und viel über Mattias aus verschiedenen Perspektiven berichtet. Diese Erwartung wurde nicht erfüllt, da insgesamt ppwenig über ihn berichtet wird. Dennoch war das Buch interessant. Es zeigt anschaulich die Auswirkungen, wenn ein Mensch plötzlich fehlt - auf Freunde und Bekannte, aber auch auf Menschen, die die Person gar nicht kannten. Dieser Ansatz war neu für mich, ich selbst hatte in diese Richtung nie überlegt. Auch wenn das Buch mich emotional nicht berührt hat, hat es mich dennoch nachdenklich gestimmt.

Sehr gut gefallen hat mir, was der Autor Peter Zantingh selbst über die Aussage seines Buches sagt: "Das Buch handelt vom Mut, den es braucht, positiv zu bleiben. [...] Es braucht sehr viel Mut, um auch in dunklen Zeiten, oder eben gerade in dunklen Zeiten, an der Hoffnung festzuhalten und an das Positive zu glauben. Mattias war jemand, der diesen Mut besaß[...]. "

"Nach Mattias" von Peter Zantingh ist zwar anders als erhofft, aber dennoch lesenswert.

Bewertung vom 14.02.2020
Rote Kreuze
Filipenko, Sasha

Rote Kreuze


ausgezeichnet

"Rote Kreuze" von Sasha Filipenko ist ein faszinierendes - teils bewegendes, teils tragisches - Zeugnis einer realen Zeit und einer fiktiven Freundschaft.

Der Autor selbst sagt: "Ich finde es gut, wenn ein Buch nicht nur eine Geschichte erzählt, sondern auch eine Geschichte hat."
Genau dies macht für mich eine Besonderheit dieses Romans aus und gibt eine große Tiefe. Denn es wird nicht nur die zarte Freundschaft zwischen Tatjana und Alexander erzählt. Es werden auch viele historische Hintergründe aus der Stalin - Zeit, der Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg vermittelt. In die fiktive Handlung des Romans fließen geschickt verwoben immer wieder reale Begebenheiten und Personen ein. Es werden Originaltexte in die Erzählung aufgenommen, die ein trauriges Bild von sinnloser Menschenverachtung zeigen.

Der Leser wird gleich von Beginn an von Tatjana gefangengenommen. Auch wenn sie an Alzheimer leidet, ist sie immer noch sehr schlagfertig und zielstrebig. Sie lässt Alexander mit seiner anfänglichen Gleichgültigkeit und Abweisung nicht durchkommen. Und so entspannt sich zwischen den beiden ein Dialog bei dem überwiegend Tatjana aus ihrem langen Leben erzählt. Die Erzählung ist sehr facettenreich, amüsant, rührend, spannend, tragisch, nüchtern, emotional. Dennoch hat mir etwas gefehlt. Ich lese sehr gern Geschichten, bei denen sich eine Freundschaft trotz vieler Jahre Altersunterschied anbahnt. Aufgrund des Klappentextes hatte ich mir gewünscht, dass neben dem wichtigen Zeitzeugnis auch der Freundschaft zwischen Tatjana und Alexander Raum gegeben wird. Dieser Aspekt tritt jedoch deutlich in den Hintergrund.

Ungeschönt und direkt wird dagegen vieles über die neuere Geschichte Russlands vermittelt. Dabei übt der Autor deutliche Kritik durch seine Romanfigur: "Erst später, im Lager, wurde mir bewusst, dass dieses ganze System, diese riesige Maschinerie, auf komplexbeladenen Nullen [...] beruht. Von sich aus stellen diese Kreaturen überhaupt nichts dar, aber in einem Staat aus Ihresgleichen gewinnen die an Bedeutung." Genau diese offenen Worte sind wichtig, um nicht zu vergessen und dadurch hoffentlich zu erreichen, dass es nie wieder so weit kommt.

"Rote Kreuze" von Sasha Filipenko ist ein wichtiger Roman gegen das Vergessen. Kein leichter Wohlfühlroman, aber durch die Tiefgründigkeit umso wertvoller. Klare Leseempfehlung für Leser, die es schätzen, wenn ein Roman nicht nur unterhält, sondern auch nachdenklich stimmt.

Bewertung vom 12.02.2020
Rikka
Nylund, Maiken

Rikka


ausgezeichnet

"Rikka - Wirklich für immer" von Maiken Nylund ist ein gelungenes Buch für junge Selbstleser. Es werden viele Aspekte - wie getrennte Elternteile, Halbgeschwister, Streit mit der besten Freundin, die erste Verliebtheit, Ausgrenzung - angesprochen und authentisch in die Geschichte aufgenommen.

Rikka auf dem Cover sieht nett und unternehmungslustig aus. Die Bilder am Rand zeigen schön, was in ihrer Welt gerade wichtig ist. Auch im Buch findet sich an ausgewählten Stellen eine Zeichnung, die den Text unterstützt. Die Gestaltung ist liebevoll und altersgerecht.

Der Schreibstil ist sehr passend für junge Leser. Rikka ist sofort sympathisch, es wird eine Sprache gewählt, die authentisch ist, die Kapitel sind schön kurz und verzichten auf langatmige Beschreibungen. Neben einigen Emotionen kann man auch so manches Mal herzhaft lachen.

Als sich Rikkas Freundin Lise plötzlich in Tom verliebt und Rikka die beiden verkuppeln soll, steht ihre Welt Kopf. Die Ereignisse beginnen sich zu überschlagen. Rikka wird mit einem Auf und Ab an Gefühlen konfrontiert. "Jetzt stehe ich zwischen allem und gehöre nirgends richtig dazu!" Wirklich keine einfache Zeit für die Zehnjährige. Es ist sehr spannend die turbulte Zeit mit ihr mitzuerleben und zu sehen, wie Rikka alles toll meistert und über sich hinauswächst.

"Rikka - Wirklich für immer" von Maiken Nylund kann ich für junge Selbstleser uneingeschränkt empfehlen!

Bewertung vom 09.02.2020
Unsere Liebe für immer
Monninger, J. P.

Unsere Liebe für immer


gut

"Unsere Liebe für immer" von J. P. Monninger konnte mich nicht ganz überzeugen. Dennoch ist es ein solider Liebesroman.

Das Cover der Printausgabe ist wunderschön und romantisch. Die Haptik des Buches ist ungewöhnlich, fast schon 'plüschig' . Es sagt mir sehr zu, wenn ein Wiedererkennungswert anhand des Covers vorhanden ist. Auf den ersten Blick war klar, dass es sich um einen Liebesroman von J. P. Monninger handelt.

Der Schreibstil ist sehr intensiv. Der Leser erlebt die Geschichte aus Sicht von Kate mit. Obwohl vieles sehr detailliert und ausführlich beschrieben ist, entsteht manchmal auch der Eindruck, dass die Erzählung lückenhaft ist und man beim Lesen etwas übersehen hat. Das hat mir persönlich weniger zugesagt. Umso besser gefallen hat mir, dass in dem Buch mehrere Briefe abgedruckt sind, die einen neuen Abschnitt der Geschichte einleiten. Diese Idee habe ich so noch nicht gelesen und sagt mir sehr zu. Auch die landschaftlichen Schilderungen sind wunderschön. Es war ein leichtes sich während des Lesens nach Irland zu träumen und eine große Sehnsucht zu entwickeln, selbst einmal hin zu reisen. Durch die historische Schilderungen, die immer mal in die Geschichte einfließen, habe ich auch einiges neues erfahren. Die Informationen über die Blaskets waren sehr interessant.

Nur leider habe ich die Beziehung zwischen Ozzie und Kate eher als gewöhnungsbedürftig empfunden. Die beiden verbindet wirklich eine intensive, spezielle Liebe, aber gefühlt ist diese rein körperlich, hat keine stabile emotionale Grundlage. Ich war über weite Teile von dem Buch nicht berührt. Es liest sich gut und das Ende vermag dann auch versöhnlich zu stimmen, aber überzeugt bin ich dennoch nicht.

Ozzie sagt über sich: "Ich bin nicht perfekt, und ich bin nicht normal." Schnell wird deutlich, dass er etwas mit sich trägt, was ihn belastet, was er noch nicht verarbeitet hat. Und so beginnt Kate ebenso schnell an ihrer Beziehung zu zweifeln: "Ich frage mich, warum ich so bereitwillig alles beiseitegeschoben und geglaubt hatte, dass die Liebe - dieser Wahnsinn, den ich seit unserer ersten Begegnung spürte - alles aufhob, alles verschwinden ließ[...].

Mir fehlte das gegenseitige Kennenlernen auf einer anderen als der körperlichen Ebene, so dass ich erst zum Ende mehr mit dem Buch anfangen konnte.

Für mich "Unsere Liebe für immer" von J. P. Monninger nicht überzeugend. Dabei handelt es sich um meinen persönlichen Geschmack und andere Leser empfinden das sicher anders, dennoch keine uneingeschränkte Leseempfehlung.

Bewertung vom 02.02.2020
Das Glück ist zum Greifen da
Deloy, Sylvia

Das Glück ist zum Greifen da


ausgezeichnet

"Das Glück ist zum Greifen da" von Sylvia Deloy ist ein herrlich leichter Wohlfühlroman mit einem ernsten Hintergrund.

Der Schreibstil gefällt mir sehr gut. Er ist schlicht, aber dennoch nicht schnörkellos. Einige Passagen waren sehr berührend formuliert. Da spürt man richtig, welche Schwierigkeiten das Leben manchmal mit sich bringt. Andererseits kommt aber vor allem der Humor nicht zu kurz. Des öfteren konnte man beim Lesen in herzhaftes Lachen ausbrechen. Gerade in der Fähigkeit ernste Themen wie die drohende Ausweisung der Serbin Ana und ihrer Zwillingsjungs, toleranter und offener Umgang miteinander, Suche nach Liebe und einiges mehr auf amüsante Art zu vermitteln, liegt eine Besonderheit dieses Romans. Der Leser kann sich einfach nur gut unterhalten oder auch die ernsten Töne zwischen den Zeilen auf sich wirken lassen. Ich finde es schön, wie es hier einfließt, ohne dem Ganzen eine Schwere zu geben oder anklagend zu wirken.

Ana ist mir sehr sympathisch. Durch ihre Geschichte wird auf durchaus unterhaltsame Weise gut die Problematik der Asyl-Politik anschaulich. Auch Vally und Olly, ihre Jungs, sind super. Beide sind lebensfrohe Lausbuben mit großem musikalischen Talent, die ihr ganzes Leben in Deutschland verbracht haben. Wie sollen sie sich da plötzlich in Serbien zurecht finden?

Auf ihrer Suche nach eine Lösung, die es ermöglicht in Deutschland zu bleiben, werden die drei von alten und neuen Freunden unterstützt. Ella, Anas beste Freundin, ist ebenfalls sehr sympathisch. Jede Frau sollte so jemanden an seiner Seite haben. Sie bringt Ana auf andere Gedanken, hält ihr den Rücken frei und versucht tatkräftig, alles was sie kann, um zu helfen: "Das wird wieder, Ana. In ein paar Wochen verschwindet das Grau langsam. Ich spreche aus Erfahrung. Hier und da erste bunte Flecken. Dann werden es immer mehr [...] Du musst nur diese ersten grauen Wochen überstehen."

Auch die anderen Charaktere gefallen mir gut. Es ist leicht der Geschichte zu folgen und sich als Teil von Anas Leben zu fühlen. Es finden sich so viele charmante, warmherzige Aspekte und gleichzeitig empfinde ich die Schilderungen auch als lebensnah. Klar, wäre ich einiges anders angegangen als Ana, aber deswegen ist ihr Verhalten für mich nicht weniger stimmig. Zu ihr als Charakter passt es gut. Es macht wirklich Spaß dieses Buch zu lesen und mit den Protagonisten mitzubangen, zu hoffen, zu fühlen, zu lachen.

"Das Glück ist zum Greifen da" von Sylvia Deloy ist ein toller Roman, der sich super liest, dabei Wohlfühlatmosphäre schafft und auch ein wenig nachdenklich stimmt.

Bewertung vom 01.02.2020
Die Frauen von Richmond Castle
Rees, Tracy

Die Frauen von Richmond Castle


ausgezeichnet

"Die Frauen von Richmond Castle" von Tracy Rees ist ein richtiger Lesegenuss! Ich bin begeistert von diesem kurzweiligen und dennoch komplexen Roman. Meine Hoffnungen nach der Kurzbeschreibung und der Leseprobe wurden weit übertroffen.

Der Schreibstil ist richtig toll, flüssig und ansprechend. Es wird eine zeitgemäße Sprache gewählt und die Handlungsorte sehr anschaulich und bildhaft beschrieben. Da es sich um einen historischen Roman handelt, der im England der 20er Jahte spielt, werden auch viele gesellschaftliche Vorstellungen und Ereignisse mit der fiktiven Handlung geschickt verwoben. Dabei wird auf das historische Zeitzeugnis allerdings kein großer Schwerpunkt gesetzt. Vielmehr wird das Geschehen rund um die Familie Camberwell in den Mittelpunkt gerückt. Die Beschreibungen der Familienmitglieder sind so detailliert und sympathisch, dass man gleich mitten im Geschehen ist und ihre Gefühle mitfühlen kann. Auch die Dialoge sind sehr gut formuliert und geben gute Einblicke in das Beziehungsgeflecht. Ich liebe es von bewegenden Familiengeschichten und Freundschaften zwischen interessanten, starken Frauen zu lesen. Genau dies bringt der Roman mit: die Männer sind nur schmückendes Beiwerk, wohingegen die Frauen in all ihren Unterschieden, Vorlieben, Abneigungen, Träumen, Fehlern, die Hauptrolle spielen. Und jede von ihnen ist auf eine ganz eigene Art faszinierend.
Eine ungewöhnliche und schöne Idee der Gliederung des Buches ist, dass für jede Jahreszeit ein Teil verfasst ist. Passenderweise werden die Ereignisse nach der Leichtigkeit des Sommers zum Herbst hin stürmischer und zum Winter sogar so mitreißend, dass das Blut in den Adern gefriert.

Im Mittelpunkt der Frauen von Richmond Castle steht Blue, die jüngste Tochter des Hauses. "Sie war vom Glück gesegnet, das wusste sie. Aber das Leben war nicht immer nur das eine oder das andere, für niemanden." Obwohl sie jung, intelligent, finanziell abgesichert und schön ist, hat sie in ihrem Leben auch schon großes Leid erfahren müssen. Sie besitzt eine Stärke und Tiefgründigkeit, die sie sofort sympathisch werden lässt. Es ist leicht mit ihr mitzufühlen und sie für eine Zeit lang in ihrem Leben zu begleiten.

Die älteste Tochter des Hauses, Merrigan, ist verheiratet und Mutter. Dennoch lernt man auch sie gut kennen, da sie oft ihre Familie in Richmond Castle besucht. Auch wenn sie sich für die klassische Rolle der Frau entschieden hat, unterstützt sie Blues Traum Schriftstellerin zu werden, vorbehaltlos. Es ist rührend zu sehen, wie nahe sich die beiden Schwestern stehen.

Ihr Vater Kenneth ist einer der wenigen Männer, die in diesem Buch näher beschrieben werden. Nachdem er seine erste Frau und die Töchter ihre Mutter verloren haben, hilft er den beiden zurück ins Leben zu finden. Er ist ein faszinierender, liebenswürdiger Mann. "Die Realität bietet Raum für vieles, Gutes und Schlechtes. Sorge dafür, dass deine so wunderbar wie möglich ist. Leicht ist das nicht, aber es ist unsere Aufgabe. Es kommt auf das Jetzt an, mein Schatz, nicht auf die Vergangenheit und nicht auf die Zukunft." Diese Stärke und den Willen sich nicht vom Schlechten den Blick auf Gutes verbauen zu lassen, bringen alle Camberwells mit. Diese Einstellung ist eine der schönsten Botschaften, die mit diesen Roman vermittelt werden

Nur Midge, die zweite Frau von Kenneth und hingebungsvolle Stiefmutter der Mädchen, und Delphine, überraschender Hausgast bei den Camberwells, schaffen es Anfangs nicht, sich von dem Schlechten nicht die Freude rauben zu lassen. Beide Frauen tragen ein schweres emotionales Päckchen mit sich, das sie immer wieder runterzieht. Sie sind beide sehr liebenswert und beeindruckend. Gerade diese große Komplexität der Charakter macht für mich einen besonderen Reiz des Buches aus. Und auch wenn die Handlung bei aufmerksamen Lesen etwas vorhersehbar ist, glänzt das Buch mit emotionalen Passagen, sehr bewegend formulierten Sätzen und einer großen Tiefe und Intensität.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.02.2020
Tiefer Fall / Doggerland Bd.2
Adolfsson, Maria

Tiefer Fall / Doggerland Bd.2


sehr gut

"Doggerland - Tiefer Fall" von Maria Adolfsson ist ein spannender Krimi, der viel Einblick in das Privatleben der Kommissarin Karen Eiken Hornby gewährt. Es handelt sich bei diesem Band bereits um den zweiten Teil einer Reihe vom Doggerland-Krimis. Anfangs hatte ich ohne Kenntnis des ersten Bandes leichte Schwierigkeiten mich einzufinden, das gab sich allerdings glücklicherweise schnell.

Ein wenig störend habe ich die kleine und eng stehende Schrift empfunden, aber das ist eine Frage des persönlichen Geschmacks. Zudem fasst das Buch so schon 416 Seiten und würde bei größerer Schrift noch wesentlich dicker. Ich konnte mich dran gewöhnen und wurde auch schnell von den Ereignissen abgelenkt und mitgerissen.

Der Schreibstil passt gut zu einem Kriminalroman. Es wird besonders ab der zweiten Hälfte des Buches immer mehr Spannung aufgebaut. Die verschiedenen handelnden Personen werden komplex und anschaulich beschrieben. Zudem erhält man einen guten Überblick über die fiktive Insel Doggerland. Das alles zusammen macht es für den Leser leicht und kurzweilig mitzuermitteln. Auch Logikfehler konnte ich keine bemerken, es fügte sich alles in ein stimmiges Gesamtbild. In den dramatischen Entwicklungen am Ende wurden alle losen Fäden zusammen geführt und alle offenen Fragen beantwortet.

Kommissarin Karen Eiken Hornby lernt man sehr intensiv kennen. Nachdem sie ihren kleinen Sohn und ihren Mann verloren hat, lebt sie in großem Gefühlschaos. "Und durch dieses Gefühlschaos dringt diese Stimme zu ihr, die ihr zuflüstert, dass sie diese Grenze nicht überschreiten darf. Erinnert sie an den unsichtbaren Stacheldraht, der ihre Existenz abzäunt. Im Inneren sind John und Mathis immer noch lebendig. Außerhalb des Zauns ist nichts." Es fällt ihr schwer wieder Menschen in ihr Leben zu lassen. Leider gelingt es ihr auch nicht, auf ihre Freunde so einzugehen, wie es nötig gewesen wäre. Sie bemerkt nicht, was für ein schreckliches Leben ihre beste Freundin Aylin mit ihrem gewalttätigen Mann führen muss. Neben der Ermittlung von Karen Eiken Hornby wird immer wieder in kurzen Episoden auf Aylins Lage eingegangen bis sich die Ergebnisse dramatisch zuspitzen.

"Doggerland - Tiefer Fall" von Maria Adolfsson ist ein spannender, solide entworfener Kriminalroman. Ich kann eine Empfehlung für Leser aussprechen, die gern Krimis lesen, bei denen der Ermittlungsarbeit und auch dem Privatleben der Ermittler viel Raum gegeben wird.